Dei tem, latt4 ael de V4 Impressionen zur 4. Frauen- Sommer - Uni von INGRID BRAUN Seit 1975 organisiert mit viel Idealismus immer wieder eine andere Handvoll Frauen aus der Be- wegung in Berlin die sogenannte "Sommeruniver- sität der Frauen". Eigentlich müßte es "Herbst- universität der Frauen" heißen, denn erst im Oktober "erobern" sich die Frauen die während der Semesterferien leerstehenden Räume der Universität, bzw. müssen sie sich mit dem be- scheiden, was man ihnen zuweist. Drangvolle Enge herrschte noch 1978 in dem Nebengebäude der TU. In diesem Jahr war die Raumfrage in der "Frei- en Universität" (FU) glücklicher gelöst. Zum ersten Male hatte auch der Senat von Berlin DM 15 000.-- locker gemacht. Im Verhältnis zu der Arbeitskraft, die vom 1.- 6. 10.1979 von Veranstalterinnen und Referentinnen eingesetzt wurde, ist dieser Betrag aber kaum mehr als ein Trinkgeld. Rechnet man als Honorar für ei- ne Referentin für einen Vor- oder Nachmittag nur DM 300. -, so wäre bei ca. 50 Vortragen- den bereits die Summe verbraucht. Reisekosten oder Diäten entfielen, und die Vorbereitungs- gruppe hätte keine Mark für Porto, Telefon und Papierkosten etc. , von Öffentlichkeitsarbeit und Werbung durch Plakate, Handzettel usw. ganz zu schweigen. Aber auf das Thema "Finanzen" kommen wir in unseren Schlußbetrachtungen noch einmal zurück, da es unserer Ansicht nach weit mehr Beachtung verdient.Es grenzt deshalb schon fast an ein Wunder, daß allein durch Mund- reklame und Ankündigung in den feministischen. Zeitschriften wieder ca. 5000 Frauen die Frau- en Sommer Uni besuchten. Wir vom FFP starteten von München zu dritt: Hannelore Mabry (Lorley), Eleonore Nitzsche (Lori) und ich Ingrid Braun. Nicht nur unser Al- ter (Ende 40 - Ende 50) ist atypisch für die nor- male "Bewegungsfrau". Auch unsere politisch- feministischen Ansichten fügen sich da nicht bruchlos ein. Uns haben Kindheit im Nationalso- zialismus, Krieg und Nachkriegszeit, Berufstä- tigkeit und zwanzig Jahre Alltag als Mutter und Hausfrau geprägt. Auch Ehe und Freundschaften gehören zu unseren Erfahrungen. Wir sind auch wie könnte es anders sein- mit patriarchali - scher Sexualität konfrontiert worden. Aber in- zwischen machen uns mehr und mehr andere Formen der Gewalt heiß. Sicher, während der Fahrt, als wir mal Zeit hatten, uns über sexuel- le Erlebnisse auszutauschen, brach bei der einen lang Aufgestautes und Unverarbeitetes durch, Aggressivität, die aus Verletzungen herriffirte. Bei der anderen war eine erstaun- liche Distanz, ein vielleicht unbewußtes Aus- weichen dem Mann gegenüber, zu spüren. Daß trotz ganz unterschiedlicher Lebenser- fahrungen uns heute dennoch etwas Gemein- sames verbindet, was wir Feminismus nen- nen, ist nicht zuletzt der Grund unserer Ber- linreise .Wir wollen mit jungen und alten Frauen, trotz manch' frustrierender Erfah- rung mit unseren Schwestern in den letzten Jahren (z. B. die Spaltung des Frauenfo- rums), weiter daran arbeiten, sowohl das Verhältnis innerhalb unseres eigenen Ge- schlechts, wie dem Mann gegenüber zu ver- ändern. So munter unsere Unterhaltung floß, so zäh kamen wir mit unserer Limousine voran. Schon bei Nürnberg gab es kilometer- lange Stauungen, und da wir alle drei durch die Strapazen des politischen Kampfes vom Vortage noch erschöpft waren, nickte Lor- ley bei jedem Halt am Steuer ein. Wir hat- ten nämlich zehn Stunden Straßendiskussio- nen und FEMINISTENverkauf am Marien- platz (Zentrum der "Großstadt mit Herz") hinter uns .Deshalb war nun eine Fahrtpau- se hochwillkommen. Wir genossen ein Pick- nick am Waldesrand. Lorley war auf einen Hochsitz geklettert, damit ihr der Weit- und Überblick über unsere Organisation und die Gesamtperspektive unseres Feminismus nicht abhanden kam. Aber das Patriarchat gönnte ihr keine Ruhepause: kräftige Böen zwangen sie, den Kontakt mit den Interessen und Bedürfnissen der "Parteibasis" wieder zu suchen .Dann durchkämmten wir forsch noch ein Maisfeld. Die Früchte des Feldes eigneten sich ausgezeichnet als Mitbringsel für unsere Schwestern.Vollgetankt mit fri- schem Sauerstoff setzten wir unsere Fahrt fort. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit näherten wir uns einem erstaunlichen Bauwerk des Patriarchats: der "brüderlichen'? Zonengren- ze - einem echten Zeugnis "praktischer" Entspannung 1 Denn wie wir kürzlich durch unseren bayerischen Kanzlerkandidaten er- fuhren, gibt es - laut Prawda - zwei Formen 1

Berichte über unsere Aktivitäten in München, abwechselnder Besuch von Veranstaltungen, Um- zug unseres Standes zu den großen Podiumsdis- kussionen am Abend etc. etc. Feministinnen, von denen manche von uns nur die Namen ge- hört hatten, lernten wir persönlich kennen.Die Gespräche am Stand verliefen sachlicher als auf dem Münchner Marienplatz. Kein Geschim- pfe über "frustrierte Weiber" oder "blöde Zie- gen" . Im Gegenteil, viel Anerkennung und Inte- resse an unserer Arbeit! Ein Infostand im In- neren eines Gebäudes ist auch viel angenehmer als im Freien bei Schneegestöber oder im strö- menden Regen. Zwar mußten wir leider auf einen Tisch verzichten, um die Fluchtwege für Feuer- wehr, "Bullen" und "von Katastrophen bedrohte Menschenmassen" freizuhalten. Unser Proviso- rium aus Pappkartons war etwas wackelig, und auch das angelehnte Transparent fiel uns ab und zu auf die Köpfe. Doch wie gesagt, wir sind Schlimmeres gewöhnt. Für mich persönlich bedeutete die Frauen Som- mer Uni auch ein Wiedersehen mit meiner Hei- matstadt. Zwar sah ich die Stät ten meiner Kind- heit vom Auto aus nur vorüberfliegen, registrier- te "ein paar Hochhäuser mehr", aber fühlte mich gleich wieder zu Hause .An der FU hatte ich ja auch studiert. Die ganze Atmosphäre hier tat mir gut. Private Berliner Gastlichkeit erlebten wir an dem Abend, als Anneliese erneut den Versuch machte, eine Ortsgruppe des FFP mit Münchner Unterstützung in Gang zu bringen. Annelieses Mann, der bereits auf dem Wege zum Feminis- mus ist, hatte die Tafel festlich gedeckt, die Sa- late und bunten Platten lecker zubereitet. Wir ließen es uns - nach des Tages Arbeit - bestens schmecken. Dann entbrannte eine heiße Diskus - slot über das Thema "Gewalt", für unsere Rich- tung, ein ganz zentrales Thema. Und auch den ganz der Erholung dienenden Abend in einem schummrigen französischen Lokal in Charlottenburg vergesse ich nicht so schnell wieder. Ich probierte ein mir bis dato unbekann- tes Gericht: Crgpes Suzette, das mir förmlich auf der Zunge zerging. Für mich ein seltener Ausflug in die mir fremde Welt des "Nachtlebens". Denn das einzige Privatvergnügen,das ich mir neben Beruf, Haushalt und Politik in München er- laube, sind acht Stunden Volkstanz im Monat. Aber im Zentrum stand doch während der ganzen Woche die Auseinandersetzung über unsere Rich- tung des Feminismus. Ich habe mich besonders gefreut, daß das Referat von Lorley (Mittwoch und Freitag) "Die neue Frauenbewegung und die ftsfrage" so gut ankam. ,Partei - und GewerkschazyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA zs löste lebhafte Diskussionen und sehr konstruk- tive Gespräche aus. Das Thema Organisation, feministische Ge- werkschaft und Partei, wurde ja seit Jahren in der Frauenbewegung abgelehnt. Aber es ist nicht zu leugnen: in diesem Jahr weicht f rau der Parteien- bzw. Organisationsfrage nicht mehr aus. Allein drei Veranstaltungen zur "Frauenpartei" wurden auf dieser Som- mer Uni angeboten. Und wenn Lorley ihre provozierenden Thesen - wo auch immer - verkündet, gehen anschließend "Der Femi- nist" und "Unkraut ins Parlament" weg, wie warme Semmeln. Außer Lorley referierte Angelika Beißner in Verbindung mit Eva von Blanc zum Thema "Frauenpartei! - Aber wie?" Diese Veran- staltung war ziemlich schwach besucht. Die beiden Frauen hatten sich vom Gründungs- grüppchen, das seit dem Frühjahr einige Tref- fen in der BRD durchgeführt hatte, wieder abgespalten .Die wenigen Frauen, die 1979 auszogen waren, eine Frauenpartei zu grün- den, hatten sich entweder durch Zufall oder durch einen Leserbrief bzw.Artikel inEMMA oder COURAGE zusammengefunden. Initia- torin der Frauenpartei war Eva Rath - von der SPD frustriert und nach neuen Wegen suchend. Sybille Helfferich (FDP und SPD- -frustriert) und einige Einzelgängerinnen stießen dazu. Alle waren außerdem mit dem Kurs der Frauenbewegung unzufrieden. Sie wollten - wie es scheint - noch etwas mehr als reine Sozialarbeit (sei es in Sachen Ab- treibung oder Einrichtung von Frauenhäusern) oderdas Aufarbeiten ihrer persönlichen Ge- schichte in Selbserfahrungsgruppen. Angelika, auch eine SPD-Abtrünnige,heriehte- te über die Vorbereitungsphase zur Partei- gründung. Die Frauen hatten sich schon in der Anfangsphase nicht einigen können über die Ideologie und das Programm, über die Strategie und Satzungsprobleme, ob mit Män- nern oder ohne. Es zeigte sich, Frustration allein genügte nicht, um eine Frauenpartei aufbauen zu können. Angelika und Eva beka- men kalte Füße und sprangen ab. Aber es reicht nicht, den anderen Frauen Un- fähigkeit vorzuwerfen, wenn frau selbst kei- ne Alternative anzubieten hat. Immerhin, es ist schon ein Fortschritt, wenn frau erkennt, wie frau es nicht machen sollte. Mehr Zulauf hatte natürlich die Veranstaltung "Frauenpartei in Gründung" der frischgebak- kenen Frauenpartei selber. Zwei Tage vor Beginn der Sommer-Uni war sie in' s politi- sche Leben getreten. Eine Frühgeburt, wie viele meinten, und nicht recht lebensfähig. 3

nehmerinnen Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Auswahl schien kaum auf Grund von Sach- kenntnis, sondern eher auf Grund von "Promi- nenz" (Alice Schwarzer) oder auch privater Freundschaft erfolgt zu sein. Denn was hatten da Z. B. Heidi Pataki(NEUES FORUM) und Dorothee Vorbeck (SPD) auf dem Podium verloren? Außer den bereits Erwähnten gaben ihre Statements ab: Sybille Plogstedt (COURAGE), Hannelore Mabry (DER FEMINIST), Brigitte Classen (SCHWARZE BOTIN), Sibylle Helferich (FRAUENPARTEI) und Angelika Beißner (abgespaltene Frauenpartei- Initiative) sowie eine Frau der "Alternativen Liste" aus Berlin. Einige hatten zum Thema überhaupt nichts oder nur Blödsinn beizutragen. Brigitte Classen hielt die Empfehlung, eine "monarchistische Frauen- partei" zu gründen, wohl für besonders witzig. Nach dieser Erleuchtung verstummte sie - Gott sei Dank. Alice Schwarzer rief zum Wahlboy- kott auf. Verständlich, da sie um die Auflagen- höhe von EMMA zu bangen hat. So kommt sie der Werbung und ihrer Leserschaft entgegen, denn politische Themen, speziell Partei- und Parla- mentspolitik , verkaufen sich schlecht. Und hier eine Tendenzwende auch nur ansatzweise zu ver- suchen, hat Alice Schwarzer nie riskiert. Frau- enpartei? - Nein Danke Politisch unverantwortlich, wie ihr Aufruf zum Wahlboykott, war dann auch ihre Berichterstat- tung in EMMA über die Sommer Uni und speziell über die Podiumsdiskussion. Ihre Unfähigkeit, außer sich selbst und ihren Sympathisantinnen , andere feministische Standpunkte und engagierte Feministinnen wahrzunehmen, ist für eine Jour- nalistin recht bedenklich. Daß sie z. B. Hanne- lore Mabry hier - wie schon seit Jahren - un- terschlägt,erkläre ich mir damit,daß sie sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung nicht gewachsen fühlt. Es kann doch nicht alles auf das Konto "Konkurrenzdenken und unsolidarisches Verhal- ten" gehen? Wenn Alice mit der Thematik Frau- enpartei konfrontiert wird, verlassen sie offen- sichtlich alle guten Geister. Aufklärerischer Journalismus ist dahin, und nicht einmal die ein- fachste Informationspflicht wird erfüllt. Sibylle Helferich wird ihres Amtes als 1. Vor- sitzende der Frauenpartei entkleidet, obwohl sie sich auf der Veranstaltung redlich bemühte, al- les, was ihr vorwurfsvoll und aggressiv aus dem Saal entgegenschlug, - etwas gequält lächelnd - hinzunehmen und den Schwestern entgegenzukom- Men. Das Pro und Contra zu einer eigenen Par- tei und, wie Lorley vorschlug, zu einer Femini- stischen G ewerks cha ft , waren in diesem Rahmen nicht zu erörtern. Dazu hätte es einer anderen Podiums zusammensetzung bedurft • Zum Beispiel: zwei Vertreterinnen der Pra- xis (Repräsentantinnen von Frauenparteien) und zwei Vertreterinnen der Theorie (für und gegen Frauen- bzw. Feministische Partei). Was die Vertreterinnen der Praxis betrifft, so hätte frau der 1. Vorsitzenden Sibylle Helferich eine bereits gescheiterte Vorsit- zende einer Frauenpartei des In- oder Aus- lands beiordnen sollen. Das Angebot ist groß genug! Seit 1945 sieben Frauenparteien hier- zulande und acht im Ausland! Was die Vertre terinnen der Theorie betrifft, so hätte frau der noch keineswegs gescheiterten - ja kaum entdeckten - Hannelore Mabry eine ebenbür- tige Parteigegnerin an die Seite setzen sollen, z. B. eine theoretische Anarchistin oder Sponti-Frau. Eine theoretische Sponti-Frau? Wer könnte das sein? Vielleicht Luce Irigara3 die die feministische Philosophie und Theori( aus unseren sich aneinander reibenden Scham- lippen ableitet? Daß die hier Versammelten von einer Femini- stischen Partei eher angewidert als angezoger waren, war sowohl auf dem Podium, wie im Plenum nicht zu übersehen und nicht zu über- hören. Dennoch, wirklich aufregend wäre es erst geworden, wenn diese Auseinanderset- zung mit stichhaltigen Argumenten geführt worden wäre. Wenn frau außer der formalen Ablehnung auch eine Alternative anzubieten gehabt hätte. Denn sogar die Außer- und Anti- parliamentarierinnen sprachen in diesem Jahr schon von "Verrottung der Frauenbewegung". Das Thema Institutionalisierung der Frauen- bewegung bleibt auch nach diesem Tohuwabohu hier, wie ich glaube, die brennendste Frage für die Zukunft. Die Hoffnung, durch diese Mammut-Podiums- diskussion, mit Unterstützung der Massenme- dien, eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen erfüllte sich leider nicht. Das Fernsehen brachte nur einen kurzen Schwenk über' s Ple- num, und auch das Säuseln im Blätterwald der Presse war äußerst dürftig. Bis in den süd- deutschen Raum drang diese schwache Brise überhaupt nicht. Vergeblich suchten wir die Süddeutsche Zeitung nach der kleinsten Notiz ab. Das Patriarchat behandelt die neue Frauer bewegung nach wie vor anekdotisch bzw. als Minderheitenproblem. Jeder Autor und jede Autorin genießt Narrenfreiheit,wenn das Thema "Feminismus" heißt. Auf diesem Gebiet ist keine Kompetenz nötig, da der Chefredakteur sie eh nicht feststellen könnte! Laut Viola Roggenkamps Kommentar in der ZEIT ist eine 6

