Tagungstelegramm: Vortrag von Jörn Leonhardt im Historischen Kolleg
Auf den ersten Blick sprachen Verlauf und Ende des Ersten Weltkriegs mit der Auflösung des Zarenreichs, der Habsburgermonarchie und des Osmanischen Reichs für einen Triumph der „westlichen“ Demokratie im Gehäuse von Nationalstaaten. Aber aus den Konflikten um eine neue Ordnung der Welt entstanden neue Gewalterfahrungen. Sie reichten von Auseinandersetzungen zwischen neu begründeten Nationalstaaten und Bürgerkriegen bis zu antikolonialen Aufständen, Vertreibungen und ethnisch begründeter Gewalt.
Mit dem Jahr 1919 als das Jahr des „überforderten Friedens“ beschäftigte sich der Vortrag von Professor Jörn Leonhard, den er am Montag, den 16. Januar 2017 im Historischen Kolleg in München hielt. Dabei standen die folgenden Fragen im Mittelpunkt: Was kennzeichnete das Jahr 1919 als ein Scharnier des 20. Jahrhunderts? Was für Vorstellungen verbanden Menschen mit dem Frieden und dem Versprechen einer neuen Ordnung? Und wie verändert sich unser Verständnis der Geschichte des 20. Jahrhunderts, wenn wir nach dem globalen Charakter dieses Scharnierjahres fragen? Professor Leonhard zeigte auf, dass die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln zu einem Kennzeichen der globalen Nachkriegsperiode wurde.
Jörn Leonhard ist Professor für Westeuropäische Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau und 2016/17 Forschungsstipendiat des Instituts für Zeitgeschichte beim Historischen Kolleg. Die Veranstaltung war eine Kooperation des Instituts für Zeitgeschichte mit dem Historischen Kolleg.