()CR zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA FEIIINIST BEITRÄGE ZUR THEORIE UND PRAXIS München Juli 1976 I. Jahrgang DM 3,50 1 Aus dem Inhalt: 76 KINDER -ALLTAG FEMINISTEN IN DEN BUNDESTAG! DER FEMINIST - WER ODER WAS IST DAS? ZUM 100. GEBURTSTAG VON GEORGE SAND DOKUMENTATION EINER PERMANENTEN FÜHRUNGSKRISE FEMINISTISCHE LITERATURKRITIK WARUM UND WIE MAN IN DER FRAUENBEWEGUNG EIN EIGENTOR SCHIESST FÖRDERKREIS FÜR EINE FEMINISTISCHE PARTEI

CDER FEMINIST- WER ODER WAS IST DAS? DER KLASSENBEGRIFF - FEMINISTISCH BETRACHTET von Hannelore M ab r y Wie oder woran erkenne ich einen Feministen? Beginnen wir damit, wen oder was wir nicht darunter verstehen. Ich erkenne ihn n i c h t an seinen äußeren Geschlechtsmerkma- len nicht an seiner Gen- und Hormonbeschaffen- heit, nicht an seiner Hautfarbe oder seiner Nase, nicht an seinem Alter, n i c h t an seiner Nationalität. Einen Feministen erkenne ich an seinem Sozialverhalten, an seiner Partei- , seiner Klassenzu- gehörigkeit. Ein Feminist ist ein politischer Mensch, der sich parteiisch, d.h. wertend, Stellung be- ziehend verhält. Ein Feminist ist, wer sich auf die Seite des Schwächeren, des Ausgebeuteteren stellt. Ein Feminist ist ein Mensch, der einen natür- lichen oder/und kulturellen Vorteil bzw. seine geringere Abhängigkeit - sei sie nun körper- lich, intellektuell oder ökonomisch bedingt - ni cht für sich ausbeutet, sondern der dafür arbeitet und kämpft, daß die natürlichen und i- kulturellen Ungleichheiten durch che s Han de In gemildert, durch ständige s Bemühung und zielstrebigen Einsatz mit ande- ren Feministen überwunden werden. polit ABSCHAFFUNG DES SEXISMUS IP Die Hauptaufgabe des Feministen ist heute und in der Zukunft die Lösung der Frau - e nfr age , die Abschaffung des Sexismus: der Diskriminierung und Ausbeutung aufgrund des Geschlechts. Während der Sozialismus und der Kommunismus die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen primär durch die kapita- listische und imperialistische Gesellschafts- struktur erklären und durch die "Diktatur des Proletariats" oder die "permanente Revolution" beseitigen wollen, sehen die Feministen die Ursache und das Übel der Ausbeutung nicht zuerst und ausschließlich im sogenannten Kapi- talverhältnis. Die Ausbeutung des Menschen durch den Men- schen begann, als es noch gar kein Kapital gab. So hat die Ausbeutung und Versklavung der Frau durch den Mann eine viel längere Geschichte. Das Kapitalverhältnis ist das jüngste Ergebnis dieser Urausbeutung. Kapitalismus, Imperia- lismus, Neokolonialismus und Faschismus sind bestimmte historische Ausprägungen des Patriarchats . Patriarchat ist für Feministen der viel weitere Begriff. In unse- rer Definition schließt er die Au s b e utung aufgrund von Biologie (Geschlecht,Er- be)und von Naturgegebenheiten (Bo- denschätze, Klimaverhältnisse etc.) mit ein, ja, er beginnt mit diesen archaischen Aus- beutungsformen. Die Ausbeutung aufgrund von Kultur (Ökonomie, Religion, Wissen- schaft etc.) erlaubte erst eine spätere Stufe des Patriarchats - das mode rne P a tri - a r c ha t . Zur Erklärung der sozialen Tat- sache der Ausbeutung ist es aber unerläßlich bis zur Wurzel , zum Ursprung zurückzugehen. Nach unserer Definition ist das Patriarchat das Herrschaftssystem, in dem das Recht des Ausbeuters (körper- lich, intellektuell und ökonomisch) Ge s e t z zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA i st. 1) Manche Feministen vertreten die Ansicht, daß den Frauen a 1 s Klasse eine ähnliche Bedeutung und Rolle bei der Umwandlung der patriarchalischen in eine feministische Ge- sellschaft zukäme, wie sie die Sozialisten und Marxisten hinsichtlich der Umwandlung der bürgerlichen in eine sozialistisch/kommunisti- sche dem sogenannten Proletariat zu- schrieben. Um diese Rolle zu erfüllen, muß allerdings nach Ansicht der Marxisten zur objektiven Klassenlage noch die subjek - tive Bedingung: das Klassenbewußtsein hinzutreten.In dieser Beziehung gilt es die Un- terscheidung bei Marx in Klasse "an sich" und Klasse "für sich" zu beachten: "Die Herrschaft des Kapitals hat für diese Masse eine gemein- same Situation, gemeinsame Interessen ge- schaffen. So ist diese Masse bereits eine Klas- se gegenüber dem Kapital, aber noch nicht für sich selbst. In dem Kampf, den wir nur in 1) Siehe in diesem Zusammenhang den Artikel "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - ein Ladenhüter!" und "Partnerschaft zwischen Frau und Mann - ein weißer Elefant?"im FRAUENFORUM -STIMME DER FEMINI- STEN, Nr.3/74 und 1/75 und im Vorwort zur 2.Auflage von Hannelore Mabry: Un- kraut ins Parlament, Achenbachverlag1975 1

Mimik, flößten neben Empörung schon fast wie- der Mitleid ein. Eine Patriarchalin, die durch diesen makabren Fernsehauftritt die Funktion, die die Frau als Geschlecht (Alibifrau) in der Politik des Patriarchats zu erfüllen hat, beson- ders deutlich machte. Die einzige Hoffnung und die Voraussetzung zur Abschaffung der längsten und intensivsten Aus- beutung - der Ausbeutung der Mütter - ist die Weckung und Stärkung des Feminismus in Theo- rie und Praxis, die Erarbeitung eines eigenen politischen Standortes und feministischen Klassenbewußtseins. Feministen werden die nicht konsequent genug durchgeführte historisch-materialistische Analyse weitertrei- ben. Sie werden mit der Kritik der Marx' schen Mehrwerttheorie aus der Sicht der proles be- ginnen und die Akkumulation eines geschlechts- spezifisch gewonnenen Mehrwertes nachweisen. OHNE FEMINISTISCHE ANALYSE KEINE SINNVOLLE POLITISCHE PRAXIS Obwohl die Ware "Arbeitskraft" immer neu auf dem Markt angeboten wird, hat kein Marxist bis heute für nötig befunden, die ökonomische Ausbeutung aufzudecken, die während und durch die Produktion der Ware Arbeitskraft die pro- les erleiden. Man beschäftigte sich in der patri- archalischen Wissenschaft mit der Zusammen- setzung des Atoms, mit der Meeresbeschaffen- heit, der Mondoberfläche etc. , aber das Herr- schaftsverhältnis zwischen den Geschlechtern zu entschleiern, daran war man wenig interes- siert. Die unerhörte sexuelle, intellektuelle und ökonomische Ausbeutung der Frauen und Mütter verflüchtigt sich in der Wissenschaft des Patriarchats zum "Rollenspiel", zu "Ge- schlechtsstereotypen" und zum "cultural lag" (kulturelles Zurückbleiben), lediglich verur- sacht durch traditionelle Institutionen wie die Katholische Kirche, Nationalismus und Faschis- mus, die dem sozialen Wandel im Wege stehen. Aufgrund sehr eindeutiger persönlicher materiel- ler Interessen bleibt die Frauenfrage auch an den deutschen Universitäten Stiefkind. Wenn den- noch ein Diplomand oder Doktorand sich der The- matik annimmt, muß der Untersuchungsgegen- stand aber unter Kontrolle gehalten, von der herrschenden Lehre auf den richtigen , d.h. wertneutralen Begriff gebracht werden. Denn, so etwas wie ein Patriachat gibt es schon lange nicht mehr. In Rom, ja, da gab es die proles und ein Patriarchat. Aber im heutigen Pluralis- mus , Kapitalismus,und auch in den sozialisti- schen Staaten kennt man die proles als eine spe- zigsehe Klasse nicht - noch nicht "Denn die einen sind im Dunkel und die anderen sind im Licht und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht."(Bert Brecht) DAS PATRIARCHAT HAT SICH IN DER WISSENSCHAFT SELBST AUFGELÖST Weil wir uns mit den patriarchalischen Marxisten stets intensiver als mit den kon- servativen , den bürgerlichen Patriarchen 5) beschäftigten, noch einige Gedanken zur Stra- tegie, zur marxistischen Methode des Klas- senkampfs - nämlich zur Frage der "Dikta- tur des Proletariats". Nach dem, was wir un- ter Proletariat verstehen (und selbst, nach- dem, was Marx darunter verstand), hat es 5) Wir schelaken der konservativen Richtung und der Reaktion - trotz ihrer Verstär- kung in der BRD u. anderen Ländern in den letzten Jahren - nicht so viel Beachtung wie sicher nötig! Der Grund ist : der Fe- minismus will die Gesellschaftsanalyse weitertreiben. Die Kritik der Reak- tion, des patriarchalischen Bürgertums und des Kapitalismus wurde bereits ge- leistet - nicht nur von Marx und Engels. Auch eine Feministin, Rosa Luxemburg (obwohl sie sich nicht mit dem Feminismus theoretisch beschäftigte!) , hat da vorzüg- liche Arbeit geleistet. Sie war Feminist in ihrer Denk- und Lebensweise: Sie kämpfte gegen das Patriarchat in den eige- nen Reihen. Für sie waren Marx oder Le- nin keine heiligen Kühe, noch viel weniger der Parteivorstand.Hierher gehören ihre Ablehnung der Kriegskredite, des Krieges ülerhaupt und der Überbetonung der "Na- tionalitätenfrage", der "Vaterländer" . Sie setzte sich lebenslang für den internatio- nalen Sozialismus und für den Humanismus ein. Ihre Biographie (sehr zu empfehlen: Peter Nettl, Rosa Luxemburg, Köln-Berlin 1967) und ihr Werk wurde von der Frauen- bewegung bisher viel zu wenig beachtet. Auch wenn sie leider der Frauenfrage theo- retisch aus dem Wege ging, so sollte sie uns als politische Kämpferin ein Beispiel sein! Generell gilt es aber nochmal zu be- tonen: Liberalistische, kapitalistische und nationalistische Gesellschaftstheorien und Parteien bieten keine Möglichkeit zur Lö- sung der Frauenfrage, weil sie die Rolle der proles als Naturgesetz festschreiben wollen. Eine p oli ti s che Verpflichtung 3

