Theodor-Heuss-Kolloquium 2017

Tagungstelegramm: Liberalismus und Nationalsozialismus – Eine Beziehungsgeschichte

Am 14. und 15. September fand am IfZ München in Kooperation mit der Theodor Heuss Stiftung das Theodor-Heuss-Kolloquium „Liberalismus und Nationalsozialismus – Eine Beziehungsgeschichte“ statt. Das regelmäßig stattfindende Kolloquium setzt sich mit jeweils unterschiedlichen Aspekten der Geschichte des Liberalismus im 20. Jahrhundert auseinander.


Elke Seefried, Zweite Stellvertretende Direktorin des IfZ, verwies zu Beginn der Tagung auf die Tatsache, dass das Verhältnis von Liberalismus und Nationalsozialismus wesentlich differenzierter sei, als es gemeinhin dargestellt wird. Wenngleich sich Liberalismus und Nationalsozialismus ideologisch deutlich voneinander abgrenzen, habe es immer wieder auch ideelle Schnittmengen, Parallelitäten und Kontinuitäten gegeben. Das Kolloquium, das von Frank Bajohr, Johannes Hürter und Elke Seefried vom Institut für Zeitgeschichte sowie Ernst Wolfgang Becker von der Theodor-Heuss-Stiftung geleitet wurde, spürte diesem ambivalenten Verhältnis in vier Sektionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten nach. Dabei wurde deutlich, dass gerade die biografische Annäherung dienlich sein kann, um den Abgrenzungen aber auch Schnittmengen von Liberalismus und Nationalsozialismus nachzugehen. Die Lebenswege von Männern wie Wilhelm Stapel, Werner Stephan, Otto Geßler, Ernst Jäckh oder Gustav Stolper zeigten nicht nur das große Spektrum möglicher Reaktionen von liberaler Seite auf den Nationalsozialismus – von opportunistischer Annäherung, überzeugter Hinwendung, bewusstem Ignorieren bis überzeugtem Widerstand. Sie machten vielmehr auch deutlich, wie vielfältig das Angebot bei der Definition des Liberalismus-Begriffs ist.


Die angeregten Diskussionen während der Panels und insbesondere die Abschlussdiskussion belegten dabei die von Elke Seefried zu Beginn des Kolloquiums geäußerte These, dass sich über die Sonde des Nationalsozialismus tatsächlich neue Fragen, Ansätze und Zugänge für die Liberalismusforschung erschließen lassen.

Am Donnerstag, 14. September, wurde die Tagung durch einen Abendvortrag von Jörn Leonhard (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.) ergänzt: Unter dem Titel „Bürgerliche Moderne im Zeitalter der Extreme“ referierte der aktuelle Forschungsstipendiat des Instituts für Zeitgeschichte am Historischen Kolleg über den europäischen Liberalismus nach 1918. Das Ende des Ersten Weltkriegs, Revolutionen, neue Ordnungsversprechen und Staatsbildungen verbanden sich zu einem einzigartigen Umbruch, was auch für die Liberalen in den europäischen Gesellschaften einen tiefen Einschnitt bedeutete. Leonhard ging den Fragen nach, welche Konsequenzen diese Krisensituation für den Liberalismus hatte, welche Rolle längerfristige Kontinuitäten und neue programmatische Akzentuierungen spielten und wo sich Berührungspunkte zu konkurrierenden Ideologien ergaben.



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