FORUM' s zu "entlarven" . Diese Verleumdungs- kampagne endete mit vier Gerichtsprozessen, die Lorley alle gewann. Das Frauenforum ver- lor durch diesen Machtkampf 'unter der Gürtel- linie" nicht nur seine politische Bedeutung (die Mitglieder verließen in Scharen das sinkende Schiff, die vierteljährlich seit 1972 erschienene Zeitschrift FRAUENFORUM ging ein), sondern auch rund 25 000.--DM. Wer hier also dieVer- einsgelder verschleuderte, ist akten- und ge- richtskundig und auch in früheren Ausgaben des FEMINIST (speziell Nr.1/76) nachzulesen. Aber Hannelore Schröder kann das Verleumden nicht lassen. Sie muß weiter ihr Gift versprit- zen. Vielleicht ist sie Masochistin und möchte nun auch noch ihr eigenes Geld in neuen Pro- zessen verlieren? Ich meine, die Skandalchronik des herrschenden Systems braucht nicht um eine "weibliche" Va- riante bereichert zu werden. Die i de ol o g 1 - schen Kämpfe, die wir miteinander führen müssen, um schließlich zu mehr Einigung und politischer Effizienz zu gelangen, sind unver- meidlich. Es genügt, wenn wir also da und im Kampf gegen das Patriarchat unsere Kräfte verbrauchen. Zum Schluß möchte ich deshalb auch nochmal auf das Thema Finanzen und Frauen-Sommer- Uni zurückkommen. Hier ist es auch an der Zeit, mehr Solidarität zu zeigen und die Kar- ten offen auf den Tisch zu legen. Denn schon im August 1979 - also vor acht Monaten - ha- ben wir unsere Kostenaufstellung eingereicht. Bis heute sahen wir keinen Pfennig. Wo sind die 15 000. --DM des Senats von Berlin geblie- ben? Wie und an wen wurden sie verteilt? Das möchten wir gern wissen, Schwestern! München, den 15.März 1980 fct7wart- -braun- t Oder grün Se9er'Z2Der den Frauen \JectIse" das Pcdriarchai in -Theorie und Praxi S nur die For hier noch en) in hinter deeMin \J‘„,chtiw der d iSt in( I it froani re • ueoung yr tir 'ih for , uni 14,u, Grü n reicht nicht AuchSchmidt und Strauf3 wollen ber. ( eben Alle Bilder in dieser Ausgabe des FEMINIST beziehen sich auf unsere Aktivitäten hinsichtlich der GRÜNEN und ihrem Auftreten zu den diesjährigen Bundestagswahlen. Das obige Photo entstand auf dem Gründungsparteitag der GRÜNEN am 13./14.Januar 1980 in Karlsruhe. (c) Fotograf Robert Friedrich, St. -Sebastian-Str.15, 6500 Mainz 1 Die Photos auf Seite 11 und 29 (unten) wurden während unserer Protestaktion auf dem Programm- Parteitag der GRÜNEN am 21.-23. März 1980 in Saarbrücken aufgenommen. (c) Fotografin Digne Melier Marcovicz, Gulollettstr.27, 6000 Frankfurt/M. 1

wußt seiner menschlichen, seiner gesellschaft- lichen Verantwortung. Nicht Beobachtung, Ex- periment und Vergleich sind für seine Urteils- bildung und sein Handeln entscheidend, sondern Tradition und Intuition, Glaube und Hingabe, Meditation und Gehorsam gegenüber außer- oder übermenschlichen Instanzen. Für alle von Menschen begangenen Grausamkeiten und Ge- walttätigkeiten sucht und erfindet er Ursachen und Entschuldigungen, die außerhalb der menschlichen Sinneswahrnehmung liegen: die Erbsünde, das Schicksal, Gottes Wille, einen angeborenen Aggressions-, Destruktions- oder Todestrieb, eine sogenannte "geschichtliche Notwendigkeit" oder auch "ökonomische Sach- zwänge': und während des Nationalsozialismus bezeichnete man diese Instanz mit "Vorsehung' oder auch " Stimme des Blutes". In solchen patriarchalischen Systemen kontrolliert man nicht die "Gewählten", sondern gehorcht man den Weisungen der "Auserwählten". Führer be- fiel, wir folgen Dir! Und selbst dann, als man es kannte, das ganze Ausmaß an Terror, Gewaltanwendung, Folter, Mord, nach dem Kriege, als man die Gaskam- mern besichtigen konnte, glaubte man, nichts damit zu tun gehabt zu haben, fühlte sich kaum einer daran schuldig. Will man nichts aus der Geschichte lernen? Reichen zwei Weltkriege und ein territorial begrenzter Krieg nach dem anderen, Bürger- und Stammeskriege, Reli- gions- und Wirtschaftskriege, Vergeltungs- und Befreiungskriege in einem Jahrhundert nicht aus, um daraus Schlüsse zu ziehen? Wel- che Erfahrungen wollen wir noch machen? Füh- len wir uns durch Mißerfolge bestätigt? Wenn wir uns mit der Geschichte der ersten und zweiten Frauenbewegung beschäftigen, ste- hen wir vor dem gleichen Phänomen: Nach wie vor wird Analyse klein geschrieben. Wenn was schief geht, kaum eine interessiert sich dafür, woran es lag, wer verantwortlich und betroffenwar. Institution und politische Effi- zienz, Disziplin und Verantwortung - da tut sich nicht allzuviel. 'Autonomie oder Institution" fragt diese Sommer- Uni der Frauen. Was soll das oder? Politische Autonomie der Bewegung wäre vonnöten und die kann sich nur festigen und entwickeln, wenn frau sie institutionalisiert. Institutionalisiert in eigenen Organisationen. Die Frage, ob frau eine eigene, eine autonome Organisation benötigt, hängt - wie ich zu zeigen versuchte - entscheidend damit zusammen, ob frau die Werte, Normen und Praktiken, mit de- nen sie konfrontiert wird, zu vergleichen be- ginnt. Ob sie sie vergleicht mit den Werten und Normen freierer Zeiten, anderer Länder und vor allen Dingen, ob sie sie mit den Normen und Werten, die für Männe r gelten, vergleicht Warum wird sie schlechter bezahlt für die glei- che Arbeit? Um die Diskriminierung der Frau auf dem Ar- beitsmarkt, die miesen Aufstiegschancen, die miserable Entlohnung, aufzuheben, sind nach Käthe Schirmacher (1865- 1930 ) nicht nur Be- rufsorganisationen und politisches Wahlrecht nötig, sondern vor allen Dingen "die Erhöhung der Ansprüche des weiblichen Geschlechts" ..., "die dem untergeordneten Geschlecht durch- schnittlich angezüchtete Anspruchslosigkeit" blockiert die Aufhebung der "bitteren Früchte des Faustrechts" : "Weit davon entfernt, einen Geschlechtszuschlag für sich zu bean- spruchen, nimmt die Frau einen so riesigen Geschlechtsabzug wie 50% als selbst- verst ändlich hin: die ' Geschlechtsprämie ge- bührt dem Starken' , mag seine Arbeit auch we- der schwerer noch ergiebiger noch qualifizier- ter sein. Hier muß eben ein anderer Geist in die weiblichen Berufsarbeiter einziehen. - Eine Geschlechtsprämie auf Grund h ö - herer Bedürfnisse kann nun aber die Frau mit sehr viel mehr Recht verlangen als der Mann." Deshalb forderte Käthe Schirma- cher nicht nur gleichen Lohn, sondern bereits 1905 Lohn für Hausarbeitl Erst wenn Frauen beginnen, die Faktoren zu isolieren und einer besonderen Prüfung zu unterwerfen, die hinsichtlich ihrer Be- nachteiligung dem Mann gegenüber eindeutig ausschlaggebend sind, zeichnen sich sinnvolle Strategien, brauchbare Vorschläge zur Auf- hebung der geschlechtsspezifischen Unter- drückung ab. Welche Faktoren zum Beispiel die Ausschal- tung der F rau im Bereich der Politik - 3 Abs .2 GG hat an dieser \br- und auch Art. zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA fassungswirklichkeit nicht das geringste zu ändern vermocht! - bewirken und weiterhin absichern, das läßt sich weder aus den Ster- nen noch aus dem Kaffeesatz lesen, auch die Psychoanalyse, Traumdeutung und Mythen- forschung odeti'weibliche" Intuition oder "Körpersprache" (was immer frau darunter versteht), helfen da nicht weiter. Poli- tische Parteien und Parlamente, Zentral- komitees kommunistischer Parteien und Mili- tärdiktaturen, Industrialisierung und Büro- kratie, Wirtschaftsordnung und Gesetzgebung kann frau wesentlich genauer und systemati- scher anhand der geschriebenen Geschichte und der Beobachtung und Analyse der beste- henden Institutionen und Organisationen stu- 9

Verluste, glaubte man hier voranpreschen zu müssen. So läßt sich Vertrauen und Solidari- tät nicht herstellen und frau verrät sogar die an sich gute Sache, die wahrlich eine andere Behandlung verlangt und verdient hätte. Mit blindem Aktionismus läßt sich nichts ausrich- ten. Ich möchte deshalb jetzt Eure Aufmerksam- keit auf die drei Aspekte lenken, die nach meinen Studien und Erfahrungen Voraussetzung für eine feministische Politik und im besonde- ren für den Aufbau einer feministischen Or- ganisation - sei es eine Gewerkschaft oder eine Partei - sind , d. h. die unter allen Umständen und jederzeit bearbeitet werden müssen: - der historische Aspekt (Geschichte) der a na 1 yt is che Aspekt (Darstellung - und Erklärung der strukturellen Macht- verhältnisse) der p r a k t i s che Aspekt (Ausarbeitung von Programmen und Strategien zur Be- kämpfung des Systems, Aufbau von Ge- genmacht durch vermehrte Koordination, Integration und Institutionalisierung fe- ministischer Perspektiven, feministischer Politik ). - Werfen wir also zuerst einen Blick auf die Geschichte unserer organisatorischen Bemü- hungen und ihre Entwicklung innerhalb der ersten und der zweiten Frauenbewegung. Der historische Aspekt Durch die Industrialisierung veränderten, ja verschlechterten sich im vorigen Jahrhundert die Lebensverhältnisse vieler Frauen. Ein großer Teil der bisher im Haus hergestellten Produkte und der hier geleisteten Erzieher-, Ausbildungs- und Pflegearbeit verlagerte man in außerhäusliche Produktionsstätten und Dienstleistungsbetriebe. Nicht mehr ausschließ- lich die vertraute und überschaubare Klein- gruppe (Familienverband, kleiner Gewerbebe- trieb, Bauernhof, Kloster oder adliger Salon) bestimmte das gesamte Kultur- und Wirt- schaftsleben des Einzelnen. Die rasante Ent- wicklung von Wissenschaft und Technik, der Ausbau des Welthandels etc., stärkte nicht nur die Macht des Bürgertums, sondern führ- te auch zu Statusänderungen in der Ober- und Unterschicht. Der Einfluß und die Bedeutung des städtischen Lebens wuchs, die Familien- und religiösen Bande lockerten sich. Die im- mer weiterschreitende Technisierung, Rationa- lisierung und Intellektualisierung brachte eine totale Umwälzung des öffentlichen Lebens, der 11