es auch so wichtig, daß die Feministen mit der eigenen Klassenanalyse endlich beginnen und Licht in das Dunkel der Schlafzimmer und des geschlechtsspezifischen Besitzes an Wissen und Kapital bringen. Dann wird auch die Gefahr ge- bannt, daß junge oder kinderlose Theoretikerin- nen der Frauenbewegung die Kinder außerhalb des Mutterleibes heranwachsen lassenu. mehr der Technik, denn der Liebe und menschlichen Ge- borgenheit anvertrauen wollen. Die proles sind die Mütte r und die feministischen Väter. Aus biologischen Müttern und Vätern immer be- wußtere s o z i ale Mütter und Väter zu kulti- vieren, das ist die politische Arbeit des Femi- nismus . Die Frauenfrage besteht nicht nur in der Aner- kennung des weiblichen Orgasmus und unkriti- scher Nachbeterei Wilhelm Reichs. Zur Klasse "für sich" konstituieren wir uns auch nicht durch Homosexualität, ebenso wenig wie die Frauenbe- freiung in China durch die intensivere sexuelle Befriedigung der Frau - durch wen auch immer - stimuliert wurde und den politischen Kampf be- flügelte. Auch der Kinder"segen" in Indien und Südamerika korreliert höchstens negativ mit der Anerkennung des weiblichen Orgasmus. Im Ge- genteil : für die feministische Politik ist eher Maos Weisung "Heirat erst ab dem 25. Lebens- jahrl" auch für die Bundesrepublik zu überneh- men. Politisches Engagement und klassenkän-pfe- risches Verhalten sind nicht eine Folge der Be- friedigung sexueller Bedürfnisse. Gerade in dem Alter, wo die Sexualität eine besonders große Rolle spielt bzw. starke Probleme aufwirft, ist z.B. die Wahlbeteiligung besonders niedrig. Daß die niedrige Wahlbeteiligung also auch biologi- sche Ursachen hatist zu vermuten. Ein frühes Wecken (in der Familie und Schule) des politischen Interesses findet allerdings sehr selten statt , und ganz besonders traurig sieht es da in der politischen Bildung der Mädchen aus. Einfluß auf die Kultur-, Wirtschafts-, Außen- und auf eine generelle Friedenspolitik gewinnen wir nicht durch die politischen Einsichten und Ansichten oder gar durch die politische Strate- gie der FRAUENZENTREN, deshalb hat das FRAUENFORUM e.V. seit seiner Gründung für eine FEMINISTISCHE PARTEI, für Struktur und demokratische Führung votiert und gekämpft. Wir haben die Männer mit in die feministische Bewegung einbeziehen wollen und uns üler die Macht des Patriarchats nie getäuscht. Deshalb ist eine unpolitische Polarisierung "Frau gegen Mann den § 218 gekämpft, aber ihren konsequbnten Einsatz zur Verhinderung des neuen Scheidungs- rechts haben wir weder in der Theorie noch in "falsch. Die Frauenzentren haben gegen der Praxis gesehen . Ihre Diskriminierung und Bekämpfung unserer politischen Ansich- ten, ihr Konkurrenzverhalten und ihre Hetz- kampagne gegen einzelne Feministen, die keine Autoritätsprobleme hatten und sich klar zu Führung und politischer Disziplin be- kannten, hat der gesamten Frauenbewegung unerhört geschadet. Diese Richtung hat eher weniger Solidarität zum politischen Feminis- mus bewiesen als die einzelne Frau ohne jede politische Bindung.Daßgerade die Frauenbewegung , die sich in den Frau- enzentren zusammenfand, maßgebend an der Spaltung des FRAUENFORUM e.V. beteiligt war, ist für alle Eingeweihten seit langem klar. Wir haben niemals einzelne unsolida- rische Frauen (eben keine Feministinnen, z. B. allen voran Alice Schwarzer) in der Öffentlichkeit und hinter den Kulissen ver- leumdet, wir haben nur die politische Stra- tegie oder ihren politischen Inhalt (gegen Lohn für die Hausarbeit, gegen die femini- stische Partei, etc. ) angegriffen und diese politische Auseinandersetzung um das Ziel und die Methode des Feminismus ist nach unserer Ansicht nötiger denn je. Patriar- chen in der Bewegung,und seien sie auch weiblichen Geschlechts, gefährden und ver- raten unseren Kampf gegen das Patriarchat. Nicht schöne Reden und auch nicht Artikel und Bücher nehmen wir unkritisch als Be- weis für feministisches Klassenbewußtsein an. Ihr Inhalt muß sich als solcher auswei- sen und durch ihre feministische Pra- x i s muß er bestätigt werden! Gerade weil FEMINISMUS BEWEIST SICH IN DER PRAXIS , UND NUR DA1 wir uns nicht über die Macht des Patriar- chats Illusionen machen, müssen wir für Patriarchen und patriarchalisches Verhalten innerhalb der feministischen-Bewegung ein schärferes Auge bekommen. Konterrevolu- tionäres, reformistisches Gerede und Han- deln ist, wenn man "modisch" auf der Welle der"AntiautoritärenBewegung'Im Gegensatz zum eigenen autoritären Verhalten mit- schwimmt und Partei, Parlament und demo- kratische Führung "aus Prinzip" ablehnt! W i r wollen den Inhalt der Gesetze ändern, deshalb wollen wir auch ins Parlament. Wir lehnen das neue Familien- und Scheidungs- recht ab, weil es biologische Abhängigkei- ten einfach gesetzlich ausschließt und Ungleiche gleich behandelt. Dadurch stellt sich nach Ansicht der SPD 5

KINDER - ALLTAG Aufrechterhalten werden muß der laufende Verkehr. Der laufende Verkehr muß laufen. Gerade muß er verlaufen. Im Ausland verläuft der Verkehr um manch einen Baum herum. Im bundesrepublikanischen Alltag stürzt eher ein Baum als das ein Auto nicht geradeaus fährt. Wenn aber ein Kind auf der Straße steht, das nicht gefällt werden kann, dann wird es überfahren, weil nämlich ein Autofahrer nicht gelernt hat drumherum zu fahren. Der Kindertod haust wahrlich brutal in unseren Städten. Fünf Kinder fallen täglich dem Verkehr zum Opfer und einhundertundachtzig werden Tag für Tag verletzt. Als die Kinder das hörten, konnten sie es nicht begreifen, aber sie taten sich zusammen, um etwas gegen das Ungeheuerliche, um etwas gegen die Gewalt zu tun. Sie verkleideten sich als Stoppschilder, weil sie dachten: ein Kind ist ein Kind, aber ein Stoppschild das fährt ein Auto nicht um. Da begriff manch ein Fahrer, daß die Kinder wandelnde Stoppschilder sind. Der Polizei aber schien das Verhalten der Kinder, der Schwächsten unserer Gesellschaft, reine Gewalt. Und die bewaffneten Mannschaften zogen zum Kampf gegen die Kinder. Da wollten die wandelnden Stoppschilder die Uniformen aufhalten. Aber ein Grüner schrie: Sand! Sie kämpfen mit Sand! Zu den Keulen, Leute! Und sie setzten die chemischen Waffen ein gegen die Kinder. Vier auf einen Streich. Damit die Kinder begreifen: Der laufende Verkehr muß laufen. Die Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung sagt der Magistratsdirektor lohnt nicht, weil sich die Autofahrer ohnehin nicht daran halten würden. Denn der Verkehr muß fließen, geradeaus, Ein Drumherum kann es nicht geben, weil der laufende Verkehr laufen muß. Renate Wiggershaus 7

Während wir uns anfangs in erster Linie als So- lidaritätsgruppe um Lorley Mabry und Ursula Sattler verstanden hatten, entwickelte sich in den letzten Wochen und Monaten bei uns mehr und mehr das Bedürfnis, nicht nur auf Schüsse des Patriarchats zu reagieren, sondern unsere feministische Position in Theorie und Praxis auch wieder nach außen aktiv zu vertreten. Als Sprachrohr und Kampforgan gegen die Patriar- chen beiderlei Geschlechts soll die neue Zeit- schrift DER FEMINIST wirken. tung für die Einberufung der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 13 . Dez .1975 so- wie die Ausleihverpflichtung (bzw. ein Zurück- DAS URTEIL DER PATRIARCHALISCHEN JUSTIZ ÜBER DIE HETZJAGD AUF EINE RADIKALE FEMINISTIN STEHT NOCH AUS behaltungsrecht) der elektrischen Schreibma- schine, die Lorley Mabry in der Jahresmit- gliederversammlung am 9.Juni 1975 übereig- Zur Auseinandersetzung der streitenden Partei- en vor dem patriarchalischen Gericht wollen wir unsere Information auf den Klagegegenstand beschränken, uni der wirklich wichtigen p oli - ti s chen Analyse mehr Platz einräumen zu können. Beim Arbeitsgericht München läuft die Klage auf Aufhebung bzw. Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung von Hannelore Mabrys An- stellungsvertrag und auf Bezahlung des Nov. - und Dez. -Gehaltes. Beim Landgericht München läuft die von H. Mabry und U. Sattler eingereich- te Klage auf Entlastung (siehe in diesem Zusam- menhang auch den Artikel "Warum und wie man in der Frauenbewegung ein Eigentor schießt", S.22 ff.), und beim Amtsgericht München laufen außerdem zwei Prozesse, die die Kostenerstat- net wurde, betreffen. Während die beiden letz- ten Verfahren im Grunde durch die patriarcha- lischen Rechtsanwälte verursacht wurden - die gar nicht schnell genug die volle Kasse des Frauenforum leeren; denn, wenn zwei sich streiten, lacht und verdient der dritte! -, sind die beiden ersten Verfahren das Resultat der Verleumdungskampagne seitens der "Opposi- tionsgruppe": sie führte zur Nichtentlastung des alten Vorstandes. Im Grunde ist der Vorgang schizophren: vom Patriarchat ein feministisches Urteil zu er- warten! Das Ende dieser Tragödie ist nicht abzusehen - das Arbeitsgericht hat nach 8 Mo- naten immer noch keinen Beweistermin durch- geführt! Da kann frau nur sagen: arme Arbeit- 9

listischen Sozialisation sind die Frauen nicht fähig, sich um eines politischen Zieles willen einer Sache unterzuordnen. Das Gehalt Lor- leys war nicht die Hauptursache. Als Verur- sacher "von außen" kämen evtl. die Frauen- zentren, die Männerparteien und -kirchen und der Verfassungsschutz in Frage, ist aber schwer vorstell- oder prüfbar. Emilie S.: Die Frauen sind von Außenkräften benutzt worden. Die Ideologie der Anarchisten - der Männer - hat sich ausge- wirkt. Die Frauen sollten für ein Experiment "Führung von unten nach oben" herhalten. Da die Frauen die Ansichten der Männer "ver- innerlicht" haben, vertreten sie sie deshalb selber. Außerdem konnten sie die Führung durch eine Frau nicht ertragen, weil sie we- gen ihrer eigenen Minderwertigkeitsgefühle voller Neid waren. Lorley M.: Ich bin durch das "Patriarchat in den Frauen" gestürzt worden. Da die Frau- en vom Mann geprägte Geschöpfe sind, können sie den Wert einer eigenen Organisation noch nicht richtig schätzen. Sie haben weder be- griffen, was Feminismus ist, eben, was den Kern der Bewegung ausmacht. Frauenbewe- gung war in den letzten Jahren "in". Sie ist aber "äußerlich" geblieben. Die Frauen haben sie nicht zu ihrer Sache gemacht. Sie waren nicht bereit, ihren Einsatz bzw. Opfer zu bringen. Ich war ihnen unbequem, weil ich für viele eine Art "permanentes schlechtes Gewissen" darstellte - und für das sollte dann am Ende auch noch bezahlt werden! Außerdem ist in der sog.antiautoritären Be- wegung die Ansicht: Führungskräfte seien un- nötig, sie werden angeblich weder gebraucht noch gewünscht. Mechthild N.: Mißgunst und Neid, sowie Über- schätzung der eigenen Fähigkeiten waren die Hauptgründe für das Scheitern. Lorleys Ge- halt war nur Vorwand. Irm ard H. : Das ist auch meine Ansicht. Hin- zukommt noch, daß Lorley manche Frauen zu stark kritisierte. Brigitte K.: Die Frauen haben Angst vor po- litischer Radikalität, vor ideologischen Diffe- renzen. Wir sind in einer politischen Rück- entwicklung zum "Kaffeeklatsch". Günter B. : Narzismus, Rache und Autoritäts- probleme waren die Hauptursachen. Tnge N.: Das Sträuben gegen Führungskräfte - speziell weibliche! Eine Unfähigkeit,andere Leistungen anzuerkennen. Das Gehalt Lorleys war nur Nebensache. Nach diesem ersten Meinungsbild beginnen wir mit der Aufarbeitung historischer Fakten. DIE MITGLIEDERENTWICKLUNG Das FRAUENFORUM e.V. wurde von 11 Frau- en im Dezember 1971 in München gegründet. Bis zum 31. Dezember 1975 gestaltete sich die Mitgliederentwicklung wie folgt: Jahr Eintritte Austritte" Realer Zuwachs" 1971 1972 1973 1974 1975 11 0 103 9 71 30 88 57 135 131 408 227 Stand vom 31 .12 . 75 Aufgrund uns bekanntgewordener Kündigungen und Neueintritte sieht die Mitgliederentwick- lung im 1 .Halbjahr 1976 wie folgt aus (Schätzung zum 30.Juni 1976): 1976 18 65 (3076) 426 292 11 94 41 31 4 181 ./. 47 (Verlust) 134 Da uns besonders die Entwicklung in den zwei Jahren vor dem Sturz des alten Vorstandes in- teressiert, wollen wir uns diese noch einmal etwas genauer ansehen, d.h.nach der früher durch die Satzung vorgeschriebenen halbjähri- gen Kündigungsfrist. Die Jahre 1974 und 1975 spiegeln nämlich sehr genau allein in der Mit- gliederentwicklung die politischen Ereignisse, die zum Scheitern des alten Vorstandes führten. 1974 1) 1 .Halbjahr 43 38 2. tt 45 19 26 1975 1 .Halbj . 115 2. 20 32 99 ./. 79 (Verlust) tt 83 (!) 5 (!) 3) 2) 4) 1) In diesen Zeitraum fiel die erste große Vor- standskrise. Sie ging um die Bewilligung der Aufwandsentschädigung von DM 300. - für L. Mabry und führte zum nicht ganz freiwilligen Rücktritt der Vorstandsmitglieder M. Mar- schall und H. Liepe. Wie wir sehen werden, kostet jeder personelle Machtkampf im Vor- stand Mitglieder (zum Teil aus Rache des Verlierers, zum Teil aus Sympathie mit dem Verlierer). 2) Der gegenüler den vergangener 3 Jahren er- höhte Austritt im 1 .Halbjahr, der allerdings durch einen Eintrittsboom im ersten Halbjahr mehr als voll wettgemacht wurde - realer Zuwachs 83 neue Mitglieder! - ist auf den mißglückten überregionalen Einigungsversuch (Bundestreffen der Frauenforen Ende 1974) zurückzuführen. Ein durch die Frauenzen- tren schon immer geführter Angriff auf unse- re angeblich autoritäre ,hierarchische Füh- rungsstruktur wurde massiv vom Frauenfo- 11

