Die Geschichte der Reichsbank und der Bank deutscher Länder sowie der Deutschen Bundesbank von 1923 bis 1969 stand im Mittelpunkt eines gemeinsamen Forschungsprojekts des Instituts für Zeitgeschichte mit der London School of Economics. Im Auftrag der Deutschen Bundesbank untersuchte ein wissenschaftliches Team unter der Leitung von Magnus Brechtken (IfZ) und Albrecht Ritschl (London School of Economics) die Geschichte der Reichsbank als Zentralbank während der NS-Zeit.
Die Untersuchung belegt, dass ein Großteil der Reichsbankmitarbeiter genauso bei der Etablierung des NS-Staates und später bei der Eroberungs- und Ausbeutungspolitik mitgewirkt hat wie auch Ministerialbeamte, Staatsanwälte, Mediziner, Diplomaten oder Juristen. Reichsbankbeamte waren im Zweiten Weltkrieg im besetzten Europa systematisch mit der Erfassung und Ausbeutung von Vermögen, mit der Umlenkung von Ressourcen und mit der Manipulation der Währungen zu deutschen Gunsten befasst. Eine Länderstudie zu Polen, die am IfZ von Ingo Loose bearbeitet wurde, zeigt beispielsweise auf, wie Reichsbankbeamte im Holocaust unmittelbar den Todesschwadronen folgten und an der Beschlagnahmung von Wertgegenständen, Edelmetall und Bargeld beteiligt waren. Weitere Teilprojekte, die am IfZ bearbeitet wurden, beschäftigen sich mit den Biografien des ersten Bundesbankpräsidenten Wilhelm Vocke (Rouven Janneck) und seines Nachfolgers Karl Blessing (Stefan Grüner) sowie einer Gruppenbiografie des Führungspersonals in der Bank deutscher Länder und der jungen Bundesbank (Christian Marx).
Erste Ergebnisse des Projekts wurden nun in der Broschüre „Von der Reichsbank zur Bundesbank“ zusammengefasst und bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit Bundesbankpräsident Joachim Nagel in der Deutschen Bundesbank in Frankfurt vorgestellt. Einen tieferen Einblick werden ein Sammelband sowie die insgesamt acht Einzelstudien bieten, die im Laufe dieses und des kommenden Jahres für die Publikation vorbereitet werden.
Von der Reichsbank zur Bundesbank – Broschüre mit zentralen Ergebnissen
Interview mit den Projektleitern Magnus Brechtken und Albrecht Ritschl