LMU München
Zeit: Termine: 28.4., 12.5., 9.6., 22.6., 7.7. und 20.7., jeweils 17 bis 20 Uhr
Ort: IfZ, Vortragsraum
Das Oberseminar richtet sich in erster Linie an die von IfZ-Dozentinnen und -Dozenten betreuten oder im IfZ tätigen Doktorandinnen und Doktoranden sowie an Verfasserinnen und Verfasser von Master- und Staatsexamensarbeiten. Darüber hinaus steht das Seminar allen Studierenden der LMU offen. Neben der Vorstellung und Diskussion laufender Qualifizierungsarbeiten werden allgemeine Probleme von Qualifizierungsarbeiten sowie methodische Fragen der Geschichtswissenschaft erörtert.
Dr. Eva Balz, Dr. Frieder Günther, Prof. Dr. Anna-Bettina Kaiser
Humboldt-Universität zu Berlin
Seminar: Das Bundesverfassungsgericht während der 1950er und 1960er Jahre – ein Motor der Liberalisierung?
Ort: Juristische Fakultät
Zeit: Vorbesprechung 18.2.2022, 15:00 Uhr, Seminar 9. - 11.6.2022, jeweils 9:00 Uhr - 18:00 Uhr
Das Bundesverfassungsgericht wird häufig als eine Institution angesehen, die während der 1950er und 1960er Jahre maßgeblich zur Liberalisierung und Demokratisierung von Staat und Gesellschaft beigetragen hat. Das Gericht sei zunächst zu einem mächtigen Akteur und obersten Verfassungsorgan im Regierungssystem aufgestiegen und habe anschließend gegenüber anderen Institutionen – etwa im Lüth-Urteil (1958) oder im Fernsehstreit (1961) – seinen betont freiheitlichen Blick auf das Gemeinweisen durchgesetzt. Bestätigt sich diese Sichtweise, wenn man die Entstehung des Gerichts, die Biographien einzelner Richterinnen und Richter, zentrale Entscheidungen und die daran anschließenden fachlichen Debatten historisch kontextualisiert? Welche anderen Beschreibungen der Entwicklung des Gerichts bieten sich an, wenn wir die Argumente und Denkweisen der Richterinnen und Richter, die in ihrer Rechtsprechung zum Ausdruck kommen, aus juristischer Perspektive genauer in den Blick nehmen?
Dieses Seminar ist angesiedelt an der Schnittstelle von Rechtswissenschaft und Zeitgeschichte und strebt an, die beiden fachspezifischen Sichtweisen auf das Bundesverfassungsgericht zu verbinden.
Prof. Dr. Magnus Brechtken
LMU München
Vorlesung: Mastering Hitler - Geschichte der Aufarbeitung des Nationalsozialismus
Zeit: Donnerstags 10:00 Uhr bis 12:00 Uhr c.t.
Ort: Theresienstraße 39, Raum B 052
Beginn: 28. April 2022
Die Vorlesung beleuchtet und diskutiert exemplarisch entlang zentraler Themen die Aufarbeitung der NS-Herrschaft vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Die Perspektive reicht von der zeitgenössischen Sicht auf „die Deutschen“ und ihre politisch-historischen Traditionen schon während des Zweiten Weltkriegs bis zum Umgang mit der deutsch-europäischen Geschichte als ein zentrales Element gesellschaftlicher Verhandlungen bis zur Gegenwart. Themen sind unter anderen Aspekte der Kontinuität und Diskontinuität aus der Zeit vor 1933 über das Jahr 1945 hinaus; die Entwicklungen des Umgangs mit den NS-Verbrechen, namentlich Verfolgung, Holocaust und Vernichtungskrieg; der allgemeine Kontext historischer, politischer, juristischer und gesellschaftlicher Diskurse. Die Vorlesung analysiert den Wandel von Geschichtsbildern sowie Argumente der Historisierung; sie fragt zugleich nach zentralen Akteuren und Institutionen und deren Wirkungen im „kurzen 20. Jahrhundert“ – Historiker, Journalisten, Verleger, Forschungsinstitute, Museen, Medien. In der Analyse und Entwicklung konkurrierender Lesarten über die Jahrzehnte tritt der komplexe Charakter der Aufarbeitungsgeschichte in seinen vielfältigen Facetten hervor. Die Vorlesung beachtet dabei eine dezidiert internationale Perspektive und präsentiert den neuesten Wissensstand ebenso wie die generellen Herausforderungen geschichtswissenschaftlicher Forschung in der Gegenwart.