1 Zweck: einen Ei beitskraft (wenigstens einer!) jetzt für ca. 5 Zeitung wird jetzt eingestampft!" bewogen. Sie aktive und ca. 60 passive Mitglieder in Mün- fand zwar keine Mehrheit für die Vernichtung Chen ein Büro finanziert wird (mit Nebenkos- der Zeitung, aber die Einstellung des Vertrie- ten ca. 500. -DM), glaubt man,unsere früheren bes erfüllte einen ähnlichen organisatorischen Probleme gelöst zu haben. Jetzt hat man ein teures Büro, aber die Of - fentlichkeits- und Organisationsarbeit ist to- tal zum Erliegen gekommen... Denn ein Büro ersetzt nicht die menschliche Arbeitskraft, und die ungeheure Buchhaltungs- und Mahnarbeit, die z.B. gerade im Jahr 1975 durch den Vertrieb von insgesamt ca. 12 000 Exemplaren - allein in 10 Monaten! - anfiel, konnte und kann nur von Idealisten (deren Existenzminimum dennoch irgendwie abgesichert sein muß!) oder bezahlten Ar- beitskräften und nicht von einem leeren Büro geleistet werden. Deshalb zogen die ehemali- ge Schatzmeisterin Irmgard Huber, die diese Arbeit seit Januar 1975 vorbildlich erfüllte, und die ehemalige Geschäftsführerin Lorley Mabry in organisatorischen Fragen an einerrd. Strang: sie wollten erst die Arbeitskraft ent- gelten und später, wenn die weitere Steige- rung der Einnahmen dies erlaubte, ein Büro mieten. Für beide wäre durch ein Büro eine zusätzliche Belastung entstanden, nämlich Geld- und Zeitaufwand durch tägliches Hin- und Herfahren. Sie wußten, daß durch ein Büro die Mitarbeit nicht wesentlich gestei- gert werden konnte, da die Frauen der Aktiv- gruppe fast alle ganztägig berufstätig waren. Auf ihnen beiden und auf der "Versandfrau" ( die längste Zeit besorgte dieses Amt Rose- marie Steinäcker) ruhte die Hauptlast der an- fallenden Arbeit. Seit dem 1 .Ju li 1976 ist Gerhild Grolitsch 1 .Vorsitzende des FRAUENFORUM. Sie hatte, bevor sie in die Opposi- tion ging,fünf Monate als stellvertre- tende Vorsit- zende und ein gutes halbes Jahr als "Ver- sandfrau" gewirkt. Vielleicht hat sie dieser Einsatz so frustriert, geistig und moralisch so verwirrt, daß sie sich Wun- der von ihrer Idee des Büros versprach? Aber es müssen wohl doch noch andere Moti- ve hinzugekommen sein, die sie zum Sturz des alten Vorstands und ihrem Ausspruch: "Die nahmenverlust von rund 1500.- bis 2000.- DM pro Monat für das FRAUENFORUM e.V. ! Und verschickt wird die Zeitung - trotz Büro - nach wie vor von der Privatwohnung eines Mitglieds. Und das Büro hat auch in 8 Monaten keine neue Zeitung produziert ... Wie wir bereits erwähnten, machen wir für die äußerst unerfreulichen Vorkommnisse, die zum Sturz des Vorstandes und der Spaltung führten, nicht den "bösen Willen" einer einzelnen Frau, sondern die generelle Überlastung durch das "schnelle" Anwachsen im 1 .Halbjahr 1975 - so- wohl hinsichtlich der Mitgliederzahl wie hin- sichtlich der Zeitschriftenauflage - und die per- manente Führungskrise - den jahrelang desola- ten Zustand des 7-köpfigen Vorstandes - verant- wortlich. Nach unserer praktischen Erfahrung ist eine er- folgreiche Politik nach außen und innen nur mög- lich, wenn die" Funktionärinnen" bzw. Vorstände hinsichtlich ihrer feministischen Überzeugung sowie ihres persönlichen Einsatzes eine homo- gene Gruppe bilden. Die Einigung auf und die Er- reichung des politischen Zieles der Organisation, sei es die Herausgabe einer feministischen Zei- tung oder/und der Aufbau einer FE MINESTI- SCHEN PARTEI , muß stets Priorität haben und dies gelingt nur, wenn generell ähnliche Interes- sen und politische Bedürfnisse bei den Vorstands- mitgliedern vorliegen. Einen 1.n. dieser Beziehung homogenen Vorstand hat das FRAUENFORUM in den vier Jahren leider nie konstituieren können. Schon zur Gründung der Organisation fanden sich wildfremde Frauen ohne theoretische Vorarbeit, ohne politische Praxis (bis auf zwei) und ohne ge- meinsame Erlebnisse "zusammen". Die sieben konnten aus Überlastung, Zeitmangel oder wegen ihrer ideologischen Differenzen nie wirklich zu- sammenwachsen. Noch nicht einmal das Fern- ziel FEMINISTISCHE PARTEI war für alle Vor- standsmitglieder bindend , von personellen Ani- mositäten etc. einmäl ganz abgesehen! Die eigentliche Organisationsarbeit "ruhte" außer auf Lorley Mabry meist nur noch auf 2 oder 3 weiteren Vorstandsmitgliedern. Stellte ein neu- gewähltes Vorstandsmitglied fest, welcher Ar- beitsanfall mit ihrem Amt verbunden wurde, so trat es in der Mehrzahl bereits nach 3 spätestens nach 6 Monaten wieder zurück. Deshalb war es nicht Prinzip sondern Notlage, weshalb' frau" be- reits nach ganz kurzer Vereinsmitgliedschaft zu Vorstandsehren - es waren eigentlich nur Vor- standspflichten! - im FRAUENFORUM gelangte. 13

"Oppositionsfrau" hat wie sie praktisch 10 000. - DM in das FRAUENFORUM e.V. investiert!! Anstatt ihren Forschungsauftrag zu erfüllen, den sie nach dem Studium erhielt, steckte sie ihre ganze Kraft und Zeit in den Aufbau der Organi- sation und der Zeitschrift. Damit sie dieses Sti- pendium entweder zurückzahlen oder doch noch erfüllen konnte, hatte die Aktivgruppe und der gestürzte Vorstand einstimmig für den auf 6 Monate begrenzten Anstellungsvertrag zwischen H.Mabry und dem Frauenforum gestimmt. Denn Im Gegensatz zu allen anderen Vorstandsmit- gliedern und anderen aktiven Mitgliedern des Vereins hatte Lorley Mabry sich weder um ihre Berufschancen noch um ihre Sicherung im Alter und auch zum finanziellen Erfolg des Frauen- for= beitragen können. Im Gegenteil ihr "Verdienst" ist, den mühsam erarbeiteten Gewinn, den wir nicht zuletzt wegen der jah- relangen unbezahlten Arbeitskraft Lorley Mabrys ansparen konnten!, zu den patriar- chalischen Anwälten und Gerichten zu tragen. Trotz der vorbildlichen Geschäftsführung des am 18.01d.1975 abgewählten Vorstandes er- hielt er wegen der riesigen Verleumdungs- kampagne der "Oppositionsgruppe" bei beiden außerordentl. Mitgliederversammlungen (am 18.10.u.13.12.75) seine Entlastung nicht. Die seit dem Sturz des alten Vorstandes am- tierenden Vorstandsmitglieder reagierten auf die karikaturen auf seite 13-15 haben wir den 99 boshaften zeichnimgen von RONALD SEARLE "weil noch das lämpchen glüht", zürich 1955, seite 104-109, entnommen. gekümmert: sie hatte sich 4 Jahre lang hauptbe- ruflich für den Verein eingesetzt und das Risiko - wie man jetzt sieht! - allein getragen. Die Frauen dePOppostion" vertreten sogar seit dem 8.Sept.1975 die Ansicht, daß der feministische Einsatz die "Privatsache" jeder Frau sei. Sie setzten praktisch die Einstellung des Patriar- chen gegenüber Frauenarbeit in den eigenen Reihen fort: Frauen haben für ein Trinkgeld oder umsonst zu arbeiten, selbst dann, wenn Geld in der Kasse ist und sie auf den Verdienst ihrer Arbeit angewiesen sind! Die wenigsten "Oppositionsfrauen" haben wegen der Kürze ihrer Vereinsmitgliedschaft überhaupt etwas - geschweige denn viel!- zum politischen den Entlastungswunsch von Mabry/Sattler ganz im Gegenteil am 1. Nov.75 mit der fristlosen Kündigung von Mabrys Anstellungsvertrag, ob- wohl dieser durch die a. Mitgl. -Versammlung am 18.10. nur um einen Monat verkürzt wor- den, also bis zum 31. Dez. 75 bestätigt worden war. Der neue Vorstand gönnte Lorley Mabry aber auch das Nov. u. Dez. -Gehalt nicht, ob- wohl er am 31.01d.75 ein Gesamtvermö- gen von rund 46 000. -DM -undbis zum 31.Dez.75 (Vertragsende) durch 2 weite- re Monate Beitragsaufkommen v on run d 50 000 .- vom alten Vorstand über- nommen hatte ! Diese Summe teilt sich in 3große Posten: den angesparten Gewinn, die 15

