Nt 3/1921München, DM 1,80 UEN FoRum Stimme der Feministen INHALT Unser Frauenforum- Unser Feministen- zeichen ist geboren! Ein Muttertag- aber 365 Patriarchentage! . , Freiheit- Gleichheit Brüderlichkeit:, ein r zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA fr Ladenhüter!

UNSER FRAUENFORUM - Unser Feministenzeichen ist geboren! *liebe feministen und alle, die auf dem wege sind, es zu werden, endlich haben wir nach einem 5-monatigen geburtsprozeß unser wahr- zeichen gefunden: am 13. mai 1974 wählten wir dieses signet: das ergebnis ist eine Überraschung für unsere leser. sie sehen es hier zum ersten mal; denn es wurde mit zwei wei- teren angeboten erst am 13. mai als 13. wahlvorschlag einge- bracht und erhielt auf anhieb die höchste stim- menzahl. neben den bisherigen entwürfen, die in nr.1 und 2/74 des "frauenforum" bereits auf 12 angewachsen waren, wurden in der voll- versammlung noch außer der siegerin nr.13 nr.14 und nr.15 eigene vorstellung teilen! erst der wider- spruch bringt uns meist zur korrektur oder wenigstens zu einer etwas realistischeren Be- urteilung der tage... mit den folgenden leser- meinungen wollen wir aber jetzt die debatte zum signet beenden: zu nr.4 und nr.5: "blume- schönheit- schmuck (für den mann). die frau immer noch als schön- heitsobjeld und -beiwerk." zu nr.6: "erinnert zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA an medikamentenwerbung - z.b. für camelial" In Eminence kann ein Mann sich sehen lassen von mitgliedern und sympathisanten vorgeschla gen, da uns die verschiedenen einwände und diskussionsbeiträge (die wir in der letzten num- mer publizierten und die hier noch um einige äußerungen ergänzt werden sollen) teilweise durchaus einleuchteten und des nachdenkens wert erschienen, fanden wir die neuerliche er- Weiterung der signetvorschläge zur wahl in der vollversammlung sinnvoll: je zahlreicher die alternativen, umso eher bahnt sich und findet sich die wirkliche feministische position! nur die patriarchalischen einflüsterungen gilt es schritt für schritt zu erkennen und als störfak- toren auszuschließen, dann werden wir unsere line als eine durchaus einheitliche hamonisie- rende erkennen und vorantreiben! wir finden wesentlich, die inhaltlichen assoziationen, die gegen diese art werbtmg erhob die katholische durch die signets ausgelöst wurden, allen be- kirche bis heute noch keinen einspruch! kannt zu machen, denn normalerweise befinden wo ist die werbung für camelia, in der der wir menschen uns in der leider falschen annah-, me befangen, daß die meisten menschen unsere Patriarch die weichheit der binde anpreist? 1