Einführende Literatur: Magnus Brechtken, Aufarbeitung des Nationalsozialismus – Ein Kompendium, Göttingen: Wallstein 2021.
Prüfungsform: Klausur
Universität Leipzig
Seminar: Emanzipation, Verfolgung, Emigration: Geschichte der Juden in Rumänien seit 1850
Zeit: Einführung 09.04.2022 – 14:00 bis 17:00 Uhr
- Block 1: 23.04 10:00 bis13:00 - 14:00 bis 17:00 Uhr
- Block 2: 30.04 10:00 bis13:00 - 14:00 bis 17:00 Uhr
- Block 3: 07.05 10:00 bis13:00 - 14:00 bis 17:00 Uhr
Ort: Geisteswissenschaftliches Zentrum, Beethovenstraße 15, 04107 Leipzig
Die Geschichte der Juden in Rumänien scheint auf den ersten Blick widersprüchlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschrieb Hannah Arendt Rumänien als das antisemitischste Land Europas. Doch war es zugleich dasjenige europäische Land, in dem die größte Zahl von Jüdinnen und Juden (ca. 350.000 Menschen) den Holocaust hatte überleben können. Nach 1945 war die jüdische Gemeinschaft Rumäniens daher die größte in Europa. Bis ins Jahr 2000 emigrierten jedoch so viele jüdische Menschen, dass die jüdische Gemeinde heute zu den kleinsten Europas gehört. Dieses Seminar erkundet dieses scheinbare Paradox und versucht, Erklärungen dafür zu finden. Dazu nimmt es 150 Jahre jüdischer Geschichte in Rumänien in den Blick und nähert sich in drei Phasen der Geschichte aus der Perspektive der rumänischen Judenheit aber auch aus derjenigen der Mehrheitsgesellschaft an. Zu den Phasen gehören 1. Der Kampf um Emanzipation und Zivilrechte der rumänischen Juden in der zweiten Hälfte des 19Jh; 2. Die Geschichte der Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Minderheit in Rumänien in der Zwischenkriegszeit; 3. Das Phänomen der Emigration nach Israel nach dem 2. Weltkrieg in der Zeit des Staatssozialismus und danach. Somit diskutiert und reflektiert das Seminar jüdische Identität und Geschichte, aber auch Staatsbildungsprozesse, Nationalismus und Antisemitismus sowie Staatsbürgerschaft, Minderheitenpolitik und Menschenrechte in unterschiedlichen politischen Systemen. Das Seminar besteht aus 4 Blockterminen, davon 3 ganztägige, um eine intensive Auseinandersetzung mit Primärquellen und mit den drei großen Kapiteln zu ermöglichen.
Ludwig-Maximilians-Universität München
Basiskurs: Soziale Demokratie nach 1945: politische und materielle teilhabe, Anerkennung und Ausgrenzung in der Bundesrepublik
Zeit: Freitags, 14-17 Uhr
Ort: Historicum, K 302
Datum: 29.04.2022 - 29.07.2022
Zum Themaie Bundesrepublik ist nach Art 20 GG ein „demokratischer und sozialer Bundesstaat“. Demokratie und Sozialstaat sind untrennbar miteinander verklammert. Doch was genau bedeutet es, dass die Demokratie „sozial“ ausbuchstabiert werden soll? Wir werden uns mit grundlegenden sozialstaatlichen Weichenstellungen der Nachkriegsjahrzehnte (Rentenreform, Bundessozialhilfegesetz, Leistungen für Kriegsversehrte und Flüchtlinge, Mitbestimmung in Unternehmen) beschäftigen. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie soziale Transfers bzw. arbeitsrechtliche Partizipationsformen die Grenzen für Anerkennung und Teilhabe zogen, d.h. wer unter welchen Umständen dadurch in die demokratische Gesellschaft integriert wurde und wen diese ausschloss. Eine wichtige Rolle werden die geschlechtlichen Rollenmodelle spielen, die den Sozialleistungen zugrunde lagen. Schließlich werden wir uns mit Diskussionen beschäftigen, ob und inwiefern der ein ausufernder Sozialstaat zu einer Belastung für das demokratische System wurde.