Ausschluß. Anstatt eine konsequente politische und sexualpolitische Umerziehung des Mannes und der Frau in Gang zu setzen und die Patriar- chen z.B. gemeinsam mit dem "früheren" Frau- enforum e . V . zu bekämpfen, ülernahmen beson- ders die Frauenzentren völlig unkritisch die Me- thoden und den Stil der amerikanischen Frauen- bewegung: Consciousness-raising (Bewußtseins- veränderungs-)-Gruppen und die lesbische Rich- tung waren jetzt "in". Dagegen die warnenden und selbstkritischen Stimmen, die sich in den USA schon sehr früh zu Wort meldeten - wie z.B."die tyrannei in unstrukturierten gruppen" - ein Beitrag zu und aus der amerikanischen Frauenbewegung von Jorees (Schwarze Proto- kolle"Nr. 8) -,beachtete frau/man in der BRD wenig. Durch Gruppeninzucht erreicht frau aber nicht politische Solidarität oder gar eine gemein- same überregionale Strategie! Bot eine Frau andere als die "neuen Heilslehren" an, propagierte sie so etwas "konservatives und patriarchalisches" wie eine Partei oder Gewerk- schaft, eine Großorganisation, und sei es auch eine FEMINISTISCHE Partei, so wurde sie zur Buhfrau, zum "Schwarzen Schaf' der Frauenbe- wegtmg. Sie hatte eben den "Zeitgeist" nicht be- griffen. Was frau nun bei der Frau anstatt beim Mann suchte, war Zärtlichkeit, Trost und Aus- sprache, aber nicht gemeinsame zähe politische Arbeit, Lernen und Selbstkritik sowie Auseinan- dersetzung mit dem politischen Gegner. Dennoch: wichtiger als die s e xue 11 e Befreiung vom Mann scheint uns nach wie vor die ö k on o m - sche undintellektuelle Befreiung vom Pa- triarchat. Wir verbünden und solidarisieren uns mit der "Gruppe" Frau, weil die Gruppe als Ge- schlecht diskriminiert und ausgebeutet wird, aber nicht, weil wir Frauen "als Frauen" moralischer und humaner etc. finden. Deshalb haben wir auch den Begriff "Patriarchalinnen" eingeführt und mit der Trennung zwischen FEMINISTEN und PATRIARCHEN (beiderlei Geschlechts) unse- re politische Richtung kenntlich zu machen versucht. Auch in den eigenen Reihen stießen wir da hin und wieder auf harte Kritik, denn die Frauenbewegung hatte gerade die "Schwester", das "Du", die "neue Zärtlichkeit" entdeckt... Von einer politischen Differenzierung inner- halb des Geschlechts wollten nur noch die Sozia- listinnen, die Marxistinnen etwas wissen. Den Begriff "Patriarchalinnen" wollte man außerhalb der Bewegung schon gar nicht, aber selbst inner- halb nicht gern hören. Und sogar unter den drei bekanntesten Autorinnen und Theoretikerinnen des FRAUENFORUM - STIMME DER FEMINI- STEN : Hannelore Mabry(München), Hannelore Brüschke-Schröder (Göttingen) und Gunild Fei- genwinter (Basel) war im Jahre 1974 eine hef- tige Kontroverse ausgebrochen. Den Auftakt hatte da Mabrys Artikel "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - ein Ladenhüter!" (FRAUEN- FORUM Nr.3/1974) bereits vor seinem Er- scheinen gegeben. Hannelore Brüschke-Schrö- der hatte das zur Ansicht verschickte Manus- kript entrüstet kritisiert:".. . bitte nimm das sehr ernst: keine öffentliche Selbstzerflei- schung von Frauen gegen Frauen! Wir haben mit aller Energie die Männerherrschaft zu kritisieren, zu bekämpfen und alle Frauen zu organisieren! Die Frauenbeschimpfung mache ich nicht mit 'II Dein Begriff von Patriar- chat vereitelt die Klassenanalyse (Sexualklas- sen: Patriarchen gegen alle Frauen), an der wir arbeiten, die klaren Fronten, die wir aus- arbeiten wollen und müssen und können! !!Du weichst sie hier auf - daher ist das ganz schädlich!!! Die Terrmungslinie liegt zwi- schen Männern , allen, und allen Frauen, falle hinter diesen Erkenntnisstand nicht zurück... alle Männer stehen gegen alle Frauen , abstra- hiere von den paar Sonderfällen und von Frau- en mit falschem Bewußtsein! Sie müssen sogar alle ein falsches Bewußtsein haben und es ist ein schieres Wunder, daß einige klar sehen, werde hier nicht rückfällig... Selbst verräte- rische Frauen sind nicht unsere Feinde - wir müssen ihnen Hilfe geben, ihre Situation zu erkennen! Das ist unsere Aufgabe..." Und ob- wohl Gunild Feigenwinter stets mehr mit Ma- brys theoretischem feministischen Standort ülereinstimmte, blies sie nun in dasselbe Horn: "...betreffend Loccum: Ein paar Sachen müssen aus dem Vortrag - ungeachtet der In letzter Abstraktion vielleicht geschlechtslos werdenden Theorie - unter allen Umständen heraus und eines muß noch hinein... 'der Fe- minist' . Liebe Lorley, in diese Abstraktion kann ich Dir nicht mehr folgen. Ich habe den Feministen noch nie gesehen, ich kann mir denken, daß er es auf dem Sterbebett wird. So- lange der Mensch noch der Mann ist, ist die Feministin eben nicht 'der Mensch' - und so- lange der männliche Feminist noch nirgends öffentlich hervorgetreten ist und sich auf der ganzen Linie für uns bekannt hat, haben wir gar keinen Anlaß, diesen Herrn zu erwähnen. Die Begriffe mögen sich geschlechtsneutral vereinen - das müßte auch noch untersucht werden - aber die Personen haben sich bislang nicht vereint. ..wir können uns nicht leisten, die Männerherrschaft, solange sie noch ganz eindeutig existiert, aus unserer Terminologie 'herauszudefinieren' . So sehr ich mit der De- finition Patriarchat - Gewaltherrschaft einver- 17

WIE UND WARUM SCHWESTERN - ABER EBEN NOCH KEINE FEMINISTEN ! - AUFEINANDERSCHLUGEN anhand der Bilanz überprüfen• 1975 . arbeit und im Frauenforum hätte arbeiten können ohne ihre feministisohen Schwestern auszuplündern.Wir sind belogen u.betrogen worden!" Darin stimmen wir mit der "Schwester" überein - allerdings nicht von Hannelore Mabry! Von wem, das konnte u. kann jedes Mitglied anhand der Bilanz und anhand des "neuen" Führungsstils der am 18. Oktober siegreichen "Opposition" feststellen. Der selbstverräterische und -zerstörerische Akt dieser beiden Theoretikerinnen wie der Frauen, die diese "Palastrevolution" initier- ten, führte bei den "Mabrysten" anfänglich zu tiefer Depression und Hoffnungslosigkeit. Der Ausspruch, den Iris von Roten (Radikale Fe- ministin bereits in den 50er Jahren und Ver- fasserin von "Frauen im Laufgitter") nach ähn- lich trüben Erfahrungen in der Praxis getan haben soll:"Jede Stunde politischer Arbeit für die Frauen ist sinnlos !", trifft in etwa auch un- sere erste Reaktion. Erst nach und nach erhol- ten wir uns von diesem Schlag und begannen tingen angereist war, ihre ideologische Kontra- hentin aber "Schwester" fertigzumachen ver- suchte, iffiertrafen allerdings unsere kühnsten Vorstellungen. Ohne mit der Wimper zu zucken, verkündete sie u. a." . Schulung wurde nichtge- macht, an die Zeitung durfte sich außer an den Verkauf niemand heranwagen (aber allein durch ihre Artikel war diese Sprecherin den Anwesen- den überhaupt bekannt- die Redaktion). Wenn das Frauenforum zusammenbricht, ist beileibe nicht die Oppositionsgruppe schuld, schuld ist allein H.Mabry, die den finanziellen und politi- schen Bankrott und den Verrat an den Mitglie- dern und an der Frauenbewegung zu verantwor- ten hat...Warum hat H. Mabry in all diesen Jah- ren ihre Sachkenntnisse nicht weitergegeben? So wie die Dinge liegen, wurde geradezu hinter- trieben, daß Frauen politisch handlungsfähig wurden... Die moralischen Qualitäten müssen wir der 1.Vorsitzenden absprechen: Wir haben zu viel Lügen und Egoismus aufdecken müssen ( an dieser Stelle erhält die Redn erin von der V ersammlungsleiterin den 2.Verweis wegen des Ausdrucks "Lügen" : beim dritten mal müsse sie ihr das Wort entziehen)... Er war allerdings be- reits zum dritten mal gefallen, denn schon zu Be- ginn ihrer Hetzrede schämte sie sich nicht mit der wüsten Verleumdung aufzuwarten (jeder konni mit der Aufarbeitung dieser furchtbaren Kin- te u. anhand erhielt H. Mabry 11700. - DM vom Frauenforum): "...Mabry hat... uns allen Opferbereitschaft in Form von Geld und unbezahlter Arbeit abver- langt, sich selbst dagegen di e s e s J ah r üb er 27 000. - DM aus der Vereinskasse angeeignet ...das gelang mit Hinterhältigkeit und juristischen Kniffen und Lügen... (1.Ver- weis) Wir können nachher in der Diskussion fest- stellen, ob wir also Lügen nachweisen können oder ob das übertrieben ist (Nur ein einziges Mitglied interessierte sich für die Klärung die- ser Behauptung anhand der vorliegenden Journa- le und sprach deshalb anschließend zur Vertei- digung des Vorstandes. Aber die Wahrheit in- teressierte die Versammlung an diesem Tage nicht... -die Redaktion). Wir wissen, daß sie 800. -DM Arbeitslosengeld (H. Mabry hatte mit zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA die vier Jahre während ihrer unentgeltlichen hauptberuflichen Tätigkeit für das FF gar kei- nen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, da sie vor ihrem Studium freiberuflich als Schauspielerin gearbeitet und nach dem Examen 10 000. -DM für einen Forschungsauftrag - den sie "neben- bei" allerdings nie zu erfüllen vermochte! - er- halten hatte; also keinen Nachweis über 3 oder 6 Monate bezahlter Berufstätigkeit nachweisen konnte ! -die Redaktion) und 500. - DM vom Frau- enforum gut hätte leben und an ihrer Forschungs- derkrankheiten des Feminismus. Es wir auch nicht der letzte Schlag der "Schwestern" gewesen sein, denn wie die meisten Frauen innerhalb des Patriarchats: sie wissen immer noch nicht, was sie politisch taten und tun. Sie sind noch ohne feministisches Klassenbewußt- sein oder unfähig zu feministischer Praxis. Wie wir gesehen haben , hat auch die intensive theoretische Beschäftigung mit der Frauenfra- ge mitunter kaum Einfluß auf das eigene Ver- halten. Aber nur, wenn wir unsere feministi- schen Theorien mehr und mehr de r P raxis aussetzen, sie ständig gemein- sam mit anderen erproben und prüfen, wer- den wir das Patriarchat in uns und um uns eines Tages überwinden. Der FEMINISMUS LEBT, solange wir für ihn und an ihm arbei- ten! Wir sind gescheitert, weil wir im ersten An- lauf die Frage der Politökonomie in der Bewe- gung zu sehr verdrängten. Eine politische Be- wegung nur auf den Idealismus - und möglichst noch der anderen, nicht dem eigenen! - aufbau- en zu wollen, ist asozial und irrational. Lorley Mabrys größter Fehler war, daß sie zu spät die Aktivgruppe bzw. den Vor- stand zwang, sich mit der Bezahlung ihrer Ar- beitskraft und ihrer Alterssicherung zu be- schäftigen, denn freiwillig war dies leider nie 19

derungsverein für die Zeitung machen, weil die Zeitung dem Verein viel Geld einbringt und weil sie so wichtig ist, um in der Bevölkerung zu agitieren. Heute ist das alles nicht mehr wahr, die Zeitungen schmoren im Keller. Sie werden nicht mal mehr bei öffentlichen Veranstaltungen verkauft. Auch dafür ein Beispiel: Das Aktions- komitee der Münchner Frauenverbände stellte unsere Zeitung in der Ausstellung zum Jahr der Frau in der DRESDNER BANK aus. Als Hilde- gard Liepe und Dagmar Hoepp zwei Veranstal- tungen von diesem Aktionskomitee besuchten, haben sie noch nicht mal e in e Zeitung ver- kauft. Anstatt also wenigstens ein Minimum an Vereinsarbeit aufrechtzuerhalten, installieren sie Quatschgruppen x), in denen die Aktionen a n d e r e r Gruppen nachgekaut werden. Davon konnte man sich ja im letzten Plenum am Mittwoch (10.Dez.1975) überzeugen. Ihr müßt Euch das mal überlegen: Die Zeitung ist von Vereinsgeldern gedruckt worden. Sie stellt doch schließlich ein beträchtliches Vermögen dar - von der politischen Information ganz zu schweigen. Aber was soll' s, politische Ziele gibt es im Frauenforum ohnehin nicht mehr. Die früher stärkste feministische Gruppe in Deutschland soll jet zt in ein paar Quatschgruppen unter- gehen, der neue Vorstand nennt sie "Arbeits- kreise" . Bei diesen sogenannten Arbeitskreisen gibt es weder einen für politische Agitation der Bevölkerung noch einen für eine Feministische Partei. Ausgerechnet jetzt, wo wir schon in der Öffentlichkeit von SPD- Frauen hören kön- nen, man brauche eigentlich eine Frauenpartei, zum Beispiel Lydia Wilkop im Amerikahaus, da sinkt das Frauenforum ab zur Bedeutungs- losigkeit. Ob ein paar Frauen im Frauenforum untereinander palavern, ist für die politische Entwicklung der Frauenbewegung vollkommen wertlos. E in "Frauenzentrum" in München dürfte ja wohl reichen. Ich kann nur sagen, da ist mir jedes Gespräch mit einer wildfremden Frau lieber, vie lleicht hat sie noch nie was vom Feminismus gehört und ich kann ihr ein paar Anregungen geben. Der Verein kann sich bei so wenigen aktiven Kräften eine Zersplitterung in 10 Diskutier- grüppchen gar nicht leisten, wenn er noch ir- gendwo in der Frauenbewegung von Bedeutung sein will. Schade um das Frauenforum. x) der Ausdruck "Quatschgruppe" wird von der Redaktion und der Autorin in dem Sinne von "Aussprachegruppe"verwendet, wie in den USA und in der BRD in der Frauenbewegung allgemein Wich. Aber ich möchte doch nochmal auf meine Per- son und auf meine Rolle bei den katastropha- len Vorgängen im Frauenforum zurückkom- men: Obwohl also die Zusammenarbeit mit so mancher Frau nicht gerade einfach war und die Solidarität auch früher nicht gerade über- wältigend, so habe ich mich doch mit keiner Frau gestritten, ich bin wohl kaum als "auto- ritär" zu bezeichnen und ich habe im Gegen- satz zu so mancher "Oppositionsfrau" meine Beiträge pünktlich bezahlt. Bei Gerhild Gro- litsch und Hannelore Brüschke-Schröder hat- te man z. B. in letzter Zeit große Mühe, um sie zur Beitragszahlung zu bewegen. Ich je- denfalls habe alle meine Aufgaben im Verein zuverlässig ausgeführt, kurzum, ich bin die dumme Frau, die den Feminismus wichtiger findet als ihre eigene Eitelkeit und ihre Min- derwert igkeitskomplexe Aber das alles hat mir gar nichts genützt: Im Gegenteil, am 18. Oktober 1975 heißt es, der gesamte Vorstand, also auch ich, wird nicht entlastet. Plötzlich heißt es, wir, also auch ich, hätten in die Kasse gelangt, denn das versteht man ja wohl im allgemeinen unter Nichtentlastung. Nichtentlastung bedeutet auch, daß jedes ein- zelne Vorstandsmitglied noch nach Jahren für seine Tätigkeit im Frauerforum haftbar gemacht werden kann. Und das halte ich, gelinde ausgedrückt, für eine Unverschämt- heit, wenn ich so betrachte, welche Arbeit wir im Frauenforum geleistet haben. Bei den Methoden, die jetzt im Vorstand üblich sind, würde ich mich nicht wundern, wenn man in zwei Jahren behaupten wür- de, ich hätte während meiner Amtszeit in Japan einen Öltanker bestellt und ich solle gefälligst dafür aufkommen. Wie Ihr Euch denken könnt, habe ich lange darüber nachgedacht, warum ich im Frau- enforum In so eine Sache hineingeraten bin. Und ich muß sagen, die Erklärungen, die ich schließlich gefunden habe, werfen nicht gerade ein schmeichelhaftes Bild auf die "Oppositionsgruppe". Es war im Mai dieses Jahres, da rottete sich eine Gruppe von Frau- en zusammen, die nach meiner Meinung eines gemeinsam hatten: Minderwertigkeitsgefühle und Neid und Haß auf Lorley Mabry, vielleicht kamen auch noch unbefriedigte Eitelkeit und Autoritätsneurosen dazu. In ständigen gehei- men Treffen bauten sie offensichtlich ihr Feindbild auf. Es ist ja viel einfacher mit einer ganzen Meute, eine 23

