B EITRÄGE ZUR ...,... THEORIE UND PRAXIS Nr. 18 XI. Jahrg. DM 6, -- ISSN 0179-8367 bcit .‘'EP, IN 1 irlt FEMINISRAUS UND DIE DEUTSCHE JUSTIZ sagen: mensch Daß a Da "Soldaten sind poten le Mörder in der Armee lernt man das Handwerk des Anordens"? a "Dombeseuetinnen" brachten Bayerisches PoWeikostengesetz praktisch zu Fall - Prozeß ewonnen! g Weibliche "EGG - Machen wir uns alle auf HUIDS" die Socken .

sagen: *Darf mansch "Soldaten sind potentielle Mörder - in der Armee erlernt man das Handwerk des Mordens"? Diesmal geht es um unsere Erfahrungen mit der deutschen Justiz. Da wir unsere feministi- sche Wertordnung ständig in politische Praxis umsetzen, kommen wir zwar nicht in Teufels Küche , aber immer häufiger vor den Kadi. Wir geben ja nicht nur ein- bis zweimal im Jahr eine politische Zeitschrift heraus - üb e r all und jeder ze it weisen wir unsere Mitmen- schen auf die Gefährlichkeit des Patriarchats h in. Wir wollen nicht allein unsere Kinder, unsere nächsten VerWandten und Freunde, sondern die Bevölkerung insgesamt erreichen. Leider wer- den uns aber nicht, wie zum Beispiel den Tür- ehen, feste Radio- und Fernsehzeiten einge- räumt. Frauen und Mütter gehören offensicht- lich nicht - wie der Bauernverband, die Gewerk- schaften, die Arbeitgeberverbände u.a. zu den gesellschaftlich relevanten Gruppen": Frau sitzt für "ihre Gruppe" weder im Rundfunkrat, noch in den Senaten oder Parlamenten. Wenn S ie sich nicht ins christliche, kapitalistische °der marxistische Patriarchat integriert, son- dern als eigenständige Lobby, als Vertretung der Frauen und Mütter, als Opposition zum Pa- triarchat zu Wort meldet, hat sie fast keine ,Chance. 'eshalb gehen wir seit Jahren mit unserem In- fo DER FEMINIST auf die Buchmesse, zu lirchenta.gen und anderen Großveranstaltungen und last not least seit über 10 Jahren alle 14 Ta- ge auf die Straße. Deshalb protestieren wir vor °rt - vor Kasernen, zum Beispiel in Neu-Ulm 4Ild Mutlangen, wollten öffentlich in der Mün.ch- tier Frauenkirchegegen die "Nachrüstung" fa- Sten und demonstrieren gegen AKWs und WAAs "die neuen Kathedralen des Patriarchats" - 11,4 Wackersdorf und anderswo. Wir hatten sie- ivien Verfahren als "Blockierer/innen", eins als liausfriedensbrecher/innen", und 1986 steht hntin Monika B B. wegen Beleidigung des Soldaten- be vor Gericht. Am Infostand in München gatte Sie im Juni 1985 gegenüber zwei Soldaten Ilrillinißverständlich kundgetan, was wir von Sol- aten und Armeen halten. Das brachte ihr einen s- s'tratbefehl und insgesamt drei Verhandlung ta ge vor dem Amts- und Landgericht München ein. Wir haben Monikas Rede anläßlich des Beru- fungsverfahrens in dieser Nummer ungekürzt abgedruckt, weil sie alles das zusammenfaßt, was wir als p o l i t i s che Feministinnen zum Militarismus zu sagen haben. Unter Pazifismus verstehen wir nämlich etwas anderes als Christen und Kommunisten, die in ihren theoretischen Fundamenten ein sehr "gebrochenes Verhältnis" zur Gewalt bekun- den. Nach der Bibel und den"BlauenBänden" (Marx-Engels-Werke) wird Gewalt sowohl ab- gelehnt wie gerechtfertigt. Bis heute ist uns kein Theoretiker, kein Phi- losoph, kein Religionsstifter bekannt, der mehr als analytische Versuche für eine Theo- rie, eine Religion der "Gewaltfreiheit" anbot. Den bisher wichtigsten und WDerzeugendsten Beitrag lieferte hier - unserer Ansicht nach - Mahatma Gandhi. Mit seiner Position wollten wir uns seit langem auseinandersetzen. Wir begannen die Diskussion im FEMINIST Nr.16 aus der Sicht amerikanischer Feministinnen mit "Ein Brief an Gandhi" von Lynne Shivers. Wir verstehen unter Pazifismus was anderes Meine kritische Würdigung Gandhis soll nun 1988 folgen. Die "Gewaltfreiheit" als politi- sche Strategie und geistige Dimension wird im Mittelpunkt stehen. Denn, obwohl Gandhi be- deutende Beispiele für gewaltfreies politisches Handeln gab, finden wir auch bei ihm noch wi- dersprüchliche Aussagen zur "Gewalt - Ja oder Nein". Viele Frauen und Männer lebten und kämpften für den Pazifismus. Viele lehnen Waffenge- walt als Mittel politischer Auseinandersetzung unter Einsatz ihres Lebens ab. Diese politi- schen Vorbilder können unserer Ansicht nach gar nicht hoch genug bewertet und geachtet werden. Denn Menschen werden beeinflußt, so- wohl durch die Staatsform (Theokratie, Mon- archie, Militärdiktatur, Parlamentarismus und andere demokratische Experimente) wie durch Individuen, durch einzelne Menschen, die in- nerhalb dieser Staatsformen schreiben, reden und handeln. Deshalb machen wir ja auch inner- und außer- halb der Familie unsere Schnauze auf. Sagen 1

beschäftigt, je deutlicher schält sich das Cha- rakteristische, das Systemimmanente heraus: v das Patriarchat ist das System sinnloser Gewalt ist die Despotie des Nihilismus ist der "totale Krieg", das "Recht" des Stärkeren "ordnet" dieses System: Gewalt wird "Recht" - Gesetze Vergewaltigungen. Meine Definition des Patriarchats als "System der Gewalt", als "Despotie des Nihilismus" ist ira Sinne Max Webers eine i de a ltyp is che : die durch die gedankliche Steigerung bestimmter Elemente der Wirklichkeit gewon- nen ist... Für die Forschung will der ideal- tYPische Begriff das Zurechnungsurteil schulen: er ist keine 'Hypothese', aber er will der Hy- pothesenbildung die Richtung weisen". (Max Weber: Methodologische Schriften, Frank- furt a.M. 1968, S.42 u.59) In der Wirklichkeit gibt es das "Patriarchat", den "Patriarch" und die "Patriarchalin" nur graduell: das "patriarchalische" ist das he- rausragende, markanteste, bestimmende Merk- Mal neben anderen. Denn kein System, kein Individuum, basiert nur auf einem Merk- einer Komponente - weder ein religiöses, noch ein ökonomisches, erst recht kein politi- sches. (Siehe dazu auch meine früheren Ausfüh- rungen im FE MIMST Nr. 2/77: "Viele, aber nicht alle Wege führen zum Feminismus !" Dle Bedeutung von Form und Inhalt in der Poli- tik.) Max Weber wollte durch die idealtypische Methode die begriffliche Einordnung sozialer Vorgänge ermöglichen und die Erfassung des subjektiven Sinnes" eines Kulturprozesses er- leichtern. Underade auf diese begriffliche Zu- °rdnung kommt es mir an: das herauszufiltern, aufzuzeigen, was das Patriarchat von anderen Herrschafts- und Gesellschaftsformationen un- g .. te rscheidet. über Möglichkeiten der Manipulation und Gewaltanwendung verfügt jedes Herrschaftssy- 4atera, jeder Mensch (wenn er das Kleinid.ndal- 'er hinter sich, nicht todkrank und noch nicht total verkalkt ist). Entscheidend für die Defini- ti°n eines Systems ist das Ausmaß, die Häufig- it des Auftretens dieses es charakterisieren- ti' den Merkmals. Ist ein Mensch, eine Gruppe 9- zlini Beispiel bereit zur Erhaltung der Macht, lzite Erhaltung des Systems andere zu manipu- ;teren, zu foltern, zu töten, Krieg zu führen? 'St er bereit, Neutronenbomben , "die Perver- ,2t°n Inenschlichen Denkens" (eine treffende Cha- 1,`akterisierung eines patriarchalischen Produk- 8 !) zu konstruieren, zu bauen, abzuwerfen? Welches Ausmaß an Manipulation und Gewalt- ariwendung läßt sich nachweisen - gibt es, und wie viele politisch Verfolgte und Gefangene, Todesstrafe ja oder nein? - das alles muß un- tersucht werden. Wird zur "Verteidigung des Systems" nicht nur das eigene, sondern auch das Leben anderer Menschen, Massenmord in Kauf genommen? Es reicht bereits der Ge- danke, die Planung und Drohung mit der Mög- lichkeit, alles Leben auslöschen zu können, als Indiz für ein totales Patriarchat. Auschwitz, Hiroshima und Nagasaki sind "Inkarnationen" (Verkörperungen, Materialisierungen) dieses Systems sinnloser Gewalt. Letzte "Offenba- rung", ja Konsequenz des Patriarchats ist das, was uns bereits die Autoren (Menschen!) der Bibel weissagten: die Apokalypse, die Ver- nichtung allen Lebens. Nur ist kein "überirdi- sches" ,"göttliches" Wesen an diesem tatsäch- lich zu befürchtenden Ereignis beteiligt, und auch alle früheren Infernos - wie Hexenver- brennungen, Atombombenabwürfe, Umweltzer- störung - waren und sind das Werk von Men- schen! Diesen Wahn-Sinn vollbringen bestimm- te, feststellbare Personen und -gruppen, mehr Männer als Frauen, Menschen, denen Maß und S i nn nicht gezeigt, nicht vorgelebt wurde, die Maß und Sinn nicht selbst suchten und Achtung und Rücksicht vor dem Leben - einschließlich dem eigenen - nicht mehr empfinden (können). Wer kein Maß sich erarbeitet, wird auch den Sinn verfehlen, "entwickelt" sich zum sinnlosen Vergewaltiger und Massenmörder. Diese sinnlose, diese wahn-sinnige Entwicklung sollen und haben inzwischen auch schon die meisten "Entwicklungs"länder eingeschlagen, und diese Entwicklung steht - so wie es jetzt aussieht - in diesem Jahrhundert auch allen Frauen (noch?) offen! (Siehe S. "Frauen un- ter Waffen" - Gleichberechtigung von Frau und Mann bei den Streitkräften) Das Patriarchat hat zur Systemerhaltung die Frauen stets gebraucht, stets auch die Mehrheit der Männer. Es ist überall dort an die Macht gekommen und an der Macht geblieben, wo der gewaltlose Widerstand, der Protest ge- gen Gewalt und Unrecht, unte rb lieb bzw. die Opposition zu k l e in war. Das Patriarchat herrscht, wenn die Mehrheit der Menschen die individuelle Fähigkeit der Sinn-Besetzung und den damit verbundenen Mut, für • diesen Sinn zu leben, verloren hat, diese Sinn- Suche nicht angeregt oder/ und nicht geschafft wurde. Wer sich der Sinn-Besetzung entzieht - ob aus Bequemlichkeit, Angst oder Ohnmacht - , verliert nicht nur seine eigene Lebenschance, er schaut auch tatenlos (erstarrt) zu, wenn andere 3

Regierungen empfehlen und liefern - allen vo- ran Edward Teller! -, für die gilt diese Be- hauptung nicht. Sie wissen alle, was sie tun. Auch Einstein wußte, was er tat: "Meine Beteiligung bei der Erzeugung der Atombombe bestand in einer einzigen Handlung: ~ ich unterzeichnete einen Brief an Präsident Roosevelt, in dem die Notwendigkeit betont wur- de, Experimente im großen anzustellen zur Un- tersuchung der Möglichkeit der Herstellung ei- iler Atombombe. Ich war mir der furchtbaren Gefahr wohl bewußt, die das Gelingen dieses Unternehmens für die Menschheit bedeutete. Aber die Wahrscheinlichkeit, daß die Deutschen am selben Problem mit Aussicht auf Erfolg ar- beiten dürften, hat mich zu diesem Schritt ge- zwungen. Es blieb mir nichts anderes übrig, Obwohl ich stets ein überzeugter Pazifist gewe- sen bin. Tötell. im Krieg ist nach meiner Auf- fassung um nichts besser als gewöhnlicher Mord." ( Zitiert von Dagobert D . Runes in: Illu- strierte Geschichte der Philosophie, Genf1972) Er wurde zu diesem Schritt"gezwungen"? Von Wem denn? Wer hat ihn gefoltert, sein Leben bedroht? Und selbst wenn, so irrt Einstein. • Niemand muß müssen. Jeder Mensch kann sich für Selbstmord statt für Mord entscheiden. Nie- 41and ist gezwungen, "seiner" Regierung ver- brecherische Ratschläge zu geben. Indem er Roosevelt die Möglichkeit verschaffte, ja sogar die "Notwendigkeit" hervorhob, man müsse fähig sein, die Deutschen mit ihrer Auslöschung zu konfrontieren, zu bedrohen, begab sich Einstein selbst auf die moralische Stufe Hitlers. Für ei- n "Pazifisten" wahrlich eine ungeheuerliche fltwicklung"! Gandhi bezeichnete sich selbst, soviel ich weiß, 4icht als "Pazifisten"; aber mit dem Phänomen ),„ .3ewalttt hat er sichgründlicher als Einstein beschäftigt. Er erkannte: "Gewaltlosigkeit ist die größte Macht, die der Menschheit in die Hand gegeben ist. Sie ist mächtiger als die 41 chtigste Zerstörungswaffe, die Menschen- ,geist je ersonnen hat". Und zur "Leistung", zur :Macht!! und "Moral" der USA, die Bombe zu 'auen und 1945 abzuwerfen, bemerkte er:"Die 11,1 atur kr äfte wirken auf geheimnisvolle Weise. 'ir können das Geheimnis nur enträtseln, indem Wir von bekannten Folgen ähnlicher Ereignisse atir die unbekannten Folgen schließen. Ein Skla- venhalter kann keinen Sklaven halten, ohne sich seist oder einen Stellvertreter zusammen mit d,eel Sklaven einzusperren. Wohlgemerkt, nichts tegt mir ferner, als die Missetaten entschuldi- l gen zu wollen, die Japan in Verfolgung seiner ItIlehlosen Ziele beging ... Doch die größere 'liehlos'gleit gab dem weniger Ruchlosen noch t zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA kein-Recht, gnadenlos japanische Männer, Frau- en und Kinder in einem bestimmten Zielgebiet zu töten." Und damit kommen wir nochmal zu der These von Anders, daß die Menschen"apokalypseblind" seien, sich die Folgen ihres Handelns nicht mehr "vorstellen" könnten. Die Mehrheit der Weltbevölkerung kann - so viel steht fest - die AKWs und WAAs zwar nicht entwerfen und bau- en, aber, was Radioaktivität, Nervengas, Gen- manipulation bedeutet,und welche Folgen für sie selbst, ihre Kinder und Kindeskinder durch die Anwendung dieser Techniken entstehen, das wissen sie seit Hiroshima und Nagasaki, das wissen sie, seit die Zündung der ersten Was- serstoffbombe in den 50er Jahren die Eluge- lab-Insel im Eniwetok-Atoll im Pazifik von der Landkarte auslöschte. Die erste russische Wasserstoffbombe entwickelte übrigens Andrej Sacharow. Wir sehen, ob Christ, Moslem,Hin- du, Buddhist oder Atheist, im Ernstfall kommt Schießbereit? Jederzeit! es nicht auf die Schublade an, die eine/r sich zur Sicherheit gezimmert hat: Entscheiden, Handeln können nur Individuen, Menschen, Le- bewesen. Kein Jesus, keine Göttin bildet Dich zum Papst, zur Philosophin, zum Physiker oder zur Bomberpilotin aus. Das ist alles Menschen- werk. Auch die guten wie die schlechten Ratschläge kommen von Menschen. Du mußt sie halt prü- fen, bearbeiten und dann mußt Du, Du ganz al- lein, entscheiden. Verweigerst Du den Kriegs- dienst, ja oder nein? Duldest Du Massenver- nichtungsmittel in dem Land, in dem Du lebst, ja oder nein? Arbeitest Du für die Rüstung, ja oder nein? All' diese Entscheidungen bleiben Deine Entscheidungen. Auch Schweigen, Ver- schweigen, Totschweigen, ist eine individuelle Entscheidung. Das sind unsere Ansichten zur Gewalt - zur Moral. Den Begriff "Moral" mag manch' Christ, manch' Marxist auch nicht so gern. Zum Beispiel Carl Friedrich v. Weizsäcker meint, die "reine Moral", die ohne Religion, taugt nichts : "Es gibt ja einen tiefen Gegensatz zwischen reiner Moral und Religion. Die Moral, die den Trost dieses Indikativs der Seligkeit nicht hat, muß fordern bis zum Unmenschlichen, oder sie belügt sich selbst." Wer die Moral al- so nicht von Gott bekommt, hat Pech gehabt. (Siehe "Wer braucht eine unmenschliche Moral?" im FEMINIST Nr. 1 7) Und die Marxisten, die reden uns zu viel von historischen und ökonomischen "Gesetzmäßig- 5