Sozialpolitik ist auf den ersten Blick kompliziert und langweilig. Der Kurs will dieses Bild aufbrechen; wir werden uns nur wenig mit Zahlen, dafür um so mehr mit Ideen und den Reaktionen von Begünstigten und Ausgeschlossenen beschäftigen. Sie sollten dennoch die Bereitschaft mitbringen, sich Grundlagenwissen über die sozialstaatlichen Teilbereiche zu erarbeiten.
Sprechstunde: nach Vereinbarung
Einführende Literatur:
- Hans Günter Hockerts, Metamorphosen des Wohlfahrtsstaats, in: Martin Broszat (Hrsg.), Zäsuren nach 1945. Essays zur Periodisierung der deutschen Nachkriegsgeschichte, München 1990, S. 45-45, online zugänglich unter: https://doi.org/10.1524/9783486703191.35.
Ludwig-Maximilians-Universität München
Übung: Deutschland in grün? Ökologie und Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1960er Jahren
Zeit: Donnerstag, 14-16 Uhr
Ort: Historicum, Schellingstraße 12, Raum K 327
Der Aufstieg der Ökologie zu einem zentralen politischen Thema ist ein charakteristisches Merkmal der gegenwartsnahen Zeitgeschichte. Im Rahmen der Übung soll die Geschichte Deutschlands seit den 1960er-Jahren schlaglichtartig aus der Perspektive einer umweltpolitisch interessierten Historiographie beleuchtet werden.
Neben der Analyse der wichtigsten umweltpolitischen Probleme und Maßnahmen soll daher – unter anderem – die Bedeutung ökologisch motivierten Protest und der Ausbildung neuer Formen politischer Partizipation untersucht werden. Umweltpolitische Streitthemen wie die Gefahren der Atomenergie, das „Waldsterben“ und die Klimaerwärmung waren und sind ferner Arenen, in denen über Sinn und Gültigkeit bis dahin zentraler gesellschaftlicher Deutungskategorien wie „Moderne“ oder „Fortschritt“ gestritten wird.
Für die Geschichtsschreibung stellt die „ökologische Revolution“ ebenfalls eine Herausforderung dar. Wie lässt sich eine sich seit Jahrzehnten verschärfende Klimakrise mit einer bisweilen nach wie vor konstatierten „Erfolgsgeschichte“ der Bundesrepublik in Einklang bringen? Die Forderungen nach stärkerer Berücksichtigung ökologischer Perspektiven auf die Geschichte gipfelten außerdem zuletzt in der Konstruktion einer Ära des „Anthropozäns“ als eigenständige Epoche, die bisher gängige Zäsuren in Frage stellt. Die Rolle der Ökologie für die Geschichte Deutschlands soll in dieser Übung als Querschnittsthema im Spannungsfeld naturwissenschaftlicher, ökonomischer, politischer, zeitdiagnostischer und historiografischer Herausforderungen behandelt werden.
Literatur: Uekötter, Frank, Deutschland in Grün. Eine zwiespältige Erfolgsgeschichte, Göttingen/Bristol 2015; ders., Im Strudel. Eine Umweltgeschichte der modernen Welt, Frankfurt a. M./New York 2020.
