Eine unzeitgemäße Biografie: Der Jurist Ernst Hirsch im türkischen Exil

Vortrag in der Reihe „Jüdisches Leben zwischen Deutschland und der Türkei“

„Aus des Kaisers Zeiten durch die Weimarer Republik in das Land Atatürks“, oder – auf Türkisch – „Anılarım, Kayzer Dönemi, Weimar Cumhuriyeti, Atatürk Ülkesi“: Mit diesem Titel und der Unterzeile „Eine unzeitgemäße Biographie“ erschien im Jahr 1982 Ernst Hirschs Autobiografie. Unzeitgemäß verlief die Karriere des jungen Juden als Jurist: Geboren 1902, mit 28 Jahren Privatdozent für Handelsrecht und mit 29 Jahren zum Richter am Landgericht Frankfurt berufen, erfuhr er einen vielversprechenden Berufseinstieg, der aber im April 1933 durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ im Zuge der NS-Rassenpolitik brutal beendet wurde. Beruflicher Erfolg in Deutschland blieb ihm also verwehrt, doch es folgte eine beispiellose Karriere in der noch jungen türkischen Republik. Obwohl er bereits die Zusage der Universität Amsterdam für eine Berufung auf den Lehrstuhl für Internationales Handelsrecht hatte, entschied Hirsch sich für das „Abenteuer Türkei“. Es folgten 19 Jahre Tätigkeit als Professor für Handelsrecht, Rechtsoziologie und Rechtsphilosophie an den Universitäten Istanbul und Ankara und gleichzeitig als Berater der türkischen Regierung. Ernst Hirsch gilt heute als „Vater des türkischen Handelsgesetzbuchs“ – darüber hinaus war er aber auch Vater einer Familie zwischen den Welten: Der Referent Enver Hirsch zeichnet in seinem Vortrag die Biografie seines Vaters nach und berichtet über seine eigene Kindheit als Sohn eines Exilanten.

Vortrag von Enver Hirsch (München). Moderation: Mehmet Hacısalihoğlu (München).

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Vortragsreihe „Jüdisches Leben zwischen Deutschland und der Türkei“ zu Ehren des in Vergessenheit geratenen LMU-Professors Karl Süßheim statt. Die Reihe ist eine Kooperation des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) mit den Fachbereichen Turkologie und Judaistik am Institut für den Nahen und Mittleren Osten der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) sowie dem Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur der LMU.

ORT
LMU-Hauptgebäude, Hörsaal A 125
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München

ANMELDUNG
Bitte melden Sie sich über das Online-Formular beim Fachbereich Turkologie der LMU an.



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