Seite 8 ~ 1. März 1986 ~ Nr. 9 die Wochenzeitung Aufsehenerregendes Urteil im Dombesetzerinnenprozeß »Die Grünen« Bayern muß die Zeche zahlen Verwaltungsgerichtshof entzieht dem neuen Polizeikostengesetz die Grundlage In einer aufsehenerregenden Musterentscheidung vom 14. Januar 1986, die in diesen Tagen den Parteien zugestellt wurde, hat der Bayrische Verwaltungsgerichtshof (VGH) als letzte Instanz die Möglichkeit der Polizei, für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen auch noch Geld von den Betroffenen zu verlangen, drastisch eingeschränkt. Damit wurde ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) München vom 19. Dezember 1984 bestätigt. Revision wurde nicht zugelassen. Das VG war in seinem jetzt bestätigten Urteil den, werde man die Polizei rufen und sie wegen zu dem Ergebnis gekommen, daß die Polizei Hausfriedensbruchs anzeigen. So geschah es. Die. Gebühren für ihre Zwangsmaßnahmen nach dem Kirche wurde von der Polizei zwei Stunden neuen Polizeikostengesetz vom Juli 1983 nur „dicht" gemacht: Kirchenbesucher und herbeige- dann verlangen könne, wenn der polizeiliche eilte Presse vor die Tür gewiesen und die Frie- Einsatz nicht zugleich auch zur Verfolgung von densfaster/innen bereits am Tatort von vorne, Straftaten geschehen sei. Im Klartext heißt dies, von der Seite und von hinten für die Verbrecher- daß die Polizei keine Kosten verlangen kann, kartei auf die Platte gebannt und dann festge- Wenn sie Teilnehmer/innen von Hausbesetzun- nommen. gen, Sitzblockaden wie in Mutlangen oder wie Obwohl es etwas schlampig bei der Festnahme Jetzt die Wackersdorfer Hüttenbewohner/innen der zehn Frauen und des einen Mannes zugegan- abtransportiert. Die Polizei wird in all diesen gen war — zum Beispiel der ansonsten übliche Fällen zugleich strafverfolgend tätig oder leitet „Polizeigriff" nicht angewandt wurde — entschie- Bußgeldverfahren ein. In diesen Fällen, in denen den die Verwaltungsgerichte, daß hier in erster die Polizei Bußgeld oder Strafverfahren wegen Linie eine Festnahme zur Verfolgung einer Straf- Hausfriedensbruch oder Nötigung einleiten will, tat durch die Polizei stattgefunden habe. Vorran- kann sie in Zukunft in Bayern nicht auch noch gig sei die Zwangsmaßnahme gewesen, die ja mit Zusätzlich Polizeikosten von den Betroffenen einer erkennungsdienstlichen Behandlung und verlangen. Damit ist dem Polizeikostengesetz Vernehmung der Verhafteten im Polizeipräsi- vom Juli 1983, das in den CDU/CSUregierten dium verbunden worden sei. über fünf Stunden Ländern Baden-Württemberg und Bayern durch- hielt man die Feministen in Polizeigewahrsam! gesetzt wurde, um die Friedensbewegung abzu- Nach über drei Monaten zog die Kirchenlei- schrecken, der wesentliche Anwendungsbereich tung ihre Strafanzeige wegen „Hausfriedens- ejtzogen. Nach dem erfolgreich durchgeführten bruch" zurück, weil sie sich von diesem öffentli- 51.usterprozeß, der jetzt entschieden worden ist, chen Prozeß wohl doch nicht einen werbewirksa- wird es die Polizei in Bayern schwer haben, noch men Auftakt für den im Juli 1984 in München einen Fall zu finden, auf den sie das Polizeiko- stattfindenden Katholikentag versprach. So stengesetz anwenden kann. konnte juristisch und politisch nicht mehr geklärt werden, ob Asylsuchende Friedensfaster/innen Die Vorgeschichte des Prozesses: Zehn Frauen nun als „Hausfriedenbrecher/innen" also Krimi- und ein Mann des Förderkreises der Zeitschrift nelle — einzustufen sind. Die Staatsanwaltschaft T"Der Feminist" betraten im November 1983 den stellte das Verfahren Ende Februar 1984 ein. Liebfrauendom in München und übergaben dem Die seinerzeit als „Dombesetzerinnen" in die Dompfarrer ein Schreiben an Erzbischof Fried- Münchner Stadtgeschichte eingegangenen Feini- nch Wetter, in dem sie um „Asyl" für ein dreiwö- nisten waren nicht nur über die völlig verständ- c4es Fasten für den Frieden baten. Die Femini- nillose, sie wie Kriminelle behandelnde Kirchen- sipt n wollten unter dem Motto „Helft Müttern im leitung entsetzt. Die fast sechs Stunden währende nd. ref gegen die Gewalt! Endlich: Die Waffen Polizeihaft bleibt ihnen auch unvergeßlich: Erst D riieder!" kurz vor der Nachrüstungsdebatte im nach mehrfachem Bitten wurde ein Toilettenbe- such gestattet, Händewaschen danach verboten. eutschen Bundestag durch diese öffentliche Fa- ste naktion die Bevölkerung wachrütteln und Kir- Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung cne und Staat von einer weiteren maßlosen ato- mußte sogar die Schaue gezeigt werden - aller- Mren Aufrüstung abbringen. Weil Frauen und dings weiblichen Bediensteten. Muttern „kein Raum in der Politik und in den Für einen derartigen „Polizeiservice" wurden Zedien gegeben werde", gelänge es nicht, „sich jedoch keine weiteren Gebühren mehr erhoben. b'kgen die lebensvernichtende Politik des Patriar- Die Rechnung, die den Feministen im Januar chats effektiv zu wehren. Deshalb baten die 1984 ins Haus flatterte, betraf die Kosten für die 'rauen den Erzbischof, sie „nicht vor die Tür zu Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Durch- ?en", sondern ihnen für ein öffentliches Fasten setzung der Maßnahme „Unterbindung eines r den Frieden Obdach zu gewähren. Hausfriedensbruchs". Zu diesen Polizeikosten — im Volksmund „Demonstrationsgebühren" — 0 Dompfarrer Hillreiner und das Erzbischöfliche schrieb die Wochenzeitung „Die Zeit" im Juli vtdinariat zeigten kein Verständnis für das An- 1985: „Danach konnte die Polizei ihre sämtli- Sie können chen Kosten für Einsätze gegen ,Sitzblockierer` — . 'gen der pazifistischen Feministen: „ In d öff er Kirche für den Frieden beten", aber kein Transport der Beamten zum Einsatzort, Verpfle- plentliches Fasten hier durchführen. Wenn die gung und Überstundenzuschläge — auf die De- 411in-isten nicht sofort den Dom verlassen wür- monstranten abwälzen — sogar auf solche, die der ersten Aufforderung, sich zu entfernen, freiwillig gefolgt waren. Und sie tat es kräftig. Kostenbe- scheide über 175 000 Mark sind erlassen." In Bayern wehrten sich gegen dieses Gesetz zuerst die „Dombesetzerinnen", denen man pro Person 40 Mark fürs Hinaustragen aus dem Dom aufbrummen wollte. Sie waren sich mit ihrem Rechtsanwalt Hartmut Wächter einig, daß hier ein Musterprozeß vonnöten war, um die Ein- schränkung demokratischer Grundrechte wieder rückgängig zu machen. Die jetzt vorliegende Grundsatzentscheidung entbehrt nicht einer ge- wissen Komik. Von großer Bedeutung für das Urteil war nämlich, daß die Polizisten die Femini- sten nicht unmittelbar am Domtor abgesetzt, son- dern schnurstracks bis zum Polizeiauto getragen hatten. (Dabei war das Raustragen eh schon eine mühselige Prozedur gewesen, für die das Einsatz- kommando wohl nicht ausgebildet worden war — diese Polizisten hatten offensichtlich noch zu we- nig Frauen auf Händen getragen! Zweimal war für die Polizisten ein Absetzen im Seitenschiff nötig, da ihnen 120 Pfund weibliches Lebendge- wicht Mühe zu machen schien.) In ihrem Eifer übersahen die „Freunde und Helfer", daß sie ab der Domtür eine neue Qualität des polizeilichen Einschreitens hätten deutlich machen müssen: entweder dadurch, daß sie die Feministen gut sichtbar abgesetzt hätten, oder daß sie ihnen wenigstens mündlich hätten klarmachen müssen, daß nun eine ganz andere Stufe der Verbrechens- bekämpfung begänne. Hier ereilte den polizeili- chen Einsatzleiter 5 sein Verhängnis: er hatte versäumt, den Betroffenen klarzumachen, „daß es sich hier um eine zweistufige Polizeiaktion handelte". Der VGH ließ sich nicht davon überzeugen, daß die beklagte Landesanwaltschaft Bayern ar- gumentierte: „Die Forderung des Gerichts, die Betroffenen vor dem Dom abzusetzen, um da durch eine neue Maßnahme sichtbar zu machen, kann wohl nur als wirklichkeitsfremd und forma- listisch bezeichnet werden. Ein solches Verhalten wäre unter widrigen Witterungsverhältnissen oder entsprechenden Umständen überhaupt nicht durchführbar . . ." An der Domtür entschied sich also dieses Ver- fahren. Nicht auf dem Marmorboden der Kirche hätten die Polizisten die Fastenden mal kurz absetzen dürfen, sondern unmittelbar nach dem Passieren der Domtür. Denn nach der Domtür, so lautete die einhellige Ansicht beider Instanzen, kam es nur noch zu repressiven Maßnahmen der Polizei. Und das Heraustragen bis zur Kirchentür (die präventive Maßnahme zur Wiederherstel- lung von Ruhe und Ordnung im Dom) war insge- samt von untergeordneter Bedeutung. Zentral für die Bewertung blieb der kriminelle Chaiakter der Dombesetzung, der Hausfriedensbruch. Jedenfalls ist nun rechtskräftig entschieden, daß nicht die Dombesetzerinnen zur Kasse gebe- ten werden können, sondern der Freistaat die Zeche zahlen muß. Hannelore Mabry 7

Der "Aufreißer" in der ABENDZEITUNG (Nachtausgabe ) Zeitsoldat als „Mörder" bezeichnet — Studentin steht jetzt vor Gericht pl. München — „Sie sind ein po- tentieller Mörder." Durch diese Worte fühlte sich vor einem hal- ben Jahr ein Zeitsoldat der Bun- deswehr während einer Diskus- sion am Stachus von einer Femi- nistin beleidigt. Der 22jährige Niko B. stellte Strafanzeige we- gen Beleidigung, und vier Mona- te später erging ein Strafbefehl in Höhe von 600 Mark. Die be- zum Opfer. Wir hoffen nun aber, daß die Münchner Tageszeitungen und auch der STERN wenigstens noch zur Feder greifen, Wenn das täglich zu erwartende schrift- liche Urteil eintrifft. Mehr Aufmerksamkeit fand dieser außergewöhnliche Prozeß beim bayerischen Rundfunk: Ein/e Reporter/in des "Mittagsmagazin" und des "Zündfunk" erschien. Gerichtssaal, sie informierten die Hörerin- nen.Die Fernsehnachrichtendes III. Programms und zwei private Radiostationenbrachten die dpa - Meldung, die den Vors itzenden der Straf- kammer des Landgerichts mehrmals wörtlich zitierte:" .die engagierte Pazifistin vom'För- derkreis zum Aufbau der Feministischen Par- tei' habe sich in Verfolgung'lobenswerter Ziele' zwar im Ton vergriffen; aber auf der Anklage- bank habe sich nicht die Weltanschauung der jungen Frau befunden, 'sie ist durchaus anstän- d ig• Jeder, der den letzten Krieg mitgemacht hat, muß sichgegen die Wiederholung eines solchen Geschehens mit möglicherweise noch schlimmeren Folgen wenden. Pazifist zu sein, je für dieses Gericht eine Selbstverständlich- keit. Ansprechpartner für das Anliegen der Ilrau seien die Politiker. 'Nicht der kleine Sol- dat ist derpotentielle Mörder, sondern diejeni- gen, die ihn aufstellen', betonte der Vorsitzen- de • ti Und die "alternativen" Blätter Münchens und Umgebung, die nicht selbst sieben Stunden ui der I. Instanz und zwei Tage, insgesamt zwölf Stunden, in der II. Instanz der Verhandlung fol- gen konnten - wie zum Beispiel die "Münchner Stadtzeitung" (siehe S.10 u.12), da sie meist tiber einen sehr kleinen Redaktionsstab verfügen, ion dem die meisten noch "ehrenamtlich" arbei- ten - brachten aber fast alle unsere Pressemel- 'urigen. ungekürzt: DIE GRÜNEN, das Landshuter ''Statt & Landbuch" (siehe S.11 u.12), der SPION lirld die "Justizmühle" der Fachschaftsinitiative Jura• Durch einzelne Korrespondenten, die für a. Illirwärtige Zeitungen arbeiten, erfuhr es auch die , -Leserschaft der "taz", des "s'Blättles, der t.i.tirankfurter Rundschau" , "Stuttgarter Nachr ich- r", "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" u.a. agegen scheint die Lage für politischen Femi- nisnlus beim SPIEGEL hoffnungslos zu sein. Da troffene Studentin Monika B. legte dagegen Widerspruch ein, gestern war Gerichtsverhand- lung. „Ich wollte Niko B. nicht beleidigen", sagte gestern die 28jährige, die seit vier Jahren bei dem Förderkreis zum Aufbau der feministischen Partei mitar- beitet. Diese Organisation hat alle zwei Wochen in der Münch- ner Fußgängerzone einen Info- stand aufgebaut. Den Zeitsoldaten wollte die Studentin nur von ihrer Wert- vorstellung überzeugen: „Wir sind Pazifisten. Alle Soldaten auf dieser Welt sind zu verurteilen. Weil sie nur Mord hinter sich ziehen. Deswegen ist der Aus- spruch keine Beleidigung, son- dern die Wahrheit." Der Prozeß wird fortgesetzt. • läuft seit zehn Jahren rein gar nichts. Und bei der Neuen Frauenbewegung? Da geht's - wie alle Eingeweihten wissen - leider auch unsoli- darisch zu. Das ist besonders schmerzlich. Immerhin: Seit Bestehen der EMMA gab es über uns nun die erste Notiz über das Urteil der I.In- stanz - ein 5x7 cm Rechteck! Die Berufung in- teressierte schon wie- Venirteirt net gc Weil sie einen Bundeswehrsoldaten als „potentiellen Mörder bezeich- net hatte, ist Monika Brandmair vom Münchner „Strafgericht" verurteilt worden. Das beanstandete Wort war während einer Straßendiskussion in der Münchner Innenstadt gefallen. Die Quittung: Ein Strafbefehl über 600 Mark. Monika Brandmair ging vor Gericht. Die Münchnerin ist Mit- arbeiterin der Zeitung „Der Femi- nist", die „seit Jahren gegen Milita- rismus und Patriarchat agitiert". Der Richter dagegen fand, wer einen Soldaten der Bundeswehr als „po- tentiellen Mörder" bezeichne, mach sich wegen „Beleidigung der Bun- deswehr" strafbar. Monika Brand- mair will jetzt in die nächste Instanz gehen. Schließlich sei 1932 der spä- ter von den Nazis ermordete Carl von Ossietzky wegen seiner Äußerung „Soldaten sind Mörder" freigespro- chen worden. der nicht mehr. Auch die anderen "Schwe- stern"- ob STREIT (siehe hierzu auch "Weibliche Egg- Heads", S.30), ob "Hamburger Frauen- zeitung" oder "Schlan- genbrut" schwiegen un- seren Kampf gegen die Patriarchen tot. Ledig- lich das "Frankfurter Frauenblatt" brachte eine kurze Meldung. Ähnlich deprimierend ist das Verhalten der Redaktion von"Pflasterstrand" und der ZIVIL- COURAGE (der Zeitschrift der DFG-VK, Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgeg- ner), die von der Sache her über unsere pazifisti- schen Aktionen (Dombesetzung, Bundeswehrprozef3) tatsächlich ihre Leserschaft eingehend informie- ren müßten. Aber seit Jahren nichts ! Patriarchalisches Verhalten ist eben nicht nur an Institutionen festzumachen - wie Armeen und der Terrorismus von oben und unten. Jede/r Journa- list/in, jeder Mensch muß diese Seiten seiner Persönlichkeit ständig beobachten und bearbeiten. Und da können wir doch nun zusammenfassend sagen, daß in München zwar die politischen Femi- nistinnen, die nicht Mitglieder und Sympathisan- tinnen des Förderkreises sind, durch Abwesenheit glänzten, aber immerhin an die hundert Pazifi- sten/innen den größten Sitzungssaal in der I. In- stanz vergeblich erflehten. Amtsrichter Gans 9

