Veranstaltungen in München

Die radikale Rechte in Deutschland nach 1945

Demokratie, Pluralismus und deutsch-deutsche Verflechtungen
- 03.04.2025 13:00 Uhr

Sowohl die Bundesrepublik als auch die DDR verstanden sich nach der doppelten Staatsgründung im Jahr 1949 als Staaten und Gesellschaften, die die Geißel des Rechtsextremismus überwunden hatten. Radikal rechte Positionen, Mobilisierungen, Parteien und Gewaltexzesse störten allerdings das Bild von der gefestigten westlichen Demokratie auf der einen und dem antifaschistischen Konsens auf der anderen Seite des sich rasant manifestierenden Systemgegensatzes. Die Hakenkreuzschmierwelle 1959/60, die Wahlerfolge der NPD in den 1960er Jahren, die rechtsintellektuellen Aufbrüche der 1970er Jahre, der jugendkulturelle Neonazismus in der DDR und der bundesrepublikanische Rechtsterrorismus der 1980er Jahre, die rechtsextreme Gewalt, die die Vereinigungsgesellschaft charakterisierte, die Neugruppierung des Rechtsintellektualismus in den 1990er Jahren – nicht nur sie zeugten davon, wie falsch die Selbstwahrnehmung beider deutscher Gesellschaften war.

Diese Selbstwahrnehmung fand ihren Niederschlag in der Historiographie. Die Geschichte der radikalen Rechten fristete in der Bundesrepublikforschung ein Randdasein und wurde im Großen und Ganzen den Politik- und Sozialwissenschaften überlassen. Die DDR-Historiographie zog es mehrheitlich vor, sich nicht mit dem Phänomen zu beschäftigen, das mit dem marxistisch-leninistischen Geschichtsmodell so gar nicht kongruent war.

Erst in den letzten zehn Jahren hat die Zeitgeschichte in Deutschland begonnen, sich mit der radikalen Rechten intensiver auseinanderzusetzen. Es fehlt allerdings an einer synthetisierenden Perspektive, die die Forschungsergebnisse der Einzelstudien in den weiteren historischen Zusammenhang zu integrieren vermag und damit die radikale Rechte als genuinen Bestandteil der Geschichte des doppelten wie des vereinigten Deutschland nach 1945 analytisch fassbar macht.

Die Tagung lotet solche Perspektiven aus. Sie diskutiert ausgewählte Entwicklungsachsen der deutschen Geschichte seit 1945 und wendet sie auf die radikale Rechte. Sie fragt nach den rechten Potenzialen von Liberalisierung, Demokratisierung, Individualisierung und Pluralisierung, nach rechten Anverwandlungen und Aneignungen jenseits eines holzschnittartigen Backlash-Modells; sie nimmt eine konsequent deutsch-deutsche Perspektive ein; sie zeichnet rechten Transnationalismus und Internationalismus nach; sie interessiert sich für ideologische Übergangsbereiche und Mischungsverhältnisse sowie für rechtsextreme Aktionsformen in unterschiedlichen Räumen und gesellschaftlichen Kontexten; sie blickt auf Erfahrungen von Brüchen und Transformationen und deren rechte Verarbeitungsmodi. Nicht zuletzt stellt sie die Frage nach der Integration der radikalen Rechten in die „großen Erzählungen“ der deutschen Geschichte seit 1945. 

Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung.

Tagungsprogramm

ORT
Institut für Zeitgeschichte
Leonrodstr. 46b
80636 München

ANMELDUNG
Die Plätze sind begrenzt. Informationen zur Anmeldung und zu den Teilnahmegebühren finden Sie auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung.

Wir möchten Sie darüber informieren, dass auf unseren Veranstaltungen Bild- und Tonaufnahmen gemacht werden, die wir für unsere Öffentlichkeitsarbeit verwenden. Sollten Sie nicht fotografiert werden wollen, sprechen Sie uns gerne an.



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