Chen und feudalistischen Machtburgen hemmten nun die Entwicklung. Das aufstrebende Bürger- tum benötigte zur Durchsetzung seiner Inter- essen eigene Apparate: die bürgerlichen Par- teien und das Parlamentarische System wurden geschaffen und die Arbeiterschaft schloß sich in Arbeiterparteien und Gewerkschaften zu- sammen. Und da durch die Industrialisierung sich auch die Lage der Frauen und Mütter ver- schlechtert hatte, begannen sich Ende des 19. Jahrhunderts auch die Frauen in Verbänden und Vereinen zu organisieren. Die wichtigsten Forderungen ergaben sich aus der sozialen Situation praktisch von selbst: Frauen verlang- ten - das Recht auf Arbeit - das Recht auf Bildung und Ausbildung und - das aktive und passive Wahlrecht. Alle drei Forderungen waren letztlich schicht- unspezifisch. Sie betrafen alle Frauen. Daß es dennoch zu einer sogenannten bürgerlichen und einer sogenannten sozialistischen Frauenbewe- gung kam, lag zum einen an den in Jahrhunder- ten geschafffenen mythischen, religiösen, philo- sophischen und nun mehr und mehr politischen und wissenschaftlichen Hochburgen des Patri- archats: die Interpretation der Geschichte und die Analyse der Gesellschaft hatte man bereits geleistet, die Frauen übernahmen erstmal die Resultate. Zu eigenen Analysen kam frau we- gen der Fülle der Sozialarbeit, die ihr aufge- bürdet worden war, damals wie heute nur noch in Ansätzen. Als nach dem ersten Weltkrieg in den meisten europäischen Staaten das Stimmrecht für Frau- en endlich erkämpft war, traten die Führerin- nen und ein Teil der Mitglieder der Frauenver- bände in die bestehenden Parteien des rechten und linken Patriarchats ein. Sie glaubten da- durch die sogenannte Frauenfrage voranzubrin- gen und zumindest parlamentarisch bzw. durch Einflußnahme auf die Gesetzgebung lösen zu können. Das Experiment schlug fehl. Nach un- gefähr 10 Jahren lagen die Beweise allenthalben auf dem Tisch. Innerhalb keiner patriarchali- schen Partei waren die Frauen zu wirklichem politischen Einfluß gelangt, vermochten sie Ge- setze durchzubringen, die die Männer nicht be- fürworteten. Sie waren total von der Gnade der männlichen Führungsspitze abhängig - sowohl, was ihre Aussichten auf ein politisches Mandat betraf, als auch ihre Möglichkeiten , politische Entscheidungen zu beeinflussen. Und mehr als eine Alibifunktion und -position ergatterten sie bis heute nicht. Warum das so ist, werden wir sehen, wenn wir uns dem zweiten Aspekt: der Strukturanalyse des Patriarchats zuwenden. Während die Mehrzahl der Frauen sich mit dieser Alibifunktion bzw. einer individuellen Karriere auf Kosten der insgesamt ausge- klammerten Frage der Veränderung der Ge- sellschaft, also der Abschaffung des Patri- archats, abfanden, suchte eine Minderheit nach Auswegen aus diesem Dilemma. Sowohl der Ruf nach einer Frauenpartei wie nach eigenen Frauenlisten wurde laut und wurde zumindest ansatzweise diskutiert und auspro- biert. Die erste und einzige Frauenpartei wurde 1915 od .16 in den USA gegründet. In Euro- pa war es lediglich zu kurzlebigen einzelnen Frauengewerkschaften gekommen. Grundsätz- lich waren und sind uns die Amerikanerinnen in der Praxis (Organisation und Strategie) bis heute weit überlegen. Es wäre ein großes Verdienst, wenn unsere Frauenverlage end- lich Inez Haynes Irwin' s Buch "Story of the Woman' s Party" , New York 1921, übersetzen und in deutscher Sprache herausbringen wür- den, da die Gründerin und Quäkerin Alice Paul eine der fähigsten und radikalsten Fe- ministinnen war, die nicht nur bis ins Ge- fängnis für die Befreiung der Frauen gegan- gen ist, sondern auch als Organisatorin jahr- zehntelang hervorragende Arbeit leistete Daß die Frauen nach dem 1. Weltkrieg end- lich das Wahlrecht errangen,ist nicht zaletzt auf das unermüdliche jahrzehntelange Arbei- ten dieser Frauenpartei zurückzuführen,und bereits zu Beginn agitierten diese Frauen gegen den Eintritt der Frauenbewegung in die Männerparteien:" Frau Oliver Hazard Perry Belmont, Mitglied der Frauenpartei, empfahl allen Frauen, die Wahlen zu boykot- tieren:' Zähmt eure neue Macht .Die Suffraget- ten haben nicht 70 Jahre lang für eure Eman- zipation gekämpft, damit ihr zu Sklavinnen der Männerparteien werdet. Charlotte Per- kins Gilman unterstützte diese Aufforderung.. 'Die Macht der Frauen liegt in ihrer Zurück- weisung der Männerparteien. Das System der politischen Parteien ist ein Trick der Männer, die ihre wahre Gesinnung vertu- schen wollen. Frauen müssen für ihre Ziele außerhalb der Reglementierungen dieser Par- teien arbeiten. Gerade weil die alteingeses- senen politischen Parteien wissen, daß der Einfluß der Frauen nur innerhalb der Par- teien entschärft werden kann, bemühen sie sich, cjie Frauen zum Parteieintritt zu bewe- gen. '" ) Aber die Mehrheit hörte leider da- mals und heute nicht auf diese Stimmen- we- der in den USA noch in Deutschland. So stand frau Ende der 20er Jahre überall vor gleichen

1975 (gegründet von Berta Lublinski in Nürn- berg) DEUTSCHE FRAUENBEWEGUNG (gegründet von Irmgard Sauer in Ludwigs- burg) DEMOKRATISCHE FRAUENBEWEGUNG DEUTSCHLANDS (gegründet von Sigrid Bude -Pflaumbaum in Ludwigshafen) 1979 FRAUENPARTEI 1975 (gegründet von Sibylle Helferich und Eva Ratte in Warendorf b.Münster) Im Ausland kam es ebenfalls in der 70er Jahren zu Gründungen von Feministischen Parteien, und zwar 1970 in Norwegen, 1972 in Belgien, 1974 in Frankreich, 1977-78 in Dänemark, Israel und in der Türkei. 1979 folgten Gründungen von Feministischen Parteien in Canada und in Spa- nien. Das Parteiprogramm der Spanierinnen soll in Kürze in deutscher Übersetzung im Mond- Verlag, Basel, erscheinen - ein paar Auszüge aus diesem radikal-feministischen Programm veröffentlichte COURAGE (Nr.9/1979). Nicht zu leugnen ist allerdings, daß - bis auf die beiden ersten Frauenparteien, die sich 1953 nach 2 Jahren zusammenschlossen - fast alle ande- ren nach verhältnismäßig kurzer Zeit durch Spaltungen bzw. personelle und ideologische Machtkämpfe wieder eingingen oder mühsam da- hinvegitieren. Eine kontinuierliche und systema- tische Aufbauarbeit gelang bisher keiner der 8 Frauenparteien der BRD und auch die letzte Frühgeburt scheint mir nicht lebensfähiger als ihre Vorläuferinnen zu sein. Alle Gründungen Waren Aktionen von Einzelgängerinnen. Die Mehrzahl der Frauen brachten sehr geringe hi- storische, politische, wirtschaftliche, juristi- sche und organisatorische Erfahrungen und Kenntnisse mit. Keine Gründerin konnte sich auf eine "Hausmacht" (z.B. eine große Frauen- oder Berufsorganisation, einen politischen Ver- band oder sonstige einflußreiche Lobby) stützen oder auf einen bekannten Namen (z.B. als Wis- senschaftlerin, Schriftstellerin oder Journali- stin). Von den rund 10 Parteigründerinnen, die ich persönlich - wenn auch häufig nur kurz - kennenlernte, verfügte nur eine (die Norwegerin Gori Gunwald, die von ihren Mitgründerinnen wie leider üblich! - allerdings in den ersten Monaten ehergestürzt als gestützt wurde) über so etwas wie Charisma, also eine starke persön- liche Ausstrahlung, rednerische Brillianz und agitatorische Fähigkeiten bzw. politische Über- ellgiungskraft. Jedoch selbst wenn die personel- len Voraussetzungen überall günstiger gewesen wären, hätte sich das Scheitern der bisherigen Versuche sicher nicht vermeiden lassen. Denn weder der theoretische Stand noch die perso- nelle und finanzielle Stärke der neuen Frauen- bewegung, geschweige erst ihr organisatori- sches Dilemma bieten im Augenblick die Chan- ce, das Partei- und Gewerkschaftsproblem praktisch angehen und lösen zu können. Auf dem fast nur von Patriarchen gründlich bear- beiteten und ausgelaugten und von Feministen erst völlig unzureichend gedüngten politischen Boden kann die Saat noch nicht aufgehen. Der analytische Aspekt Das Patriarchat läßt sich erst abschaffen, wenn frau weiß, wie dieses System funktioniert und wo überhaupt die Möglichkeiten liegen, es eines Tages zu überwinden. Im Zentrum steht da für uns die Arbeitskraft und die Arbeitsteilung. "Die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau sichert die Superiorität des Mannes, denn aus ihr folgen minderwertige Ausbildung und nied- rigere Löhne für Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Niedrigere Löhne, die Erfahrung der Diskrimi- nierung bewirken wiederum die Abhängigkeit der Frauen von Männern, denn sie tragen zur beruflichen Resignation, zur Flucht in die Ehe bei. Verheiratete Frauen leisten für die Män- ner häusliche Arbeit. Männer profitieren durch höhere Löhne (Ernährer-Rolle) und durch Freistellung von familiären Pflichten, was ihre berufliche Effizienz 'unternehmergerecht' för- dert. Die familiären Pflichten schwächen wie- derum die Position verheirateter erwerbstäti- ger Frauen auf dem Arbeitsmarkt (Doppelbe- lastung, mangelnde Mobibilität und Flexibili- tät). So wird die hierarchische häusliche Ar- beitsteilung auf dem Arbeitsmarkt fortgeschrie- ben und umgekehrt. Um gleiche Chancen für Frauen zu verwirklichen, sind strukturelle Veränderungen im Arbeits- und Familien- system unerläßlich." zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Wir haben das Patriarchat als das S y s te m der Gewalt definiert, als das Herrschafts- system, in dem das Recht des Stär- ke r e n (körperlich, intellektuell und ökono- misch) Gesetz ist. Der erste Machtfaktor, die Kö r pe rkra ft (Gewaltanwendungwie Schlagen, Foltern,Verge- waltigung und Mord) wie die insgesamt größere körperliche Unabhängigkeit des Mannes ist na- turgegeben und nur durch die beiden weiteren, die kulturellen Machtfaktoren einzugrenzen. Die größere körperliche Abhängigkeit der Frau ist nur politisch oder/und durch technischen Fortschritt auszugleichen. An dieser Verände- rung werden nur die Menschen mitarbeiten, die unter körperlicher Ausbeutung selbst leiden 15 6 )

denn auf den ersten Blick scheint atomare Bewaffnung geschlechtsunspezifisch zu sein. Over-kill-Armeen und Verfassungsschutz sind aber dennoch nur die konsequente Ausdehnung und Weiterentwicklung des Prinzips, das jeder Vergewaltigung zugrunde liegt. Wer so "blind" auf die Gewalt und Vergewaltigung seine Macht aufbaut, fühlt sich offensichtlich geistig und moralisch der Frau, dem anderen, n i c h t überlegen. Denn sonst könnte er sich - zumin- dest dem Schwächeren gegenüber - gewaltlos ver- halten. Warum geht er auch gegen Minderhei- ten und Gruppen, die ihm körperlich und ökono- misch unterlegen sind, gewaltsam vor? Hat er es immer noch nicht begriffen, daß er als Patriarch keine Zukunft mehr hat? Eine Gesellschaftsordnung, die sich über Konkur- renz und Gewalt strukturiert, zerstört konse- quenterweise nicht nur die Schwächsten, son- dern auch die Stärksten vor der Zeit, die ihnen die Natur gegeben hat, gegeben hätte. Das ist so, weil der Starke, um stark bleiben, um überleben zu können, den Schwachen braucht. Er muß ihn achten und schützen um seiner selbst willen. Der "Stärkste" ist am Ende der, der den Gesetzen des Lebens am nächsten kommt, ihren Sinn erfaßt. Diese seltsame Ord- nung von Starken und Schwachen, diese Harmo- nie zwischen Ungleichen, zwischen Anziehung und Abstoßung, zwischen Ruhe und Bewegung, zwischen Einsamkeit und Kollektiv, Solidarität und Kampf. Von dieser lebendigen Natur ist der Mann nur ein Teil. Je mehr er den a nde r en Teil zerstört, je mehr er seine Umwelt, die außer ihm liegenden Kraftfelder ausbeutet und vernichtet, je sinnloser und kürzer wird sein eigenes Leben. Denn er ist nicht autonom, er ist so abhängig wie die Frau. Auch wenn ihm dies nicht so gegenwärtig, nicht ständig sinn- liche Erfahrung ist. Aber auch nur die Frau, die außer ihrer eigenen,auch die Abhängigkeit des Mannes und die der Kinder in einen neuen Sinnzusammenhang stellt, kann eine Politik ver- treten, die dem Patriarch nicht mehr mit An- passung und Schwäche, sondern Stärke entgegen- tritt. Und auch jeder Mann ist zu dieser Politik fähig, wenn er seine Stärke aus diesem Wissen, dieser Einsicht, die freiwillig auf Gewaltan- wendung verzichtet, gewinnt. Die Technisierung und die wissenschaftliche Entwicklung erlauben heute mehr denn je auch Gewaltanwendung sei- tens der Frauen - ob in kleinen Terrorgruppen oder in den atomaren Militätblöcken des Patri- archats. Die politische Entmündigung der Frau - verbunden mit einer minimalen Schonung bzw. eines Schutzes, den auch Kinder, Kranke und Greise im traditionellen Patriarchat mitunter erhielten, - geht ihrem Ende entgegen. Heu- te, im hochentwickelten modernen Patriar- chat, gibt es keine Instanz mehr, die die Ver- antwortung übernimmt, heute handelt nicht mehr nur die Ehefrau im Auftrag, sondern auch jeder Mann handelt auf Anweisung. Im Namen des Volkes wird heute Recht gespro- chen, die Interessen der Nation stehen auf dem Spiel, wenn man sich den Krieg er- klärt. Im Grunde waren die Nazis die letzten, die sich noch offen zum geschlechtsspezifi- schen Patriarchat bekannten. Die weiße Her- renrasse leitete ihre Kompetenz aus ihrer angeblich biologischen Überlegenheit ab. An- dere Rassen waren von minderer Qualität bzw. Untermenschen. Die Frauen der eige- nen Rasse behandelte man zwar nicht eben- bürtig, aber der Entzug von intellektuellen und politischen Rechten wurde bei ihnen in ge- wisser Weise durch Sonderrechte ausgegli- chen, z.B.wurdenpolitische Fehltritte nicht ganz so hart bestraft. So verurteilte Freis- ler die"dummen" Jungens eines Münchner Gymnasiums, die keine Anzeige wegen Hoch- verrats erstatten hatten, nachdem ihnen von der Flugblattaktion der Geschwister Scholl etwas zu Ohren gekommen war, mit einer höheren Gefängnisstrafe, "weil sie als Jun- gens eine höhere Verantwortung haben" als die drei gleichaltrigen "dummen Mädels" . 7 ) Diese "Milde" gegenüber den geistig an- spruchslosen und besonders angepaßten Frauen, kehrt sich allerdings sofort in ihre Gegenteil um, wenn die Frau Ebenbürtigkeit und Führungsansprüche anmeldet und Ge- waltanwendung nicht mehr im Auftrag des Mannes, sondern aus eigener Entscheidung vollzieht. Erst wenn die Möglichkeiten zur Gewaltan- wendung - ideologisch und technisch- Frauen und Männern gleichermaßen offenstehen, der Fausthieb durch einen Knopfdruck zu kom- pensieren ist, läßt sich die Frage beantwor- ten, ob es in Punkto Gewaltanwendung und Moral zwischen Frauen und Männern qualita- tive Unterschiede gibt. Auf diesem Gebiet aber mal aus dem Bereich der Mythen und Vorurteile herauszukommen, wäre sicher - sowohl für den Bereich der Wissenschaft wie den der Politik - förderlich. Was also tun? Der praktische Aspekt Auf einen kurzen Nenner gebracht, könnte ich sagen: v i e l lesen, zum Beispiel die 13 Ausgaben des FRAUENFORUM und die zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA 9 Aus- 17

