Internationale Konferenz zu Genderfragen in der Holocaust-Forschung
Vom 21. bis 23. Januar 2019 fand in Bratislava die Konferenz "If this is a Woman" (eine Anlehnung an die 1947 veröffentlichen Aufzeichnungen Primo Levis "If this is a Man") statt. Sie ging auf eine Kooperation zwischen dem Zentrum für Holocaust-Studien (ZfHS), der Comenius Universität Bratislava und der Slowakischen Akademie der Wissenschaften zurück und lud Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, ihre Projekte zur Frauen- und Geschlechtergeschichte innerhalb der Holocaustforschung zu präsentieren und diskutieren. Obwohl Geschlechteranalysen im Bereich der Kriegs- und Holocaustwissenschaften zu wichtigen Entdeckungen geführt und kritische Fragen zu etablierten Narrativen aufgeworfen haben, wurden die Kriegs- und Verfolgungserfahrungen von Frauen in der Forschung lange Zeit kaum beachtet.
Die Konferenz demonstrierte hingegen, wie notwendig die Berücksichtigung von Geschlechterperspektiven ist, um eine wirklich integrative Holocaustforschung zu ermöglichen. Die Vorträge reichten dabei von den sich verschiebenden Rollenbildern in den Besatzungsgesellschaften und Überlebensstrategien von jüdischen Frauen und Männern hin zu den Erfahrungen und Verarbeitungsmöglichkeiten sexueller Gewalt. Auch die Motivationen von Retterinnen jüdischer Kinder ebenso wie von Kollaborateurinnen mit dem nationalsozialistischen Regime wurden in den Beiträgen thematisiert. ZfHS-Mitarbeiterin Anna Ullrich, Mitorganisatorin der Konferenz, stellte das European Holocaust Research Infrastructure (EHRI)-Projekt vor. Kerstin Schwenke analysierte in ihrem Vortrag die Erfahrungen weiblicher Familienangehöriger während Sprechgenehmigungen mit Häftlingen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Anna-Raphaela Schmitz sprach über das Leben der Ehefrauen der SS-Männer in Auschwitz-Birkenau.
Das abschließende Panel, das unter anderem von Andrea Löw, der stellvertretenden Leiterin des ZfHS, und Andrea Pető, Distinguished Fellow am ZfHS bestritten wurde, trug die zahlreichen neuen Ergebnisse der einzelnen Beiträge zusammen und verdeutlichte damit den Gewinn, den der Einbezug von geschlechterspezifischen Aspekten für die Holocaustforschung darstellt. Die Tagung endete mit dem eindringlichen Appell, diese Erkenntnisse nicht nur im Kontext von Konferenzen und Sammelbänden zu diskutieren, sondern sie in eine möglichst breite Öffentlichkeit zu tragen.
Ein ausführlicher Tagungsbericht ist auf H-Soz-u-Kult veröffentlicht worden und kann hier eingesehen werden.