die erst schon erwähnte fristl ose Kündigung von Lorley Mabry. Der Anwalt erklärt uns, daß es nun nur noch zwei Möglichkeiten gibt, um zu unserer Ent- lastung zu kommen: Entweder wird eine außer- ordentliche Mitgliederversammlung einberufen oder aber es muß ein Prozeß geführt werden. Da wir den Prozeß unbedingt vermeiden wollen, machen wir uns die viele Arbeit für eine Ein- berufung. In der Satzung heißt es, der Vorstand des Ver- eins muß eine außerordentliche Mitgliederver- sammlung einberufen, wenn mindestens 20% der Mitglieder es wollen. Aber das gilt für den neuen Vorstand im Frauenforum noch lange nicht. Wir haben genügend Stimmen für eine Mitgliederversammlung bekommen, aber der Vorstand wehrte sich mit Händen und Füssen, die Versammlung einzuberufen. So sieht es nämlich jetzt aus mit der Demokratie im Frau- enforum. Wir mußten sogar zum Vereinsregi- stergericht, um diese Versammlung WDerhaupt möglich zu machen. Das alles kostet natürlich Geld. Und weil dem neuen Vorstand das Geld ja so wichtig ist, möchte ich Euch mitteilen: Nur weil der neue Vorstand sich geweigert hat einzuberufen, sind Kosten von ca.1000. - DM entstanden. Man muß sich mal diesen Irrsinn vorstellen: Der neue Vorstand würde lieber tausende von Mark an ein patriarchalisches Gericht und an Anwälte zahlen, bevor er einer Frau, die für den Feminismus arbeitet, ein Gehalt bezahlt. Und der "alte" Vorstand wird von angeblich feministischen (I) Frauen so ungerecht behan- delt, daß ihm keine andere Möglichkeit bleibt, als durch ein Gericht die Entlastung feststellen zu lassen. Aber um noch einmal auf den Anfang zurückzu- kommen: Was habe ich mir nun zu Schulden kommen las- sen? Warum bin ich nicht entlastet worden? Nach Ansicht der "Oppositionsgruppe" war es falsch von mir, Lorley Mabry das Gehalt zu gönnen. Ich habe tatsächlich - genauso wie 12 andere Frauen in der Aktivgruppe - für den Arbeitsvertrag gestimmt und ich habe ihn spä- ter unterschrieben. Es ist schon so oft gesagt und geschrieben worden, wie es zu diesem Arbeitsvertrag kam. Es ist ja auch in allen Protokollen nachzulesen. Trotzdem werde ich es noch mal sagen: Schon im Frühjahr 1975 waren sich alle Mit- glieder der Aktivgruppe darin einig, daß es auf die Dauer unmöglich ist, die viele Arbeit mit lauter unbezahlten Kräften zu bewältigen. Im Juni 1975 sind die Mitgliedsbeiträge er- höht worden, um in naher Zukunft eine Frau hauptberuflich bezahlen zu können. Wir wußten damals nicht, wer das sein würde und wir wußten nicht, wie hoch das Gehalt sein würde. Wir dachten manchmal an eine Schreibkraft, die wir einstellen könnten, und wir überlegten, ob wir Lorley ein Gehalt zahlen könnten. Das alles waren Überle- gungen in der Aktivgruppe. Wir beschlossen, die Reaktion auf die Beitragserhöhung abzu- warten und in der Mitgliederversammlung im Dezember 75 sollten die Mitglieder dann entscheiden, was gemacht werden sollte. Unsere Schätzungen in Hinsicht auf die Bei- tragserhöhung erwiesen sich nachträglich als richtig: Wir rechneten mit ca. 50 Aus- tritten, es kamen aber nur 35. Vereinsintern nahm die Entwicklung dann allerdings einen Verlauf, den wir uns damals nicht hätten träumen lassen. Am 9. Juni 75 auf der Jahresmitgliederversammlung hatte nämlich die "Oppositionsgruppe" ihren ersten großen Auftritt. Ursula Schuhbauer, Gerhild Grolltsch, Dagmar Hoepp 5) und noch ein paar Frauen probten ihren ersten öffentlichen An- griff. Vor 18 Gästen und 39 Mitgliedern (von denen ca. 20 nur ein-od. zweimal im Jahr er- scheinen!) versuchten sie schon damals , Lorley Mabry fertigzumachen. Hinzu kam noch, daß die "Oppositionsgruppe" die anderen Frauen praktisch seit Mai 1975 mit der ganzen Vereinsarbeit sitzen ließ. Wir mußten also immer mehr für den Verein schuften, während die "Oppositionsgruppe" mit enormer Energie den Verein spaltete. Wegen dieser äußerst unsolidarischen Vor- gänge war Lorley Mabry verständlicher- weise nicht mehr bereit, weiterhin nur für ein Trinkgeld zu arbeiten. Sie erkundigte sich, welches Gehalt ihr im öffentlichen Dienst zustehen würde und legte der Aktiv- gruppe den auf sechs Monate befristeten Ar- beitsvertrag zur Beratung und Abstimmung vor. Alle, ohne Ausnahme, waren damit ein- verstanden. Rosemarie Steinäcker 6) und Marie-Annick Mass6 lagen Lorleys Gehalt so sehr am Herzen, daß sie sich sogar schriftlich dafür einsetzten. Es ist doch vollkommen logisch, daß wir bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Juli von einer arbeitenden Aktivgruppe, dem erhöh- ten Beitragsaufkommen, der auf 7000 Exem- plare gesteigerten Zeitungsauflage, und da- mit von einem finanziellen Einkommen des Frauenforum e.V. ausgingen, das den auf 25

x) für Leser, die uns erst durch diese Zeitung kennenlernennorleist der Rufname von Hanne- lore Mabry, und wie Ihr sicher wißt, duzen wir uns in der Frauenbewegung. Zur Verdeutli- chung und Aktualisierung meiner im Dezember 75 abgefaßten Rede noch folgende ergänzende Fußnoten: 1) Die Wörter "Opposition" bzw. "Oppositionsgruppe" und "Feindbild' sowie "autoritär" stehen in Anführungszeichen, weil a) Opp os i ti on sich für mich als Feministin nicht gegen eine Feministin richtet. Es sei denn, die Opposition ist politisch und kann sich durch feministische Analyse ausweisen. Also: Kritik von Tatsachen und nicht Anhäufung von Verleumdungen! b) das F e indb 11 d der Feministen das Patriarchat ist und nicht eine aktive Feministin, die sich durch ihre theoretische und praktische Arbeit für den Feminismus ausgewiesen hat. c) nach Th.W. Adorno u.a. diejenigen Individuen auto r i t ä r bzw. eine Auto r i t ä r e Per - s ö n 1 i chke it genannt werden, die aufgrund ihrer Antworten In einem spezifischen Frage- bogen "faschistische" Tendenzen erkennen lassen, also bereit sind, sich einem Führer un- terzuordnen, wie sie selbst Untergebenen gegenüber den Autokraten spielen, sie seien also vorgeprägt zur Übernahme totalitärer, meist als faschistisch bezeichneter Ideologien. Dies schreibt Helmut Schoek (Kleines Soziologisches Wörterbuch, Herderbücherei 1969, 5.36/37) und weiter: Als nicht näher definierte Vokabel der politischen Polemik gehört die a.P. , ins- besondere das disqualifizierende Adjektiv "autoritär" zum Arsenal der gegenwärtigen Ge- sellschaftskritik, meint hier aber meist Hierarchie, das Fehlen von "Mitbestimmung'und autokratische Führungsmethoden. Nach dieser Definition trifft der Begriff nicht auf Lorley und auch nicht auf Lorleys Führungsstil zu - sondern gerade auf den Führungsstil des neu- en Vorstands. Ein Vorsta.nd, der sich laut selbstgebastelter Satzung nicht mehr durch die Mitgliederversammlung kontrollieren lassen will, der mißliebige Mitglieder durch sein Schiedsgericht ausschließen läßt und alle wichtigen externen und internen politischen Ent- scheidungen lediglich durch ca. 7 Frauen der sog. Aktivgruppe autokratisch vollzieht - alle anderen sind vom Stimmrecht ausgeschlossen. Unbequeme Kritik wird neuerdings durch die Beschränkung der Redezeit auf 2 (!) Minuten abgewürgt. 2) Vorstandsmitglied vom 18.0kt.75 bis 24. Febr.1976 3) Vorstandsmitglied vom 18.0kt.75 bis 24. Febr.1976 4) Erste Vorsitzende seit 24. Febr.1976 5) Ursula Schuhbauer, eine der Hauptaktivistinnen beim Sturz des alten Vorstandes, gehörte zu diesem Zeitpunkt ein halbes Jahr dem Verein - und davon 4 Monate dem Vorstand an. Nach vollbrachter Tat verließ sie den Verein. Dagmar Hoepp hatte nach einem Monat bereits ihr Vorstandsamt wieder niedergelegt und gehörte dann auch zu den rotierenden neuen Vorstands- mitgliedern. Ebenso Gerhild Grolitsch, die nach "getaner Arbeit" erst auch keine Verantwor- tung mehr übernehmen wollte, von den "Schwestern" dann aber doch im Febr. 76 dazu gedrängt wurde. Siehe in diesem Zusammenhang auch die Dokumentation einer permanenten Ftihrungs- krise, S. 8 - 20 6) Erste Vorsitzende vom 18.01d.75 bis zum 19. Febr.1976, dann trat sie zurück, weil sie es mit ihrem Rechtsempfinden nicht vereinbaren konnte, daß dem alten Vorstand die Entlastung nicht erteilt wurde. Sie war am 18.01d.75 "kurz vor 12" als 1. Vorsitzende "eingesprungen", da die ursprünglich vorgesehenen "Oppositionsvorstände" Ursula Schuhbauer, Hannelore Brüschke-Schröder und Gerhild Grolitsch sich in letzter Minute vor der Verantwortung drück- ten und untereinander heftige Querelen bekamen. Für das Frauenforum trifft leicht abgewan- delt folgendes Sprichwort zu: "Vorstand werden ist nicht schwer, Vorstand sein dagegen sehr". Rosemarie Steinäcker war die erste, die ihren verhängnisvollen Schritt einsah und die die poli- tische Talfahrt, die nun einsetzte, wieder aufzuhalten versuchte. Bereits im Nov. 75 wollte sie durch einen Vergleich retten, was noch zu retten war und weiteren Schaden für den Fe- minismus abwenden. Sie stand mit dieser Haltung im neuen Vorstand aber allein und die Be- gründung ihres Rücktritts , die sie in der Mitgliederversammlung im Febr. vortragen wollte, wollte nur noch eine Minderheit hören. Der neue Führungsstil erlaubt keine Selbstkritik und Offenheit. Wem dieser Stil nicht paßt, der wird zum Austritt aufgefordert. Eine Diskussion wer die neue Satzung hielt man vor der Abstimmung auch nicht für nötig. Das Grundsatzpa- pier über den neuen Kurs , das man laut Satzung mit seinem Eintritt anerkennen muß, hat noch niemand zu Gesicht bekommen. Das theoretische Fundament der jetztigen Führungsclique bleibt im Dunkel, mir aber reicht die Praxis vollauf: mit FEMINISMUS hat sie nichts zu tun! 27

