Bei der Frage, welche Formen von Privatsphäre das NS-Regime seinen „Volksgenossen“ ließ, spielt die Rechtssicherheit eine wichtige Rolle:
Was war als „privat“ und unantastbar gesetzlich geschützt? Wer konnte auf Rechtsschutz hoffen? Wieviel Vertrauen herrschte in die Justiz? Welche Erfahrungen machten Bürgerinnen und Bürger mit dem Rechtssystem?
Vor Gericht treffen individuelle Privatangelegenheiten und öffentliche Gewalt unmittelbar aufeinander. Deshalb beschäftigt sich die Studie damit, wie an Amts- und Landgerichten im Nationalsozialismus konkret „Privates“ verhandelt wurde. Drei Bereiche des Zivil- und Strafrechts sind dafür von besonderem Interesse:
- Ehescheidungen und Unterhaltsverfahren
- Pfändung und Zwangsvollstreckung von Privateigentum
- die juristische Verfolgung von freier Meinungsäußerung (z. B. nach dem „Heimtückegesetz“)
Für die Untersuchung der NS-Rechtspraxis sucht Dr. Annemone Christians nach Briefen, Tagebucheinträgen und sonstigen Aufzeichnungen, in denen Betroffene ihre Erfahrungen mit Gerichten und Anwälten schildern.