Wie mimtfeet zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA Wir uns kt' Wer‚vnedestoy,swalii 491$ Diese Frage stand nicht nur oder erst bei der Podiumsdiskussion am 13. Februar 1980, ver- anstaltet von dem Frauenreferat des ASTA der Pädagogischen Hochschule in Münster, im Mittelpunkt. Sie beschäftigt - spätestens von dem Moment an, seit dem der Frau ein politisches Wahlrecht zugestanden (in der BRD nunmehr ab dem 18. Lebensjahr) wurde - jede politisch engagierte Frau. Im Unterschied zur Religion, die "man" vom ersten Atemzug an Säuglingen und Kindern (ob sie wollen oder nicht) ausprobiert, bzw. ihnen einzutrichtern versucht, ist P o 1 i t i k kein Pflichtfach, keine Pflichtübung in den Familien, Kindergärten und Schulen hierzulande. Besonders Mädchen werden während ihrer Sozialisation im Normalfall (in und außerhalb des Hauses) von Po- litik so fern gehalten, daß sie als Jugendliche und "Erwachsene" zwar Parteiprogramme und Gesetze formal lesen und politische Sendungen in den Massenmedien einschalten und politische Versammlungen inzwischen besuchen können - dieses Privileg besitzen immer noch nicht alle Frauen auf unserem Erdball und auch wir noch gar nicht so lange! - , sich aber in der Mehrzahl wie politische Analphabeten verhalten. Theore- tisch dürfen sie fast alle politischen Institutionen (bis aufs Militär, aber das Kampffeld will "man" ihnen auch bald öffnen) und Machtburgen hierzu- lande betreten, dennoch verliert sich nicht "die Distanz der Frau zur politischen Macht" (wie Helge Pross dies zu formulieren beliebte). Sogar die Frauenbewegung selbst macht seit 12 Jahren immer noch einen großen Bogen um die Politik des Pat riarchats. Aber die, die die politische Macht ausüben, kratzt es nicht, ob Massen indi- viduell oder kollektiv sich in Isolation begeben, es ist ihnen so gar sehr angenehm, wenn sie sich nicht einmischen, sondern weiterhin verplanen, ohne Aufsehen und öffentlichen Widerstand regie- ren lassen. Pubertäres Revolutionsgefasel ge- koppelt mit politischer Passivität in der Praxis, das ist das, was sie brauchen. Und so ist hin- sichtlich der politischen Kenntnis und politischen Strategie zwischen der breiten Masse der Frauen und den "Bewegungsfrauen" kaum ein Unterschied festzustellen. Die Ratlosigkeit oder auch Funk- tionsfähigkeit bei allen Wahlen ist die gleiche: frau wählt irrational (zum Beispiel nach den Wei- sungen des Pfarrers oder Äußerlichkeiten statt Politische Ziele und Inhalte), gar nicht oder kon- ventionell (d.h. nach den "rechts"-und"links" - Klischees des Patriarchats). Das wird nicht nur durch die Wahlergebnisse bestätigt, son- dern auch durch das Diskussionsniveau außer- halb und innerhalb der Frauenbewegung. Es zeigte sich besonders in den Reaktionen auf die neugegründete Frauenpartei bei der Sommer- Uni der Frauen 79 und dem Interesse, daß po- litische Themen bei Frauen auszulösen vermö- gen. So war zum Beispiel die Podiumsdiskussion in Münster als Gegenveranstaltung zu der am 28.11.79 am gleichen Ort stattgefundenen Po- diumsdiskussion "Grüne/Alternative Wahlbe- teiligung gegen Schmidt und Strauß", bei der frau sich trotz Delphine Brox (Die Grünen) und Beatrix Dirk (Frauenpartei) neben 5"linken Männern (u.a.Rudolf Bahro, Johanno Strasser (Juso-Bundesvorstand), Norbert Mann (Die Grü- nen), Alexander Schubart (Grüne Liste Hessen)) nicht wirklich vertreten bzw.an die Wand ge- drückt fühlte, geplant und durchgeführt worden. Die "Männer"-Veranstaltung hatte ca. 1000 in- teressierte, natürlich überwiegend studenti- sche Zurörer und Plenums redner, die Gegen- veranstaltung ca. 250 Frauen angezogen. Scha- de, daß Männer keinen Zutritt als Zuhörer hat- ten, denn es wäre von Interesse gewesen zu se- hen, wieviel Männer überhaupt erschienen wä- ren, wenn nur Frauen das Podium besetzen, und zwar die folgenden: Sybille Plogstedt, COURAGE , Ingrid Strobl, EMMA, Hannelore Mabry, DER FEMINIST, Eva Rath, FRAUENPARTEI, Petra Kelly, DIE GRÜNEN, Karin Hempel-Soos, SPD . Da die Standpunkte zur Bundestagswahl bei EMMA (Wahlboykott) und COURAGE (unent- schieden zwischen "Grünen" und "SPD", mit be- ginnendem Interesse bzw. Wohlwollen gegen- über der Institution "Frauen-bzw. Feministi- sche Partei" als Fernziel- ein schwacher neuer Ansatz, wie gesagt) veröffentlicht wurden und die der patriarchalischen Parteien eh zur Ge- nüge publiziert werden - bis auf den neuen hier von Karin Hempel-Soos eingebrachten Stand- punkt, daß die ASF (Arbeitsgemeinschaft So- zialdemokratischer Frauen) autonom und prak- tisch nicht mit der SPD identisch seil , bringen wir hier nur den ersten Diskussionsbeitrag von Hannelore Mabry zum Thema Wie verhalten wir uns bei der Bun- destagswahl 1980? Die gesamte Diskussion (erst Podium, dann 19

1 Dritten Welt schon Ansätze einer Frauenbewegung gibt, wird in Spanien die kaum gegründete FEMI- NISTISCHE PARTEI wieder verboten, wird in der ganzen Welt immer weiter aufgerüstet - nachrü- sten nennt man das jetzt - und in den Massenme- dien, und nicht nur da, wird der 3. Weltkrieg vor- bereitet. Frauen in die Bundeswehr, Frauen in die amerikanische Armee - und die Patriarcha- linnen rennen! Deshalb lautet meine Antwort auf die Frage, die hier zur Diskussion steht 'Wie verhalten wir - also Frauen ganz allgemein - uns bei den nächsten Wahlen?' : Wie immer Die überwältigende Mehrheit der Frauen verhält sich auch in Zukunft in der Familie, in der Aus- bildung, am Arbeitsplatz, in den Parteien, in den Kirchen und im Altersheim ant ife ministis ch , politisch privatistisch und verantwortungslos,nach unserer Definition 'patriarchalisch' . Denn unsere Definition von Patriarchat lautet: 'Das Patriarchat ist das System der Gewalt, das Herrschaftssystem, in dem das sog. Recht des Stärkeren (körperlich, intellektuell, ökono- misch) Gesetz ist.' Und die Frauen passen sich dem unkritisch an. Ja, sie bewundern noch Ehre Ausbeuter. Und was die Wahlen betrifft: ' Nur die dummen Kälber wählen ihre Schlächter selber!' Andern wird sich das erst, wenn Frauen - inner- halb wie außerhalb der Bewegung - die Ohrfeigen, die sie täglich erhalten, nicht mehr verdrängen: Also mit der Analyse des Patriarchats beginnen, die Geschichte und tägliche Praxis des Patriar- chats aufarbeiten! Mit dem Satz 'Das Private ist das Politische' wird zwar auf das Subjekt verwiesen, aber weder durch die Anerkennung dieses Sachverhalts noch durch seine häufige Wiederholung ändert sich das geringste an den objektiven Verhältnissen. Die Privaten wie öffentlichen Beziehungen bleiben pa- triarchalisch. Erst, wenn wir kapieren, daß wir uns nur im fe - ministischen Kollektiv individuell entfal- ten können, werden wir fähig sein, es zu organi- sieren. Nur so haben wir eine Chance, das Pa- triarchat eines Tages zu überwinden. Dann wissen wir, was 'wir' heißt - zum Beispiel Solidarität, gleiche politische Ziele! Und davon sind wir heute noch so weit entfernt wie vor 10 Jahren... Sicher, die Hauptschuld an der ungeheuren politi- schen Passivität und Resignation der Frauen, kön- nen wir dem Patriarchat selbst aufhalsen - dem Geschichte gewordenen' System'. Aber gerade weil die strukturelle Gewalt des Patriarchats so übermächtig ist, ist die Frage der Institutiona- lisierung und Organisierung des Feminismus die Kernfrage überhaupt. Denn, wie gesagt, es bleibt ein Faktum: Oppo- sition und kollektiver Widerstand wird den Frauen von Geburt an durch geschlechtsspezi- fische Erziehung und Arbeitsteilung, durch D oppelbelastung, erhöhte Abhängigkeit und Aus- beutung ausgetrieben. Nur eine Minderheit wagt unter solchen sozialen Bedingungen über- haupt den Kampf, setzt sich da noch für femi- nistische Inhalte und Ziele ein. Feministische Ziele können nur gemeinschaftliche sein. Sie stehen im Gegensatz zu den von'jedermann' anerkannten individualistischen, den auf Konkurrenz aufge- bauten, den eindeutig den Starken privilegieren- den. Marx nannte das, was wir ' feministisch' nen- nen: sich als ein 'gesellschaftliches Wesen' be- greifen. Wir können auch sagen Humanist wer- den, den anderen annehmen, achten. Generell heißt es: auf die Möglichkeit, den Schwächeren zu unterdrücken freiwillig verzichten - auf- grund von Einsicht und Liebe. Selbst Marx hat diese Stufe der Erkenntnis nur in seinen Frühschriften erreicht. In seinem ' reifen' Werk , dem ' Kapital' und den'Theorien über den Mehrwert ' ist er auch theoretisch wieder ins Patriarchat zurückgesunken. Das Kernproblem: die Humanisierung unserer se- xuellen, intellektuellen und ökonomischen Be- ziehungen hat er nicht bewältigt. Nun, kein Individuum, auch kein gesellschaft- liches Individuum' kann dies allein vollbrin- gen. Das ist von der Sache her unmöglich. Des- halb ist vor 2000 Jahren schon Jesus geschei- tert. Eine Gesellschaftsveränderung kann zwar von Einzelnen befruchtet und gestärkt, aber niemals ohne ein die Veränderung begehrendes und tragendes Kollektiv verwirklicht werden. So viel ist sicher, solange eine Frau oder ein Mann noch kein gesellschaftliches Individuum sein will, solange erst 'ich' , dann lange nichts kommt und das 'wir' insgesamt nebulös bleibt, haben wir es nicht mit Feministen, nicht mit Humanisten, nicht mit Sozialisten - oder wie immer wir gesellschaftlich engagierte Men- schen nennen mögen - zu tun. Solange bewegen wir uns im System des Patriarchats. Und innerhalb des Patriarchats wählen Frauen und Männer die ihrer spezifischen Sozialisa- tion und die ihrer spezifischen ' Verbildung' entsprechende patriarchalische Partei. Ob die- se dann noch mit dem Zusatz 'reaktionär ' , 'bürgerlich' , rechts' oder mit dem Prädikat ' fortschrittlich' , 'proletarisch' , links' und neuerdings mit 'grün' versehen wird, das ist für Feministen ziemlich unerheblich. Ziemlich 21

zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA FORUM DES FORVMS 22 veröffentlichte Günther Nenning im "Forum des Forums" (Sept. /Okt.1 979) leicht gekürzt die Kritik der Politik des NEUEN FORUM' s durch Hannelore Mabry (er- Schienen im FEMINIST 2/79: "Wir Männer sind Schweine") und Ingrid Brauns Leserbrief • alles versehen mit "trans- vestitischen Grüßen und mehr- fachem Bekenntnis zum "poli- tischen Pluralismus" seitens des Chefredakteurs. Es folgen nun Nennings Einschübe in den Mabry' schen Text (mit Seiten- und Zeilenangabe, wo die Stel- le im FE MIMST zu finden ist) • • . Nenning hat seine Ansicht offensichtlich re- vidiert, denn 1 979 ist er schon so weit, daß er einen männlichen Feministen nicht mehr ernst nehmen' kann." (S.2, rechte Spalte, letzte Zeile) nistische Sekretärinnentreffen in Frankfurt 1 979 im NF unter dem Titel "Frauengewerk- schaft - Warnschild vor einer Sackgasse" (S.8, linke Spalte, 11. Zeile von unten fortlaufend) elisabeth kmölniger (Weil die Anfangsphase vor- bei ist, Frauenbefreiung das Werk der Frauen selbst sein kann. —G. (Ich halte die Frauengewerk- schaft für notwendig, bin aber für Pluralismus im NF. — G. N.) 'Dreist unterschiebt er unserer Zeitschrift heu- te ein Blatt 'von Frauen für Frauen' zu sein! sicher, das ist die Intention von EMMA. Es steht zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA In jeder EMMA, sie sei eine Zeitschrift 'für Frauen von Frauen' ." (S .3, linke Spalte, Zeile 11.) Immerhin! Ein erstes Zeichen von Neugier und Gesprächsbereitschaft, wenn nicht gar Solida- rität. So sehen wir dem angekündigten Besuch Günter Nennings in unserer Redaktion mit ech- tem Interesse entgegen! (Lese ich nicht, wußte ich nicht. — G. N.) Maskuline Grammatik ...in der Frauenredaktion des NF wird das Patriarchat als Strukturelement der Ge- sellschaft einerseits abge- stritten und andererseits als Unabänderliche Naturkonstan-i te erfahren und dargestellt." (2.5, letzte Zeile, S.6 f.) s was Heidi Pataki damals chrieb, hielt und halte ich für falsch. Gerade darum hab ich's ver- rfentlicht, als Gegenmeinung im nksPluralistischen — G. Zu unserer Kritik an Ingrid Strobl:"ach trendbewußte jun- ge frau - zur neuesten philo- s°Phie des feminismus"(5 .6) (Ich bin mit Ingrid Strobl nicht :Inverstanden. Gerade darum " 6 ich's veröffentlicht im links- lur alistischen NF. — G. N.) end Zu unserer Kritik an der Dolltischen Position des Be- richtes über das erste femt- Sehr geehrter Herr Nenning, Ihre Antwort im NF Juli/August 1979 auf den Leserbrief von Frau Mabry von der Zeitschrift Der Femi- nist hat mir ernste Sorgen um Ihre Gesundheit gemacht. In Ihrem Brief häufen sich näm- lich Zeichen geistiger Verwir- rung. Sie scheinen sich für eine Frau zu halten, nennen sich „die" Feminist, (wobei Sie die Endung „in" verges- sen), kürzen den Vornamen von Frau Mabry falsch ab (A. statt H.) und kennen den Begriff „der Feminist" nicht, obgleich schon im Lexikon von 1910 steht: „Feminist = Frauenrechtler". Dann verwechseln Sie auch noch die Untertitel von Emma und dem Feminist. Statt richtig zu zitieren: „Bei- träge zur Theorie und Praxis", schieben Sie dem Feminist die Emma-Devise unter: „Zeit- schrift von Frauen für Frauen". So kommen Sie zu dem Urteil, die Zeitschrift Der Feminist nicht ernst nehmen zu können und geraten dadurch in Gegensatz zu allen seriösen Presseleuten . Noch dazu ist Ihre Begrün- dung, warum Sie die Zeit- schrift nicht ernst nehmen können, so eigenartig läp- pisch, nämlich daß der männ- liche Artikel Der Feminist Sie störe. Das erinnert fatal an den Jargon mancher Frauenzen- tren, die so männerfeindlich sind, daß sie nicht mal in der Grammatik etwas Maskuli- nes ertragen können. Ich kann mir einfach nicht vor- stellen, lieber Herr Nenning, daß Sie bei voller geistiger- Gesundheit auf so ein er- schreckend niedriges Niveau abgesunken sein sollten ! Bitte, folgen Sie meinem Rat — falls die Selbstkritik bei Ihnen noch nicht ganz erlo- schen ist —, suchen Sie recht bald einen Arzt auf. Wenn Sie den Weg nach München nicht scheuen, bin ich gern bereit, Ihre Behandlung zu übernehmen. Ingrid Braun Ärztin - Psychotherapie D-8 München 60 Am Nymphenbad 6 Mit trans- vestiti- schen Grüßen Liebe Kolleginnen Feministen, ich halte schon aus, daß ich mich nicht oder kaum vertei- dige, sondern einfach Eure Briefe abdrucke. Es ist eine eigenartige männliche Lust, ausnahmsweise einmal still zu halten. Dieser- und sonsti- gerhalben werde ich mich gewiß in Eure Redaktion und Ordination begeben, wenn ich in München bin. Jedenfalls freut sich das NEUE FORVM, gemischt pa- triarchalisch-feministisch wie es ist, wenn es der Frauenbe- wegung helfen kann, durch Abdruck Eurer Briefe. Mit transvestitischen Grü- ßen bin ich Eure Schwester Günther Nenning 23