nicht als statist, als objekt der handlung, als kulisse, sondern mit adriana eine gegenfigur zu der traditionellen frau und ihren lebensschemata, die passiv ist und nur statist des lebens, wie es die bürgerliche normalität vorschreibt. adriana ist kein provokativer typ, aber sie handelt. sie bricht eine liebesbeziehung ab, die ihr das durchbrechen des bürgerlichen einerleis, der gewöhnung, verweigert und äußerlich bleibt, im gewohnten leben enden soll, was auch das ende der liebesbeziehung eines tages bedeutet hätte. eine entscheidung zur befreiung von den normen der geschlechterbeziehung wie paul sie verstand, in der sie sich nicht als mensch verstanden fühlt. ein so poetischer wie gesellschaftskriti - scher film. ein film fair die idee der liebe gegen die bürgerliche norm, für das leben gegen das bürgerliche weltbild, auch wenn die ziele noch offen sind, ein film gegen das klischee "frau", gegen das klischee "mann-frau". 'adriana schwamm nicht im strom des lebens, sie wußte noch nicht was sie wollte, aber sie wußte was sie nicht wollte." nicht objekt sein. auch nicht in einer zärtlichen bez iehung. darin liegt die pointe des films. in alain tanners film ist die erfahrung und hand- lung der theorie voraus, das wesentliche für die befreiung von den bürgerlichen normen der be- ziehungen zwischen den geschlechtern: anders leben. alain tanner selbst zu dem film:"für mich ist es ganz einfach, sobald die frau anfängt, sich zu rühren, bringt sie viel schneller als ein mann das gesellschaftliche gebäude ins wanken. weil sie die familie anriihrt und all das was an der basis unserer gesellschaft liegt."(zit. in LE MONDE) Traute Richter Mü.,14.5.76 Diese Filmbesprechung löste zwischen Hanne- lore Mabry und Traute Richter folgende Korres- pondenz aus, die wir den Lesern nicht vorent- halten wollen: Liebe Traute, • • . zu Deiner Filmkritik. Ich finde sie sehr gut bis auf den Begriff "bürgerlich", den Du ständig als Begriff Deiner Kritik verwendest (unser al- ter Streit!) und den ich in feministischen Analy- sen so undefiniert einfach nicht akzeptabel finde. • • • Denn: Frauen kann man nicht zu den Männer- klassen Arbeiterschaft - Bourgeoisie - Bauern etc. einfach dazuaddieren! Durch das Patriar- chat, das alle Männerklassen umfaßt, entsteht für die Frau generell ein ei eases lüassenpro- blern.1). • • Die ökonomische Lage des weiblichen Bourgeois ist niemals gleich dem männlichen 1) Siehe in dieser Hinsicht:Der Feminist, S.1 ff. Bourgeois und deshalb greift auch die Voka- bel "bürgerlich" zur Beschreibung und Er- klärung der Prozesse der Emanzipation der Frau nicht. Es ist ein marxistischer Begriff, und Marx übersah oder negierte eben, daß wir ein Patriarchat haben! Wenn Du also Deine von der Sache her richti- ge Kritik richtig definieren willst, so mußt Du wenigstens schreiben "nach patriarcha- lisch-bürgerlicher Kultur". Auch die "Bür- gerin" erfüllt nur die Rolle, die das Patri- archat ihr zugestand: "Anhängsel des Mannes bzw. seiner Klassd'zu sein! ... So, in Eile noch herzliche Grüsse Lorley Liebe Lorley, ... was die tanner-rezension angeht, so blei- be ich bei !'bürgerlich" im sinne der kultur/ zivilisation, denn das patriarchalische ist nicht totaliter ihre struktur, sondern nur ein faktor, der selbstverständlich zwischen mann und frau prekär wird . darin unterscheidet sich auch unsere perspektive. menschliche beziehungen sind nicht einfach als patriarcha- lisch allgemein zu kennzeichnen, abgesehen davon, daß der begriff an verhältnis vater- kind erinnert, ich ihn also auf die modernen herrschaftsformen nicht gerne anwenden wür- de, sondern von herrschaft sprechen würde. wer davon redet und diese faktoren der ge- schlechterherrschaft ignoriert, redet aller- dings nicht von herrschaft, sondern von et- was anderem. man kann aber andererseits nicht das ganze bürgerliche leben einem ge- schlecht anhängen, das stimmt nicht. das ist eine lösung ex machlila, eine weltformel, die letztlich versucht, ein für allemal die wider- sprüche auf einen nenner zu bringen. der marxismus macht mit der frauenfrage dassel- be. du machst es mit der frauenfrage noch- mal nach. wer revolutionär ist und politisches gubjekt, ist weder klassen- , und noch ge- schlechterfixiert. das ist dogmatik. weder frauen noch arbeiter sind heilige kühe. du ver- wendest hier auch die reduzierungen des marxismus, der einen bürgerlichen politikbe- griff hat und das soziale leben zum großen teil ignoriert, außerdem unterliegt er dem zwang der legitimation. daraus ergibt sich von vorn- herein kein radikaler freiheitsbegriff, sondern ökonomische reduzierungen. ich kann mir übrigens gut weiblichen terror vorstellen, alles dagewesen, bzw. da. lösung? ich habe im augenblick keine. als die: immer da revoltieren wo herrschaft die ober- hand gewinnen will, subjektwerdung gegenüber verobjektivierungen, mögen sie kapitalistisch,

aux 100. Gebtutsta9 von Geot9e Sand "Wenn zwei Menschen miteinander eine Ehe eingehen" schrieb die 18-jährige George Sand kurz nach ihrer Verheiratung an eine Freun- din, "so muß, glaube ich, einer von ihnen vollkommen auf sein eigenes Ich verzichten, und nicht nur auf seinen Willen, sondern auch auf seine eigene Meinung; er muß sich entschließen, mit den Augen des anderen zu sehen und das zu lieben, was er liebt..." Zu diesem Verzicht war Aurore bereit, und sie unterwarf sich in allem völlig ihrem Mann. Daß diese Ehe dennoch nicht eine der Ma- chen wurde, in denen die Eheleute allmählich ihre ihnen von der Gesellschaft zugedachten Rollen akzeptieren und sich aufeinander ein- spielen, lag nicht nur daran, daß Casimir langweilte, was Aurore liebte: Bücher, Musik und Gespräche über Philosophie und Religion, und das Casimir liebte, was Aurore zumin- dest langweilte: Treibjagden, Saufgelage und Lokalpolitik, sondern auch an ihrer physi- schen Vergewaltigung, an die sie gewiß dach- te, als sie über zwanzig Jahre später (1843) ihrem Halbbruder anläßlich der Heirat seiner Tochter schrieb: "Verhindere, daß dein Schwiegersohn in der Brautnacht brutal mit deiner Tochter umgeht, denn viele organische Leiden und schmerz- hafte Niederkünfte haben bei zartbesaiteten Frauen keine andere Ursache. Die Männer wissen nicht genügend, daß dieses Vergnügen für uns eine Marter ist. Sag ihm also, er solle sich mit seiner Sinnenlust ein wenig zu- rückhalten und so lange warten, bis seine Frau durch ihn allmählich so weit gebracht ist, sie zu begreifen und zu erwidern. Nichts ist abscheulicher als der Schrecken, die Qual und der Abscheu eines armen Kindes, das von nichts weiß und sich nun von einem Rohling vergewaltigt sieht. Wir erziehen sie wie Hei- lige, dann aber geben wir sie wie Stutenfül- len preis.. • " Dieses Unverstandensein, das Nicht-als-sie- selber-zur-Kenntnis-genommen-werden, die Er- niedrigungen, die Erlebnisse des "Schreckens" , der ',Qual" und des "Abscheus" waren Antrie- be zu ihren ersten Romanen. Mit den ersten Schreibversuchen begann "sie schon bald nach der Geburt ihres Sohnes Maurice (1823), der bereits neun Monate nach ihrer Heirat zur Welt kam; aber sie ließ sie vorerst noch in der Schublade liegen. Während sie immer kränk- licher und matter wurde, traten bei ihrem Mann immer deutlicher dessen Krämernatur, der Geiz und die Selbstgefälligkeit zutage. Jahre später schrieb Heinrich Heine nach einer kurzen Begegnung mit Casimir:"... einem tieferen Frauengemüt (müssen) diese feucht kühle Tagtäglichkeit, dieser porzellan- hafte Blick, diese monotone Pagodenbewe- gungen... sehr unheimlich werden und das- selbe endlich mit Schauder und Entsetzen bis zum Davonlaufen erfüllen." Zum Davon- laufen war es Aurore Dudevant in der Tat, und nach der Geburt ihrer Tochter Solange (1828) hatte sie nur einen Gedanken: wie komme ich an Geld, um nach Paris gehen zu können. Denn durch ihre Heirat war ihr gesamter Besitz in die Hände Casimirs übergegangen. Schon die französische Re- volution hatte den Frauen nicht mehr ge- bracht als das Recht aufs Schafott. Und der Code Napoldon blieb dieser Tradition mit seiner antifeministischen Einstellung treu. Er ist ein fein ausgearbeitetes Dokument der familialen, sozialen und politischen Rechtlosigkeit der Frau. George Sands Ehe wurde zum Auslöser da- für, daß sie zu einer selbständigen, unab- hängigen, sich selbst gegenüber verantwort- lichen Frau und zur größten französischen Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts wurde . Denn durch diese Ehe hatte sie soviel un- nötiges Leid erfahren, daß sie nur die Wahl zu haben schien, entweder zu verkümmern oder das von ihr als geistige und physische Vergewaltigung empfundene Joch abzuschüt- teln. Sie entschied sich für das zweite, in- dem sie sich von ihrem Mann Casimir Dudevant trennte und später eine gericht- liche Scheidung durchsetzte. Um in Paris nicht aufzufallen, und auch um bequem arbeiten und spazieren gehen zu können, trug sie Männerkleider und -schuhe und begann mit einem unglaublichen Fleiß Seite um Seite, Buch um Buch zu schreiben (ihr Gesamtwerk umfaßt mehr als 100 Bände). Mit ihrem zweiten allein verfaßten Buch, dem Roman L e 1 i a , erregte sie unglaub- liches Aufsehen, weil sie darin in einer für viele ihrer Zeitgenossen bestürzenden Weise aufrichtig war. L 611 a stellt das lange Be- kenntnis einer Frau über ihr sinnliches Un- 31 vermögen, sowie das Unvermögen der