- Selbstdarstellung Kontakt: Franziska Keil Obergolding 8311 Tiefenbach Tel.: 23352 DER FEMINIST Feministen wegen Beleidigung der Bundeswehr verurteilt Die Verhandlung gegen die Feministin Mo- nika B. fand am 14.1.86 beim Strafgericht München, Nymphenburgerstraße, statt. Der Gerichtssaal war überfüllt. Über 30 Personen fanden keinen Platz mehr im Raum A 127. Trotz Antrags des Verteidigers, einen größe- ren Sitzungssaal zur Verfügung zu stellen, damit Öffentlichkeit, „die wesentliche Ma- xime des Rechtsstaats", erfüllt werden könne, ordnete der vorsitzende Richter Gans an, daß weder zwei Personen auf einem Stuhl sitzen, noch eine Person stehen dürfe. Ansonsten werde er den Saal räumen las- sen. Ein größerer Saat stehe angeblich nicht zur Verfügung. Er weigerte sich jedoch, Er- kundigungen darüber einzuziehen. Die Angeklagte Monika B., die zum .,Förder- kreis zum Aufbau der Feministischen Partei" gehört und 1983 bereits an einer dreiwöchi- gen Fastenäktion gegen die Nachrüstung in der Frauenkirche unter dem Motto: „Helft Müttern im Kampf gegen die Gewalt: Endlich die Waffen nieder!" teilgenommen hatte. stand vor Gericht wegen Beleidigung der Bundeswehr. Sie hatte im Juni '85 am Info- stand der Zeitschrift DER FEMINIST in der Münchner Fußgängerzone mit zwei Bundes- wehrsoldaten eine politische Diskussion ge- führt und mit ihrer Meinung über das Militär in aller Welt nicht zurückgehalten: „Alle Solda- ten sind für mich potentielle Mörder! In der Armee erlernt Ihr das Handwerk des Mor- dens!" Die beiden Bundeswehrsoldaten zeigten sie • wegen Beleidigung an und die politische Ab- teilung der Münchner Staatsanwaltschaft er- ließ daraufhin einen Strafbefehl von DM 600 (bzw. 30 Tagessätze zu DM 20). Gegen ihn erhob die Feministin Einspruch. In ihrer Einlassung zur Sache griff sie nun im Prozeß die Kriegsmaschinerie als die Höchstform des Patriarchats an: „So lange bei uns das Patriarchat herrscht, ist das Recht des Stärkeren Gesetz. Dazu werden schon unsere Kinder erzogen!" Sie versuchte dem Gericht klar zu machen, daß eine Erziehung und Kultur der Andro- hung von Gewalt und der realen Vergewalti- gung der Alltag von Kindern und Frauen sei. Erst die Frauenbewegung hätte den Zusam- menhang von Vergewaltigung und Krieg deutlich herausgestellt. Der oberste Grundsatz des Militarismus „Wer schneller schießt und besser trifft, bleibt Sieger. Entschlossenes Handeln ist das erste Erfordernis im Kriege." (Taschen- buch für Wehrerziehung) Kritisches Denken end persönliche Verantwortung sei nicht ge- fragt. Pazifismus und Feminismus - „für uns der Schutz der Kinder in aller Welt" - werden nach wie vor belächelt, ja sogar diskriminiert. Sie stünde hier wegen Beleidigung der Bun- deswehr vor Gericht, während in der Schweiz Offiziere ihre Schießübungen straf- los auf Attrappen nackter Frauenkörper voll- zögen! Hohe Punktzahlen erreicht der Schütze, wenn er die Brustwarzen trifft - Voll- treffer ist die Vagina. (Veröffentlicht 1982 in den Zeitschriften COURAGE und STERN) Der Umgeist des Militarismus verpeste die Welt, aber der Militarist und nicht die Pazifi- stin seien nach dem Strafgesetzbuch beson- ders vor Beleidigung geschützt. RA Wächtler zitierte aus dem SPIEGEL (v. 13.1.1986) den Ausspruch des Ranger- Kommandeur W.B. Taylor: „Unser Job ist es, Menschen zu töten und Dinge zu zerstören ... Wir sind Killer. keine Lehrer." Er stellte Be- weisantrag, das Gericht möge beim Frieden- sinstitut Starnberg prüfen lassen, ob dieser Satz in Übereinstimmung mit der offiziellen Auffassung der Nato-Truppen und vergleich- barer Militärkomplexe stehe. Das Gericht lehnte in der fast 6stündigen Verhandlung alle Fragen und Beweisanträge der Verteidi- gung ab, die auf die offenkundigen politi- schen Hintergründe der verbalen Auseinan- dersetzung zwischen der Feministin und dem Zeitsoldaten abzielten. Sie wurden vom Gericht stets mit der gleichförmigen Begrün- dung abgewiesen: sie hätten mit der Sache nichts zu tun. Am Infostand im Juni 85 hatte die angeklagte Feministin zu den Blockaden von US-Kaser- nen wegen der Lagerung von Pershing II und anderen Massenvernichtungsmitteln auf deutschem Boden positiv Stellung bezogen. Das hatte den Zeitsoldaten B. seinerzeit ver- ärgert, und als man bei Gericht auf diese Sa- che zu sprechen kam, berichtete der Zeuge Nikolaus B.. er sei während seiner Grund- ausbildung in Pinneberg über das Verhalten bei eventuellen Kasernenblockaden unter- richtet worddn. Auf Befragung gab er zwar zu. er wisse nicht, ob jemals Bundeswehrkasernen blockiert worden seien, auf jeden Fall habe er jedoch kein Verständnis dafür, daß er und seine Ka- meraden durch Blockierer daran gehindert würden, über das Wochenende nach Hause fahren zu können! Er leiste schließlich seinen Beitrag zur Kriegsverhinderung durch Teil- nahme an der Abschreckung. Die NATO sei Teil der Bundeswehr (Lacher). Und wenig später führte er zur Bundeswehr noch aus: „Mir wird dort nicht beigebracht, einen Men- schen zu töten, sondern eine Waffe zu bedie- nen." Er beschwerte sich hinsichtlich des „potentiellen Mörders" auch, daß die Ange- klagte ihn auf der Straße nicht gefragt hätte. bzw. nicht unterschieden hätte, ob er. wenn er töten müsse. „das dann persönlich oder dienstlich machen würde". Die Angeklagte erklärte dem Gericht, daß nicht nur Adolf Hitler die Frauen für den Beruf des Soldaten - eben des potentiellen Mör- ders - „für zu blöd gehalten habe" - „deshalb mußten wir bisher. Gott sei Dank!, nicht mit- machen." RA Wächtler erinnerte in seinem Plädoyer an die Tradition der deutschen Justiz,in der Wei- marer Zeit bei der Verfolgung von radikalen Pazifisten. Immerhin sei Carl von Ossietzky 1932 wegen seiner Äußerung ..Soldaten sind Mörder" in einem aufsehenerregenden Pro- zeß noch freigesprochen worden. Die Münchner Staatsanwaltschaft versuche nun Gruppe Landshut 'Wir, die Mitglieder und Sympatisanten der Landshuter Gruppe „Der Feminist" wollerl als Zeichen der Solidarität mit der ange- klagten Feministin und Pazifistin Monika B. die Landshuter Öffentlichkeit über ein höchst brisantes politisches Prozeßge- schehen informieren. Die Gruppe um den FEMINIST, die in der ganzen BRD, so auch in Landshut ihren Niederschlag gefunden hat, agiert seit Jahren gegen Militarismus und Rüstungswahnsinn und für eine frauen- und kinderfreundliche Politik. Zu ihr gehören auch 25 Prozent Männer. Da das „Patriarchat" von diesen Feministen als System der Gewalt definiert wird, das von Patriarchen und „Patriarchalinnen" an der Macht gehalten wird, muß es von beiden Geschlechtern bekämpft werden. Ein „Ge- schlechterkrieg" führt an der Ursache vor- bei, die auf der Unterdrückung des jeweils Schwächeren beruht. Nach Ansicht dieser Feministen sind das die Kinder, Alte und Kranke. Um die Aufmerksamkeit auf die Kinder, die sich am wenigsten wehren kön- nen, zu lenken, empfiehlt die Gruppe an- statt des bayerischen „Grüß Gott" im neuen Feminist „Wer braucht eine un- menschliche Moral" (erhältlich bei der Krüll'schen Buchhandlung) das Grußwort „Heil Kind". mit aller Gewalt alle politischen Inhalte aus dem Vorgang zu eliminieren und die Angele- genheit auf der Ebene eines simplen Ehren- händels zu verfolgen. In Wirklichkeit gehe es darum, radikale pazifistische und feministi- sche Kritik am Militär mindestens im selben Umfang wie in der Weimarer Republik mög- lich zu machen. Staatsanwalt C. .reetfeld und das Gericht bo- ten der Angeklagten die Einstellung des Ver- fahrens gegen eine Geldbuße an. Die Femi- nistin lehnte ab., In ihrem Schlußwort betonte die Angeklagte nochmals. daß sie maßlos enttäuscht über die rein formale, ja völlig am Problem vorbei- gehende Behandlung des Falles sei. Sie er- warte einen klaren Freispruch. Ihre ganze Hoffnung sei, daß auch in Bayern ein Amts- richter den Mut aufbringe wie in Hessen der Amtsrichter Jahr, der auf die andere Seite, über die Seite der Pfazifisten gegangen sei - wahrlich, ein feministischer Amtsrichter! Amtsrichter Gans schloß sich jedoch dem Antrag des Staatsanwaltes an und verurteilte die angeklagte Feministin Monika B. zu einer Geldstrafe von DM 225 (bzw. 15 Tagessät- zen zu DM 15), weil sie mit „Du bist für mich ein potentieller Mörder!" „Du lernst in der Ar- mee das Handwerk des Mordens!" den Zeit- soldaten Nikolaus B. ..auch persönlich ange- sprochen habe". Gegen dieses Urteil kün- digte RA Wächtler Rechtsmittel an. ljn8ere Pressemeldung vom 15. 1 . 1986 über die Verhandlung der I. Instanz wurde in der Nr• 14/ 1986 des LANDSHUTER STATT zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA & LANDBUCHS ungekürzt veröffentlicht (mit kleinen Atislassungsfehlern, die wir am Rand berichtigten). 11

MONIKA BRANDMAIR heit, kam zum Schluß! Damit endete die Dis- kussion zwischen Brandl und mir. Ich möchte jetzt den Vorfall so schildern, wie ich ihn in Erinnerung habe. An diesem 29. Juni letzten Jahres war ich gemeinsam mit unserer Organisation, dem FÖRDERKREIS ZUM AUFBAU Landgericht München I Mittwoch, 11. Juni 1986, zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA erster Verhandlungstag: FEMINISTISCHEN PARTEI DER Ich möchte versuchen, heute noch einmal eini- ge - sowohl formale wie inhaltliche - Punkte vorzutragen, die ich meiner Ansicht nach in der I . Instanz nicht gut genug vermitteln konn- te. Das liegt sicher daran, daß ich keine gebo- rene Rednerin bin und mir das letzte mal nur Stichworte für meine Rede notiert hatte, weil ich unbedingt frei sprechen, auf keinen Fall ei- ne Rede ablesen wollte. Für die heutige Verhandlung habe ich mir alles ausformuliert, und vielleicht gelingt es mir diesmal, die Tatsachenschilderung und meine feministische Wertordnung so rüberzubringen, daß Sie mein Anliegen als Frau und als S taatsbürge rin verstehen und den Fall so ernst bewerten und beurteilen können, wie es dem Sachverhalt entspricht. Ich hoffe, daß mir dies heute besser gelingt. Zuerst also zum Tathergang. Der Zeuge 13ecker hat in Köln bei seiner Vernehmung bei der Polizei folgendes zu Protokoll gegeben. Ich zitiere: "Ani Stachus war an diesem Tag ein Informa- tionsstand einer politischen Gruppe aufgebaut. Daß es sich um einepolitische Vereinigung Oder ähnliches handeln mußte, haben wir ei- gentlich erst später, im Verlaufe der Diskus- Si°n, festgestellt. Unter anderem fühlten wir 11119 von einer Zeitschrift mit dem Leitartikel ' Sind wir Männer eigentlich nur Schweine?' Provoziert." Zu diesem Artikel komme ich noch. 121 möchte vorher aus dem Protokoll noch ein Zitat verlesen. Becker beginnt seine Schilde- liting de r Diskussion zwischen dem Zeitsoldaten randl und mir mit folgenden Worten: '1 4 begann direkt mit einer persönlichen Be- h'eidigung mit den Worten 'Du bist für mich ein potentieller Mörder' ... Zuvor erwähnte sie taille rdings, daß sie sich als aktive Denionstran- n 1,'` " betätigt und auch Kasernen belagert habe. kann also gar nicht sein, daß ich mit einer hPersönlichen Beleidigung begonnen habe, sonst 'latte doch der Zeuge Becker nicht sagen kön- tilen "Zuvor erwähnte sie allerdings ..."1 t‚r Ablauf der Diskussion war anders. te angebliche Beleidigung, genauer: die Wahr- am Infostand. Wir versuchten unsere Zeitschrift an die Be- völkerung heranzubringen. Wir führen da häu- fig lange Gespräche. Denn, Herr Vorsitzender, die reißt uns weder Frau noch Mann aus der Hand. Die Zeitschrift heißt DER FEMINIST. Dieser Titel zieht die Leute an. Das war auch beabsichtigt. Denn unsere Organisation ist ein- ne politische Organisation, die sowohl Frauen wie Männer aufnimmt und von beiden Geschlech- tern die Mitarbeit und den Einsatz für die Ver- änderung unserer Kultur wünscht. Aber, wie wir durch den Zeugen Becker wis- sen, hat die beiden Soldaten nicht der Titel DER FEMINIST angelockt, sondern dieses Titelblatt: "Wir Männer sind Schweine". Bloß, diese Männer, die wegen dieses Titel- blatts herantreten, die vergessen, daß das ein Mann gesagt hat. Der Mann ist sogar hier ab- gebildet. Der Kopf dieses Mannes. Das soll Kunst sein. Der Mann heißt Günther Nenning. Sie werden ihn vielleicht selbst schon mal im Österreichischen Fernsehen gesehen und gehört haben - im Club II. Er war Vorsitzender der Journalistengewerkschaft und aktiver Sozialde- mokrat. Soviel mir bekannt ist, hat man ihn aber aus diesen Verbänden herausgeschmissen, weil seine politische Richtung immer mehr zu den GRÜNEN tendierte. Auf den ersten Anhieb kann man natürlich bei der Aussage "Wir Männer sind Schweine" auch an etwas anderes denken - zum Beispiel an Sexualität. Aber Nenning meint es politisch. Er schrieb - und zwar schon 1971 - : "Wir betrügen nicht eine mit der anderen, son- dern alle uni ihr Eigentliches : ihre volle Ent - faltung als Mensch". Es war ein politisches Schuldbekenntnis. Nenning schildert nämlich die politische Situation der Frau im Patriarchat. Er sagt, daß Männer Frauen unterdrücken - sowohl geistig wie ökonomisch - und auch weiter unterdrücken werden. Er sagt, daß die Männer ihre Privilegien - zum Beispiel bessere Löhne, bessere 13

feministische Organisation hier gegründet: DAS FRAUENFORUM Hannelore Mabry ist keine Anarchistin, keine Marxistin, auch keine Christin, sondern eine Feministin, die gewaltfrei diese Kultur verändern will. Deshalb versucht sie eine fe- ministische Großorganisation, eine Art Par- tei, aufzubauen, die im Parlament, die Inter- essen der Frauen, besonders der Mütter und Kinder, ve rtreten soll. Frauen und Männer sollen Pazifismus und Fe- minismus als Wertordnung annehmen - ja, al- le Formen von Gewalt im politischen und sozialen Leben ächten. Sie gab die erste Zeitschrift der Neuen Frau- enbewegung heraus: FRAUENFORUM - Stimme der Feministen. Seit 1976 für den Förderkreis die Zeitschrift DER FEMINIST - in einer Woche haben wir iß zehnjähriges Jubiläum! so dabei .Ich kann mich gar nicht erinnern, daß der überhaupt einen Satz gesagt hat. Ihn schien das Ganze gar nicht zu interessieren. Brandl dagegen ist wortgewandt. Bloß von den Inhalten, da kann einem schlecht werden. Er kann auch beleidigen. Denn der Satz: "Wenn Ihre Kollegin keine Argumente mehr hat, schickt sie uns weg!" ist doch unverschämt? Ingrid Braun ist seit elf Jahren Feministin und Pazifistin. Sie war im Landesvorstand der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner. Sie hat Argumente. Daran lag's nicht. Ich versuchte Brandl noch was zu antworten. Ich wollte ihm das Problem nochmal klarmachen - auf meine Weise. Als eine Frau seiner Genera- tion. Deswegen habe ich ihn auch geduzt. Das ist nicht unüblich in unserer Generation, vielleicht kommt das durch die Studentenbewegung.Brandl hat das ja auch nicht als Beleidigung empfunden, wie aus dem Protokoll hervorgeht. Aber wissen Sie, da standen sich zwei Welten gegenüber:Er als Repräsentant des Patriarchats, ich als Vertreterin des Feminismus und Pazifis- mus. Zu dem Begriff Patriarchat muß ich noch etwas sagen. Denn, Hannelore Mabry, die Theo- retikerin des politis chen Feminismus, ver- steht unter Patriarchat n i cht "1VIänner"herr- schaft und auch nicht "Väter"herrschaft. Ihre Definition : Das PATRIARCHAT ist das System Ich möchte einen Satz aus dem FEMINIST, aus dem Artikel "Die Familie und der patriarcha- lische Mehrwert" von Hannelore Mabry, zitie- ren. Es ist einer der drei Hauptartikel, in de- nen sie ableitet, warum der Marxismus nie- mals die theoretische Grundlage des Feminis- mus sein kann. Der Satz heißt: "-Theoretisch und praktisch basieren unsere feministischen Ziele auf den Bedürfnissen ei- nes jeden Kindes, das nach Völkermord, Krieg, Konzentrationslager und nach Hiroshima gebo- ren wurde und das uns Erwachsenen immer ausgeliefert war und ist. Ändern wir - Frauen 3n, und Männer - unsere inhumanen Wertvorstel- 1-ungen und Verhaltensweisen nicht, dann erzie- hen wir die nächste Generation erneut zu Ver- brechern und Selbstmördern und dann sind wir Offensichtlich unfähig etwas aus unserer Ver- gangenheit zu lernen." Aber ich muß jetzt nochmal zum Infostand, zur zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA D iskussion mit dem Herrn Brandl zurückkom- nien• Ich hatte bereits erwähnt, daß die Dis - kussion nicht mit mir, sondern mit unserem in dem das Recht des Stärkeren Gesetz ist. körperlich geistig ökonomisch der Gewalt, 111/ 41testen aktiven Mitglied, Ingrid Braun, anfing. Ich hab' da so mit halbem Ohr mitgekriegt, daß s sich um Soldaten handelte. Ingrid versuchte ri ihnen klarzumachen, daß wir zur Verteidigung ,uer Bevölkerung keine Armeen brauchen. a fiel plötzlich der Satz von Brandl: Wenn Sie keine Argumente mehr haben, dann schicken Sie uns weg." bas fand ich unerhört. Auch, wie er es sagte - s° arrogant, so von oben herab. Und mit dem atz: "Wenn Ihre Kollegin keine Argumente dInehr hat, schickt sie uns wegl" wandte er sich ml)ann mir zu 70te —er Zeuge Carsten Becker stand eigentlich nur Stärke, Potenz, analysiert sie in dreifacher Form. Es handelt sich um eine dreidimensio- nale Theorie. Mabry sagt, die M ögl ich ke it zur Unterdrük- kung und Gewaltanwendung be s t e h t im me r, da Menschen nicht gleich geboren und nicht gleich erzogen werden. Der Erwachsene, Stärkere, Reiche, Gesunde, ist immer in der La- ge, das Kind, den Schwächeren, Armen, Kranken, zu unterdrücken und auszubeuten. Der Mann kann die Frau vergewaltigen, muß es aber nicht. Und es ist einfach nicht wahr, was die sogenannte autonome Frauenbewegung sagt: "Jeder Mann ist ein Vergewaltiger!" Zumindest körperlich nicht. Geistig allerdings: fast jeder ! Zum Thema "Gewalt" gäb' s viel zu sagen - "ein weites Feld". Das ist auch in der Friedens- 15