Jungfeministin! Wir wollten das Plenum nur kurz über die Machenschaften des Präsidi- ums und Petra Kellys informieren, die alles getan hatten, um die 3 Minuten Rederecht zu verhindern! Keine einzige Frau der Grünen hatte ein Wort f ü r uns, für Vertreterinnen der Frauenbewegung, eingelegt; denn die Wahl für den Bundesvorstand stand ja noch aus - wer macht sich da schon gerne unbeliebt? Als wir das Mikrofon also einzig für eine kur- ze persönliche Erklärung erbaten und mit un- seren Transparenten belagerten, brauchten die männlichen Parteistrategen die Polizei gar nicht zu rufen - sie haben sie längst in ihren eigenen Reihen: eine junge, aber kräftige und energi- sche "grüne"Frau des Präsidiums nahm die Sa- che gleich selbst in die Hand. Sie ergriff erst Hannelore Mabry, dann Solveig Senft und hob sie gewaltsam vom Podium. Da war frau nicht zimperlich, da zeigte man,wozu man Frauen gegenüber in der Lage ist! Ein "grüner"Mann packte Solveig und entriß ihr unser Transpa- rent.Er wurde gewalttätig, weil er den Slogan: "Hinsichtlich der Frauenfrage ist man hier noch ganz grün hinter den Ohren!" nicht mehr ertrug. Das wäre ja gelacht, mit so ein paar Frauen, die da wagten 3 Minuten sprechen zu wollen, da wurde man doch noch fertig. Wo kä- me man denn da hin. Da funktionierte der weib- liche Saalschutz- und wenn nötig, dann eben auch gewaltsam. Denn,das weiß sogar jede "grü- ne" Frau: hinter FEMINISTEN steht niemand - keine Organisation, keine Presse, keine Einig- keit unter den Schwachen. Auch bei Wahlen gibt's da nichts zu befürchten. Die kann man behan- deln,wie man will - als Frau oder Mann, da braucht man an seine Karriere nicht zu denken, im Gegenteil! Wenn man Feministinnen mies behandelt, da weiß man sich wenigstens mit der Mehrheit einig. Für Feministinnen brauchen die "grünen" Frauen nicht Partei zu ergreifen. Und was die Frauen betrifft, die Wählerinnen, für die hat man ja einiges schon in' s Programm ge- bracht! Hinsichtlich dem § 218 haben sich die linken Männer sogar besonders ins Zeug gelegt: der §218 muß weg ! Und das war's doch, worum es der neuen Frauenbewegung ging - oder? Uns geht es um mehr. Und einiges davon haben wir sogar in Frankfurt und Karlruhe auch noch anbringen können. Und durch unseren "Kampf von außen" haben wir sogar die Satzung (hin- sichtlich der Empfehlung, alle Gremien mög- lichst paritätisch in punkto Geschlecht zu be- setzen) und das Programm (zumindest was die Änderungsanträge angeht) beeinflußt. Die Lage ist also wie üblich äußerst schwierig, aber nicht hoffnungslos ! Aber informiert muß frau sein... Rede Hannelore Mabrys, gehalten auf dem Beratenden Kongreß der Bunten und Alte rna- tiven in Frankfurt am 14.Dez.1979: Mein Name ist Hannelore Mabry. Ich gehöre zum "Förder- kreis zum Aufbau der Feministischen Partei". Ich bin auch kein POLIT-PROFI - wie das ein Vorredner bereits beton- te. Ich bin aber ein STRASSEN-PROFI - insofern, daß ich mit unserer Gruppe in München alle 14 Tage auf der Straße versuche, Feminismus an die Bevölkerung weiterzugeben. Und unsere Arbeit ist nun inzwischen 10 Jahre alt. Wenn hier die Frauenbewegung säße, die ja hier nicht sitzt, dann würde ich bestimmt schon einige Pfiffe geerntet haben, weil ich zu de r Richtung in der Frauenbewegung gehöre - und zwar seit der ersten Stunde - , die mit Männern Feminismus machen möchte. Das wird weder von Frauen noch von Männern bis jetzt gewünscht. (Beifall) Dennoch bin ich nach 10 Jahren immer noch guter Hoffnung, daß es vielleicht in 100 Jahren mal möglich wird. Und des- halb bin Ich auch mit einigen aus unserer Gruppe aus Mün- chen gekmmen. Ich muß Euch sagen, daß ich mir viele Gedanken gemacht habe über die Frage "Linke/Grüne/Frauenbewegung" - schon seit einigen Jahren. Anfangs gab' s zwar die "Grünen" noch nicht. Die haben uns übrigens die Farbe geklaut. (La- chen) Denn wir Feministen hatten die Farbe grün schon 1971 gewählt - von wegen Hoffnung. Unsere Zeitschrift FRAUENFORUM - das war die erste, die wir gemacht ha- ben -, erschien schon mit grünem Kopf. Und heute machen wir eine Zeitschrift, die schon durch ihren Titel alle Leute ärgert: Sie heißt "DER" FEMINIST. Und daß wir wirklich Basisarbeit machen, zeigt sich daran, daß wir sogar mit der Philosophie auf die Straße gehen (Mabry hält die Zeitschrift DER FEMINIST mit dem Titel "Alle sind zur Philosophie berufen" hoch), weil wir der Meinung sind, die ist genauso nötig wie das Brot! Ich habe mir auch den Programm- Entwurf der GRÜNEN angesehen. Nicht nur den Programm- Entwurf, wir sind auch zu etlichen Versammlungen der Grünen in München gegangen. Und ich habe in dem Programm-Entwurf zwei Dinge bemerkt, die ich hier einmal etwas grundsätzlicher angehen möchte. Es handelt sich um die Grünen und ihre Einstellung zur Frauenfrage. Ich kann dazu nur folgendes sagen: ein Programm-Entwurf, der sich als Alternative zum bestehenden System anbieten will und in dem weder das Wort "Patriarchat" noch das Wort "Feminismus" zu finden ist, und in dem als politi- scher Gegner außer dem Großkapital und den Banken nie- mand genannt werden darf, der ist für mich im politischen Bewußtsein nicht "vorne", sondern noch immer sehr weit "hinten". (Beifall) Denn im Vorwort zum Programm-Entwurf war zu lesen, daß die Grünen - ich zitiere - "für ihr Gefühl weder links noch rechts, sondern vorne stünden". Nun, ich habe gar nichts dagegen, wenn man in der Politik außer seinem Ver- stand und seinen politischen Erfahrungen auch sein Gefühl mit einbringt. Jedoch für was und für wen und w ie - das scheint mir die eigentlich entscheidende Frage zu sein. Und für mein Gefühl und für mein feministisches Po- litikverständnis, und nicht zuletzt auch aufgrund der Äuße- rungen der "Linken" und "Bunten" und "Grünen", die hier heute gefallen sind, werde ich das Gefühl nicht los, daß die Frauen bei den Grünen genausowenig eine Hoffnung oder Chance haben wie bei Irgendeiner etablierten Partei patriarchalischer Machart, die wir bereits haben. Es ist dann eben die 4. patriarchalische Partei! (Beifall) Nicht nur in der Praxis der Grünen beherrschen Techno- kratie, Konkurrenz, Machtkämpfe nach dem Gesetz der Stärke, der Gewalt, weiterhin die politische Szene. Leider ist diese Praxis auch innerhalb der sogenannten Linkenund Bunten und selbst innerhalb der neuen Frauenbewegung noch an der Tagesordnung. Auch da sind diese "Verkehrs- formen" - das ist ja der moderne Ausdruck heute - man könnte auch Verhaltensweisen sagen, bis jetzt nicht aufze- 25

über ändern. (Zwischenruf eines Mannes:"Jederzeit!", Zwi- schenruf einer Frau "'Halt die Klappe dahinten!") Nur durch ein kritisches Aufarbeiten der politischen Erfah- rungen der alternativen Bewegung der letzten 10 Jahre - und dazu rechne ich alle Bewegungen, die seit der Studen- tenbewegung versucht haben, gegen dieses System - die einen nennen es Kapitalismus, wir nennen es Patriarchat - anzugehen, - kommen wir weiter. Es muß ein Lernprozeß möglich werden, der die Frauenbewegung, die Linke und alle anderen Bürgerinitiativen wirklich zusammenführt. Nach den bisherigen Verlautbarungen der Grünen - da bin ich also mit meinen Vorrednern völlig einig - haben die Grünen aber bis jetzt noch keine praktischen Beweise und auch kei- ne theoretischen Arbeiten geliefert, die zeigen, daß sie die- ses kritische Aufarbeiten der Vergangenheit in Angriff ge- nommen hätten. Deswegen der Schluf3satz : Die Grünen könnten eine Hoffnung für die Frauen sein, wenn sie sowohl in Ihrer Analyse wie in ihrer Praxis weiterstoßen würden als nur bis zu den Symp - tome n des Patriarchats: der Vernichtung allen Lebens durch Größenwahnsinn - statt Einsicht in die Abhängigkei- ten! Stärke "an sich" ist keine humane Qualität. Sie wird es erst, wenn sie für und mit dem Anderen, mit dem Schwächeren zusammen eingesetzt wird. sen der Grünen aus - das sie gegenüber Frauen ja ver- ständlicherweise auch haben müssen - , nur,um ihrer Fraktion noch ein weiteres Plus zu verschaffen. So einen üblen Kuhhandel machen die Frauen heute immer noch mit! Weder die "Linke" noch diese junge Frau schämen sich mit der Sache der Frauen reines Schindluder zu trei- ben - und das nach 10 Jahren Frauenbewegung! Wir könnten noch zahlreiche andere Beispiele für den Antifeminismus der Grünen, der sogenannten Alter- nativen, nennen, aber ich habe nur wenige Minuten Rede- zeit und da möchte ich etwas Grundsätzliches zu dieser neuen Partei und zur Sache der Frauenbewegung sagen. Und zwar: Welche Chancen haben Frauen im Patriarchat? Falls Sie noch Schwierigkeiten mit dem Begriff "Patriar- chat" bzw. der Anerkennung dieses Tatbestandes haben sollten, empfehle ich, sich die Lektüre des FEMINIST Nr. 2/79 an unserem Stand draußen zu besorgen - speziell den Artikel "Zur Theorie des Patriarchats". Also, welche Chance haben Frauen im Patriarchat? 1. Sie können eine individuelle Karriere versuchen als Alibifrau, als Patriarchalin oder 2. sie entscheiden sich für den kollektiven Weg, d.h. sie bauen eine starke politische Frauenlobby auf, die ih- nen Mandate und Vorstandspositionen sichert. Rede Hannelore Mabrys, gehalten auf dem Gründungskongreß der Partei DIE GRÜNEN in Karlsruhe am 13.Jan. 1980: (Die in Klammern stehenden Passagen waren zum Teil ent- fallen bzw. wegen des Tumults und den laufenden Störungen nicht zu verstehen) Vor 170 Jahren schrieb Charles Fourier: "Der soziale Fortschritt und der Übergang von einer Periode zur anderen erfolgt auf Grund der Fortschritte in der Befreiung der Frau, und der Niedergang der Gesellschaftsordnung wird durch die Abnahme der Freiheit für die Frau bewirkt." Ich mußte seit gestern leider feststellen, daß dieser Er- kenntnis- und Bewußtseinsstand bei der Mehrheit der "Grü- nen", "Bunten" und "Alternativen" nicht annähernd erreicht ist. Dieser Sachverhalt steht selbstredend ineinem engen Zu- sammenhang mit der totalen Abwesenheit der Frauenbewe- gung bei dieser Parteigründung. Denn bis auf unsere Grup- pe, die an sich - und seit 10 Jahren - bereit ist, mit Män- ne r n das Patriarchat abzuschaffen und für den Feminis- mus zu kämpfen und die auch nicht generell gegen Partei und Parlament votiert, ist nur Sybille Plogstedt von der COURAGE gekommen. Die sogenannte "autonome Frauen- bewegung" verweigert sich, hat sich in die Isolation bege- ben. Wenn man allerdings die letzten 15 Stunden miterlebt hat, kann man diese Haltung verstehen. Es ist ein Trauer- spiel, was hier seit gestern abläuft! Warum? Weil die Lösung der Frauen-,der Mütterfrage in einer Pa- triarchenschlacht um die Macht immer auf der Strecke blei- ben wird. Konkret - ein Beispiel: Es ist ein Vorfall, der sich gestern früh zutrug und den Ich einfach entwürdigend fand. Eine Schande! Wie jeder aufmerksame Beobachter und erst recht jeder Eingeweihte weiß, fanden am Samstag morgen zwi- schen den Vertretern der "Alternativen" und der "Bunten" bzw. der GLH -Gruppierung heftige Fraktionskämpfe statt. Die beiden rivalisierenden Gruppen hatten ihre Sprechzeit bereits voll ausgenutzt - jeweils drei Redner jeder Frak- tion - , um ihren Antrag zu begründen. Da landete (wenn ich mich recht erinnere,war es die "Bunte",Hamburg)die eine Fraktion plötzlich einen neuen Coup! Mit dem schlich- ten Argument: "Es müsse hier auch endlich eine Frau mal was sagen dürfen", begehrte sie eine weitere Minute Rede- erlaubnis. Wie naiv frau noch immer ist - ich dachte erst wirklich, die Frau wolle aus feministischer Perspektive dazu noch Stellung beziehen. Weit gefehlt! Mit diesem Schachzug trixten die linken Strategen das schlechte Gewis- , teils nicht zu verstehen) Als Alibifrau - und das ist der Haken - verrät sie die Sache der ungelösten Frauenfrage und schafft es außerdem auch meist nur bis zum Mittelbau der Macht zu kommen, (durch Tumult und Unruhe waren die nächsten 8 Sätze teils entfallenzyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA (und der zweite Weg, die Bildung einer kollektiven Frau- enmacht, der läßt sich durch die soziale Situation der Frauen im Patriarchat überhaupt nicht realisieren. Der Grund: Die Arbeitsteilung nach Geschlecht erlaubt praktisch keine politische Frauen- emanzipation! Deshalb, weil dies den Grünen offensichtlich immer noch nicht klar ist, machen wir hier auch nicht mit,und ich liefere Ihnen auch keine Schlußpointe wie Bahro gestern: Ich trete als Feministin in diese Partei nicht ein! Rudolf Bahro hat allerdings - wie wir schon längst vor Ihm - den Marxismus In mehreren Grundpositionen in- zwischen über Bord geworfen. Er tat es wegen der ökolo- gischen Probleme, und wir taten es wegen de r U r s a - chen der ökologischen Probleme. Die kata- strophalen Umweltverhältnisse, Atomkraft und Atomwaf- fen etc., das alles sind für uns historisch gesehen die letzten Ausprägungen des Patriarchats. Denn, wie auf unseren Transparenten hier zu lesen ist: Überleben wol- len reicht nicht, das wollen auch Schmidt und Strauß! Ohne sich um die Ursachen - also Kapitalismus und Pa- triarchat - zu kümmern, wird man in diesem System nicht mehr überleben können; denn das System ist in sich mörderisch!) Feministen wollen wirklich eine Alternative, eine System- änderung, eine feministische Kultur. Aber diese errei- chen wir nur, wenn außer den Frauen auch eine große An- zahl Männer Fe m I ni sten werden ! Männer müssen den Frauen und Müttern fre iw i ll i g Sonderrechte, Pri- vilegien, einräumen - in der Satzung, im Parteipro- gramm, beider Besetzung der Führungspositionen. Denn: Gleiche Rechte für Ungleiche,die hier immer noch gefordert werden, heißt, die Unterdrückung zu verewigen ! Diese Ansicht vertreten wir. Wir for- dern Mitarbeit, ja vollen Einsatz von Männern ! (Durch neuerliche Tumulte und das Taktieren des Präsi- diums z.B. Ausschaltung des Mikrofons etc. waren die Schlußsätze wieder nicht mehr zu verstehen) (Mit Männern den Feminismus voranzutreiben ist, wie erwähnt und bekannt, nicht die Strategie oder Ansicht der "autonomen Frauenbewegung", die deshalb hier auch nicht vertreten ist. Die will weder von den Grünen, noch von irgend einer anderen Partei etwas wissen. Sie lehnt 27

