Das Institut für Zeitgeschichte trauert um seinen langjährigen Mitarbeiter Dr. Volker Dahm, der am 19. April 2020 nach schwerer Krankheit verstorben ist.
Anfang der 1980er Jahre war Volker Dahm als Quereinsteiger zum IfZ-Projekt „Akten der Partei-Kanzlei der NSDAP“ gestoßen. Dabei erwarb er sich eine umfassende Kenntnis der Archivlandschaft und der Quellen des Nationalsozialismus, sowie ein ungewöhnlich großes Fachwissen über die NS-Zeit. Dies ist umso bemerkenswerter, da Dahm von Haus aus kein Historiker war. Nach seinem Studium der Neueren deutschen Literaturgeschichte und Publizistik hatte er zunächst einige Jahre als Lektor und Werbeleiter großer Verlage gearbeitet. 1983 wurde er zum Korrespondierenden Mitglied der Historischen Kommission des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels berufen. Ein Jahr später erhielt er einen Preis der Schocken Foundation New York für sein bis heute als Standardwerk geltendes und mehrfach neu aufgelegtes Werk „Das jüdische Buch im Dritten Reich“, das auf seiner Dissertation beruhte. Dahm betätigte sich als Bearbeiter und Herausgeber von Editionen, etwa der Goebbels-Tagebücher und der „Meldungen aus Norwegen“ des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD). Seit Anfang der 1990er Jahre war Dahm im IfZ als Gutachter für die Bereiche Kultur- und Judenpolitik sowie das umfangreiche und komplexe Feld der staatlichen Behörden und der NSDAP bis Kriegsbeginn verantwortlich. Daneben war er immer wieder als Sachverständiger vor Gericht bei Strafverfahren wegen öffentlicher Verwendung von verfassungsfeindlichen Kennzeichen nach § 86a StGB tätig. Nicht zuletzt durch sein Engagement änderte der Bundesgerichtshof seine Haltung zu Gunsten einer einheitlichen, restriktiveren Auslegung des Paragraphen 86a.
Relativ spät erst fand Volker Dahm zu seiner eigentlichen Berufung. 1996 wurde das IfZ vom Freistaat Bayern beauftragt, ein Konzept für eine Dauerausstellung am Obersalzberg zu erarbeiten. Mit dieser Aufgabe wurde Dahm betraut. Hier bot sich dem vielseitig Interessierten die Möglichkeit, nicht nur sein umfangreiches historisches Wissen praktisch umsetzen und einer breiten Öffentlichkeit präsentieren zu können. Hier konnte er auch seine Erfahrungen im Verlagswesen und seine juristischen Kenntnisse einbringen. Der große Erfolg der Dokumentation Obersalzberg, die schließlich 1999 eröffnet wurde, war nicht zuletzt das Verdienst ihres ersten Wissenschaftlichen Leiters Volker Dahm. Sein Rat und gelegentlich auch seine Mitarbeit wurden auch von anderen Einrichtungen gesucht. Dahm leitete die Dokumentation bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2009.
Wir werden Volker Dahm ein bleibendes Angedenken bewahren.