Auch die Repräsentanten des Volkes, die Ab- geordneten können - wie Eltern ihre Kinder - nur versuchen, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Sie können die Sorgen der Bevölkerung nicht repräsentieren. Vor allen Dingen dann nicht, Wenn sie die, die sie repräsentieren sollen, nur alle vier Jahre um ihre Ansichten befragen. Von der miserablen Information der Bevölke- rung - genannt Aufklärung - ganz zu schwei- gen. Erst wenn die Katastrophe passiert ist, in Ausnahmefällen, meist auch noch manipu- liert, dringt ein bißchen was durch. In Wirklichkeit war das Volk noch nie so ohn- mächtig wie heute. Wissenschaftler, Industriemagnaten, Politiker, Militaristen entscheiden selbst"herrlicher" Margaret Thatcher selbst"dämlicher" - als zur Zeit Neros und Hitlers. Und Söldner sind Söldner geblieben. Nur wis- sen es heute nicht mehr alle. Der Zeitsoldat Brandl zum Beispiel glaubt tat- sächlich, den Eindruck habe ich gewonnen, daß er das Volk und seine eigenen Interessen ver- tritt, ja mit der Bundeswehr verteidigt. Daß das Volk eine Abstraktion und er selbst ein Produkt seiner Erziehung ist, scheint er zu ver- gessen. Und daß er sich als Zeitsoldat für Geld verdingt, möchte er offensichtlich auch nicht so genau wissen. Die Psychologen sagen - er ver- drängt es . Und die Philosophen sagen - er ist steh selbst entfremdet" . Soldaten müssen das alles ja auch verdrängen, wenn sie jederzeit funktions- und das heißt schießfähig sein sollen, sein wollen. Aber daß Brandl ein Söldner geworden ist, ist nicht weiter verwunderlich. Ich hab' selbst lange gebraucht, bis ich gemerkt hab', was unsere patriarchalischen Schulen so alles in Mädchen und Jungen hineintrichtern. Wieunkritisch wir erzogen wurden. bei den jungen Männern - und in Zukunft viel- leicht auch bei jungen Frauen! - besorgt dann die "Schule der Nation" den Rest. Seit altersher werden Verstand und Moral am Kasernentor abgegeben. Man bekommt dafür allerdings eine neue Moral. neue Moral heißt in der Broschüre Wissenswertes über die Bundeswehr": die Moral einer Armee! er as ist wied so'ne schöne Abstraktion wie P ,,das Volk", "Ehre des Volkes","Für Gott und vaterland!"bzw."Mit Gott fur 's Vaterland?" Iah zitiere: 'Von jeher ist die Moral einer Armee aus- si_ehlaggebend für ihren Wert, für ihre Schlag- aft • Das vollkommenste Kriegsgerät, die wirksamste Ausbildung, die hervorragendste Führungskunst, kurz das beste handwerkliche Können bleiben letztlich wertlos, wenn den Sol- daten der Kampfwille fehlt." Daß Nachdenken, gar eine selbst erarbeitete Moral in der Armee nicht gewünscht wird, macht ein weiteres Zitat aus dem "Taschenbuch zur Wehrausbildung" klar. Dort heißt es: "Oberster Grundsatz: Wer schneller schießt und besser trifft, bleibt Sieger ! Entschlosse- nes Handeln ist das erste Erfordernis im Krie- gel 11 Diese Mord-Strätegie wird an den Universitä- ten durch die entsprechende Mord- Philosophie ergänzt. Da dürfen weiterhin einige Intellektu- elle die Jugend vergiften. Manfred Spieker, Professor für christliche( !) Sozialwissenschaf- ten an der Universität in Osnabrück, verliert seinen Lehrauftrag nicht, wenn er einen Arti- kel zur - Sie hören richtig! - zur "Ethik der Abschreckung" verfaßt, indem er, wenn sonst nichts mehr geht, den atomaren Erst - s c h la g empfiehlt! So etwas darf nicht nur an unseren Universitä- ten verkündet werden, so etwas wird für politi- sche Meinungsführer (Sozialkunde- und Ge- schichtslehrer, Journalisten, Verbandsfunktio- näre usw.) auf Kosten unserer Steuergelder un- ter dem Titel "Die Verteidigung des Friedens gegen den Pazifismus" gedruckt! (Siehe die Bei- lage der Wochenzeitschrift DAS PARLAMENT, B 17/83) Das ist die "geistige Umweltverschmutzung des Patriarchats" - ein Ausdruck, den ich in einer kulturkritischen Sendung des Bayerischen Rund- funks hörte und der mir sehr gefiel. Aber jetzt noch ein Wort zur Praxis - nämlich zur technischen Ausbildung von Söldnern. Ein Beispiel aus der Schweiz, dem Musterländle der Demokratie. Dort trainierten Offiziere das "schnelle Schießen und genaue Treffen", indem sie lebensgroße Aktphotos von Frauen als Ziel- scheibe benutzten. Die Sache erregte 1982 die Öffentlichkeit. Sie wurde in der leider inzwischen eingegangenen feministischen Zeitschrift COURAGE und im STERN veröffentlicht. (Siehe nächste Seite !) Ich habe den STERN Artikel für Sie mitge- bracht (Das Gericht vermerkt die Übergabe im Protokoll). Bitte schauen Sie sich das an: Die höchste Punktzahl erreicht derjenige, der die Vagina trifft, dort, wo das Leben entsteht! Das ist nicht nur pervers - das ist die höchste Ver- achtung der Menschen, die höchste Verachtung von Frauen und Müttern! Ich frage mich, wie solche Männer, wie solche Väter, ihren Kin- 17

l l e T . e n o t s o e K Art Lampenschirm verborgen. Geschossen wurde mit Bällen auf eine Scheibe über den Köp- fen der Frauen. Bei Treffern klappte die Sitzstange nach un- ten, und die Nackten fielen un- ter lautem Grölen der Zu- schauer auf den Boden. „teil", f eine Zürcher Stadtzeitung, empfand „Ekel, Wut und Angst vor dieser hemdsärme- lig geilen Gier". Der .,news shop"-Gründer Werner Stierli, 30, der im Rolls-Royce durchs Land fährt, empfand's als ,.gro- ßen Sex-Gag". Für das Programmheft des Rennens mit Sex- und Porno- verkündigungen hat der Zür- cher Stadtrat Dr. Thomas Wag- ner ein Vorwort geschrieben. 1 Er hat die besten Chancen. im März Zürcher Stadtpräsident zu werden. Gerhard Tomkowitz »Mädchenschießen« beim Sechstagerennen. Nach Treffern auf den Punkt kippten die Nackten von der Stange »Ekel, Wut und Angst vor dieser hemdsärmelig geilen Gier« denn eines Tages ein Vorbild sein sollen bzw. wollen? Und damit sind wir an dem Punkt angelangt, um den es mir - nicht nur in diesem politischen Pr°zeß - als feministische Pazifistin geht: T, u nl die Mißachtung und Vergewalti - gung der Frauen und Kinder in soge- nannten Friedens - wie Kriegszeiten durch de n Militarismus, durch Armeen. Die Phänomene Sexualität - Mißachtung -.Ver- gewaltigung - Krieg haben nämlich sehr viel tteinander zu tun. ,_Niedergeschlagen hat sich die Lebensfeindlich und geistige Bevormundung des Patriar- chats nicht zuletzt in dem Buch der Bücher, in der B ibe 1. Ohne das Alte und das Neue Te- Sbta nlent, in dem bis zum heutigen Tage alles -u6se (Eva und die Erbsünde) auf ein Ge- Schlecht projiziert wird (die eigenen Wünsche/ Gefühle/Vorstellungen/Perversitäten werden auf die/den anderen übertragen, um sich selbst zu entlasten), gäbe es eine derartige Frauenver- achtung, -unterdrückung und -vergewaltigung nicht. Der unglaubliche Sexis mus , dem wir Frauen weltweit (körperlich, geistig, ökonomisch) aus- gesetzt sind, wäre ohne die patriarchalischen Religionen (allen voran das Christentum und der Islam) sicher nicht in dem Ausmaß möglich ge- worden. Die amerikanische Feministin Susan Brownmil- ler hat den Zusammenhang zwis c h e n Kr i e g und Vergewaltigung analysiert und liefert ein erdrückendes Beweismaterial in ihrem Buch "Against Our Will: Men, Women and Rape" (Ge- gen unseren Willen, Frankfurt 1978). Wer als Mann (auch als Frau) - siehe Porno- u. Prostitutionsunwesen im STERN-Artikel oben - seine (ihre) Sexualität nicht selbstkritisch bear- beitet, ist und bleibt der Manipulation ausgelie- 19

Meine generelle Kritik des Urteils besteht da- rin, daß Richter Gans sich der Beantwortung der Frage "Ist ein Berufssoldat ein potentiel- ler Mörder oder nicht?" völlig entzog, indem er aus einer politischen Aussage eine Persönliche Beleidigung zu machen suchte . Eine "persönliche Beleidigung" kommt schon deshalb nicht in Betracht, da ich die Per- son - das Individuum Nikolaus Brandl - am In- fostand gar nicht kannte: weder seinen Namen, noch seine Geschichte, beziehungsweise seinen Familienstand. Herr Brandl war und ist für mich ein Vertreter der Bundeswehr, ein Zeit- soldat. Und nun steht hier die Frage im Raum: "Darf über die Armeen, über den Beruf des Soldaten die Wahrheit gesagt werden oder muß die Wahr- _ heit vertuscht werden?" Ich wende mich deshalb an Sie Herr Vorsitzen- der und an die beiden Herren Schöffen mit mei- ner B itte : Fällen Sie heute ein Urteil, das dem Ernst der Sache entspricht und entziehen Sie sich nicht einer moralischen Entscheidung! Denn im Grunde, das wissen Sie so gut wie ich, geht es hier nur um eine moralische Entschei- - dung. Und die erwarte ich von diesem Gericht nicht nur meinetwegen, nicht nur aller Pazifisten und Feministen wegen, die im Gegensatz zu denSol- daten leider keinen gesetzlichen Schutz genie- ßen. Wir werden -wie Ihnen sicher bekannt eist - durch Reglerungsvertreter diskriminiert, Ja in manchen Regimen sogar verfolgt. In der Sowjetunion wurde 1 985 zum Beispiel eine Pa- zifistin, 17 Jahre alt, in die Psychiatrie ge- i Sperrt, und erst vor kurzem wurde einem El- ternpaar aus demgleichen Anlaß das Sorge- _ recht für ihre Kinder entzogen. Ich bitte Sie deshalb, ergreifen Sie Partei und fällen Siekein formales Urteil nicht nur meinetwegen, nicht nur aller Pazifisten und Feministen wegen, - sondern der gesamten Bevölkerung wegen. Sie haben als Justiz, als die dritte Macht im Staate, die Möglichkeit, Recht neu aus zu - ge n . Sie haben die Möglichkeit, die Ge- schichte der unzähligen Kriege auf dieser Erde :und unsere jüngste Geschichte: die des Drit- ten Reichs und des II.Weltkriegs - in das Ur- tet1 Miteinzubeziehen. 7e,'er 111 München standen während des letzten .,reges junge Menschen, die zur Sabotage in .8tungsbetrieben aufforderten und die Wahr- t über den Nationalsozialismus aussprachen, tet e gor einemsogenannten Volksgerichtshof. Der Richter hieß Freisler. Sie wurden zum To- de verurteilt. Ich weiß nicht, wie weit mein Mut reicht. Im Augenblick aber reicht er immerhin so weit, daß ich mich lieber kriminalisieren lasse, als zur Vorbereitung des III.Weltkrieges, dem ato- maren Holocaust, zu schweigen. Ich möchte mit meinem politischen Engagement auch die vielen Vorkämpferinnen und Vorkämp- fer ehren: Olymp de Gouges, die Geschwister Scholl, Anne Frank, Gandhi, Luther King und die na me n1 os e n Kämpferinnen gegen Gewalt und Krieg, die in dör patriarchalischen Geschichts- schreibung unterschlagen werden und auch die unzähligen namenlosen Frauen und Männer, die täglich in der Dritten Welt umgebracht werden, bloß weil sie sich für Gerechtigkeit einsetzen. Sie alle sollen nicht umsonst gekämpft, nicht umsonst umgebracht worden sein! Zu guter Letzt noch ein Wort zu der Floskel, die über meinem Urteil stehen wird: "Im Namen des Volkes". Von solchen Abstraktionen halte ich nichts. Das sagte ich bereits. Für mich und über mich ur- teilen hier und heute drei Menschen, drei Män- ner. Ich hoffe, Sie machen mit Ihrem Urteil einen mutigen Schritt in Richtung Hoffnung, in Richtung Zukunft, also für das Leben gegen die Gewalt für das Recht gegen die Macht für die Schwachen gegen die Starken. So wie es in der Bundesrepublik bereits ein Rich- ter - nach unserer Definition ein "feministi- scher" Richter - 1 985 getan hat. Ich meine Amtsrichter Jahr. Er sieht in den gewaltfreien Blockaden gegen die Stationierung von Massen- vernichtungsmitteln ein notwendiges Widerstands- recht der deutschen Bevölkerung. Vor kurzem hat auch der Bundesgerichtshof ent- schieden, daß Sitzblockaden nicht automatisch als "Nötigung" beurteilt werden dürfen. Und am 15. Juli 1 986 soll das Bundesverfassungsgericht in dieser Sache Stellung beziehen. Wir hoffen, daß es ein feministisches Urteil wird. Und ich hoffe, auch Sie fällen jetzt ein feministi- sches Urteil. Ein Urteil, mit dem wir vor Kindern bestehen, das wir vor Kindern verantworten können. Ein Urteil, das unserer heutigen Situation: Armeen im Atomzeitalter, also der Frage, Überleben oder Vernichtung der Menschheit,gerecht wird. Heil Kind! 21