Universität Trier
Hauptseminar: The Seventies: Westeuropa in den globalen Umbrüchen der 1970er Jahre
Zeit: Freitag 10-12 Uhr
Ort: Raum A7
Datum: 08.04.2022 – 15.07.2022
Die 1970er Jahre stellen in vielerlei Hinsicht ein Umbruchjahrzehnt dar. Sowohl in politischer und ökonomischer Perspektive als auch mit Blick auf Gesellschaft und Kultur kam es zu nachhaltigen Veränderungen bekannter Strukturen. Mit dem Auslaufen der europäischen Nachkriegsprosperität und dem Zusammenbruch des internationalen Währungssystems (Bretton Woods) gerieten bisherige Säulen der ökonomischen Ordnung ins Wanken. Der wirtschaftspolitische Paradigmenwechsel vom Keynesianismus zum Neoliberalismus veränderte das Verhältnis von Staat und Wirtschaft und führte zu einer gesellschaftlichen Restrukturierung unter dem Primat der Ökonomie. Die Folgen des beschleunigten wirtschaftlichen Strukturwandels waren überall zu spüren. Gleichzeitig wandelten sich die Geschlechterbeziehungen und die familialen Haushaltsstrukturen; es kam zu einer Pluralisierung der Familienverhältnisse und zu einer Entstandardisierung individueller Lebensläufe. Viele Forderungen nach einem liberaleren Lebensmodell waren schon in den Studentenprotesten Ende der 1960er Jahre erhoben worden und wurden nun von den Neuen Sozialen Bewegungen aufgenommen. In der Veranstaltung werden diese Themen anhand ausgewählter Beispiele in europäisch vergleichender Perspektive diskutiert. Erwartet wird die Lektüre ausgewählter Texte zur Vorbereitung der einzelnen Sitzungen.
Einführende Literatur: Doering-Manteuffel, Anselm / Raphael, Lutz: Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970. 3., ergänzte Auflage, Göttingen 2012; Jarausch, Konrad H. (Hg.): Das Ende der Zuversicht? Die siebziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008; Marx, Christian/Reitmayer, Morten (Hg.): Gewinner und Verlierer nach dem Boom. Perspektiven auf die westeuropäische Zeitgeschichte, Göttingen 2020; Plumpe, Werner/Steiner, André (Hg.): Der Mythos von der postindustriellen Welt. Wirtschaftlicher Strukturwandel in Deutschland 1960 bis 1990, Göttingen 2016; Raithel, Thomas/Rödder, Andreas/Wirsching, Andreas (Hg.): Auf dem Weg in eine neue Moderne? Die Bundesrepublik Deutschland in den siebziger und achtziger Jahren, München 2009; Raphael, Lutz: Jenseits von Kohle und Stahl. Eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom, Berlin 2019; Reitmayer, Morten/Schlemmer, Thomas (Hg.): Die Anfänge der Gegenwart. Umbrüche in Westeuropa nach dem Boom, München 2014; Voigt, Sebastian (Hg.): Since the Boom. Continuity and Change in the Western Industrialized World after 1970, Toronto 2021.
Ludwig-Maximilians-Universität München
Seminar: Zwangsmigration im Europa des 20. Jahrhunderts
Zeit: Donnerstag, 13 - 16 Uhr
Ort: Amalienstr. 52 - K 507
Das 20. Jahrhundert war in Europa wie kaum ein anderes von Zwangsmigrationen geprägt: Zwischen vertraglich vereinbarten Bevölkerungsverschiebungen wie dem Vertrag von Lausanne (1923), den massenhaften Fluchtbewegungen während und unmittelbar nach den Weltkriegen und der gezielten Vertreibung, Deportation und ethnischen „Säuberung“ von Minderheiten quer über den Kontinent wurden zehn Millionen von Menschen mit Gewaltmigration konfrontiert. Diese Menschen waren jedoch nicht nur passive Objekte, sondern handelnde Akteure, die (wo möglich) ihre eigene Situation einschätzten, Chancen und Handlungsmöglichkeiten ausloteten und von ihren Erfahrungen berichteten. Dieses Seminar widmet sich auf zwei Ebenen den Zwangsmigrationen in Europas gewaltsamem 20. Jahrhundert. Einerseits fragt es nach den makrohistorischen Dimensionen — wie neue staatliche Vertragsformen, Kriegshandlungen oder größere politische, soziale und wirtschaftliche Bedingungen — die Zwangsmigration förderten. Andererseits legt es einen Fokus auf die Erfahrungen von den Geflüchteten und Vertriebenen selbst: Inwiefern konnten Zwangsmigrant/innen ihr Schicksal beeinflussen, und inwiefern können Historiker/innen ihre Perspektive Jahrzehnte später nachvollziehen? Das Seminar untersucht also diverse theoretische und methodische Ansätze, die es uns ermöglichen, „große“ historische Ereignisse mit individuellen Erfahrungen zu verbinden. Gleichzeitig dient das übergeordnete Thema des Basiskurses — wie bei allen Veranstaltungen dieses Typs — als Einführung in die Techniken und Grundzüge des wissenschaftlichen Arbeitens, von der Literaturrecherche über die Präsentation von Referaten bis zur Themenfindung und Verschriftlichung einer Hausarbeit.
