Sie war mehr als nur eine Kollegin – Sybille Benker war eine Institution. Sie begleitete das Institut für Zeitgeschichte mehr als 60 Jahre lang. Als sie am 1. Oktober 1956 ihre Stelle antrat, stand Konrad Adenauer noch in der Blüte seiner Jahre als erster Bundeskanzler der Republik. Als Sekretärin und Stenotypistin war sie im anlogen Zeitalter unverzichtbar; Briefe wurden seinerzeit diktiert, Manuskripte – Handschriften im Sinne des Wortes – per Schreibmaschine ins Reine geschrieben, Fußnoten den Seiten gleichsam auf den Leib geschneidert.
In die „Ära Benker“ fiel die Amtszeit von nicht weniger als fünf Direktoren: Paul Kluke, Helmut Krausnick, Martin Broszat, Horst Möller und zuletzt Andreas Wirsching. Eigentlich ging sie am 1. Dezember 1995 in den wohlverdienten Ruhestand – eigentlich. Aber sie blieb den Kolleginnen und Kollegen, die längst ihre Familie geworden waren, weiter erhalten: Sie besorgte die Post, verwaltete die Büromaterialien – und feilschte im Sinne sparsamer Haushaltsführung um jeden einzelnen Bleistift –, erledigte noch immer anfallende Schreib- oder Korrekturarbeiten, war stets bei der Hand, wenn es stenografische Notizen oder schwierige Handschriften zu entziffern galt. Ihre Großzügigkeit war legendär; wem Tee (gleich welcher Sorte), Zucker oder Kekse fehlten, um einen Anfang in den wissenschaftlichen Tag zu finden, der wusste, an wen er sich zu wenden hatte. Und auch an Zuspruch ließ sie es gerade den jüngeren wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber nicht fehlen, wenn die Welt der Vertragslaufzeiten und Abgabetermine wieder einmal düster aussah.
Mit Hermann Graml, dem langjährigen Chefredakteur der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, bildete sie ein kongeniales Duo – und sie ist ihm, der im Februar 2019 verstorben ist, nun nachgefolgt. Am 3. Mai 2020 hat sie der Welt und dem Institut für Zeitgeschichte in ihrem 90. Lebensjahr „Adieu“ gesagt. Wir werden Sybille Benker vermissen, die in ihrer Art unübertroffen war.