tische Feminismus, sind uns da nicht so si- cher. Wir glauben, daß auch da noch Verän- derungen möglich sind. Zum Beispiel dann, wenn Gewalt nicht mehr durch das Schulsy- stem, durch die Medien und durch die Gesetz- gebung gerechtfertigt, sondern geächtet wird. Wir wollen, daß Gewalt generell, per Gesetz, zur Straftat erklärt wird. Niemand -auch nicht ''unsere" Regierung - soll mit Waffengewalt das eigene oder ein fremdes Volk bedrohen können. Solche Volksvertreter/innen wollen wir nicht. Deshalb müssen Frauen und Mütter, und vor allen Dingen Feministen, in den Bundestag, in alle Führungsgremien, damit diese Einsicht Gesetz wird . Damit kein Mensch, der Armeen abschaffen will, kriminalisiert werden kann wie heute noch möglich! Denn "Zu den 'Kapitalverbrechen'... gehören neben Mord, Spionage und Erpressung auch die Anstiftung von Soldaten zur Fahnenflucht oder zum Ungehorsam" - laut einer Unions -Äuße- rung (Siehe SZ v. 11 .1 .86, "Keine Nachver- handlung"). Ich habe also nach Ansicht der CDU/CSU sogar ein Kapitalverbrechen begangen. Denn ich for- dere ja Soldaten auf, über den Sinn ihres Be- rufes nachzudenken und bereits in"Friedens- zeiten" Fahnenflucht zu begehen. Ich fordere sie auf, die Armeen abzuschaffen und mit uns gemeinsam die Kinder, das Volk, zu schützen. Das heißt: statt militärischer endlich auf s o - ziale Verteidigung umsteigen! Die Völker brauchen zur Lösung sozialer, wirt- schaftlicher und ökologischer Probleme keine Armeen, sondern Menschen mit Herz und Ver- stand. Am letzten Mittwoch bemühten Sie sich, meine Ausführungen über Fe minis mus zu verstehen. °as tat gut. Sie äußerten, daß für Sie beide Wertordnungen die mit und die ohne Armeen - gleich ach- Armeen insgesamt, frei äußern: Tatsachen, Wahrheiten, sind keine Beleidigungpn. Das ande re, damit komme ich zum zweiten Punkt, ist die angebliche persönliche Beleidigung des Zeitsoldaten Brandl. Deswegen wurde ich ja in der I. Instanz verur- teilt - wegen "persönlicher" Beleidigung. Daß diese Beurteilung des Falles nicht stich- haltig ist, versuchte ich letzten Mittwoch zu be- gründen. Anfangs hatte ich das Gefühl, daß Ihnen, Herr Vorsitzender, meine Gründe einleuchteten, und daß auch Sie der Ansicht zuneigten, daß die persönliche Fässung "Du bist für mich als Sol- dat ein potentieller Mörder" psychologisch bzw. aus der Situation heraus zu erklären ist. Ein Kommunikationsphänomen. Da steht am Infostand der Mensch vor einem und keine Abstraktion - eben ein Zeitsoldat leibhaf- tig. Wie ich aus dem Polizeiprotokoll und aus dem Strafbefehl erfuhr, war's der Zeitsoldat Nikolaus Brandl. Es kam zu keiner akademi- schen Abhandlung über Armeen, sondern zu ei- nem Streitgespräch. Sie versuchten anfangs auch nicht, mich, Monika Brandmair, aufzuteilen in eine politisch enga- gierte Feministin auf der einen und ein juristi- sches Abstraktum, das nach Paragraphenfunktio- niert, auf der anderen Seite. Sie billigten mir zum Beispiel zu, daß ich, daß die Menschen auf der Straße, nicht differenzieren, auch nicht differenzieren müssen, zwischen "Morden", "Töten" und"Umbringen". "Das Volk spricht so", sagten Sie. Da warenSie mit mir einig. Allerdings trauten Sie mir dann doch - ungefähr ein bis zwei Stunden später - auf Grund meines Studiums zu, daß ich jederzeit in der Lage sein müsse, mich doch -auch am Infostand - juri- stisch adäquat bzw. unpersönlich auszudrücken. Andererseits gestandenSie mir, aber auch Emo- tionalität zu. Sie sagten wörtlich - so meine Er- innerung - "Emotionales Verhalten ist durchaus menschgemäß!" Aber, Herr Vorsitzender - das ist doch nun ein Widerspruch: Auf der einen Seite darf das Volk - emotional sein, - auch drastisch seine Meinung über das Mili- - braucht nicht zwischen "Töten", "Morden" und "Umbringen" zu unterscheiden. tenswert sind. 4,Siegingen sogar noch einen Schritt weiter: °Iprigkeitssta,atliches Denken und Handeln schien für Sie nicht das höchste Gut zu sein, %Iden -so empfand ich es - Sie versuchten, den Menschen, sein Denken und Verhalten, zu zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA verstehen und auch die Aussage: 'Soldaten sindpotentielle Mörder. Sie erler- nen in denArmeendasHandwerkdes Mordens" Sahen Sie als Feststellung, nicht als }3 eleidigung an. In diesem ersten Punkt haben Sie also einen Wichtigen Schritt in Richtung Zukunft, in Rich- tT,Urig Überleben der Menschheit getan. ,&jie Bürger/innen dürfen ihre Ansichten, ihre 'ewertung über den Beruf des Soldaten, über Wenn es dann aber zum Ernstfall kommt und Sie müssen als Richter ein Urteil über soeine Volks- diskussion fällen, erwarten Sie doch, daß für mich der Zeitsoldat Brandl etwas Abstraktes wird, und ich (auf Grund meines Studiums der Psychologie!) juristisch einwandfrei funktioniere. Auf der einen Seite darf ich am Infostand bei ei- tär äußern, 23

Damit er nicht zum politischenAußenseiter ge- stempelt wird, verdrängt er lieber weiter die Nazizeit. Sie, Herr Vorsitzender, sind, glaube ich, im gleichen Alter wie mein Vater. Sie waren si- cher auch noch Soldat? Ich weiß nicht, ob Sie auch solch' traumatische Kriegserlebnisse hatten, und ob Sie mit ihnen besser fertig wurden als mein Vater? Sind Sie Pazifist geworden? Ich bin der festen Überzeugung, daß ein Zusam- mengehen von Ihrer und meiner Generation nur möglich werden, kann, wenn Ihre Generation die Schlüsse aus dem Zusammenbruch des National- sozialismus zieht: Ein klares "Nein" zur Gewalt und zum Militarismus sagt! Das Recht, die gesamte Kultur, müssen wir ge- meinsam ändern, damit wir uns nicht vor uns selbst und vor der nächsten Generation zu schä- men brauchen. Das Patriarchat muß weg! Alle unsere feministischen Aufklärungsaktionen - ob am Infostand, ob vor den Kasernen, ob un- sere Fastenaktion im Dom, ob unser Protest in Wackersdorf, ob unsere Mütterdemonstration wegen Tschernobyl und nicht zuletzt dieser Pro- zeß - haben nur den einen Sinn: die Menschen, auch Sie, Hohes Gericht, dazu zu bringen über das Patriarchat, das Syste m der Gewalt , nachzudenken; es als solches zu erkennen und abzulehnen, sich ihm in Wort und Schrift und vor allem durch die Tat zu entziehen. Dann wäre das Wichtigste geschehen! Fre is p r u c h vom Vorwurf der persönlichen Beleidigung in dem hier vorliegenden Fall heißt - einen Schritt in Richtung Wahrheit, - einen Schritt weg von Manipulation, - einen Schritt hin zum Menschen, der ohne den Zeugen Brandi und Becker vorgetragen wur- de: Daß ich ihnen aufgrund ihrer Ausbildung je- derzeit einen Mord als Privatperson zutrauen warde,nicht nur völlig absurd, sie istböswillig. Es ist eine Aussage, die mit der Wahrheit nichts gemein hat,und die nur von solchen Menschen gemacht werden kann, die ein Interesse daran haben, den wahren Sachverhalt zu verschleiern bzw. die von ihm ablenken wollen. Nämlich da- Von, daß alle Soldaten in ihrer Funktion als Sol- daten zu Mördern und Selbstmördern ausgebil- det werden. Und zum Schluß möchte ich noch ein Wort zum Ernstfall, für den die Ausbildung erfolgt, zum zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Kr ie g, sagen. Und zwar, zu den Kriegserleb- nissen meines Vaters unter der Nazidiktatur. Mein Vater wurde 1944 eingezogen. Er war nur ein "halber" Söldner. Er hatte sich diesen Be- ruf nicht ausgesucht, wurde zwangsverpflichtet, stand in "fremdem" Kriegsdienst. Denn im Grunde war mein Vater ein unpoliti- scher Gegner des Nationalsozialismus und als einziger männlicher Hoferbe brauchte dieser junge Bauer keinen "Lebensraum im Osten". Aus gesundheitlichen Gründen - er hatte einen Sehfehler und Rheuma - gelang es ihm sogar, einige Zeit zurückgestellt zu werden. Aber im Juni 44 kam auch er nicht mehr umden"totalsten der totalen Kriegseinsätze" herum: Als 18jähri- ger erhielt er die Grundausbildung und dann ging's ab an die Front. Bei den ersten "Feind- berührun.gen" erwischte es einen Kameraden di- rekt neben ihm. - Er bekam's mit der Angst. Er Wollte nicht fünf Minuten nach zwölf noch für Hitler sterben. Ein Schienbeinschuß "rettete" ihn. Er kam ins Lazarett und danach bewilligte man ihm einen kurzen Heimaturlaub. Seine Mutter hatte schon längst die Nase voll. Sie versteckte den "Fahnenflüchtigen" in einer kleinen Kammer. Einzige Tarnung: ein großer leerer Kleiderschrank vor der Tür. 0fenbar konnte er dies aufregende "Kriegser- lebnis" nicht vergessen. Immer wieder fing er damit an. Ich fragte ihn: "Hast Du auch auf Menschen ge- schossen?" Papa antwortete mir: "Ich hab' ver- sucht, immer daneben zu schießen!" Vielleicht stimmt's, vielleicht stimmt's nicht. Verarbeitet hat er das Ganze bis heute jeden- falls nicht: Er wurde kein überzeugter Pazifist. Er betet nach wie vor den "Starken" an und glaubt - auch heute noch! - daß Armeen nötig sind. Helfen Sie, Hohes Gericht, den Kindern, ja, allen Menschen. Manipulieren Sie sie nicht - mit der Form, - mit Äußerlichkeiten, - mit juristischen Spitzfindigkeiten. Lenken Sie nicht vom wahren Sachverhalt ab! Flüchten Sie sich nicht in die Bewertung: Hier habe es sich um eine "persönliche" Belei- digung gehandelt! Das ist nicht wahr und wird auch durch die Wie- derholung nicht wahrer. Ich habe über einen Beruf die Wahrheit gesagte und das werde ich auch weiterhin tun. Ich erwarte einen Freispruch von diesem Gericht und schließe mit Angst vor dem Stärkeren auf der Erde leben will, ohne Angst vor dem körperlich, geistig, ökonomisch Stärkeren. Das finde ich schizophren. 1,1r1 Fahnenflüchtiger, der eigentlich keiner liege was zuleide tun will, schafft's nicht, ein mutiger Pazifist zu werden? ! Heil Kind! 25

Norwegen Frauen unter Waffen Gleichberechtigung von Mann und Frau bei den Streitkräften Von Godrun Gaarder, Oslo an-zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 'Während in der Bundesrepublik VV Deutschland das Thema Frauen bei den Streitkräften hohe Wellen schlägt, ging hier •in Norwegen Ende vergangenen Jahres eine durchgrei- fende Reform stillschweigend über die Bühne. Das norwegische Parlament (Storting) gab im November 1984 im Rahmen der Behandlung des Verteidi- gungsetats grünes Licht für die Besei- tigung der letzten formellen Hinder- nisse zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bei den Streitkräften: vom 1. Januar 1985 an steht den Frauen auch der Dienst an den Waffen offen. Die bisherige Regelung hatte diesen Dienst ausgeklammert, wenn- gleich die norwegischen Frauen schon seit 1977 unter völlig gleichen Bedin- gungen wie die Männer militärisch ausgebildet werden können. Die Wehr- Pflicht für Frauen wurde in Norwegen nicht eingeführt, jedoch ist der freiwil- lige Wehrdienst bereits seit Ende des Jahres 1983 für Frauen und Mädchen offen. zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA rung der jeweiligen Ziele und Maßnah- men in der Praxis funktioniert, das ist auch in Norwegen eine Sache für sich. Hinzu kommt, daß die jüngste, wenn auch entscheidende Barriere, nicht auf einmal beseitigt wurde. Vielmehr er- wies sich diese Entscheidung als not- wendige Folge der früheren Reform- schritte im Zuge eines gewissen Rei- fungsprozesses. Hatte man nämlich im Jahre 1977 erst die volle gleichberech- tigte Ausbildung für Frauen zugelas- sen, ergab sich in der Praxis bald die Schwierigkeit, die an den Waffen aus- gebildeten Frauen vom direkten Dienst an den Waffen fernzuhalten. Die Frauen waren schließlich nicht für die Schreib- oder Sanitätsstuben aus- gebildet Sie wurden u. a. im Bereich der Logistik eingesetzt, und hier ließ sich der Umgang mit Waffen nicht ver- meiden. • per auch in Norwegen vorgebrachte Einwand der angeblich schwächeren physischen Voraussetzungen von frauen, wurde von einem im Jahre ptio durch die norwegische Regierung ernannten Ausschuß als Scheinargu- pent zurückgewiesen. In seiner Ana- lyse weist der Ausschuß auf Erfah- rungswerte der norwegischen Sport- hochschule hin, wo festgestellt wurde, laß es „von individuellen Variationen abgesehen., keine anatomischen oder physiologischen Gründe gibt, die rechtfertigen. die Auswahl bzw. die Zu- lassung zu militärischen Aufgaben yorn Geschlecht abhängig zu machen'. Das Leistungsvermögen des einzelnen sei vielmehr abhängig davon, wie gut der jeweilige Bewerber durchtrainiert sei. Da Männer wie Frauen bei den Streitkräften die gleichen Aufnahme- bedingungen erfüllen müssen, sah schließlich das Oberkommando der norwegischen Streitkräfte „keine prin- zipiellen Gründe" die daßegen spre- phen. den Frauen den gleichberechtig- ten Zuearie zum Dienst bei den Streit- kräften, einschließlich dem Dienst an Ten Waffen, zu ermöglichen. Das Ober- kommando der norwegischen Streit- kräfte macht allerdings in seiner Stel- lungnahme gegenüber dem Verteidi- gungsministerium darauf aufmerk- sam, daß eie Erfahrungen in bezug auf psychische und soziale Belastungsfä- bigkeit in Kampfsituationen noch mangelhaft uien, was wiederum eine Schrittweiseepassung bedinge; Wenn sich eine Frau in Zukunft frei- willig für eine Karriere bei den nor- wegischen Streitkräften entscheidet, Übernimmt sie auch im Falle der Mobi- lisierung die gleichen Pflichten wie die Männer. Die Offnung des Zugangs für Frauen zu allen Dienstposten und Tä- tigkeiten innerhalb der Streitkräfte in Norwegen ist die letzte von mehreren Reformen, die in den vergangenen Jahren yon den Frauen „erkämpft" worden ist. Norwegen hat aus konti- n ritrSicht mit einem Federstrich einen gewaltigen Schritt getan, der vergleichsweise mit erstaunlich gerin- gem öffentlichen Interesse begleitet War. Dennoch war auch hier ein zäher "Kampf" hinter den Kulissen vonnö- ten,, bestätigt die dienstälteste Frau ei den norwegischen Streitkräften, Oberstleutnant Elisabeth Sveri; sie ist die Frau, die bis jetzt hierzulande den hcichsten Rang erworben hat. Nur die Kronprinzessin steht als Brigadegene- ral über ihr. Ohne Zweifel s • i die iet- zi e em Zvy en ann un seuaeaft, meint Frau Sven. eichberechti ung rau in der Ge- Daß der Abbruch der letzten Ba- stion die die Männer noch für sich al- 'ein hielten, nicht mehr Aufsehen er- dgte, mag damit zusammenhängen, aß hierzulande verbale Forderungen und praktische Schritte zur Herbeifüh- rung der Gleichberechtigung als Selbstverständlichkeit angesehen wer- den, denen niemand zu widersprechen wagt. Wie die praktische Durchfüh- ,_ niese Karikaturen brachten V. v • sYssoiEv Elisabeth Sveri Oberstleutnant suche zum Besuch der Militärakade- mien, die sich seit 1977, als es nur we- nige- Informationen über diese Ausbil- dungsmöglichkeiten gab, verfünffacht haben. Vor wenigen Wochen ging noch durch die norwegischen Medien die Nachricht, daß zum ersten Mal eine junge Frau als Pilotin in den Dienst del Luftwaffe gestellt wurde. Die in Norwegen und den USA ausgebildete Siri Skare fliegt seit Herbst Aufklä- Siri Skare Pilotin rungsflugzeuge vom Typ P 3 B vor der norwegischen Westküste. Vom 1. Ja- nuar an steht Siri Skare theoretisch auch der Cockpit eines Starfighters of- fen. Noch erwecken Siri und ihre Mit- schwestern ob ihrer ausgefallenen Be- rufe Aufsehen. Von den norwegischen Soldatinnen, die im Rahmen der Frie- denstruppe im Libanon neben ihren männlichen Kollegen Dienst tun, nimmt man hierzulande schon keine Notiz mehr. Bis jetzt waren schon ins- gesamt 152' Frauen aus Norwegen in diesem Krisengebiet Noch keine Wehrp flicht für Frauen Die Einführung der Wehrpflicht, für frauen als äußerste Konsequenz der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau steht auch in Norwegen vor- erst nicht auf der Tagesordnung. Frau Sveri meint, die Zeit sei dafür noch lange nicht reif. Einen ersten Schritt in diese Richtung vermutet allerdings die sozialistische Linke in Norwegen in der jetzt durchgesetzten Reform. Die mit vier von 155 Abgeordneten im nor- wegischen Parlament vertretene Par- tei, die am linken Flügel der Arbeiter- partei zu lokalisieren ist, wandte sich deutlich gegen die Einführung der vollen Gleichberechtigung für Frauen bei den Streitkräften. Auch diese Par- tei hat zwar die Gleichberechtigung auf ihren Schild geschrieben, Partei- führer Theo Koritzinsky hebt jedoch hervor, daß man gegen eine Gleichbe- rechtigung zu den von den Männern vorgegebenen Bedingungen sei. Es könne nicht der Sinn sein, daß Frauen wie Männer werden sollten und die gleichen Fehler machen. Wolle man dem Wettrüsten ein 'nde setzen, müsse man neue Wege gehen. • Das Interesse der norwegischen. Mädchen und Frauen an der militä- rischen Laufbahn ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Frau Sveri DAS PARLAMENT, 23.2 .1985 spricht von einer explosionsartigen Entwicklung und verweist auf die Ge- (Grafische Darstellungu. Hervorhebungen -DER FEMINIST) Syssoiev in der UdSSR zwei Jahre Lager ein! 27