Literatur:
Jochen Oltmer, Migration: Geschichte und Zukunft der Gegenwart (WBG Darmstadt, 2017); Philipp Ther, Die Außenseiter: Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa (Suhrkamp, 2017).
Ludwig-Maximilians-Universität München
Übung: Informelle Kommunikation im Zeitalter der Weltkriege 1914-1945
Zeit: Dienstag, 10 - 12 Uhr
Ort: Amalienstr. 52 - K 507
Unter den Bedingungen des „totalen Kriegs“ veränderten sich nicht nur bestehende soziale Realitäten, sondern auch das kommunikative Umfeld von ganzen Gesellschaften. In eine Situation gezwungen, in der Gewalt, Zensur und Propaganda vorherige mediale Öffentlichkeiten prägten, in der das vertraute soziale Umfeld zusammenbrach und gewohnte Kommunikationskanäle versiegten, wurden Soldaten wie Zivilisten oft dazu gezwungen, alternative Informationsquellen zu finden. Nicht selten wendeten sie sich an informelle Kommunikationsformen, um ihre Situation einzuschätzen und ihr Überleben zu sichern: private Gespräche, Briefe, Flugblätter, Graffitis, Klatsch und Tratsch, Witze und Gerüchte. Dieses Seminar widmet sich auf transnationaler und komparativer Ebene der informellen Kommunikation im Zeitalter der Weltkriege (1914-1945). Dabei untersucht es einerseits, wie mediale Öffentlichkeiten in Kriegszeiten funktionierten: Was gab es in verschiedenen Ländern auf offizieller Ebene für Informationsangebote? Inwiefern wurde Kommunikation im Rahmen verschiedener politischer Systeme durch Propaganda, Zensur und Überwachung gelenkt, kontrolliert oder beschränkt? Andererseits fragt das Seminar nach den Reaktionen von Menschen auf kommunikative Ausnahmezustände: Wie schätzten Personen vorhandene offizielle und inoffizielle Informationsangebote ein? Wie schufen Menschen durch Gerüchte, Witze oder Falschnachrichten Realitäten — und wie beeinflusste dies ihr Handeln? Wie versuchten Behörden, diesen informellen Informationsmarkt zu unterwandern? Diese Fragen werden im Seminar anhand von diversen historischen Quellen (Propagandamaterial, historische Filme, Presseartikel, Flugblätter, staatliche Überwachungsprotokolle, Zeitzeugenberichte, usw.) erkundet. Darüber hinaus werden wir uns mit Literatur auseinandersetzen, die sich in den letzten Jahrzehnten mit Themen wie dem Gerücht, dem Tratsch oder der Falschnachricht befasst hat. Dadurch erhofft sich das Seminar eine breitere Kontextualisierung aktueller Debatten über „Fake-News“, „Lügenpresse“ und Postfaktizität.