reic ht Dieses Photo wurde von CrJr, zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA der Frauengruppe der n‘c Pädagogischen Hoch- Aw(h3(firrse schule in Münster - und Straw? anläßlich der Posiums- wollen 1; bfr P' disk-ussion "Wie verhal- ( eben 1 ten wir uns bei der Bun- destagswahl 1980?" (Siehe Seite 19-22) an unserem Infostand auf- genommen. h zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA tk, den !f\U(.11"91511" C-runen warden als die Trauen zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA .k1 nebniOffSpruCh. gtriarchat wird auch von dieser 'Partei ntcht entinochtel. If l • Earidett Hinsici,ti,ch der fratkenfrage ist "n hier noch 34n3 kirter den ° IE GRfi ENC ÖKOLOGISCHEtASISDEMOKRATISCH SOZIAL6EWALTFREI zu überspringen, dann bitten wir Euch,einen Antrag für die Einfügung eines § 218 a (für Männer) im Bundestag einzu- bringen. Dieser § 218 a soll eine Bestrafung der Männer zum Ziel haben, die Frauen schwängern, ohne sie vorher um Erlaubnis gebeten zu haben (in wie außerhalb der Ehe). Ein weiterer Punkt: In Eurem Parteiprogramm ist von Er- ziehergeld, Teilzeitarbeit, Babyjahr und von Tagesvätern die Rede - selbstverständlich wahlweise für Männer und Frauen. Wie diese Wahl ausfällt im Patriarchat ist ja jeder und jedem wohlbekannt: Wir sehen die Herren förmlich in diese unterbezahlten Jobs rennen! Erziehergeld fordert ja auch seit geraumer Zeit der Kanzler- kandidat Strauß. Vielleicht bietet er sich deshalb - wir mei- nen wegen Eures reformistischen Familienprogramms - jetzt auch als Koalitionspartner an? Unsere Empfehlung, wie Ihr solche Koalitionspartner schnell Wieder abhängen könnt: Übernehmt ein paar Punkte aus un- serem feministischen Familienprogramm! übrigens: Eines Tages hinsichtlich der Arbeitsteilung nicht mehr Wahl-, son- dern Pflichtprogramm! 1. "Lohn für Hausarbeit" bis das Fernziel 2. der 4-5 Stunden- Arbeitstag für Männer und Frauen außer Haus und 3 Stunden Sozialarbeit im Haus od. in Heimen (Dienstverpflichtung) erkämpft ist. 3. Zur Bezahlung auf dem außerhäuslichen Arbeitsmarkt: Gleicher Lohn für alle. 4. In Punkto "Sexualität" fehlt Euch auch noch was im Pro- gramm: und zwar die Abschaffung der Prostitution. Wir sind guter Hoffnung, daß Ihr unsere Empfehlungen wie- der überprüfen werdet. "Feministische Wühlmäuse" - unterschätzt das nicht! - liefern den richtigen politischen Dünger für eine humane Ökologie, für Gewaltfreiheit und für Antimilitarismus. In dieser Hinsicht bieten wir unsere Bereitschaft zur Zu- sammenarbeit auch für die Zukunft an - unter der Devise: So viel Kampf wie nötig, so viel Solidarität wie möglich! 29

uns gelesen und mit uns diskutiert und uns er- lebt haben - ein solcher Überläufer werden. Und im Hinblick auf diese Hoffnung würden wir uns sehr freuen, wenn wir noch vor dem Grün- dungskongreß der "Grünen Partei" in Karlsru- he von Ihnen hören würden (bitte an die Adres- se des FEMINIST , da immer besetzt!). So, wie es bis jetzt aussieht, starten die "Grünen" wie alle bisherigen patriarchalischen Parteien ohne den Feminismus ernst zu nehmen. In der Theorie finden sich nur schwache Spuren und in der Praxis gar nichts mehr davon. Die weni- gen feministischen "Linken" oder "Grünen" oder "Alternativen", zu denen wir Sie, lieber Rudolf Bahro, zumindest theoretisch aufgrund Ihrer Überlegungen in der ALTERNATIVE rechnen, sollten deshalb den Weg zu Femini- sten suchen. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und uns und allen Menschen, die für mehr Humanität und Emanzipation und gegen Unterdrückung und Aus- beutung, gegen Gewalt und Terror kämpfen, ein gutes und erfolgreiches 1980! Solidarische Grüße vom FFP gez. Hannelore Mabry Ursula Sattler Ingrid Braun Dr. Christie Warnke Franziska Keil z. Z. Malcesine, 18.1.80 Liebe Hannelore Mabry Ich wende mich der Einfachheit halber an Sie, obwohl man mir zu fünft geschrieben hat, weil wir uns nun schon kurz gesprochen haben. Gründlich ansehen konnte ich die Zeitschriften noch nicht, obwohl ich schon etwas gelesen ha- be, d. h. etwas mehr gelesen habe als Ihre Frankfurter Rede und die Rezension. Ich bin bereit, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, und zwar eher auf längere als auf kürzere Sicht, weil die Probleme immer dann, wenn sie auf- grund ihrer Struktur und ihrer Einordnung in die Gesamtgeschichte nicht u nm i tte lba r gelöst werden können, theoretisch bewältigt werden müssen, wenn man Wege zu ihrer prak- tischen Lösung sucht. Die Zusammenarbeit wird - aus meiner Sicht nach dem Lesen Ihrer Texte - nicht leicht, weil ich aus allem entneh- me, daß Sie präventiv auf Enttäuschung warten und Bedingungen stellen, z. T. in völliger Fehleinschätzung der Möglichkeiten. Ich nehme das nicht subjektiv, ich hätte zu Ihnen zu kom- men statt Sie zu mir - dann würde ich darüber lachen, daß man so was sagen kann, und nicht etwa, weil ich nun hoffärtig der umgekehrten Meinung bin. Sondern: Wer ist "wir" an dem Punkt, "an dem wir heute angelangt sind"? Das sind S i e , Hannelore, Sie und die wenigen Men- schen, die ebenso denken. Und Sie machen psychologisch denselben Fehler wie theoretisch: sie arbeiten monothematisch und nehmen nur wahr, was entweder mit Ihrem Problem konver- giert oder mit ihm divergiert. Was ich Ihnen jetzt erst mal sage, hätten Sie - Sie mit Ihrer theoretischen Fähigkeit! - aus meinem Buch herauslesen müssen: daß ich nämlich das Patriarchat zwar für belagerungsreif, aber nicht für sturmreif halte. Wer jetzt zum Sturm an- tritt, wird sich - ins Psychologische übersetzt- blutige Köpfe holen. Der handelt aus einem sub- jektiven Recht und Müssen, das die Analyse der Tatsachen scheut, weil herauskommen könnte, man müßte sich einer Taktik bedienen, an die man nun halt mal aufgrund seines persönlichen Sozialisationsschicksals nicht angepaßt ist. Da- her möchte man die Gründe gar nicht erfahren, die der eigenen Psychomotorik in die Quere kommen könnten. Ich bin - bei einem insgesamt am geotektonischen Modell orientierten Ver- ständnis des Verhältnisses zwischen Gesell- schaftsformationen - davon ausgegangen, daß das Patriarchat die älte s t e Schicht der Herr- schaftsverhältnisse ist, noch ä l t e r als die Verhältnisse der alten Arbeitsteilung und des Staats, die auf dem Gegensatz körperliche - geistige Arbeit aufbauen. Und ich bin davon aus- gegangen, daß die Herrschaftsverhältnisse min- destens tendenziell na c h e i na n d e r abgeräumt werden, so wie sie nacheinander aufgebaut wur- den. Hier also zuerst der Kapitalismus, dann die alte Arbeitsteilung, dann erst - nämlich mit dem Leistungsprinzip, sofern dieses ans Ver- sachlichen, ans Objektschaffen gebunden ist - das Patriarchat. Wahrscheinlich wird dies - er- freulicherweise, und man muß dafür kämpfen - kein mechanisches Nacheinander, aber ans Ende kommen wird man mit dem Patriar- chat zuletzt. Es ist deshalb eine völlig illuso- rische Strategie von Ihrem eigenen Anliegen her, diejenigen, die am Abräumen der jüngeren Schichten der Herrschaftsverhältnisse arbeiten, z u e r s t danach zu fragen, wie sie es mit dem Patriarchat halten. Hätten Sie Masseneinfluß (Sie haben keinen), so würden Sie auf solche Weise nur dazu beitragen, den Endkampf gegen das Patriarchat hinauszuschieben. Feststellen, daß Marx persönlich autoritär und patriarcha- lisch war (rein zufällig war' s Engels etwas we- niger), heißt Eulen nach Athen tragen. Man kann es auch lassen, weil es sich nämlich im 31

müssen eben Männer, die gesellschaftskritisch "auf der Höhe der Zeit" argumentieren wollen, sich mit unseren Analysen beschäftigen, und das ist nach wie vor von mir ganz ernst gemeint, tat- sächlich zu uns kommen, wenn Sie nicht Theo- retiker und Praktiker des Patriarchats bleiben wollen. Auch wenn Sie im Augenblick noch der Ansicht sind, sich durch solch' ein Verhalten zur "de- voten Spottgeburt" zu erniedrigen (eine nicht im Dienste des Patriarchats stehende Wissenschaft und alle Feministen werden Sie ganz anders bewerten!), führt kein anderer Weg zu Solidari- tät zwischen Männern und Frauen. Menschen, die den Feminismus p o l i t is c h verstehen, interessiert weniger, welchen Ge- schlechts ihre Verbündeten sind, sondern für w e n und w i e sie Partei ergreifen: für den Schwächsten, den Ausgebeutetsten - oder für den Herrschenden, für die Arbeiterin - oder für den Arbeiter, für Mutter und Kind - oder für den Mann, für die "Vergessenen" (bei Bunuel sind es die Kinder, die Frauen und das Lumpenproletariat) - oder für die patriarchali- sche"Linke", für uns "rechts" stehende Kulturprominenz. So viel mir berichtet wurde, waren Sie während unserer Protestaktion in Karlsruhe und meiner kurzen Rede nicht im Saal. Ich erlaube mir des- halb Ihnen eine Kopie davon beizufügen, da die Presse hierzulande derartige Aktionen auch un- terschlägt. Wir wissen nicht, wie es uns Feministen in Saar- brücken am Wochenende ergehen wird, wo wir gern vor der Diskussion zum Programmpunkt FRAUEN 2 - 3 Minuten Rederecht eingeräumt bekommen möchten. Vielleicht können Sie unser Vorhaben unterstützen, da die GRÜNEN von sich aus bis zum heutigen Tage keine Diskussions- und Bündnisbereitschaft der neuen Frauenbewe- gung gegenüber erkennen ließen? Sie rechnen da- mit, daß wir sie trotzdem wählen. Das wissen Wir wohl. Ich würde mich freuen, wenn sich in Saarbrücken die Möglichkeit eines Interviews mit Ihnen für den FEMINIST 1/80 (erscheint im Mai) einrich- ten ließe, da einige Vorstellungen, die Sie in Ihrem Brief vom 18. 1. 80 erwähnten - z. B.die These, daß wir mit dem Abbau "der zuoberst liegenden" oder "der jüngeren Schichten der Herrschaftsverhältnisse" beginnen müßten -, uns äußerst befremdet haben. Daß die "älteste" Schicht der Herrschaftsverhältnisse, also das Patriarchat, zuletzt abgeräumt werden s oll, ist zwar eine These aus der Mottenkiste des patriarchalischen Sozialismus, wir hatten sie aber bei Ihnen nicht mehr vermutet und ich kann mich auch trotz gründlichen Studiums (al- lerdings 1978) Ihres Buches an ein "geotekto- nisches Modell", von dem Sie jetzt sprechen, nicht erinnern. Die "Lehre von den allgemei- nen Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung der gesamten Erdkruste" (Fremdwörter-Duden) läßt sich nach meinem Dafürhalten noch weit weniger als die Studien über Graugänse (Lo- renz) zur Analyse zwischenmenschlicher Ver- haltensweisen und politisch-ökonomischen Ent- wicklungen, die sich seit Adam und Eva ereig- neten , heranziehen. Da versuche ich doch lie- ber die Entwicklung anhand der Ausbeutung der Arbeitskraft seit der Urhorde aufzuzeigen und etwas Licht in das Dunkel patriarchalischer Gewaltanwendung zu bringen. Denn Frauen werden nicht von der Wasserkraft erdrückt oder von den Lavamassen eines Vulkans an ihrer Entfaltung gehindert, sie wurden und werden von ungebildeten wie gebildeten Män- nern unterdrückt. Aber zur soziologischen Analyse des Patriar- chats und den Möglichkeiten es politisch ab- schaffen zu können, hoffentlich in Saarbrücken etwas ausführlicher . Wir hoffen., auch wenn die Zusammenarbeit für beide Seiten sicher nicht ganz einfach ist (bei der theoretischen Kluft, die da noch zu klaffen scheint), auf praktische Solidarität. Denn von wo aus auch immer der Anstoß zu mehr Humanität kom- men mag, Hauptsache er kommt! In diesem Sinne freue ich mich auf den näch- sten Versuch - Ihre Hannelore Mabry Noch eine Ergänzung zu meiner Rezension der ALTERNATIVE (siehe "Der Feminist", Nr. 1/78, S.30-32): Die Ansichten Rudolf Bahro' s, geäußert - während unseres kurzen Gesprächs auf dem Parteikongreß der GRÜNEN in Karlruhe - in dem Brief vom 18.1.1980 - in seinem Artikel "Gegen das falsche Spiel" (veröffentlicht in der Zeitschrift "Die Grü- nen"vom 2.2.1980) und anderenorts, haben mich derart irritiert, daß ich mir er- neut sein Buch vorgenommen habe. Wie konn- te ich nach der ALTERNATIVE zu dem (Trug-) Schluß gelangen, Bahro sei bereits auf dem Wege zum Feminismus, nur in der Wortwahl trenne uns noch einiges? Diese Hoffnung schien nach seinen neuen Verlautbarungen völlig aus der Luft gegriffen zu sein. War ich 33