bzw. wiederbelebte. Wie wir alle wissen,war die Unter- stützung durch die breite Bevölkerung zu gering, die An- hänger des Militarismus und die schweigende Mehrheit zu "gewaltig", so daß es zum 1. Weltkrieg kam. Erst die Er- fahrungen mit Schützengraben und Giftgas, mit Massen- mord und der "Friedens-Carl" von Ossietzky (denn er ehr- te die Suttner ja auch durch "Friedens-Bertha" !) belebten die Friedensbewegung wieder. Aber wieder waren die Re- vanchisten und Militaristen in der Überzahl und der zwei- te Weltkrieg konnte von den Pazifisten nicht verhindert werden. Nach diesem Massenmorden von 1939-45 bemüh- ten sich die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit und Menschen wie Helene Wessel und unser spä- terer Bundespräsident Gustav Heinemann pazifistische Ge- danken unters Volk zu bringen. Aber wieder behielten die Militaristen die Oberhand: Die Ostermarschierer/ innen konnten die Mehrheit der Christen und des Kapitals, konn- ten Adenauer und Konsorten nicht überzeugen. Es wurde wiederbewaffnet ! Die Pazifisten/innen wurden "von oben" sogar als schuldig am 2.Weltkrieg, ja Hitler und den KZ, (in denen sie zum Teil wegen ihres Pazifismus gesteckt und auch ermordet wurden!) hingestellt - nicht nur von Geißler. Auch Schmidt und Konsorten ließen sich von den Friedens kämpfer/innen nicht beeindrucken, die hielten zusammen mit den internationalen Waffenbrüdern: sie wol- len alle im Patriarchat bleiben und manche wollen es auch für Frauen in Führungspositionen öffnen bzw. offenhalten. Die "Patriarchalin" ist für sie wichtig und nützlich, die Feministen und Pazifisten (und ganz besonders als Frauen und Mütter!) sind für sie noch nicht einmal brauchbare Idioten.. Sie haben recht: "Nützliche Idioten" gibt es gar nicht. Illusionisten und "Traumtänzer/innen" verlassen meist sehr schnell das politische Parkett, falls sie sich mal dorthin verirrten und auch sie sind nur für das Patri- Die geistige Mutter von "Machen wir uns alle auf die Socken", genauer: der erste Flugblattentwurf zum Aufruf für die erste SENIORENBLOCKADE gegen die "Nachrüstung", gegen Mili- tarismus und Massenmord, stammte von Luise Olsen (Olden- burg), leibliche Mutter von Hinrich Olsen, derzeit"Häuptling" der Pressehütte in Mutlangen. Wobei Häuptling nicht ne- gativ gemeint ist, sondern lediglich im Sinne von geistiger Kopf,Seele,Herz bzw. Leiter/in, Organisator/in. Wir sind keine Anarchisten, keine Illusionisten. Wir sind realistische Utopisten, d.h. halten nie h r Demokratie und Humanität für möglich, bleiben deshalb bei der Wahrheit, stehen zu unserer Lebenserfahrung, unserer Erkenntnis: Menschen werden bis zum Ende ihrer Tage Hierarchie- und Führungsprobleme zu bewältigen haben, da diese nicht nur auf "Kultur"phänomenen beruhen, sondern zum menschlichen Leben als einem dyna- mischen P r o z e ß, als ein "Natur"phänomen dazugehören. Worauf es aber wirklich ankommt - zumindest uns als Femi- nisten-, Vorbilder und Führungskräfte müs se n gew äh lt , d.h. Gewalt und Manipulation von oben und unten müssen bekämpft, müssen gewaltfrei immer weiter eingeschränkt Werden! Das muß nicht nur immer wieder gesagt, das muß vorgelebt werden. Aber zu"behaupten", es gäbe oder könnte Führungsfreie , hierarchiefreie Gesellschaftsordnungen geben, das ist entweder bewußte Irreführung, also Manipulation oder Unkenntnis der Geschichte, Unkenntnis überdie Nichtaufheb- barkeit menschlicher Unterschiede in Hinsicht von Können, Engagement, Leistung etc .Etwas muß aber ständig von uns tns politische Bewußtsein gehoben werden: Sterben wir durch "natürlichen" Alterungsprozeß, durch " Fe ind"e inwirkung (an- dere Menschen, Menschengruppen) oder durch Freitod? Pazifisten und Feministen wollen die Feindeinwirkung als "legale" Massenvernichtung - genannt Krieg" - abschaffen. A llerdings nicht nur unter"männlicher"und"weißer"Führung. Wir wollen auch Frauen, auch "Gelbe", auch "Schwarze"als unsere geistigen und organisatorischen Führungskräfte ha- ben, behalten , geachtet und anerkannt wissen. In unseren fe- nlinistischen Flugblättern,Artikeln, Büchern und Aufrufen gibt es nicht nur Jesus, Gandhi und Luther King usw. Sexismus - die Wahrnehmung nur eines Geschlechts, für das "Positive", wie für das "Negative" läuft bei uns nicht niehr : wir nehmen auch den weiblichen Geist, die Leistung ion Frauenwahr und verfälschen Geschichte und Gegenwart nicht mehr länger. Bei uns wird aus kompensatorischen (Geschichte berücksichtigenden und Gewalt und Manipulation bekämpfenden) Gründen derzyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA zeit auch die Frau, auch der Fe- nlinist besonders wahrgenommen. Es ist nötig, so lange das Patriarchat auch in der Friedensbewegung noch so massiv vertreten ist! tim zu verstehen, warum es bei der Seniorenblockade nicht 411r ein, sondern zwei, drei ja vier Flugblätter von alten Frauen (das eine oder andere möglicherweise beeinflußtvon ()1111 oder Ehemann) gegeben hat, ist ein kleiner Rückblick til die Geschichte des Pazifismus nötig, die zwar immer von Frauen - geistig wie organisatorisch bzw. dem Umfang des Engagements her - gleichwertig und gleichrangig mitgetra- gen wurde, die aber dennoch nicht in gleicher Weise beach- rt ,t und geachtet werden. Denn, wie gesagt, immer noch ist '`e Mehrzahl der weiblichen und vor allen Dingen männli- chen Pazifisten patriarchalisch. Wahr ist - für die Vergan- genheit wie für die Gegenwart -, daß es keine andere poli- tische Bewegung gibt, in der so viele Frauen als Führungs- h,'4 4te wie als Fußvolk sich engagiert haben,wie im Pazifis- j:us: mindestens 50%! (Allerdings ein Phänomen zeichnet :Leb in den letzten 15 Jahren ab: der Terrorismus von un- 7n Wird mehr und mehr auch von Frauen - auch als "Häupt- linge"- mitgetragen. Die Ursachen dafür müssen wissen- schaftlich aufgearbeitet werden.) Ich selber nahm am Donnerstagnachmittag an der Blockade des Zufahrtswegs zum Depot teil und wurde fünfmal in rabiater Weise von der Fahrbahn gezerrt, so daß mir heute noch Ober- arm und Schulter schmerzen. Nur wenige der hundert eingesetzten Polizisten hielten sich an die vorgegebene Reget, nur zu zweit jeweils einen blockierenden Menschen von der Straße zu räu- men. Zum Teil wurden die alten Menschen brutal am Straßenrand in das durch das Regenwetter aufgeweichte Erdreich fallengelassen. Ich beob- achtete, wie Polizisten mutwillig die Stangen ei- nes Transparents zerbrachen, auf dem stand: „Helft Müttern im Kampf gegen die Gewalt: end- lich die Waffen nieder!" Das Skandieren dieser Parole wechselte mit Ermahnungen an die Poli- zei, jegliche Gewalthandlungen zu unterlassen. Einige der Polizisten ließen sich zu behutsamen Bitten, die Straße selber zu verlassen, überreden und schienen beeindruckt durch eine so überwäl- tigende Zahl grau- und weißhaariger Frauen, die auf ihren mitgebrachten Hockerehen wie Denk- mäler eisernen Willens saßen. Leider hat der Protest der Friedensbewegung gegen die Atomraketen durch das scheinbar vor- rangige Thema der Luft- und Bodenverstrahlung nichts an Aktualität verloren - im Gegenteil: er erhält grausame Bestätigung! Deshalb bin ich - wieder einmal - entsetzt über die spärliche und z. T. falsche Berichterstattung der SZ über die Aktionen der Raketengegner. Trotz intensiver Benachrichtung der deutschen Agenturen brach- ten Sie nur zwei kleine Notizen am 9. und 12. 5. über die Senioren-Blockade vom 8. bis 10. 5. in Mutlangen vor dem Pershing-H-Depot Von den insgesamt 500 (nicht 250) demonstrierenden, vor- wiegend alten und älteren Menschen - darunter die meisten Frauen - wurden, an den drei Tagen 75 (nicht 64) festgenommen und erwarten ihren Strafbefehl. Beeindruckt von der Zahl Grauhaariger archat - nicht für ih- re Entwicklung, nicht für die ihrer Mitmen- schen nützlich . Und auf diese Weise blieb und bleibt die Gewalt und Manipu- lation an der Macht. Wir Friedenskämp- fer/innen konnten auch die"Nachriieug" zwischen 1 979 und November 1 983 nicht verhindern- trotz ei- ner wieder anwach- senden Friedensbe- wegung . Bis jetzt sind die bewaffnetenGeg- ner/innen noch immer die Mehrheit. Sie wer- den von den Regieren- den und den Medien weiter manipuliert. Uns wird es nicht an- ders gehen als vielen anderen mit und ohne Namen vor uns. Wir werden dennoch-wie sie-bis zu unserem natürlichen oder ge- waltsamen Ende we i - termachen, weil wir der Ansicht sind ,das dies die einzig rich- tige Verhaltensweise im Atomzeitalter ist. (Fortsetzung S.40 !) 29 ne Angst, bis zur Kassandra gehen wir in unsrem kurzen h sistorischen Rückblick nicht zurück. Nur bis zu Bertha von dui ttner, die aus den Lehren der Kriege des 19. Jahrhunderts notwendigen Schlüsse zog: "Die Waffen nieder !" als Buch 'nd als Zeitschrift verfaßte und die österreichische, ja weit- Wette Friedensbewegung gründete, ja maßgeblich beeinflußte Die Behandlung älterer Menschen und Frauen dort am Ort der Demonstration sowie die Be- richterstattung über die Geschehnisse zeigen wieder einmal auf, wie wenig diese Menschen - Frauen und Alte - in unserer patriarchalen ge- winnorientierten Gesellschaft gelten. Für den Münchner Teil der SZ wäre noch inter- essant gewesen, daß alleine aus dem Münchner Raum 120 Menschen in zwei vollbesetzten Bus- sen und 2 Pkws zu dieser Aktion nach Mutlangen fuhren. Mechthild Schreiber Numbergerstraße 11 8000 München 60

stinnen, um kleine und Großveranstaltungen, Flugblattaktione n und Demonstrationen durch- führen zu können. Die Juristinnen im KOFRA schienen sich aber für Alter und Armut nicht zu interessieren. Sie ließen uns ganz cool ab- blitzen. Rentenrecht ist für Juristen ein Rand- gebiet, und die überwiegend jungen Frauen las- sen sich eher vom § 218 und körperlicher Ge- walt gegen Frauen vom Hocker reißen. Mögli- cherweise fühlen sie sich auch noch nicht stark genug für die direkte Kontaktaufnahme mit der Frau auf der Straße. "Wir müssen uns dazu erst mal selbst einen Standort erarbeiten!" hieß es. Außerdem "sei die Sache gelaufen". Und von Demos wollte zum Beispiel Gertrud Hofmann, Richterin am Landgericht München, schon gar nichts wissen: "Demos bringen da nichts !tt Vielleicht störte die egg-heads, daß sich eine Sozialwissenschaftlerin in ihr Gebiet einmisch- te? Welche fachidiotische Juristin hat schon Lust, sich ein Gesetz von einer frei herumlau- fenden Feministin erklären zu lassen? Lust hätte dazu nur eine/r, die/ der weiß, daß inter- disziplinäre (fachübergreifende) Forschung und Feminismus zur Lösung der Frauenfrage uner- läßlich sind. Diese Juristinnen scheinen in der Bundesrepublik noch Mangelware zu sein. Streit mit STREIT Einige juristische egg-heads geben seit über drei Jahren in unbezahlter Frauenarbeit die Zeitschrift STREIT heraus. Sie erscheint vier- teljährlich und trägt den hoffnungsvollen Unter- titel "Feministische Rechts zeitschrift". Ungefährgleichzeitig mit Mabrys "Raubüberfall" 1111 FEMINIST erschien auch in STREIT ein Arti- kel über die Hinterbliebenenrente: "Das 1a mit der Hausarbeit" von Rechtsanwältin uesir6e Kamm. Schon die Literaturverzeichnis- Se der Autorinnen zu vergleichen, lohnt sich: Mabrys Analyse basiert u.a. auf dem Original- text des Gesetzentwurfes (130 S. I), sieben Ar- beiten zum Thema von Frauenrechtlerinnen der Alten und der Neuen Frauenbewegung und trotz dezidierter Marx-Kenntnisse (Siehe Mabry:Die feministische Mehrwerttheorie ,DER FEMINIST 1411 .12) auf der vorzüglichen sozialwissenschaft- lichen Analyse Rüdeger Barons über die histori- ,ehen Konstitutionsbedingungen des Sozialstaats In Deutschland "Weder Zuckerbrot noch Peit- S hen . Kamm setzt dagegen(bis auf eine weibli- e2e Quelle, eine reine Datensammlung)nur auf Manner -zehn an der Zahl. Auf die Benutzung 411d Auswertung der Literatur der Frauenbewe- gling, gar eine feministische Mehrwerttheorie, r Ver zichtet sie. Marx reicht. Wen wundern da unterschiedliche Ergebnisse ? Vom Mythos einer feministischen Anwältin Wir haben uns noch andere Hefte von STREIT angesehen. Dabei stießen wir in der Nr. 1/ 84 auf einen uns befremdenden Artikel der Berli- ner Rechtsanwältin Claudia Burgsmüller:"Vom Mythos einer feministischen Rechtsanwältin". Nach zehnjähriger Berufserfahrung kommt sie zu beachtenswerten Aussagen : "Auch ist sie (die feministische RAin - B.K.) ständig beschäftigt, sich selbst zu überzeugen, daß von ihr geleistete Gespräche, Schreiben, Klagen und Telefonate auch dann geldwert sind, wenn sie für die Mandantin erfolglos waren oder diese sich nictit zufrieden zeigt. Sie lern- te, daß auch für ihre mehrfach qualifizierten Beratungen, selbst wenn daraus keine Klage - verfahren resultierten, die Rechtsanwaltsge- bührenordnung gilt." Daß die RAgebührenordnung unabhängig von durchgeführten Prozessen gilt, ist wohl inzwi- schen allgemeine Lebenserfahrung. Aber wieso eine feministische Anwältin "mehrfach qualifi- ziert" ist, darüber gibt der Artikel keinen Auf- schluß. Sie fährt fort: "Erst dann konnte sie den stillschweigenden oder offen vorgetragenen Erwartungen vor al- lem frauenbewegter Mandantinnen, sie müsse kostenlos oder billig arbeiten, entgegentreten. Seit das Persönliche politisch war, war auch das Gespräch mit der Rechtsanwältin zu de- ren ( !) vergnügungsreichen(!) politischen Be- tätigungsfeld avanciert. 2) Verabschiedet hat sie sich inzwischen auch von der Gleichheitsfiktion, soweit diese alle femini- stischen ' Jurafrauen' betrifft. Daß Rechtsan- wältinnen, Referendarinnen, Studentinnen,Reno- gehilfinnen, Büroarbeiterinnen und Stenotypi- stinnen im Zuge feministischer Gleichschaltung zu ' Jurafrauen und Bürofrauen' wurden, hat sie von jeher mit Trauer erfüllt: Die Wort- schöpfung legt doch sehr nahe, daß sie alle Ge- schlechtswesen mit primär juristischer Identi- tät seien. Sie hält die Qualitätsunterschiede nicht für hohle Benennungen, sondern für Un- terschiede in den Ausbildungsinhalten, der ge- sellschaftlichen Bewertung und Besetzung mit Prestige." Immerhin. Burgsmüller hat den Mut, sich Dog- men wie "Wir brauchen keine Autoritäten! Jede Frau ist Expertin !" bzw. "Eine Köchin kanndeh Staat regieren"(Lenin) zu entziehen. Ihr bedeu- tet Prestige noch etwas. Sie macht sich auch sonst keine Illusionen: "Auflösen kann sie die bestehenden Machtdiffe- renzen nur, wenn ähnlich qualifizierte Frauen 31