Literatur:
Maureen Healy, “Censorship, Rumors and Denunciations: The Crisis of Truth on the Home Front,” in Vienna and the Fall of the Habsburg Empire: Total War and Everyday Life in World War I (Cambridge University Press, 2004), 122-162; Florian Altenhöner, Kommunikation und Kontrolle: Gerüchte und städtische Öffentlichkeiten in Berlin und London 1914/1918 (R. Oldenbourg Verlag München 2008), Auszüge; Gordon W. Allport & Leo Postman, The Psychology of Rumor (New York: Henry Holt and Company, 1947), Auszüge; Tamotsu Shibutani, Improvised News: A Sociological Study of Rumor (New York: The Bobbs-Merrill Company, 1966), Auszüge; Jo Fox, “Confronting Lord Haw-Haw: Rumor and Britain’s Wartime Anti-Lies Bureau,” Journal of Modern History, vol. 91, no. 1 (2019): 74-108.
LMU München
Vorlesung: Die Weimarer Republik - erste deutsche Demokratie und Aufstieg des Nationalsozialismus
Zeit: Mittwochs, 10-12 Uhr
Ort: Theresienstraße 39, Mathematisches Institut, B 052
Die Weimarer Republik war von einer komplexen Gemengelage konkurrierender und widerstrebender Tendenzen gekennzeichnet, was sich inzwischen auch in sehr unterschiedlichen historiographischen Bewertungen spiegelt. Dies gilt vor allem für die politische Geschichte der ersten deutschen Demokratie, deren Chancen, Potentiale und Erfolge mit dem letztlichen Scheitern kontrastieren. Die Vorlesung wird einen Überblick über die vielfältige und spannungsreiche Geschichte dieser Jahre geben und dabei besonders auch den Aufstieg des Nationalsozialismus verfolgen, der entscheidend zur Zerstörung der Weimarer Demokratie beitrug. Vorgesehen ist eine systematische Behandlung wichtiger Problemkreise der Politik-, Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturgeschichte. Dabei sollen die deutschen Entwicklungen stets in ihren inter- und transnationalen Kontexten betrachtet werden. Grundkenntnisse der Weimarer Geschichte sind für das Verständnis der Vorlesung unabdingbar.
Einführende Literatur: Detlev J. K. Peukert, Die Weimarer Republik. Krisenjahre der Klassischen Moderne, Frankfurt/M. 1987; Ursula Büttner, Weimar. Die überforderte Republik, 1918-1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Stuttgart 2008; Thomas Raithel, Krisenbedingungen der Weimarer Republik, Bonn 2018 (Dossier Weimarer Republik, Bundeszentrale für politische Bildung), (https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/weimarer-republik/276646/krise-als-zeitdiagnose).
Universität der Bundeswehr München
Seminar: Geschichte der sozialistischen Arbeiterbewegung
Termine: online, 13.-15. Mai 2022, Fr.14-18 Uhr, Sa/So 9-19 Uhr (Fr.-So., Blockseminar).
Im Seminar wird die Geschichte der sozialistischen deutschen Arbeiterbewegung von den Anfängen bis 1945 behandelt. Die Entstehung und Entwicklung der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert – sowohl des gewerkschaftlichen als auch des politischen Flügels in Gestalt der Sozialdemokratie – sollen beleuchtet werden, um dann die folgenreiche Spaltung der Arbeiterbewegung im Ersten Weltkrieg nachzuvollziehen. Die Herausbildung einer kommunistischen und einer sozialdemokratischen Strömung bestimmte den weiteren Verlauf der Geschichte der Arbeiterbewegung im 20. Jahrhundert. Die Differenzen zwischen SPD und KPD, ihr Verhältnis zueinander und zur Weimarer Republik werden ebenso diskutiert wie die jeweilige Reaktion auf den Faschismus/Nationalsozialismus. Dabei wird sowohl die Organisationsgeschichte als auch die ideengeschichtliche Entwicklung der verschiedenen Flügel der deutschen Arbeiterbewegung thematisiert. Im Seminar wird ausgiebig mit Primärquellen gearbeitet.