wir im Schlamm eingeschlafen, zwischen den Sternen erwachen." Voller Idealismus und Op- timismus verfaßte sie für die neue Regierung Rundschreiben, arbeitete eng mit dem Publi- zisten und Historiker Louis Blanc, dem Advo- katen und Demokraten Alexandre Auguste Ledru Rollin und dem durch die Februarrevolution befreiten Revolutionär Armand Barbds zusam- men, gab eine Zeitschrift La Cause du Peuple heraus, von der aber nur drei Num- mern erschienen - dann rollte die Reaktion heran. Als die Revolution "geschlachtet wor- den" war - so Sand an ihren Sohn - war sie eine der Tatkräftigsten, die all jene zu retten versuchte, die noch zu retten waren: durch Geld, durch Briefe, • durch Verhandlungen mit Gouverneuren und Generälen. Ja, sie suchte einige Male Louis Napoldon auf und kümmerte sich wenig darum, daß ihre Freunde sich des- wegen von ihr abwandten. In Deutschland kommentierte Ludwig Spach Sands Rolle während der 48er Revolution fol- gendermaßen: "Sei es eine unfreiwillige Selbsttäuschung ge- 1 wesen, sei es aufgestachelter Ehrgeiz der 44-jährigen Frau, eine Hauptrolle zu spie- len in der Tragikomödie der allgemeinen Emanzipation, der Entäußerung aller con- ventionellen Pflichten, genug, sie hielt die rote Fahne empor als Symbol der Frei- heit, während Lamartine mit Lebensgefahr der Trikolore treu blieb; jedenfalls eine ihrer unwürdigsten Rollen auf einem - be- reits mit Blut eingeweihtem Theater." Als sie im Juni 1876 starb, schrieb der 54-jährige Flaubert an Iwan Sergewitsch Turgenjew: "Der Tod der armen Mutter Sand hat mir unendlichen Kummer berei- tet. Ich habe bei ihrem Begräbnis geweint wie ein Kind... Man mußte sie so kennen, wie ich sie gekannt habe, um zu wissen, welch ungeheuer weibliches Gefühl in die- sem bedeütenden Menschen war, und welch ungeheure Zärtlichkeit sich in diesem Genius befand..." Renate Wiggershaus • Adam und Eva und ihre Kinder Einmal als wir verliebt waren da haben wir gemeinsam einen Apfel gegessen. Inzwischen sind wir älter geworden und anspruchsvoller. Du ißt mit Vorliebe Birnen und unserer Verliebtheit zuliebe teilten wir uns diese. Aber es ist uns beiden nicht gut bekommen. Ehe ich nicht meinen eigenen Geschmack entdecke und wir uns nicht gegenseitig akzeptieren ist unsere Gemeinsamkeit tot. Wie schön war die Zeit als wir noch mit einem Apfel vorlieb nehmen konnten! Aber vielleicht gelänge es sogar wieder. Es reifen viele Früchte im Paradies und der Apfelbaum steht in der Mitte. Laßt uns das urige Obst erst verdauen: Gott gäbe den Apfelbaum frei! Franziska Keil

Elise Bürger, 'mit einem artigen Gesicht und Gabe zu schwatzen- empfindsam, wo es not tut, intrigensüchtig im höchsten Grad - und die gehaltloseste Koketterie - der es nicht um einen Liebhaber sowohl - ohngeachtet sie auch da so weit geht, wie man gehn kann - sondern um den Schwarm unbedeutender Anbeter zu tun ist, die ihre ganze Zeit damit verdirbt und den Kopf da- bei verliert. Mir tut' s sehr weh für Bürger - eine vernünftige Frau, seinen Jahren angemes- sen, hätte ihn noch zum ordentlichen Mann ge- macht - aber jetzt droht seiner Haushaltung ein völliger Untergang, weil sie sich um nichts be- kümmert - nicht einmal um ihr Kind - den klei- nen Agathon, der, seit die Leute sich nicht mehr über den Namen wundern, von aller Welt und von der Mutter vergessen ist. Nicht ein Funken mütterlich Gefühl in ihr! Sehn Sie, Meyer - darum müssen Weiber keine Liebhaber haben, weil sie so leicht Kind und Wirtschaft darüber vernachlässigen. Ich könnte Ihnen hiervon Anek- doten erzählen, die mir die Tränen in die Augen gebracht haben - mein innerster Unwille wird reg, wenn ein Weib so wenig Weib ist, das Kind vergessen zu können, und wär ich Mann, ich möchte sie nicht in meine Arme schließen. " (S. 85) Kleßmann schränkt zwar selbst ein, daß damals das Wort EMANZIPATION noch nicht im heutigen Sinne geprägt worden sei; aber er versucht dennoch eine Verbindung zur femi- nistischen Bewegung der letzten Jahre herzu- st ellen. Am Schicksal Carolines zeigt sich, daß die persönliche Ausstrahlung, Entwicklung und Emanzipation eines Menschen vielleicht einen ersten unerläßlichen Schritt zur Formulierung einer gesellschaftsverändernden Theorie und Praxis wie des Feminismus darstellen, sie aber keineswegs mit ihr gleichzusetzen sind. FEMINISTEN waren und sind Frauen und Männer, die die Herrschaft des Mannes User die Frau aufdecken und bekämpfen. Kleßmanns CAROLINE hat diese Problematik nicht aufgearbeitet, ob- wohl dies bi ologisch-ökonomische Abhängig- keitsverhältnis auch ihr Leben - wie das jeder Frau - maßgebend bestimmte . Da die Geschichtsschreibung ausschließlich von Männern besorgt wurde - und bis heute hat sich da nicht sehr viel geändert ! - wissen wir nicht, wie viele Feministinnen es zu dieser und in früherer Zeit im Adel, im Bürgertum und im gemeinen Volk gegeben hat. Die legendären Amazonen, sicher auch die meisten "Hexen" und vor allen Dingen ihre Zeitgenossin Olympe Marie de Gouges (Verfasserin der ERKLÄRUNG DER RECHTE DER FRAU UND BÜRGERIN , hinge- richtet 1793) sind eindeutig Feministen gewesen. Der bedeutsame Unterschied zwischen Carolines und einer feministischen Emanzipation ist der zwischen individuellem und gesellschaft- lichem Emanzipationsprozeß. Eine femi- nistische Emanzipation beinhaltet stets den kollektiven Aspekt: Feministen setzen sich für die Anerkennung und Durchsetzung der Rechte der Frauen ein. Die Solidarität mit der Frau als der gesellschaftlich Ab- hängigeren hat Vorrang vor der Solidarität mit dem Mann, dem gesellschaftlich Stär- keren. Trotz einer langen demütigenden und alle demokratischen und sozialistischen Prin- zipien mißachtenden Leidensgeschichte der Frau sind Feministen immer noch eine po- litische Minderheit. Die "Kolonialisierung der Frau" ist nach wie vor herrschendes Prinzip. Kleßmanns CAROLINE kann die Diskussion über die Problematik immerhin anregen und ist deshalb nicht nur als reiz- und anspruchsvoller historischer Roman zu empfehlen. H. Mabry Bundesvorstand des DGB: GEWERKSCHAFT- LICHE MONATSHEFTE 11' 75, Bund-Verlag Köln, DM 5. -- Allen möchten wir diese Nr.11/75 als wichti- gen und interessanten Diskussionsbeitrag em- pfehlen! Die knapp 80 Seiten geben denen, die ihren Informations- und Wissensstand in Sa- chen Frauenfrage verbessern wollen, einen guten und aktuellen Überblick - besonders in polit-ökonomischer Hinsicht. Ausgezeichnet gefielen uns die Artikel "Zur gesellschaftli- chen Situation der Frau in verschiedenen westeuropäischen Ländern" von Dr. Adrienne Windhoff-H6ritier und "Hausarbeit - eine Dienstleistung oder ein Liebesdienst?" von Anke Wolf-Graaf. Unsere Forderung nach der Integration aller Lebensbereiche auf der Grund- lage der Verkürzung der Arbeitszeit für Män- ner und Frauen wird ebenfalls als die materiel- le Grundlage zur partnerschaftlichen Teilung der Hausarbeit angesehen. Und wir finden die 2 Einwände, die Frauen in den von Anke Wolf- Graaf geleiteten Votlehochschul-Frauenge- sprächskreisen erhoben, sehr logisch und be- achtenswert: "1 .Warum brauchen Männer eine materielle Grundlage - also Arbeitszeitver- kürzung - , um sich partnerschaftlich an der Hausarbeit beteiligen zu können? Man stelle sich vor, die Frauen würden Hausarbeit erst dann machen, wenn sie im Erwerbsleben eine Arbeitszeitverkürzung hätten. 2 .Was geschieht, bis die Arbeitszeitverkürzung erreicht ist?" Und wir teilen die Ansicht der Redaktion, daß die notwendigen Veränderungen"nur in zäher solidarischer Kleinarbeit" zu erreichen sind. 35

RENATE WIGGERSHAUS Amöneburger Str. .44, ...Ich finde, das Problem ist nicht, daß wir eine weibliche Führung (d.h. eine feministische Partei und eine feministische Parteispitze na- türlich) brauchen, sondern daß die Basis der Frauen der Aufklärung, der Politisienmg und Sensibilisierung bedarf (darum aber trotzdem, nicht wahr, Unkraut ins Parlament!). Du schreibst ja selber:"Das Patriarchat ist nur zu entmachten, wenn die Politisierung der Frauen auf Dauer gelingt..." ...natürlich, ich habe über die Nicht-Entlastung des alten FF-Vorstandes gehört und in verschie- denen Zeitschriften gelesen. Diese Geschichte ist schade und wahrscheinlich dumm. Wäre es nicht möglich, die ganzen Ereignisse (von allen Seiten aus) zu dokumentieren, damit wir alle daraus lernen? Ich halte ein An-die-Öffentlich- keit (der Frauen) - Treten für sehr sinnvoll, es wäre auch genau das, was in patriarchalisch strukturierten Institutionen und Organisationen nie geleistet wird. Immer wird alles unter den Tisch gekehrt, "um die Öffentlichkeit nicht zuer- schrecken", "um die Uneinigkeit der Einigsein- wollenden nicht zu zeigen" usw. usw. INGRID BRAUN Am Nymphenbad 6 ich sowieso lächerlich. Meiner Meinung nach wäre sogar wichtig, die Führungs-"Märmer"eines Vereins zu bezahlen, allein, um dem Verein mehr Prestige zu verleihen. In diesem Falle wäre doch Prestige wenigstens mal angebrachter als an- derswo. Die Frauenbewegung darf ja doch nicht zur Heilsarmee werden !Das Wörtchen Strategie liegt mir seit Montag in den Ohren(und im Her- zen!). Wie mache ich es mit den Landshuter Frauen, die ich kenne? Sie haben, die älteren wie die jungen, das Patriarchat verinnerlicht, wie Sie es ausdrücken. Dermaßen verinnerlicht, daß mir manchmal das Grauen kommtlIch mag sie alle gerne, aber ich spüre, daß sie mir här- tere Gegner wären, als mancher Mann. Bitte... gewinnen Sie vor allem die Frauen, die eine" gute Ehe"führen, die so"brave"Ehemänner haben! Männer, die so sehr treu sind(obwohl sie so herz- lich gerne untreu wären!), die ihrer Frau im Sommer das neue Sommerkleidchen kaufen u. im Winter den warmen Mantel von dem Geld, das sie Verdienen; die ihre Frauen nie schlagen usw. I ! ...mühen Sie sich ab, bitte, mit den unpolitischen Frauen, erklären Sie alles, was Sie zu sagen ha- ben in der einfachsten Sprache, die Sie finden können! ...Die Frauen, die sich vom Mann oder vom Patriarchat (was ja doch nicht unbedingt dasselbe ist, oder? )enttäuscht oder betrogen füh- len, hat der Feminismus sowieso auf seiner Sei- te ! Aber das Gefühl derer, die Emanzipation der Frau belächeln oder beschimpfen, ist : Diese Emanzen wollen nur an die Macht kommen, sie denken, jetzt habt ihr Männer lange genug Privi- legien gehabt, jetzt wollen zur Abwechslung wir anschaffen!Es ist zum Kotzen, was ich bei Dis- kussionen unter unseren Bekannten, die ichei- gentlich mag, besonders von Frauen,anhören mußte . . . Der Artikel" Freiheit, Gleichheit, Brü- derlichkeit - ein Ladenhüter !" ist der deutlich- Ste !Die Trennungslinie zu ziehen, zwischen Pa- triarchen beiderlei Geschlechts und Feministen andererseits ist das, was mich bewegt, mich Euch nahe zu fühlen! (Siehe FRAUENFORUM, Nr. 3/74)... Vielen Frauen gefiel der Kampf um den § 218 u. die Pillengaudi so wenig, weil wie- der die ganze Verantwortung auf der Frau laste- te. Wer das große Ganze noch nicht begreift, kann sich nicht unbedingt vertrauensvoll auf Ein- zelaktionen einlassen. Schön finde ich besonders den Satz :«Technisches, naturwissenschaftliches Lernen muß durch soziales Lernen so ausge- weitet werden, daß politisches Handeln nicht ein Ausnahmehandeln sondern subjektives Bedürf- nis werden kann".. . Einige Frauen habe ich be- stimmt für uns gew onnen, sie versprechen sich schon was von Emanzipation..._ ein Vater, der außer Haus arbeiten geht.... ist ein armer geplagter, für die Familie schuftender Mann. APHORISMUS 1976 ---- 1911 siehe letzte Seite ! Eine Frau, die denkt ist unweiblich, eine Frau, die sich mit Politik beschäftigt ... Zu dem kühnen Vorhaben eine neue Zeit- schrift herauszugeben, gratuliere ich. Gern will ich wenigstens finanziell etwas beisteuern und abonniere 10 Exemplare. Dafür und als Spende ülerweise ich mit gleicher Post 100. - DM...Soweit es meine Zeit zuläßt, werde ich auch an Aktivitäten teilnehmen oder mal einen Artikel schreiben. Der Pazifismus ist ja auch ein feministisches Thema, wie überhaupt die Menschenverachtung und Brutalität des Patriar- chats. In 70 Staaten wird - unter Duldung der Regierungen - gefoltert! ... MILLY MOLLIER Benninghausen 58, 5093 Burscheid 1 Die neue Zeitung war eine wunderbare Idee... denn eine "richtige Frau" fühlt: Der Mann ist mein Leben! Ein Mann, der denkt. ...ist verheiratet und be- .... ist ledig, geschieden, frustriert, eine Mutter, die außer Haus arbeiten geht ..... . ..... . ist eine Egoistin; 8000 München 60 6000 Frankfurt schäftigt sich mit Politik, ein Mann, der sich mit Politik beschäftigt . . . . ist verantwortungsbewußt, opferbereit, 37