aktiv zu werden, "an der Synthe s i s des Ge- schichtsprozesses teilzunehmen": "Das Fort- schrittsproblem besteht niemals hauptsächlich darin, günstige Entwicklungsbedingungen zu vernichten, nur weil sie Privilegien sind, son- de rn sie zu verallgemeinern" .(S. 1 74) Marx' These, daß der Mehrwert, die Wert- substanz, über die Aneignung fremder Arbeits- zeit (Arbeitskraft gemessen in Zeit) erpreßt wird, führt Bahro weiter aus. Ja, er gibt die- se Art der Ausbeutung eindeutig auch für die Länder des real existierenden Sozialismus zu: "Die Partei- und Staatsbürokratie verhält sich insofern kapitalanalog, als sie sich von dem Bestreben leiten läßt, sich abstrakte Arbeit, 1Vlehrarbeitszeit, Wertsubstanz anzueignen, um ihr geballtes Gewicht als Herrschaftsmittel zu benutzen. Der Zweck ist hier natürlich nicht Profit als solcher, sondern die Legitimation der Macht, immer noch vor demselben Hinter- grund wie in dem biblischen Gleichnis von Jo- sef dem Ernährer: Der Speicher muß voll sein, wenn Pharao in den sieben mageren Jahren vor dem Volk bestehen will...Es ist von A bis Z der Teufelskreis der alten Ökonomie ."(S .493) Marx' komplizierte Transformationsformel hinsichtlich der Entstehung des Mehrwerts - die Verwandlung von Arbeitskraft in --> Geld, in -) Ware, in -e Kapital - erwähnt er im Grunde gar nicht. Sein Interesse wird völlig von der "Zeitökonomie" gebannt: "Generell muß die sozialistische Wirtschaftsplanung ( die sich realiter von der kapitalistischen bis heute im Prinzip der Ausbeutung kaum unter- scheidet, wie wir sahen - Einf. H.M.) v on der lebendigen Arbeit ausgehen,d.h. d i re kt von der gesellschaftlichen Arbeits- zeitbilanz und ihrem Zusammenhang mit der Bedürfnisstruktur, und nicht zuerst von der Bilanz der materiellen Fonds, also von der vergegenständlichten Arbeit. Mehr noch: vom. Standpunkt des Produktionsziels ' reiche Indi- vidualität' (Herv.H.M.) muß man sogar einen Schritt weitergehen, einen Schritt hinter die Arbeitszeitbilanz zurück, und den An- fang mit der gesellschaftlichen Z e i tb ila nz, mit dem Zeitbudget der Individuen s chle chthin , machen, um von hier aus ... die Gleichheit der Entwicklungschancen in den Rahmenbedingungen für die individuellen Zeit- Pläne zu verankern... in den Mittelpunkt der Planung rückt...eine neue Ökonomie der Zeit . "(S.495 f.) Diese und andere Aussagen nährten meine Hoffnung, hier nähere sich ein Marxist dem Feminismus. Bahro begann mit der Entrümpelung bzw. neuerlichen Konkreti- sierung abstrakter Begriffe wie "Kapital" und 1957, "Proletariat". Er untersuchte genauer die Bedingungen von Ausbeutung als die meisten seiner Zeitgenossen und bewies kritisches und gesellschaftspolitisches Engagement. Bis auf die marxistischen Eierschalen, die auch er noch abstreifen muß, und die besonders negativ auf die politische Praxis durchschla- gen! Und eine solch' marxistische - genauer hegel- sche - Eierschale ist die Vorstellung, daß die menschliche Geschichte logisch - evolutio- när - gesetzmäßig verläuft. Hegel band seine Lehre vom konstitutionellen Staat"an eine Ge- schichtsphilosophie, die in zwei entscheiden- den Punkten das Gegenteil von konservativ war: in der Leugnung der persönlichen Ent- scheidung (das weltgeschichtliche Individuum nur ' Geschäftsführer des Weltgeistes') und in dem Glauben an die Sendung einzelner Völker und Staaten."(Staat und Politik, Fischer Büche- rei, Frankfurt 1957,S.171) Bei Marx wird le- diglich der "Weltgeist" durch das "Kapitarer- setzt und das "weltgeschichtliche Individuum" im "Proletariat" geschaut, bzw. das Proleta- riat erhält von ihm den geschichtlichen Auf- trag "die Philosophie zu verwirklichen" (siehe auch unseren Aufsatz:"Alle sind zur Philoso- phie berufen..."DER FEMINIST, Nr.1/79). Obwohl Bahro in der "Alternative" zugibt, daß die Vereinigung von Philosophie und Proleta- riat, von Sozialismus und Arbeiterbewegung mißlang (dies bereitete ja auch Marx schon die ärgsten Kopfschmerzen: daß sich die po- litische Praxis seiner Theorie nicht immer unterordnen wollte !)und Marx' Aussagen über das "revolutionäre Subjekt" und die histori- sche Entwicklung des Kapitals sich bis heute nicht bewahrheiteten, hält er dennoch kindlich und gläubig an dem Mythos fest, daß es so et- was wie "historische Notwendigkeiten"und ei- nen Geschichtsverlauf aufgrund von Logik und Fortschritt gäbe. Bahro ist Hegelianer geblieben - nach Hegel entwickelt sich die Wirklichkeit nach den gleichen, von ihm postu- lierten dialektischen E ntwicklungsgesetzen, also den Entwicklungsgesetzen der Begriffe - , obwohl er die Gefahren solcher Geschichtsbe- trachtung bereits in seinem Buch formulierte : tt zumal... keineswegs nur... Ex-Hegelianer der Verführung der Abstraktion zur Verabsolutierung (Hervorh.H.M.) ausgesetzt" sind I Für ihn gibt es weiterhin eine "historische Rolle Europas", eine "histo- rische Aufgabe", die nun die GRÜNEN (bzw. in der "Alternative" noch der "Bund der Kommunisten") zu erfüllen haben :"Allein der Bund der Kommunisten kann und muß sich 35

dffiliblefleSelE 11-11tRArilkKKItIK Institut für Kultur und Ästhetik: ÄSTHETIK UND KOMMUNI- (Herausg. ) KATION, Berlin, erscheint vierteljährlich, Heft 25 und 37, ca.130 S., DM 9,50 Nach eigenem Selbstverständnis liefert das Kulturjournal "Ästhetik und Kommunikation" ( ..4.+K) "Beiträge zur politi- schen Erziehung? In den letzten vier Jahren hat Ä+K uns auch zwei "Frauennummern" beschert. Die erste 1976, die zweite 1979. Immerhin. Bestand das Redaktionskollektiv damals wie heute aus zehn Männern, einer Frau, so ist doch hinsichtlich der Entwick- lung der Zeitschrift anzumerken, daß 1 976 die eine Frau der Redaktion immerhin zu Wort kam und die Beiträge - bis auf einen - ausschließlich von Frauen erstellt wurden, dagegen hat 1 979 die - inzwischen ausgewechselte - Redak- tionsfrau sich jeden Wortes enthalten und die Beiträge sind nun nicht nur zahlenmäßig "ausgewogen". Ja, die Herren haben in der Zwischenzeit das Frauenpro- blem ganz gut in den Griff bekommen und erhebliches Ein- fühlungsvermögen entwickelt - das geht so weit, daß 1 979 Jochen Rossbroich gar die "Weibliche Rede an den linken Mann" kreiert. Sehr beachtenswert! Auch in der Thematik ist Mann mittlerweile konkreter ge- worden: Hieß der Titel 1 976 noch einfach FRAUEN/KUNST / KULTURGESCHICHTE, so finden wir in der neueren Aus- gabe neben den WEIBLICHEN UTOPIEN auch gleich die MÄNNLICHEN VERLUSTE . Der Untertitel "Frauen und Linke" könnte ein Hinweis darauf sein, wer sich nun eigent- lich politisch erziehen lassen soll. Eins wird jedenfalls ganz klar: Die Autoren haben nicht an den gewöhnlichen Bürger mit "Mittlerer Reife" gedacht. Nein, ihr Adressat muß mindestens ein Studium der Philosophie und Gesell- schaftswissenschaften absolviert haben. Hier schreiben Unidozenten für ihresgleichen, und was aus dem Inhalt zu schließen ist: nicht zum gegenseitigen Austausch von Mei- nungen oder gar neuen Gedanken; nein, wohlgefällig zur Selbstbestätigung. Wo der Ästhetik viel Raum gegeben wird - mitunter sehr gekonnt - , kommt die Kommunikation oft zu kurz. In ih- rem Bemühen um sprachliche Brillianz schlagen die Auto- ren zuweilen so über die Stränge, daß der Inhalt förmlich. verpufft: "In der angebotenen Identifikation mit den männ- lichen Verhaltensmodellen - in Sexualität und Arbeit - drohen systemtranszendierende Momente weiblicher Sub- jektivität liquidiert zu werden. Nämlich jene mimetischen Qualitäten, die in der - bisher nicht voll sublimierbaren - Reproduktion von Arbeitskraft als Pflege innerer Natur (Kindererziehung, Befriedigung der libidinösen Bedürfnisse des Mannes) entfaltet und zugleich gefesselt waren."("tells vernommen, teils ersonnen von Jochen Rossbroich" , S.43) Hinzukommt die Unsitte, abstrakte Objekte in den Stand von Subjekten zu erheben. So zum Beispiel Peter Gorsen in "Vorbemerkung zum Schwerpunkt Kulturgeschichte - Eduard Fuchs": "Wenn Kultur- und Kunstgeschichte heute generell gegen ein Vergessen und Wegstapeln ihrer Erfah- rung ankämpfen müssen, so nützt auch ein Anknüpfen bei alten klassenkämpferischen, proletarischen Positionen in Kunst und Kultur rein gar nichts. Der linke Historismus ist gesellschaftlich überholt, kulturrevolutionär ohnmäch- tig; nicht aber wäre es eine materialistische Kulturge- schichte, die ihr Material produziert anstatt zu rezipieren': • • ."In letzter Konsequenz bedeutet dies eine Kulturgeschich- te, die nicht mehr zur Untätigkeit und deskriptiven Beobach- tung gegenüber dem Revolutionierungsprozeß verurteilt ist!' (Heft 1976, schichte, sondern die Geschichte kämpft, ist ohnmächtig, Produziert und rezipiert. Diese sprachlichen Fehlleistun- 8.7) Hier macht nicht mehr der Mensch Ge- gen, die allerdings auch großen Geistern - z.B.Marx - unterliefen, entschärfen die Kritik und wirken der Demo- kratisierung und Aufklärung entgegen, da der Mensch sich selbst nicht mehr als handelndes Subjekt vorfindet und damit der Verantwortung für sein Handeln enthoben scheint. So kann politische Erziehung gewiß nicht fruch- ten! Auch dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit werden die Autoren keineswegs immer gerecht. Ein verfälschter und entstellender Buchtitel wird einfach übernommen: Auf Seite 28 finden wir bei Fußnote 31 unter Anmerkun- gen "Alice Rühle-Gerstel, Die Frau im Kapitalismus, Leipzig 1 932". Der wirkliche Titel lautet: "Das Frauen- problem der Gegenwart" , Untertitel: "Eine psychologi- sche Bilanz". Doch nicht nur Alice Rühle-Gerstel, die schon 1 932 das Patriarchat besser analysiert und kriti- siert hat als die meisten Autoren von Ä+K wird hier - wie vorher vom Verlag Neue Kritik, Frankfurt - ein Unrecht angetan, sondern auch die sogenannte bürgerli- che Frauenbewegung fällt einer groben Verleumdung zum Opfer, wenn Silvia Bovenschen und Peter Gorsen In "Aufklärung als Geschlechtskunde" behaupten: "In der Tat haben die offiziellen Vertreterinnen der bürgerli- chen Frauenbewegung die Probleme der ökonomischen und sexuellen Abhängigkeiten in der Ehe weitgehend, die Probleme der Industriearbeiterinnen systematisch aus- geblendet." (Heft 1976,S.12) und der "Begriff des Femi- nismus war zu Fuchs' Zeiten in keiner Weise fest um- rissen. Zumeist wurde er auf Argumentationen ange- wandt, die sich in irgendeiner Weise für den Kampf der Frauen einsetzten. Gemeint sind hier die Vorläufer im Kampf gegen die sexualmoralischen Normen in der Klas- sengesellschaft."(19V, S.28, Fußnote 1d) Die damalige Frauenbewegung war bei weitem nicht nur ein "Vorläufer im Kampf gegen sexualmoralischen Normen" wie Bovenschen/Gorsen es uns weismachen möchten - ganz auf dem theoretischen Niveau und dem Bewußtseinsstand von Alice Schwarzer und Verena Stefan schwimmend. Längst überfällig war jedoch der Angriff auf den Biolo- gismus und platten Antifeminismus des Eduard Fuchs' ("Die Frau in der Karikatur" , München 1906) sowie die kritischen Bemerkungen zu Bebels und Engels. Sehr informativ und interessant auch Cäcilia Rentmeister "Berufsverbot für die Musen". In diesem Aufsatz wird der Widerspruch zwischen einer absurd überhöhten Stellung der Frau (als Muse, als Allegorie) in der patri- archalischen Kunst und Ihrer untergeordneten Stellung im realen Leben offenbar. An Hand einer ausgezeichne- ten Bildzusammenstellung analysiert sie meisterhaft diese Zusammenhänge von Anbetung und Unterwerfung. 1976, Im Gegensatz dazu steht der Artikel von Heide Göttner- Abendroth "Der unversöhnliche Traum". Schon der Titel läßt keine historisch-matrerialistische Analyse vermu- ten. Kaum zu glauben, das "Goldene Zeitalter", in dem die Menschen noch von einer Göttin (welch' ein Glück, daß es kein Gott war!) abstammten, Gesetz und Rechts- sprechung unbekannt waren, der Mensch nicht alt wurde, sondern seine Zeit mit Tanzen und Lachen verbrachte (Heft 1979, S.5 f.), wird mit einem wissenschaftlichen Mäntelchen versehen und von Heide Göttner-Abendroth wieder heraufbeschworen. Die "matriarchale Sozialform',' deren "genauere Kenntnis" allerdings noch aussteht, die aber "sehr umfassend und vielgestaltig war" - alles laut Autorin! - wird mit dem alten Bachofen und mit Marcu- ses Bildern einer "anderen Kultur vor der patriarcha- len Urhorde" mytisch zusammengemixt und als erstre- 37