Ruhr-Universität Bochum
Übung für Fortgeschrittene: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung im 19.und 20. Jahrhundert
Termine: online, 21.-22. Mai 2022, 10-16 Uhr, 28.-29.Mai, 10-16 Uhr
In der Übung wird die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts behandelt. Dabei wird ein Fokus auf die organisationsgeschichtliche Entwicklung gelegt und intensiv mit Originalquellen gearbeitet.
Prof. Dr. Hermann Wentker
Universität Potsdam
Hauptseminar: Von der Staatsgründung zur Großen Koalition: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1949-1969 (From State Foundation to the Great Coalition: The Foreign Policy of the Federal Republic of Germany 1949-1969)
Modulgruppe: Bachelor Zeitgeschichte (andere Zuordnungen möglich)
Tag und Zeit: Montags 8-10
Leistungspunkteerwerb: regelmäßige Mitarbeit, Referat, Hausarbeit
Kommentar:
Die Bundesrepublik Deutschland war bei ihrer Gründung alles andere als souverän. In dem Hauptseminar wird thematisiert, wie die Bundesrepublik in den Jahren danach durch ihre zunehmende Integration in den Westen an Souveränität gewann und danach auch gegenüber der Sowjetunion und den Ostblockstaaten zunehmende Aktivitäten entfaltete. Dabei geht es auch um die Frage, welche Haltung die Bundesrepublik gegenüber der DDR einnahm und welche Konsequenzen sich daraus ergaben.
Literaturhinweis:
Ulrich Lappenküper, Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1990, München 2008
Helga Haftendorn, Deutsche Außenpolitik zwischen Selbstbeschränkung und Selbstbehauptung 1945-2000, Stuttgart/München 2001
Prof. Dr. Andreas Wirsching
LMU München
Aufbaukurs: Das Problem der Kontinuität in der deutschen Geschichte 1871-1933/45
Zeit: Montags, 13 c.t.-16 Uhr
Ort: Schellingstr. 3
Beginn: 25. April 2022
Wenn nach den Ursachen des Nationalsozialismus und seiner Durchsetzung gefragt wird, sind immer auch mögliche Kontinuitäten zu früheren Epochen in der Diskussion. Zwar ist die Idee eines deutschen „Sonderwegs“ vom Kaiserreich zum NS-Regime heute in ihrer früheren Form nicht mehr aktuell. Aber die dahinterliegenden Probleme müssen immer wieder neu durchdacht werden. Welche Bedeutung besaßen deutsche historische Spezifika wie „späte“ Nationsbildung, Bikonfessionalismus, die Rolle Preußens und die Präsenz radikaler Ideologien wie Rassenantisemitismus und Sozialdarwinismus? Gab es eine spezifisch deutsche Form des „Militarismus“? Spielte der Erste Weltkrieg eine entscheidende Rolle für die Hinwendung zu radikalnationalistischen Angeboten? Waren Dysfunktionalitäten in der Verfassung und im Parteiensystem ausschlaggebend? Welche Kontinuitäten gab es zwischen den deutschen Kolonialverbrechen und dem Holocaust?
In dem Kurs werden diese und verwandte Fragen anhand ausgewählter Quellen und Literatur diskutiert und auch vergleichende Perspektiven auf die internationale Geschichte geworfen. Von den Teilnehmern wird aktive Mitarbeit erwartet. Dazu gehört auch die selbständige Erarbeitung eines quellengestützten Themas, das sich in die Gesamtthematik einfügt.
Literaturhinweise:
- Deutscher Sonderweg - Mythos oder Realität?, Kolloquien des Instituts für Zeitgeschichte, München 1982.
- Andreas Braune u.a. ( Hrsg.), Einigkeit und Recht, doch Freiheit? Das Deutsche Kaiserreich in der Demokratiegeschichte und Erinnerungskultur, Stuttgart 2021.
- Eckart Conze, Schatten des Kaiserreichs. Die Reichsgründung von 1871 und ihr schwieriges Erbe, München 2020.
- Heinrich A. Winkler, Deutungskämpfe: Der Streit um die deutsche Geschichte, München 2021.