- 10 14 14 1 - 1 1 3, 50 28 I 22 I 77 14 3 4_14 - 1 1 I 4. - Zeitschriften der neuen Frauenbewegung 1972-1976 (Forts.) Titel, Anzahl der Ausgaben in den Jahren I Preis Auflage, 1972 1973 1974 1975 1976 ins g. pro Erscheinungsort Ex. Unifang zuletzt Unsere kleine Zeitung 2000, Berlin - - - 12 6 I 18 1, 50 Din A5, 40 S. Protokolle (früher: Lesbeninfo) 500 ‚ Münster - - - - 5 5 1. - Din A5, 12 S. IF (Informationen von Frauen f. Fr.) - - - 2 5 7 1. - ? , Kassel Din A5, 30 S. Mamas Pfirsiche (Frauen u. Literatur) - 3000 , Münster I I Din A 5, 62 S. Frauenzeittug (neu) I 800 , Hamburg - - - I - 1 1 1. - Din A 4, 30 S. Der Feminist 4000, München Din A 4, 42 S. übertrag 13 Titel insg. 3 10 Ganz auffällig ist seit 1975 eine Tendenzwende zu beobachten, während bis zu diesem Zeitpunkt die polit-ökonomisch aus- gerichteten Publikationen neben denen, die vorrangig The- men der Sexualität und Homosexualität behandelten, ungefähr gleichstark vertretenwaren, sind jetzt eindeutig die letzteren mehr gefragt bzw. angeboten. Die meisten dieser Zeitschrif- ten werden allerdings nur von den Gruppen selbst bzw.von Frauenbuchläden vertrieben. Kaum einer der 13 Zeitschrif- ten ist es bis heute gelungen, in die sog.bürgerlichen Buch- handlungen vorzudringen (am ehesten noch dem FRAUEN- FORUM). In den USA haben sich z.B. auch Frauen mit Be- ziehungen und ein wenig Kapital der Bewegung angeschlossen, denn die Auflagenhöhe von "Ms." und die Mitgliederzahl von NOW (gegründet von Betty Fr sedan) zeigen an, daß frau dort mehr Frauen aus verschiedenen Altersgruppen und sozialen Schichten erreicht hat. Nicht nur hinsichtlich der Zeitschriften, sondern auch hin- sichtlich des feministischen Bücherangebots in der BRD zeigt sich, daß viel fiber Sexualität, weniger über Sexualp o - 1 1 t i k und kaum etwas fiber politökonomischen Femininis - mus geschrieben und diskutiert wird. Nachdem in der Bewe- gung in den Jahren 1972-75 immer wieder die Frage "Lohn für die Haus- und Erzieherarbeit" zumindest angeschnitten wurde, kann frau heute zu diesem Thema - und auch zum neuen patriarchalischen Scheidungsrecht! - kaum etwas in den feministischen Publikationen finden. Die Politik des Pa- triarchats wurde - bis auf den Kampf gegen den § 218 - selten beachtet oder systematisch analysiert und kritisiert. Und besonders die Frage des Eintritts oder des Verbleibs in Männerparteien, -kirchen u. -gewerkschaften blieb in der Bewegung tabu. Man schimpfte zwar auf diese Institutionen, und zum Kirchenaustritt entschlossen sich auch eine ganze Reihe, aber die Parteifrage generell zu klären, das wurde nur im Frauenforum in der Vergangenheit immer wieder ver- sucht. Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür, aber die Frauenbewegung hat dazu keine Strategie oder Konzeption entwickelt. Die "Schwestern" informieren sich wenig oder ziehen gar ihre Schlüsse aus der Veränderung des Wahver- haltens bei den letzten Landtagswahlen und besonders bei der letzten Bundestagswahl seitens der weiblichen Bevölke- rung. Ohne die Kursänderung bei den 20-40jährigen Frauen wäre die sozial-liberale Regierung nicht an die Macht ge- kommen. Der Trend der jüngeren Frauen zur SPD und FDP ist allerdings bis jetzt nicht belohnt worden. Im Ge- geiten: die patriarchalische SPD geizt mit sicheren Man- daten für die Genossinnen mehr denn je! Auf einer von der SPD durchgeführten Fachkonferenz "Frau und Gesell- schaft" am 8. Mai 1976 in München referierten als Exper- ten für Frauenfragen lediglich zwei Patriarchen: Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter und der Parlamentarische Staats- sekretär Dr. Peter Glotz .Eine radikalfeministische Kri- tik aus den eigenen Reihen war nicht zu befürchten und als Hannelore Mabry die dürftige theoretische Plattform der Redner angriff, "die über die Position von Engels und Be- bel in der Frauenfrage immer noch nicht hinausginge, ja sie nicht einmal mehr erreiche !", da zog man sich ganz bescheiden hinter die großen Väter zurück, in der Frauen- frage hatte man keinen eigenen intellektuellen Anspruch oder Erkenntnisdrang. In der SPD glaubt man seit 1918 auf den Lorbeeren ausruhen zu können... Warum in allen Männerparteien nur ein paar Patriarcha- linnen mit Bundestagsmandaten bedacht werden, und wa- rum das auch in der Zukunft nicht anders werden kann,das hat Hannelore Mabry im "Unkraut ins Parlament" anhand der Geschichte und der Sozialstruktur der Parteien und der Gesellschaft sehr einleuchtend analysiert und nachge- wiesen. In den Literaturverzeichnissen der meisten "Fe- ministinnen" wird diese wichtige Arbeit weitgehend igno- riert. Der Parteifrage wird nach wie vor aus dem Wege gegangen, sie ist nicht "in" ! Unsere Gruppe will hinter den einmal gewonnenen Erkenntnisstand aber nicht zurück- sinken, sondern wir wollen endlich Lehren aus den unsin- nigen politischen Bündnissen der Frauen mit dem rechten und linken Patriarchat ziehen. Solange das Patriarchat keine Sanktionen von den Frauen befürchten muß - d. h, unserer Wählerstimmen nach wie vor sicher ist! - wird sich auf der politischen Bühne nichts ändern. Erst wenn die Frauenbewegung poli ti s c h stark geworden ist und eine Alternative: die Feministische Partei anbietet, wird sich das gesellschaftliche Klima in diesem Lande verän- dern! Und wie bereits im FRAUENFORUM Nr. 3/75 er- wähnt: wir finden die Gründungen von Frauenparteien und die Versuche, sich in politischer Praxis zu Men, sowie Schritt für Schritt eine Gegenmacht aufzubauen, unbedingt lobenswert. Eine Beteiligung an einem Landtags- oder Bundestagswahlkampf sollte aber erst dann in Angriff ge- nommen werden, wenn die Gegenmacht - der politische Feminismus-Konturen annimmt. Der noch völlig desolate Zustand der Frauenbewegung in der BRD erlaubt zur Zeit noch nicht einmal die "an sich" richtige Losung: eines Wahlboykotts aller Frauen auszugeben. Derzeit würde sievon den vielen noch völlig unpolitischen Frauen nicht beachtet und deshalb nicht das Ergebnis bringen, das wir wünschen bis zum Sieg der Feministischen Partei: nämlich einmal wirklich exakte Zahlen tiler unser rechtes und linkes Patriarchat zu erhalten! Wir hätten dann den genauen Nachweis, we r z.B. den Trend zu den Notstands- gesetzen, den Rüstungssteigerungen, dem Radikalenerlaß etc. initierte - die Frauen waren es jedenfalls nicht! Ein totaler Wahlboykott der Frauen würde den Beweis liefern, daß wir als Stimmvieh nicht mehr behandelt werden kön- nenl Aber weder für einen solchen Schritt,noch für den Wahlkampf mit einer Feministischen Partei ist die Zeit schon reif. Damit sie heranreift, arbeiten wir zusammen und subventionieren wir die neue Zeitschrift DER FEMINIST. Wir wollen nicht immer wieder ganz von vorne bzw. bei Null anfangen. Deshalb suchen wir jetzt gezielt aktive Kräfte! Wir wollen weder Kaffeeklatsch noch "erste An- wärmstubd'sein. Etwas von dem Geist, von der Motiva- tion, der Rosa Luxemburgs Schaffen zugrundelag, sollte auch aktive Feministen inspirieren:"... ihr Programm war im Grunde moralischer Natur; sie sah in der sozia- len Revolution ... nicht nur die Erfüllung der Gesetze des 1

Personenregister „Der Feminist“ Heft 1976, I-1 Heftseite 27 11 33 39 33 41 32 37, 41 3 Name Adorno, Theodor W. Baier, Günter Barbés, Armand Bebel, August Blanc, Louis Bock, Edda Bourges, Michel de Braun, Ingrid Brecht, Bertolt Brüschke-Schröder, Hannelore 17, 18, 23, 27 Bürger, Elise Chopin, Fréderic Daumnier, Honoré Deschka, Edelgard Dudevant, Aurore Dudevant, Casimir Éluard, Paul Engels, Friedrich Feigenwinter, Gunild Focke, Katharina Freemann, Joe Geyer, Susanne Glotz, Peter Gouges, Olympe Marie de Grolitsch, Gerhild Hafner, Ursula Heine, Heinrich Herterich, Ursula Hoepp, Dagmar Horlacher, Michael Hosken, Fran P. Hubger, Irmgard Jouvenel, Bertrand de K., Brigitte Katz, Lorley [s. Mabry, Hannelore] Keil, Franzsiska Kleßmann, Eckart Ledru-Rollin, Alexandre Auguste Lenin, Wladimir Iljitsch 35 32 Inhalt Inhalt 31 31 28 3, 39 17, 18 2 17 22 39 35 13, 23, 25, 27 Inhalt, 41 31 10 22, 23, 25, 27 21, 41 36 11, 13, 18 30 11 Inhalt Inhalt, 33, 36 34 33 3 Name Leue, Ursel F. Liepe, Hildegard Luxemburg, Rosa Mabry, Hannelore Mao Zedong Marx, Karl Massé, Marie-Annick Matussek, Dorothee Meyer, Claus Heinrich Mollier, Milly Nagel, Inge Napoléon, Louis Nettl, Peter Niemann, Mechthild Poncy, Charles Reber, Patricia Richter, Horst Eberhard Richter, Traute Roten, Iris von S., Emilie Sand, George Sattler, Ursula Schellin, Caroline Schoeck, Helmut Schuhbauer, Ursula Schurig, Emilie Schwarzer, Alice Searle, Ronald Steinäcker, Rosemarie Tanner, Alain Tordi, Annemarie Turgenjew, Iwan Sergewitsch Wiggershaus, Renate Wilde, Oscar Wilkop, Lydia Windhoff-Hértier, Adrienne Wolf-Graaf, Anke Heftseite 36 11, 23 3, 8, 39, 41 Inhalt, 1, 8-19, 21-27, 29, 35, 36, 38, 39, 41 5 1, 2, 3, 4, 29 25 22 14 37 11 33 3, 8, 41 11 32 24 39 Inhalt, 29, 30 19 11 31, 32, 33 Inhalt, 9, 10, 15, 16, 22, 26, 38, 41 34, 35 27 25, 27 38 5 Inhalt, 15 13, 25, 27 28, 29 10 33 Inhalt, 7, 33, 37 32 23 35 35