der politischen Frauenverdummung, die EMMA betreibt, leider noch nicht! Wir können nur immer wieder mit 8000 Ex. (gegen Milliardenauflagen des Patriar- chats) pro Jahr und leider auch fast ohne Unterstützung sei- tens der neuen Frauenbewegung unsere feministische Auf- klärungsarbeit fortsetzen und darauf hoffen, daß die Mehr- heit der Unterdrückten feststellt, wer sie an der Nase rum- führt und wer tatsächlich bereit ist, gemeinsam mit ihnen zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA für die Aufhebung des Patriarchats zu kämpfen. Alice Schwarzer ist es offensichtlich nicht. Und die patriar- chalische Presse dankte ihr es. Die Massenmedien erhoben sie zur Galionsfigur der Bewegung. Was Alice dachte, sagte, in Szene setzte, das war genau der Feminismus, den man gut mißbrauchen, gut ausschlachten konnte. Ihr "politisches Programm" eignete sich bei der Masse der Frauen vorzüg- lich zur Abschreckung und Ablenkung von den Problemen, die tatsächlich Frauen und Mütter bedrückten. Denn Alice lehnte nicht nur "Lohn für Hausarbeit" ab und behauptete, jede außerhäusliche Arbeit emanzipiere die Frau; sie kri- tisierte nicht die Losung "Feminismus ist die Theorie, les- bisch sein die Praxis!", sie war für geschlechtsspezifische statt politische Autonomie. Schwarzer hatte nichts ge- gen "Frauen in die Bundeswehr !" Wer Kriegsdienst ablehn- te - wie sie selbst - der solle gefälligst Kriegsdienstver- weigerin werden. Sie lehnt Frauengewerkschaft, Frauenpar- tei ab und ruft dafür zum Gebärstreik und zum"aktiven" Wahlboykott auf. Das ist ihrer Ansicht nach die richtige Strategie für Frauen, die durch ihre Sozialisation von klein auf zur Anpaasung und gar nicht zum Widerstand erzogen wurden und bei denen politisch-feministisches Bewußtsein (wie jeder politisch Informierte weiß) noch kaum entwickelt ist. Ausgerechnet die isolierten und überforderten Frauen und Mütter sollen als Einzelne durch Gebärstreik und Wahl- verzicht politisch aktiv werden. Diese Vorgehensweise emp- fahl uns auch schon die Sozialdemokratin Annemarie Renger: die einzelne Arbeiterin, die einzelne Angestellte solle Mu- sterprozesse gegen ihre Firma führen, damit die Lohngleich- heit endlich Wirklichkeit werde. Selbst ist die Frau! Die Frau braucht keine eigene Gewerkschaft, keine eigene Par- tei , keine Privilegien, keine Subventionen - das sind alles nur Sachen von und für Männer! Wer diesen Emanzipations- zustand als Frau noch nicht erreicht hat, sich nach wie vor unterdrückt und abhängig "fühlt", der gehe in eine Selbst- hilfe-, eine CR (Bewußtseinsbildungs)-, eine Musik-, eine Gymnastik-, eine Töpfer-, eine Therapie-, eine Selbsterfah- rungs- (auch Quatsch-)-gruppe (genannt), die Frauenzentren betrachten sich dafür als Anlaufstellen. EMMA versendet Adressenlisten. Will sich die Frauenbefreiung auch dann noch nicht voll einstellen, empfiehlt sich ein Frauenfest zu veranstalten, auf dem das neue "Körpergefühl" bzw. die "neue Weiblichkeit" sich adäquat entfalten kann. "Das Pri- vate ist das Politische" und "Frauen gemeinsam sind stark' waren die Slogans Anfang der 70er Jahre. Wir leiteten aus den gleichen Parolen eine ganz andere politische Strategie für Frauen ab: Schaffung einer politischen Identität, Entwicklung von Klassenbewußtsein als "Feministen", poli- tischer Zusammenschluß in einer Gewerkschaft und eige- ner Partei zur Herstellung der Lohngleichheit, Abschaffung der Arbeitslosigkeit, Verhinderung von Kriegen, Aufhebung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung etc. etc. Verständlich also, daß das regierende Patriarchat lieber mit "Frauenemanzipation a la EMMA" taktiert. Wenn die Sache mehr auf die Sexualität als auf die Folgen der Sexua- lität (Kinder- und Väterfrage) gelenkt wird, die Abtrei- bungsfrage Vorrang vor dem Familien-, Scheidungs-, Unter- halts-, Steuer- und Rentenrecht erhält , die gesamte soziale Sicherung der Frau und Mutter zum Nebenproblem verküm- mert, dann war das den Parteien nicht unangenehm. Sol- chen "Emanzipationsfrauen" gestatten die Herren auch klei- ne patriarchalische (d.h. individualistische) Karrieren, denn diese Frauen gefährden das System nicht ernstlich - im Ge- genteil! Die Taktik des Patriarchats hat sich bezahlt gemacht: Seit drei bis vier Jahren stagniert die Frauenbewegung - we- der organisatorisch noch ideologisch ist sie zu einer Ein- heit zusammengewachsen. Der Kontakt zur breiten Masse der Frauen ist ausgeblieben. Die Frauen, die durch El- ternhaus, Freundeskreis oder Berufsleben politisiert werden - eine Minderheit nach wie vor -, engagieren sich immer noch überwiegend In den patriarchalischen Partei- en, Gewerkschaften und Kirchen. Sicher, ein paar Ideen der autonomen Frauenbewegung finden auch bei diesen Frauen Anklang - sie versuchen sie (wie schon ihre Vor- gängerinnen)an die Partei- u. Gewerkschaftsbosse und die Kirchenväter heranzutragen. Jede Ist schon glücklich, wenn sie von einem Mann wenigstens ve r ba 1 Unterstüt- zung erhält, vielmehr ist dort eben nicht drin. Nach ein paar Jahren weiß es jede. Aber welche Frau läßt sich schon gerne scheiden - bei den Scheidungsfolgen, die das Patriarchat legal und illegal für alle festgelegt hat? Und wenn sie in den Gemeinden, Landtagen und im Bun- destag feministische Politik machen wollen, wo müssen sie dann organisiert sein? Die Frauenzentren haben da keine Ansprüche und Interessen und EMMA hütet sichodie Adresse und die Organisation zu erwähnen, die da als Anlaufstelle in Frage kommt. Zum Thema feministische Politik und Strategie hat man da seit 10 Jahren nichts Neues anzubieten, wie dieses Sonderheft beweist. Die "autonome" Frauenbewegung hat ein zu dürftiges politi- sches Programm und die "Grünen" ein zu dürftiges in Sachen "Feminismus". Alle bleiben bei den Symptomen des Patriarchats stehen. Alice Schwarzer und Ingrid Strobl propagieren den Wahlboykott . Die"autonome"Frau- enbewegung reagiert ebenso ratlos, indifferent und ge- spalten auf dieses Konzept wie auf die Gründung der Frauenpartei - sowohl bei der Sommeruniversität der Frauen 1979 wie anläßlich der Podiumsdiskussion "Wie verhalten wir uns zu den Bundestagswahlen 1980?" in Münster (Siehe S.19f.). Nun, eine informative und kriti- sche Berichterstattung ist nicht die Stärke von EMMA- besonders in Punkto Parteienpolitik und Frauenbewegung. Da meint die Redaktion, Quellen aus 2. oder 3.Hand ge- nügen, wenn man über die GRÜNEN berichtet. Denn auf dem Beratungskongreß in Frankfurt, zu den Geburtswe- hen und dem Gründungsparteitag in Karlsruhe z.B., da war zwar die bürgerliche und "linke"Presse zahlreich erschienen, aber eine Medienfrau der traditionellen Frau- enverbände ("Informationen für die Frau") oder der auto- nomen Frauenbewegung war dort nicht zu erblicken - bis auf Sibylle Plogstedt von COURAGE (die in ihrer Febr.- Ausgabe ja auch darüber berichtete). Strobl begnügte sich mit den Nachrichten aus der FR (Frankfurter Rund- schau) und taz (Tageszeitung). Das erklärt natürlich ein wenig, warum sie mit Ihren Prognosen so ein Pech hat und sie sich schon nach 14 Tagen als unrichtig rausstel- len - zum Beispiel hinsichtlich der Kräfteverhältnisse in dieser Partei. Denn was die Gruhl' sehe Position und den § 218 sowie grundsätzlich die Bereitschaft, die eine oder andere Frauenforderung in Satzung oder Programm aufzunehmen betrifft, die entscheiden sich allein im Hah- nenkampf zwischen "fortschrittlichen" oder mehr "kon- servativen" Patriarchen hier. Für wen oder was die"grü- nen Frauen" ihr Votum abgeben, das kann frau erst rich- tig beurteilen, wenn sie es selbst miterlebt hat! Eine fe- ministische Position ist bei den Frauen dort keineswegs mehr als bei den Männern festzustellen. In dieser Hin- sicht ist zwischen den Parteifrauen von "rechts"bis "links" wenig Unterschied, das hat die Geschichte seit 1919 längst erwiesen. Wir finden es auch schlechten journalistischen Stil wie Ingrid Strobl die politische Aussage "auf einer Podiums- diskussion" von Sibylle Plogstedt überinterpretiert (S.32) bzw. nur die halbe Wahrheit an die Öffentlichkeit bringt. Wir meinen die Leser hätten ein Recht in solchem Falle zu erfahren 1.) um welche Podiumsdiskussion es sich da gehandelt hat und 2.) daß es eine Veranstaltung der Frau- 39

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Esmarchstr. 18 NÜRNBERG Die Bücherkiste, Jakobstr. 26 Sterntor-Buchhandlg., Kornmarkt 6 OLDENBURG Carl v.Ossietzky-Buchhandlg., Bergstr.1 OSNABRÜCK Autonomie Buchladen, Martinistr. 101 Buchhandlung Jonscher, Domhof 6 B Buchhandlg. zur Heide, Neuer Graben 24 PFORZHEIM Buch Kaiser, Westliche 1 SAARBRÜCKEN Akademische Buchhandlg. Köhler, Kaiser- Politischer Buchladen, Johannesstr.3 str.21 SIEGEN Buchhandlg. Nohl, Kölner Str.44 bzw. Filiale PH STUTTGART Das BuchzyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA , Lange Str. 11 Buchhandlg. Niedlich, Schmale Str. 9 Lavender Frauenbuchladen, Seyffertstr. 94 TÜBINGEN Bücherstube Hohnerlein, Hirschgasse 2 ULM Aegis- Buchhandlg., Hafengasse /Breite Gasse Fachbuchhandlg. 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Personenregister „Der Feminist“ Heft 1980, V-9 Name ?, Anneliese Bahro, Rudolf Heftseite 6 Titel, Inhalt, 19, 24, 26-28, 30-36 Beißner-Schwering, Angelika 3, 5 Belmont, Perry Blanc, Eva von Bock, Edda Bornemann, Ernst Bovenschen, Silvia Brandmair, Monika Braun, Ingrid 13 3 6 32 37 Inhalt Inhalt, 1, 23, 30, 31, 38, 40 18 6 18 19 6, 7 Bremme, Gabriele Breschnew, Leonid Brinker-Gabler, Gisela Bronx, Delphine Brüschke-Schröder, Hannelore Bude-Pflaumbaum, Siegrid Classen, Brigitte Dirk, Beatrix Dohm, Hedwig Engels, Friedrich Fischer, ? Fourier, Charles Friedrich, Robert Fuchs, Edward Gerhard, Lore Gorsen, Peter Göttner-Abendroth, Heide Gouges, Olympe Marie de Gries, Gabriele Gruhl, Herbert Guillaume-Schack, Gertrud Gunwald, Gori Hanisch, Hubert Hanrich, Wolfgang Hasenclever, Wolf-Dieter Haß, Ulrike Haug, Frigga Haynes Irwin, Inez 15 5 19 32 31 41 27 7 37 6 37 37 32 Inhalt 24, 28 32 15 18 28 24, 28 38 38 13 Heftseite 13 34, 35 3, 5, 15 19 26 38 41 5 Inhalt 31 19, 24 41 22 18 4 15 Inhalt, 1-3, 5, 6-8, 18-20, 22- 28, 30, 31, 33, 35, 38, 40, 42 19 32, 37 21, 26, 30, 31, 34-37 7 38 23, 42 1, 2, 6 4 18, 32 5, 23 13 5, 19, 27, 28, 39, 40 19 3, 4, 15, 19, 38 39 37 5, 6 37, 38 37 Name Hazard, Oliver Hegel, Georg Wilhelm Friedrich Helferich, Sybille Hempel-Soos, Karin Hitler, Adolf Hofmann, Jürgen Holzer, ? Irigaray, Luce Katz, Lorley [s. Mabry, Hannelore] Keil, Franzsiska Kelly, Petra Karin Kiepert, ? Kmölniger, Elisabeth Knoop-Graf, Anneliese Lieres, Dorothee Lublinski, Berta Mabry, Hannelore Mann, Norbert Marcuse, Herbert Marx, Karl Meller Marcovicz, Digne Menschick, Jutta Nenning, Günther Nietzsche, Friedrich Orlac, Elke Otto Peters, Luise Pataki, Heidi Paul, Alice Plogstedt, Sybille Pross, Helge Rath, Eva Renger, Annemarie Rentmeister, Cäcilia Roggenkamp, Viola Rossbroich, Jochen Rühle-Gerstel, Alice

Schlagwortliste „Der Feminist“ Heft 1980, V-9 Spanien, Frauenbewegung Studentenbewegung / Student*innenbewegung Türkei, Frauenbewegung USA, Frauenbewegung USA, Wahlrecht Väter Wahlrecht §218 StGB Abrüstung Autonome Frauenbewegung Belgien, Frauenbewegung Berufstätigkeit Bundestagswahl 1980 Care-Arbeit Dänemark, Frauenbewegung Emanzipation Empowerment Familienarbeit Feministische Partei Feministische Politökonomie Feministische Zeitschriften FGM (Female Genital Mutilation [s. Gewalt, tätliche]) Frankreich, Frauenbewegung Frauen in der Politik Frauenbewegung, historisch Frauenpartei Frauen-Sommer-Universität Friedensbewegung Gender Pay Gap Gewalt (systemische, Ausbeutung, Unterdrückung) Gewalt (tätliche, Missbrauch, häusliche, Vergewaltigung, Genitalbeschneidung, Folter) Gewerkschaft Grüne, Die Grünen (Partei) Herrschaftsverhältnisse Internationale Frauenbewegung Israel, Frauenbewegung Kanada, Frauenbewegung Kapitalismuskritik Kinder Leichtlohngruppe Lohn für Hausarbeit Lohnunterschiede aufgrund Geschlecht Männer Marxismus Mütter Norwegen, Frauenbewegung Patriarchat, Patriarchatskritik, Patriarchatsanalyse Philosophie Politische Bildung Rüstung Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPD