München (3.5.2022). Wie sollte die Welt nach dem Ende des Kalten Kriegs aussehen? Mit dem neu erschienenen Jahrgang 1991 der Akten zur Auswärtigen Politik zeichnet das Institut für Zeitgeschichte in 448 Dokumenten die Außenpolitik Deutschlands im Jahr Eins der Einheit nach. Erstmals geben die Akten nach Ablauf der 30-Jahres-Sperrfrist Einblicke in ein Jahr der globalen Herausforderungen, die vom beginnenden Jugoslawienkonflikt bis hin zum Zerfall der Sowjetunion reichten.
Das Jahr 1991 stand im Zeichen der Bemühungen, die Neuordnung Europas und der Welt nach dem Ende des Kalten Kriegs zu gestalten und die außenpolitischen Folgen der Wiedervereinigung zu bewältigen. Zentrales Ziel war die Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems sowie die Gründung der Europäischen Politischen Union und der Wirtschafts- und Währungsunion.
Zugleich wurde die Bundesrepublik an zahlreichen internationalen Krisenherden gefordert: Der Golfkrieg setzte die Regierung Kohl/Genscher dem Vorwurf der „Scheckbuchdiplomatie“ und der Verantwortung für die irakischen Raketenangriffe auf Israel aus. Mit der Loslösung von Slowenien und Kroatien aus dem jugoslawischen Staatsverband brach erstmals nach 1945 wieder ein Gewaltkonflikt in Europa aus. Das Unabhängigkeitsstreben der Sowjetrepubliken, insbesondere der baltischen Staaten, und die Auflösung des Warschauer Pakts wiederum waren untrügliche Anzeichen für die existenzielle Krise in der UdSSR, die ihren Höhepunkt im August fand: Ein Putschversuch reaktionärer Kräfte konnte gestoppt werden, läutete aber gleichzeitig das Ende der Ära Gorbatschow ein.
Das Institut für Zeitgeschichte gibt die Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland im Auftrag des Auswärtigen Amtes, jedoch in völliger wissenschaftlicher Unabhängigkeit heraus. Jedes Jahr erscheint unmittelbar nach Ablauf der 30-jährigen Sperrfrist ein neuer Band der Editionsreihe und macht damit zumeist geheime Akten erstmals der Öffentlichkeit zugänglich. Für den Jahrgang 1991 wurden die amtlichen Dokumente aus dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes ergänzt um wichtige Gesprächsaufzeichnungen des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl und um Material aus dem Nachlass des früheren Außenministers Hans-Dietrich Genscher. Mit dem ersten Jahrgang, der die Außenpolitik des wiedervereinigten Deutschland nachzeichnet, haben sich Herausgebergremium und Editionsteam zu einer behutsamen Neugestaltung der Bände entschieden. Dazu zählt eine Einleitung, die die zentralen Themen des Jahres 1991 einordnet. Weitere Neuerungen betreffen u.a. die Ergänzung der Dokumente durch geeignete Abbildungen und Faksimiles.