möchte hören, worum es überhaupt geht!" , "Laßt die Frau doch ausreden!" gingen im Tu- mult unter. Mabry machte noch einen letzten Anlauf: "Bitte laßt uns die Dinge besprechen! Hier. Unter uns. Deswegen sind wir zum drit- ten Mal zu Euch gekommen. Ohne offene Ge- spräche kommen wir keinen Schritt weiter Wenn Ihr jetzt wieder abblockt, dann werden Wir zur Pressekonferenz kommen und dort kundtun, daß von dieser Frauenbewegung die weibliche Bevölkerung nichts zu erwarten hat. Auf solche Feministinnen können alle verzich- ten!!! Die Organisatorinnen taten, als hätte niemand gesprochen. Sie unterhielten sich nur noch un- tereinander und begannen ihre Sachen zusam- xnenzupacken. Alles wie im Patriarchat: Nur Wer Macht hat, wird beachtet, darf reden. Wer ihrer Meinung nach nicht dazugehört, nicht da- zugehören soll, wird wie Luft behandelt. So hat- te ich mir Feminismus nicht vorgestellt! Ob Helene Lange, Alice Rühle-Gerstel, Lily Braun und andere in der Alten Frauenbewegung wohl auch so behandelt worden sind, sich gegensei- tig so behandelten? Und Mabry ist doch eine Frauenrechtlerin, die die Neue Frauenbewegung tnitinitiierte, die nicht nur theoretisch wichtige Arbeiten vorlegte, sondern sich auch praktisch voll einsetzt .Ich kenne sie jetzt ungefähr zwei Jahre - sei es am Infostand, sei es mit Vorträ- gen und Theoriediskussionen: sie kommt beider breiten Bevölkerung an, sie überzeugt durch ih- re Argumente und ihr Engagement. Aber hier bei diesen egg-heads nichts. Weder Achtung noch Menschlichkeit! Erst an diesem Tag begriff ich, Warum die Neue Frauenbewegung nicht groß ge- worden ist, eigentlich nur im eigenen Saft da- hinschmort, warum viele meiner Kommilitonin- nen, aber auch Hausfrauen und berufstätige / rauengesagt haben: Da war ich einmal. Aber das hat mir nicht zugesagt. Da wurde im Grun- de nurgequatscht. Wenn Du andere Ansichten, andere Probleme hast als die, dann wirst Du nicht akzeptiert !" Ich selbst hatte in einer Jura- I rauengruppe an der Uni Münster ähnliches er- 1,,_ebt• Deshalb war ich dann vom Förderkreis in wliinchen so angetan von der Offenheit Frauen und sogar Männern gegenüber. Hier wurde jung und alt integriert und wirklich gearbeitet. Ta- gespolitik, Gesetze, Frauenfragen - alles wur- de als Einheitgesehen und mit uns in Beziehung gebracht und in Handeln umgesetzt. Ich war ent- Setzt, daß hier beim ”Feministischen"Juristin- Idlentag noch nicht einmal das fachliche Interesse C• War , mit einer Soziologin über Theorie und ur,_trategie zu sprechen, um gegen frauenfeindliche 'esetze gemeinsam zu protestieren! Egg- heads erteilen Hausverbot ! Wie angekündigt, gingen Mabry und ich um 15 Uhr zur Pressekofferenz. Wenn schon in- tern so abgeblockt und unfair miteinander um- gegangen wird, dann bleibt nur der Weg in die Öffentlichkeit: Frauen brauchen Aufklärung und keine Manipulation. Als wir den kleinen Konferenzraum betraten, stürzte RA in Ikeda sofort auf Mabry zu und zischte: "Wir haben hier das Hausrecht. Wir erteilen Dir hiermit Hausverbot!" Mabry konnte gerade noch sagen: "Ich bin Presse !", da hatte die Chefin sie be- reits an den Obdrarmen gepackt, um sie vor die Tür zu setzen. Mabry: "Was? - Du willst mich körperlich angreifen?" Ikeda: "Ja!" Mabry schaut in die Runde: "Ist überhaupt je- mand von der Presse da ?" Stille. Die Münch- ner Presse glänzte durch Abwesenheit. Eine Frau machte sich Notizen und schien nicht zu den Veranstalterinnen zu gehören. Alle ande- ren Frauen - insgesamt ungefähr acht - starr- ten uns feindselig an. Als Hannelore Mabry begriff, daß diese egg - heads tatsächlich die Polizei gegen sie einset- zen würden, verließ sie mit mir stumm den Raum. Sie hatte innerhalb der Frauenbewegung schon zahllose Machtkämpfe unter der Gürtel- linie erlebt, aber daß "Feministinnen" mit Po- lizeigewalt gegen sie vorgehen sollten, war für sie neu. Das verschlug ihr die Sprache. Nachtrag: Ich hätte mir nicht träumen lassen, was sich ungefähr einen Monat später " feministische" Funktionärinnen der GEW (Gewerkschaft Er- ziehung und Wissenschaft im DGB Kreisfrauen- ausschuß München) und die AG "Frauen und Schule" der Sozialwissenschaftlichen Forschung und Praxis für Frauen e.V. leisteten: Sie drohten nicht mehr. Sie holten Pfingsten die Polizei und zeigten die unbequeme Mahne- rin und engagierte Feministin Hannelore Mabry wegen Beleidigung an. "Das hältst Du ja im Kopf nicht aus !" Mabry, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun... Britta Kr äge now 1) Siehe Joreen:"Trashing" in MS, April 76 u. übersetzt im Frauen-Info,Stuttgart,Sept . 81 2) Am Stil bzw. an der Beherrschung der Sprachregeln erkennt frau die Mehrfach- qualifikation dieser feministischen Rechts- anwältin fei' nicht! 33

Dr. Uta Enders-Dragässer Spendenkonto: Postscheckamt Köln Nr. 3447 82-500 BLZ 370 100 50 Liebe Lorley Mabry, Du hattest wegen einer Arbeitsgruppe an Pfingsten 1986 in München nachgefragt. als Einstieg dient. Das ist weder organisatorisch noch fi- 6000 Frankfurt IM 90 Hamburger Allee 45 26. März 1986 na-ziell zu leisten, würde uns restlos überfordern. Wir hoffen auf Dein VerstE'indnis. gruppen gedacht, die an Veränderungen in der Schule arbeiten beziehungsweise von Schule betroffen sind, wie Schülerinnen, Mütter, sonstige pädagogische Fachkräfte usw. Insofern ist sie nicht offen für Diskussionen, für die das Beispiel, Schule Leider können wir die von Dir geplante Arbeitsgruppe nicht ins Programm aufnehmen. Die Tagung ist für Frauen und Frauen- PRAUEN 2 SCHULE im Verein Sozialwissensenatfliehe Forschung und Praxis für Frauen e.V. 0 während der 5. Frauenfachtagung der AG Frauen + Schule genannten Frauenszene, entschloß sich Lorley Mabry erneut zu einem Brückenschlag - wie aus ihrem Brief v. 25.12.85 an die GEW-"Fe- ministinnen" zu ersehen ist (S .34). Als nach zwei Monaten noch keine Antwort vorlag, rief sie Barbara Mauersberger an und erfuhr, daß ihr Brief an die dafür angeblich al- lein Zuständigen in Frankfurt schon im Januar weitergeleitet worden sei: den Bundesvorstand der GEW und die AG"Frauen und Schule". In spätestens 14 Tagen fiele die Entscheidung, ob ja oder nein... Wie das Leben so spielt,am 8.3. dem Internationalen Frauentag, hielt die Bundesvorsitzende der GEW, Britta Naumann, Dozentin für Sozialwissenschaften in Frank- furt, die Festrede in München. Mabry hatte sich inzwischen mit der Broschüre "Internationaler Frauentag': die vom Vorstand der Industriegewerkschaft Metall im Nov. 85 herausgegebenwordenwar,. beschäftigt. Im Vorwort des Vor- standsmitglieds GudrunHamacier hieß es:"Wir werden Frauen aus Parteien, Kirchen, Verbänden so- wie Frauenorganisationen und Frauengruppen e inladen, und wir hoffen, daß sie gemeinsam mit uns Protestieren".Dieser Aufforderung kam Mabry mit uns, dem Förder- kreis, von Herzen gerne nach. Die Münchner GEW-Frauen waren davon offensichtlich nicht sehr an- getan, denn nur der Vorsitzenden des DGB - Kreisfrauen- ausschusses ist es zu danken, daß wir an einem kleinen Tisch im Hintergrund unseren FEMINIST neben der Frau- enbuchladen-, der Gewerkschafts- und DKP-Literatur an- bieten durften. Diskussionsbeiträge nach den Referaten waren nicht zugelassen und als Mechthild Schreiber von den Initiatorinnen der "Seniorenblockade" um 2 Minuten Rederecht bat, um über dieses Vorhaben am B. Mai die Frauen zu informieren, wurde ihr das auch nicht gestat- tet• Zum Schluß der Veranstaltung wandte sich Mabry an Britta Naumann wegen ihres Angebots vom Dez .85, auf der GEW-Tagung Pfingsten einen Arbeitskreis zu leiten bzw. zu re ferieren. Lorley war Britta zwar bekannt, aber von dem Angebot habe sie angeblich nie etwas erfahren. L°rleY übergab ihr daraufhin eine Kopie Ihres Schreibens und Britta versprach ihr, sich um die Sache zu kümmern: lOu bekommst spätestens in zwei Wochen Bescheid !" Ani 26.3.86 kam dann tatsächlich die Absage - siehe den trief der AG"Frauen und Schule"von Dr .Uta Enders- bragässer (Abonnentin des FEMINIST seit 1978, die Kün- digung erfolgte nun allerdings Pfingsten auf dem Kongreß)! Wir diskutierten über diesen arroganten Brief in der Grup- pe lange. Denn 1.) war laut Programm die Fachtagung für I Mütter,Schülerinnen,Arbeitnehmerinnen,Studentinnen, Erzieherinnen, Lehrerinnen, Sozialpädagoginnen und Wis- senschaftlerinnen"; warum wollte Uta plötzlich von den Wissenschaftlerinnen nichts mehr wissen? Und 2.), was wollte Uta denn eigentlich Lorley verpassen mit demSatz: Insofern ist sie nicht offen für Diskussionen, für die das Beispiel Schule als Einstieg ( !) dient?" Wir fanden das ei- nicht nur eine seltsame Formulierung, wir fanden das zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA ne noch seltsamere politische Einstellung - von Feminis - Inus ganz zu schweigen... Ich werde den Eindruck jedenfalls nicht los, daß Uta und die anderen GEW-Frauen Mabrys "Einstieg in die Diskus- sion " vor allem deshalb verhindern wollen, damit andere - aber auch sie selbst - den Unterschied nicht wahrnehmen müssen, der zwischen ihnen und Mabry besteht: Mabryver- weigert sich dem politischen Patriarchat. Sie bezieht ein- deutig Stellung,Frauen wie Männern gegenüber.Deshalb be- kommen wir auch keine Staatsknete, keine AB-Maßnahme (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) zur Einstellung von ar- beitslosen Frauen bewilligt, kämpften jahrelang als FRAU- ENFORUM vergeblich um unsere Gemeinnützigkeit oderbe- sondere Förderungswürdigkeit. Und deshalb finde ich es von diesen Akademikerinnen - ob an Schulen oder Universi- täten auch Frauenseminare durchführend und viel über"Fe- minismus" palavernd - auch besonders schofel,einer Frau, die auf der Straße, vor Ort, seit Jahren ihren Feminismus beweist, die sich wissenschaftlich durch Arbeiten gegen das Patriarchat (z.B. ihre feministische Mehrwerttheorie) ausgewiesen hat, solch' einen Schrieb anzubieten! Nein, für so ein Verhalten kann ich kein Verständnis aufbringen, des- halb sind wir mit Hannelore Mabry auf Eurem Bundeskon- greß erschienen, um darüber unter anderem mit Euch ein- mal zu reden. Aber Ihr holtet die Polizei, arbeitet mit Mi- lwofon abstellen und Hausverbot, Ihr habt noch das gleiche jämmerliche Verhalten wie 1975, Ihr habt wahrlich nichts aus der Vergangenheit gelernt. P.S. Nachdem diese "Feministinnen" Lorley Mabry und sechs weitere aktive Mitglieder des Förderkreises mit Hausverbot und Polizeieinsatz von ihrem Pfingstkongreß verbannten, gaben wir die Pressemeldung - siehe nächste Seite - heraus. Gebracht bzw. darüber informiert haben nur DIE GRÜNEN und der SPION etwas. Die "bürgerliche" Presse interessiert sich nur für die Flügelkämpfe innerhalb der etablierten Parteien und der GRÜNEN. Wir empfehlen deshalb unsere Nr.13 "Frauen gegen Frauen"zur Nachlese! Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen e.V. Stichwort: " AG Frauen und Schule" Mit freundlichen Grüßen Ingrid Braun 35

Feministische Literaturkritik Ursa Kratti er: DIE PERLMUTTERNE MÖNCH IN, Reise in eine weibliche Spiritualität, Zürich 1983, 224 S., DM 21, -- Ursa Krattigers "Reise in eine weibliche Spiritualität" hät- ten Wir sicher nicht weiter beachtet, wäre sie nicht gerade in der Zeit erschienen, in der wir begannen, uns mit dem Phänomen Religion bzw. Christentum kritisch auseinander- zusetzen. Normalerweise beschäftigen wir uns, nein richti- ger: spezialisierten wir uns auf die politisch-ökonomische, historische und philosophische Analyse des Patriarchats, die auch unsere Praxis bedingt und prägt. Religion und Spiritualität glaubten wir vernachlässigen zu können. So ha- ben wir zum Beispiel die Lektüre von Mary Dalys GYN/ÖKO- LOGIE abgebrochen, da uns diese "Meta-Ethik des radika- len Feminismus" gar nicht gefiel. Statt uns gleich kritisch nlit ihr auseinanderzusetzen, verdrängten wir sie erstmal. Aber allmählich sehen wir uns gezwungen, uns mit der "fe- iflintstischen" Theologie und Spiritualität nun doch ausein- anderzusetzen, nachdem dieses Literaturangebot sich so ausweitet und zu einem Politikum geworden ist. Das Angebot, das frau uns da macht, erinnert uns fatal an Ih sollst nicht erkennen, Du sollst glauben!" Nach jahr- hundertelanger patriarchalischer nun auch noch eine"weib- liehe" Theologie! Mit Feminismus hat das für uns jeden- falls nichts zu tun. wir Politischen Feministen sind inzwischen der Ansicht, c,148 wir eh' viel zu lange gebraucht haben, bis wir die Ge- erlichkeit und Unmenschlichkeit "Gottes", dieses mensch - ge machten Phantoms, erkannten. Ganz abgesehen davon, daß uns auch die schwammige und eitle Sprache (weil eine hier unnötig "andere" Sprache!) abstößt, mit der Uta und larY "abheben","verreisen","spuken" und "spinnen". Frau kann nämlich durchaus auch sexistisch spinnen und spuken genauso wie man auch ohne Sexismus abstrahieren und Philosophieren kann. Kritisches Denken ist nicht ans Ge- Schlecht gebunden! ürn sozialere und gewaltlosere Verhältnisse auf dieser Er- de herzustellen, brauchen wir, das ist jedenfalls unsere Ileinung, weder "den" Allmächtigen, noch "die" Göttin, auch nicht "das" Gott, sondern die Mehrheit der Menschen, die sich dafür einsetzen, dafür leben. Der "Teufel" behüte - wenn er kann - vor Bettelmönchen und "perlmutter- nen Mönchinnen"! Wir halten es nicht mit Dalys,Weilers, Bachofens oder C.G. Jungs, sondern mit Ludwig Feuer- bteh: "Ich bin lieber ein Teufel im Bunde mit der Wahrheit, atk' ein Engel im Bunde mit der Lüge." Das Bedürfnis nach männlicher oder weiblicher Spiritualt- vat breitet sich immer dann aus, wenn die sozialen, wirt- aehaftlichen und moralischen Konflikte das Individuum be- s°rlders fordern bzw. überfordern. Religion und Spirituali- ftt ist ► ehe - Wahrsager und Kartenlegerinnen hat es schon immer ,gegeben. Fanatismus, Dogmatismus und Größenwahn ist , keine spezifisch "männliche" oder "weibliche" Sa- jti geschlechtsunspezifisches Phänomen. Und auch "sich litische Feministen versuchen kritischer zu reflektieren er Verantwortung zu entziehen", ist nicht auf Männer be- :ehränkt. Diese Verhaltensweise läßt sich bei beiden Ge- )elneehtern nachweisen. i j Eil die "Herren der Schöpfung" und did'Damen der ge- aMechtsautonomen Frauenbewegung". Wir haben wahrlich andere Sorgen,als mit Ursa zur "Grünkraft" zu reisen und 7-lit den Herren um Pöstchen inne rha lb des Patriarchats 7- konkurrieren. Wir wollen die Bevölkerung nicht mehr 0-4,14 Christentum und "Kapital", auch nicht.mehr mit Marx Cell Freud gefügig machen. Statt abstrahieren und spinnen, id kretisteren und entschleiern wir lieber die herrschenden °11 een und Personen, die Säulen- und Schutz"heiligen", für de re n Schutz, für deren Machterhaltung die Mehrheit des Volkes arbeitet (wissend und unwissend). Während Leute wie Reagan, Kohl, Thatcher, Schamir, Gorbatschow, Khomeini, Botha Kriege führen bzw. den Dritten Weltkrieg vorbereiten, suchen die Spirituellen nach dem "schimmernden, schillernden Urgrund des Seins" (S.13): "Wir raunen einander Botschaften zu und vernehmen sie im Säuseln, im Klingen einer Äolsharfe, durch die Ruach weht, die heilige Geistin, wie und wann sie will." (S.180) Ergüsse wie: "Nach der Vaterwelt des Glaubens und durch die feministische Theologie hin- durch erfahre ich mich selber als gott-unmittelbar." (S.16) lassen uns um die geistige Gesundheit der Ursa Krattiger fürchten. Nein danke. Ohne uns ! Was uns allerdings interessierte und worauf wir leider keine Antwort bekamen, ist Ursas gebrochenes Verhält- nis zum anderen Geschlecht. In ihrer Lebensgeschichte taucht zwar der Vater und auch ein eigener Ehemann kurz auf, um allerdings gleich wieder in der Versenkung zu verschwinden: Der Vater (Pfarrer) wird des Amtes enthoben und verläßt Frau und Tochter. Ist er mit einer Geliebten abgehauen oder hat er die Kirchenkasse ge- plündert oder ist er gar Atheist geworden? Wir erfah- ren nie, was er verbrochen hat. Genauso mysteriös bleibt das Verhältnis bzw. die Trennung vom holländi- schen katholischen Ehemann. Warum verläßt Ursa ihn bzw. das gemeinsame Heim? War es der Ruf der "Großen Mutter" oder die "Grünkraft" oder war durch die Begegnung mit feministischen Theologinnen die he- terosexuelle Attraktivität des Ehemanns verpufft? Über so profane Dinge aufzuklären, ist Ursas Sache nicht. Wir erfahren allerdings, daß die spirituelle Autorin Ge- schichte, Soziologie und politische Wissenschaft studier- te. Auf diese Fächerkombination wären wir nach der Lektüre der "Perlmutternen Mönchin" nicht gekommen. Ursa teilt uns mit, daß sie ihre Berufslaufbahn als Re- dakteurin bei dernasler Nachrichten" begann, aber "wegen politischer Konflikte" die Tageszeitung verlas- sen mußte. Darüber hätten wir auch gern Genaueres gewußt. Was versteht Krattiger unter Politik - was un- ter Lösung der Frauenfrage? Soll die "Große Mutter" oder/und Ruach, die heilige Geistin, die bedrohlich an- steigende Arbeitslosigkeit, ja die weltweite Diskrimi- nierung und geistige, ökonomische und sexuelle Aus- plünderung der Frau bekämpfen? "Die Mamma wird's scho richten!" ... für die, die' s gern glauben möchten. Ingrid Braun/Hannelore Mabry Deutscher Akademikerinnenbund e.V.: DIE FRAUEN- FRAGE IN DEUTSCH LA ND, Bibliogra- phie, Neue Folge, Band 1 und 2 (1981 und 1 982/3), München 1 983 u. 1985, 229 S., DM 48,-- u. 458 S., DM 88, -- "Die Frauenfrage in Deutschland" - so nennen sich die diversen Bibliographien, die der Deutsche Akademikerin- nenbund seit 1 934 herausgibt. Damals hatten sich Agnes von Zahn-Harnack und Hans Sveistrup, die ersten Wis- senschaftler/innen, die diese "Quellenkunde über Strö- mungen und Gegenströmungen" für den Bund herausga- ben, die Aufgabe gestellt, das Material des Zeitraumes von 1 790 - 1 930 so zu erfassen und zu ordnen, daß die Quellenkunde zur Lösung der Frauenfrage eine wissenschaftliche Hilfe bereitstellte: "Entscheidend muß- te stets der besondere Inhalt der Schrift sein... Die Lei- stung solcher auf den Inhalt gehender Erläuterungen der einzelnen Schriften erforderte natürlich ihre genaue in- 37

