Die Forschungsergebnisse belegen darüber hinaus die immensen individuellen und gesellschaftlichen Umwälzungen in Ostdeutschland: Der mit dem Strukturwandel verbundene Prozess der Deindustrialisierung bedeutete für viele Menschen nicht nur den Verlust des sicher geglaubten Arbeitsplatzes, sondern auch der sozialistischen Arbeitswelt. Die DDR hatte für die Beschäftigten und ihren Familien ein umfassendes sozialpolitisches Versorgungsnetz aufgebaut (Kitas, Polikliniken, Ferienheime, Kulturhäuser etc.), das Anfang der 1990er Jahre nahezu komplett wegbrach. Das erhöhte wiederum die Verlusterfahrungen und verstärkte den Anpassungsdruck in den ostdeutschen Bundesländern.
Vergleichbar mit anderen osteuropäischen Transformationen?
Wie die internationale Untersuchungsdimension des Projekts zeigt, stellte die Privatisierung der ostdeutschen Wirtschaft im Vergleich zu den anderen osteuropäischen Staaten einen Sonderfall dar. Einzelne Instrumente (z.B. Währungsabwertung, protektionistische Maßnahmen zum Schutz der heimischen Wirtschaft), die beispielsweise in Polen nach der Schocktherapie eingesetzt wurden, standen für Ostdeutschland nicht zur Verfügung. Die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone war mit erheblichen technischen Problemen verbunden und vor allem politisch nicht mehrheitsfähig.
Einen Überblick über die einzelnen Teilprojekte liefert die unten aufgeführten Kurzbeschreibungen. Die ausführlichen Publikationen erscheinen ab April 2022 in unserer Schriftenreihe „Studien zur Geschichte der Treuhandanstalt“. Weitere Veröffentlichungen aus dem Projekt sind nachzulesen in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte und in der Reihe „Zeitgeschichte im Gespräch“.
Die Geschichte der Treuhandanstalt – Übersicht über die Einzelprojekte
1. Die Treuhandanstalt im politisch-parlamentarischen Raum und die ordnungspolitischen Vorstellungen
a) Vom Hoffnungsträger zum Prügelknaben. Die Treuhandanstalt zwischen wirtschaftlichen Erwartungen und politischen Zwängen 1989-1994
(Bearbeiter: Andreas Malycha)
b) Communists into Capitalists: Die Genese des ostdeutschen Unternehmertums nach der Wiedervereinigung
(Bearbeiter: Max Trecker)
2. Die Privatisierungspolitik in der Region
a) Die Strategien der Treuhandanstalt/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben zur Privatisierung der chemischen Industrie und Mineralölindustrie 1990–2000
(Bearbeiter: Rainer Karlsch)
b) Die Transformation der ostdeutschen Werftindustrie im Spannungsfeld von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
(Bearbeiterin: Eva Lütkemeyer)
c) Akteursstrukturen und Privatisierungspraxis in der Transformation: Die Arbeit der Treuhandanstalt im Land Brandenburg 1990–1994
(Bearbeiter: Wolf-Rüdiger Knoll)
3. Gesellschaftliche Folgen und Debatten
a) Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarktpolitik beim Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft und die Rolle der Treuhandanstalt 1988–1998
(Bearbeiter und Projektleiter: Dierk Hoffmann)
b) Kooperation – Konflikt – Kompromiss: Gewerkschaften, Treuhandanstalt und politische Kultur der Transformation Ostdeutschlands (1989–1994)
(Bearbeiter: Christian Rau)
4. Internationale Dimensionen der Privatisierungspolitik
a) Die Treuhand und das Engagement ausländischer Investoren nach (und vor) 1989
(Bearbeiter: Keith R. Allen)
b) Von Solidarność zur Schocktherapie: Ökonomisches Denken und Systemtransformation in Polen 1975-1995
(Bearbeiter: Florian Peters)
c) Privatisierung in der Tschechoslowakei/Tschechischen Republik in den 1990er Jahren
(Bearbeiterin: Eva Schäffler)