finanziell total ungesicherten Beruf des "Hausmanns und Vaters" hineinströmen? Denn wer arbeitet schon gern (wenn er nicht einen einsichtigen, d.h. von sich aus sein Einkommen halbierenden Arbeitgeber hat!) nur gegen Kost und Logis, begibt sich freiwillig in Fronarbeitsverhältnis- se? Oder geht es Meves bei der Vaterrolle - wie einigen finanziell sehr gut ausgehaltenen Hausfrauen und Müttern - nur um die geistige Aufwertung bzw. Würdigung dieses Be- rufs bzw. dieser Arbeit? Auch Männer sind, wie wir wis- sen, ideologieanfällig: Lassen sich für die "Ehre des Va- terlandes" in den Tod schicken... Insgesamt vermuten wir, daß der Deutsche Akudemikerin- nenbund das Beste wollte und den politischen Feminismus sicher mehr aus Ahnungslosigkeit als aus böser Absicht so stiefmütterlich behandelte. In fast allen Bibliographien des "ganz alltäglichen Sexismus" - zum Beispiel den Ver- efentlichungen der Bundes- und Landeszentralen für Poli- tische Bildung gibt es weder eine Alte - noch eine Neue Frauenbewegung, autonom hin, autonom her ! In der pa- triarchalischen Geschichtsschreibung taucht nur die Arbei- terbewegung im letzten, und die Studenten- und Bürger- rechts- sowie die Friedensbewegung in diesem Jahrhun- dert auf. Frauen werden lediglich dann erwähnt, wenn sie sich für das Patriarchat - zum Beispiel als individuell he- rausragende Christin oder Marxistin - verdient gemacht haben. Im Schnitt finden wir 1-5% weibliche Autoren in den Bibliographien des Patriarchats, darunter jedoch mit Sicherheit keine Feministin! "Gemeinsam sind wir stark" wirklich? Gemeinsam sind wir ausgesperrt! Aber die- Se nackte Tatsache geht der weiblichen wie männlichen Mehrheit wohl nie mehr unter die Haut!? Sie hören und lesen lieber, daß "das Ende des Patriarchats" (Meves) zu erwarten - ja bereits gekommen ist. Ingrid Braun / Hannelore Mabry Frederic W. Nielsen: KRIEG DEM MORD, Toleranz Verlag, Freiburg 1983, 288 S., DM 21, -- Mit einem gekürzten, aber äußerst informativen, vor der Industriellen Nutzung der Atomkraft warnenden Brief des lernphysikers Prof.Dr.E.Huster an den Bundespräsiden- ten Dr. Karl Carstens und "Glossen zum Zeitgeschehen"en- det dieses Buch. Nielsens Schlußsatz: "...so muß doch je- der, der das Leben, der die Menschen liebt, jene bekärnp- Len, die den Krieg verursachen, die an ihm profitieren, und Bei es nur, um - wenn das Ungeheure geschieht - mit gutem gewissen die Worte des Dichters Matthias Claudius wieder- holen zu können: 's ist leider Krieg! - Und ich begehre nicht schuld daran zu sein' ." Diese Einstellung kennzeich- net den engagierten Journalisten, Buchautor und Kleinstver- leger - wie es scheint - seit seiner Jugend. A n einem kleinen Stand auf der Buchmesse 1985 stieß ich Obigen Buchtitel. Ich war von ihm teils angezogen, teils abgestoßen. Denn mit dem Begriff "Krieg" verbindet man heute sofort "bewaffneter Kampf". Die Herkunft des Wortes itist allerdings dunkel - früher wurde auch "Widerstand" und Kaempf ganz allgemein" darunter verstanden. Warum also teilt gleich "Kampf dem Mord"? Nach kurzem Anlesen ent- 'ehloß ich mich, ein Besprechungsexemplar mitzunehmen. Das Thema und die vier Biographien über Bertha v.Suttner, Heuei Dunant, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg inter- :881erten mich. Sehr spannend zu lesen sind diese "Wort- rtraits", gedacht für Rundfunk und Fernsehen. Ausgezeich- s Quellenmaterial (Zitate, Kommentare) ist beigefügt,so j 4 4 sich politische Laien die Zeit vom Ende des letzten bzw. v rifang dieses Jahrhunderts bis in die Gegenwart zumindest k°.,rstellen, selbst Bezüge zur jetztigen Politik herstellen 4°411, e n Mit Achtung gegenüber der Portraitierten - wahr- tuen Politischen Vorbildern! - und mit Sorge und Verantwor- ng gegenüber den "Nachgeborenen", greift dieser Mann pr Feder. Besonders faszinierte mich die Auswahl und die ,, l'a8entation des Materials bei Karl Liebknecht und Bertha Silttner. Nicht nurNielsen, auch seine viel jüngere Frau, will offen- sichtlich diese außergewöhnlichen Menschen (oder nur das schriftstellerische Werk ihres Mannes?) vor dem Verges- sen bewahren. Aber vielleicht sehe ich diesen "familiä- ren" Einsatz zu kritisch und auch nicht ohne Neid? ! Denn lieber träfe ich auf der Buchmesse auf (Ehe-) Männer, die solche Unterstützungsarbeit für unterdrückte feministi- sche Autorinnen leisten, ihnen als "Bursche für alles" zur Seite stehen. Stattdessen Jahr für Jahr das gleiche Bild: ein Heer weiblicher Hilfskräfte, die das intellektuelle und ökonomische Patriarchat von vorn bis hinten bedienen, am Leben erhalten. Immerhin, Nielsen gehört zu den wenigen, die auch kämp- ferische Frauen gegen Mord und Krieg wahrnehmen. Von vier Wortportraits widmet er zwei - Frauen (50% !). An- ders ist es beim Personenverzeichnis: da schrumpft der Frauenanteil auf 11% zusammen - ganz wie im realen po- litischen Patriarchat. Auch inhaltlich (Frau und Mord, Frau und Friedensbewegung) scheint der Autor (noch) nichts Geschlechtspezifisches wahrzunehmen. Er über- sieht (noch), daß mehr Frauen als Männer (besonders im Alter!) das Fußvolk der Friedensbewegung bilden. Er be- wundert wohl auch eher die intellektuellen Köpfe, die he- rausragenden Persönlichkeiten als die "Bewegung", die Zusammenschlüsse von Namenlosen. Ob sich der alte Mann und seine junge Frau an der näch- sten "Seniorenblockade" in Mutlangen beteiligen, das wer- de ich beide auf der diesjährigen Buchmesse fragen. Denn wie's mit der Praxis bestellt ist, das weiß mensch nicht durch Lektüre. Ich denke aber, daß dieses Buch eine sehr gute Anregung für eine sinnvolle Praxis gegen Mord und Krieg darstellt! Eine Kritik an "Krieg dem Mord" bleibt jedoch noch anzu- merken: Frederic Nielsen hält - wie die meisten"Linken" aber auch etliche "Rechte" (Geißler meinte ja sogar, daß die Pazifisten an den Konzentrationslagern schuldseien!) an der unserer Ansicht nach falschen These fest, daß man mit Gewalt Kriege verhindern könne/müsse, daß man mit Gewalt gegen Hitler hätte vorgehen müssen, um Schlim- meres zu verhüten. In dieser Frage sind wir aufgrund un- serer Lebenserfahrung und der Geschichte zu ganz ande- ren Erkenntnissen gekommen: Krieg läßt sich - wenn überhaupt! - nur mit Herz und Verstand, aber niemals mit Waffengewalt, mit Krieg abschaffen. Und meiner An- sicht nach sind auch die Taten mutiger Pazifisten nicht vergeblich, zumindest dann nicht, wenn diese Taten von Presse und Fernsehen verbreitet werden! Zum Beispiel die Tat eines Märtyrers, dem Nielsen dieses Buch gewid- met hat: " ...einem Vergessenen, meinem Freund Stephan Lux, der sich am 3. Juli 1936 im Genfer Völker- bund erschoß, um Hitlers Helfershelfer, die Demokratien Europas, auf die Gefahr hinzuweisen, die den Weltfrieden bedrohte. Seine Tat blieb ohne Folgen; sein Opfer war ver- geblich!" Wir nennen die Menschen Helden/innen, die für die Aufklä- rung der Menschen sterben und nicht die Männer und Frau- en, die für "Gott und Vaterland" oder andere Wahnvorstel- lungen und Ideologien morden. Dieses Buch hilft jedenfalls das zu begreifen... Hannelore Mabry Ellen Kuzwayo: MEIN LEBEN, (Originaltitel "Call me woman"), sub rosa Frauenverlag, Berlin 1985, 317 S., DM 29,80 Ellen Kuzwayo zieht mit 65 Jahren Bilanz: Sie blickt zu- rück , denkt nach und schreibt ihre Geschichte. Die Ge- schichte einer Frau und Mutter in Südafrika, die sich Rassentrennung und Frauendiskriminierung nicht ausge- dacht hat , sondern in eine rassistisch-sexistische Ge- sellschaft hineingeboren wurde. Eine Frau, die erst nach und nach erlebte und begriff, wie hart und grausam die po- litischen Verhältnisse in einer solchen "Kultur" vor al- lem für Kinder, für Heranwachsende, sind. Kuzwayo zitiert ein altes Sprichwort:"Erst wenn die Quelle 39

In der BRD und im AUSLAND erhalten Sie diese Zeitschrift in folgenden Läden: ALSBACH -Hähnlein Bergsträßer Bücherstübe, A lte Berg- ARNSBERG Die literarische Buchhandlung, str.3 Marcus Houterman.s, Alter Markt 10 ASCHAFFENBURG Buchhandlg.Diekmann, Herstallstr. AUGSBURG Buchhandlg. probuch, Gögginger Str. 34 BAD CANNSTADT Buch-Stehn, Bahnhofstr. 13 BAD HERSFELD Buchhandlg. Oertel, Neumarkt 22 BAMBERG Zeitschriften Heeger, Lugbank 1 Lederladen Löchner, Lugbank 3 BERLIN Buchladen am Savignyplatz, Savignyplatz 5 Frauenbuchladen Labrys, Hohenstauffenstr. 64 Frauenbuchladen Lilith, Knesebeckstr. 86-87 Schwarze Risse, (Mehringhof), Gneisenaustr. 2 BIELEFELD Buchhandlg. Luce an der Uni, Hauptgebäude Buchhandlg. Scharf, Stapenhorststr. 13 BOCHUM Buchhandlg. Brockmeyer, Filiale Uni - Laden Buchhandlg. Schaten, Uni Buchladen I BONN Zeitschriften Müller, Bahnhofsvorplatz BRAUNSCHWEIG Guten Morgen Buchladen, Geysostr. 9 BREMEN Buchladen in der Neustadt, Lahnstr. 65b KOBLENZ Buchhandlg. 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Potthoff, Wermingser Str. 41 Buchladen, Waldemaistr. 3 Zeitschriften Zielke, Pavillon Schillerplatz KA ‘'`1111-3SRUHE der andere buchladen, Marienstr. . 15 Buchhandlg. von Loeper, K.- Neureut , Bärenweg 35 frauen-buchladen, Viletoriastr. 9 Uni -Buchhandl . Kellner+Moessner, Kaiserstr . 18 Uni-Buchhandlg.vonLoeper, Kaiserstr. 69 KASSEL Buchhandlg. Fi schlein a.d.Hochschule,Holländi - Buchhandl . Wissen und Fortschritt, sehe Str. 22 Werner-Hilpert -Str. 5 1%4CHHEIM-Teck Neuland-Buchladen, Max-Eyth- Str . 49 Buchhandlg. Meier & Weber, Warburger Str . 98 unibuch g.b.r. , Königstr. 46 PFORZHEIM Buch- Kaiser, Westliche 1 am Marktplatz RASTATT Buchhandlg. Iürchhoff, Kaiserstr. 21 RECKLINGHAUSEN Altstadt- Buchhandlg. ,Breite Straße 9 REGENSBURG Buchhandlg. Pustet, Gesandtenstr. 6 und Filiale Universität, Audimax Buchhandlg.Dombrowski,Wollwirkergasse 4 REUTLINGEN Jakob Fetzer Buchladen, Rokenstr. 4 ROSENHEIM Buchladen Irrlicht, Innstr. 45a SAARBRÜCKEN A kad.Buchhandlg. Köhler, Kaiserstr .21 SCHORNDORF Buchhandlg. spectrum, Marktplatz 27 Bücher-Bacher, Marktplatz 14-16 SCHWÄBISCH GMÜND Buch und Kunst, Münsterplatz 19 Schmoldtsche Buchhandlg. Bei der Johannis 'drehe SCHWEINFURT Collibri-Buchladen, Brückenstr. 7 SIEGEN - Weidenau Buch 21, Weidenauerstr. 172 Bücherkiste, Weidenauerstr. 224 SPEYER Buchhandlg. Oelbermann, Wormser Str. 12 Spei' rer Buchladen, Heydenreichstr. 16 STUTTGART Buchhandlg. Niedlich, Schmale Str. 9 Kinderbuchladen Rau, Schloßstr. 60 TÜBINGEN Bücherstube Hohnerlein, Hirschgasse 2 ULM Aegis-Buchhandlg. , Hafengasse/Breite Gasse Bücherstube Dörrie, Frauenstr. 36 WIESBADEN Kassandra Buchladen, Westendstr .1 WITTEN Buchhandlg. Krüger, Bahnhofstr . 30 WUPPERTAL- E . Buchhandlg. Nettesheim, Herzogstr . Sisyphos, Der andere Buchladen, Friedrichstr.1 LINZ Alternativ - Versand, Zollamtstr. 20 Bücherstube Fessel, Herrenstr . 21/ Ecke B ischofstr. F.J. Ebenhöch' sehe Buchhandlg., Landstr. 22 WIEN Buchhandlg. Gerold & Co., Graben 31 Buchhandlg. Kleemann, Hietz. Hauptstr. 6 Buchhandlg. Winte4 Landesgerichtsstr . 20 Bücher - Kunst -Galerie, Lerchenfelderstr. 9 -11

Personenregister „Der Feminist“ Heft 1986, XI-18 Name Abs, Hermann Josef Adenauer, Konrad Anders, Günther Atkinson, Ti-Grace Attenborough, Richard Bachofen, Johann Jakob Baron, Rüdiger Bauer, Christine Becker, Carsten Blüm, Norbert Botha, Pieter Willem Brandl, Nikolaus Brandmair, Monika Braun, Ingrid Braun, Lily Brehmer, ? Brownmiller, Susan Burger, Warren Burgsmüller, Claudia Canal, Florian von Carstens, Karl Claudius, Matthias Daly, Mary Delvendahl, Ilse Dunant, Henri Einstein, Albert Enders-Dragässer, Uta Engels, Friedrich Feuerbach, Ludwig Fiedler, ? Frank, Anne Freud, Siegmund Gaarder, Godrun Gandhi, Mahatma Gans, Heino Gaugel, Annemarie Geißler, Heiner Heftseite 4 29, 38 4, 5 30 2 37 31 Inhalt 13-15, 20, 24, 25 36 37 9-13, 15, 16, 20, 21, 23, 24, 25 Inhalt, 1, 8-13, 22-24, 26 Inhalt, 14, 15, 35, 37, 39 33 36 19 26 31 12 39 39 37 38 39 5 35 1 37 10, 12 21 4, 37 27 1, 2, 5, 21, 28, 29 9, 10, 11 12, 24 29, 39 Name Gorbatschow, Michail Gouges, Olympe Marie de Goy, Alexandra Greetfeld, Arno Gries, Gabriele Guter, Claudia Hamacher, Gudrun Head, Bessie Heinemann, Gustav Hillreiner, Johann Hitler, Adolf Hofmann, Gertrud Huster, Erich Ikeda, Marion Tamura Jahr, ? Jesus Christus Joreen [s. Freeman, Jo] Jung, C. G. K., Gisela Kamm, Désirée Kassandra Katz, Lorley [s. Mabry, Hannelore] Keil, Franzsiska Khomeini, Ruhollah Kindermann, Gisela King, Martin Luther Kister, Kurt Kohl, Helmut Kollwitz, Käthe Koritzinsky, Theo Krägenow, Britta Krattiger, Ursa Küng, Zita Kuzwayo, Ellen Lange, Helene Lenin, Wladimir Iljitsch Liebknecht, Karl Luhmann, Niklas Lux, Stephan Heftseite 37 21 32 10, 11 Inhalt Inhalt, 40 35 40 29 7 5, 11, 17, 20, 25, 29, 38-40 31 39 32, 33 21 29 33 37 36 31 29 Inhalt 11 37 34 21, 28, 29 22 37 28 27 Inhalt, 33 37 18 39, 40 33 31 39 4 39