stil, die institution einer 1. vorsitzende vor, so hieß es diesmal: "...ich finde es wirklich reichlich überflüssig, mehr als 5 volle sei- ten anzuführen über die wahl eines zeichens ...außerdem ist mir auch noch nicht so recht klar geworden, wieso ihr das zeichen, das auf der frauenzeitung drauf ist (gespreng- tes venussymbol mit faust) nicht übernehmt.. dazu glaubten wir in nr.1/74 bei der vorstel- lung der ersten 6 zeichen genügend gesagt zu haben - wer die nr. 1/74 nicht gelesen hat, für den noch einmal die begründung des ff für die ablehnung der faust im venussymbol: eine faust beinhaltet körperlichen kampf und ist ein typisch männliches symbol. damit wol- len wir uns eben in keiner weise mehr identi- fizieren. unser kampf wird-wie auch der inhalt unserer revolution-das patriarchat gewaltlos ilerwinden. die Fäuste der männer sollen ins leere stoßen oder ihresgleichen gegenseitig erledigen. auf diese weise machen wir uns die hände nicht schmutzig. siehe in diesem zusammenhang den artikel: "freiheit, gleich- heit, brüderlichkeit: ein ladenhüter!" (siehe seite 14 f.) unsere revolutionäre parole heißt: MENSCHLICHKEIT STATT GEWALT UND MÄNNERRECHT - KAMPF FÜR EINE FEMINISTISCHE KULTUR 1: einsame ge- Straßenaktion zum *Am 11. Mai 1974 starteten die neu- gegründeten Frauenforen in der B R D - in Bonn, Ingolstadt, Wuppertal, Kleve und München - ihre erste m Mutter tag . Die Mitglieder verteilten im Zentrum dieser Städte das gemeinsame Flugblatt "Ein Muttertag - aber 365 Patriarchentage" und boten an Informations- ständen die seit 2 Jahren erscheinende Zeit- schrift FRAUENFORUM - STIMME DER FEMINISTEN der Bevölkerung an. In München diskutierten 22 Feministen trotz naßkaltem Wetter 5 Stunden mit den Frauen über die Notwendigkeit einer starken Frauen- organisation. Die völlig ungenügende Alterssicherung der Hausfrauen und Mütter, die patriarchalischen Sexual-, Familien- und Scheidungsgesetze und die ständig sich erweiternde Schere zwischen Frauen- und Männereinkommen sollen u. a. endlich beseitigt werden. Über 800 Zeitungen wurden bei 5 Straßenaktionen im April/Mai verkauft und 20 neue Mitglie- der aufgenommen. Sehr erfolgreich verlief die Muttertagsaktion auch beim FF Bonn. Dort hat man einen Patriarchensong einstudiert und rückt Weiblein und Männlein mit Klampfe und schar- fen Versen auf den Leib. Die Männer-Löhnel steigen schneller tz Frankfurt gleich schneller a das des „schwachen". Die Löhne und Ge- Ein Beispiel: Im ver- hälter zwischen gangenen Jahr ver- Männer und Frauen diente eine Indu- werden immer =- striearbeiterin gleicher. Das geht durchschnittlich 8,16 aus einem Bericht Mark pro Stunde — des Statistischen 2,60 Mark weniger Bundesamtes hervor, als ihr männlicher der jetzt veröffent- Kollege mit 8,78 licht wurde. Danach Mark. Sechs Jahre steigt das Einkom- früher betrug cjas men des „starken Lohngefälle lediglich Geschlechts" un- 1,61 Mark. T " it Wir machen die Wirtschaft, wir gründen Konzerne, Fabriken und Banken, wir sagten es schon. Es schafft in der Stille das weibliche Wesen, gefügig und fleißig für sehr wenig Lohn. Kommt eine Krise, dann feuern wir sie auch, denn die Kinder, die hungrigen Mäuler, die kommen ja schließlich aus ih r e m Bauch. Denn sie sind ja doch, denn sie sind ja doch viel lieber, gesagt im Vertrauen, dann wieder im Heim als echt weibliche Kostprobe aus dem Patriarchensong -› ‘eb• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • (Text von Caroline Muhr) Frauen. 3

VerlagstreFFen in Heidelberg oder: Die Feminismusdiskussion findet immer noch nicht statt Zwecks Gründung eines feministischen Ver- lags fand vom 3. -5. Mai ein Treffen ver- schiedener deutscher Frauengruppen in Hei- delberg statt. Auch das Frauenforum Mün- chen war zu diesem Treffen eingeladen, d. h. die Eidadung erfolgte erst auf meine Anfra- ge bei der Berliner Verlagsgruppe von "Brot und Rosen", warum das Frauenforum nicht eingeladen sei. Das mag ein organisatori- scher Zufall gewesen sein, wenn es kein po- litischer war. Punkt eins der Traktanda auf dem Einla- dungspapier der Heidelberger Gruppe zum Treffen der nationalen Frauenbe- wegung hieß "-Vorstellung der Gruppe. Ken- nenlernen". Es lernten sich am Abend des 3. Mai von der deutschen nationalen Frau- enbewegung, die laut Einladungspaper in den letzten Jahren einen "radikalen femini- stischen" Zweig getrieben hat, der auf be- sagtem Papier als "lesbisch" gekennzeich- net wurde, kennen: • Die Berliner Verlagsgruppe von Brot und Rosen, vertreten mit ca. sechs Frauen, • die HAW - Homosexuelle Aktion West- berlin - vertreten mit ca. 4 Frauen, • das Frauenzentrum Berlin-in Berlin ge- hören dazu etwa 140 Frauen - mit ca. sechs Frauen, • das Frauenforum München,225 Mitglie- der - mit vier Frauen, • die Frauengruppe Heidelberg? anwesend 20-25 Frauen, zum Frauenzentrum Hei- delberg gehören etwa 50 Frauen, - es gibt noch eine "Politische Frauen- Initiative" Heidelberg, weitgehend durch SPD-Frauen gesteuert, von der niemand da war; • das Frauenzentrum Frankfurt, mit ca. 10 Frauen; es gehören dazu: "Weiberrat", RK -d. h. Revolutionärer Kampf- Gruppe, sowie SBA/ Sozialisti- sche Betriebsarbeitsgruppe, • die Sozialistische Frauengruppe Bochum, besteht zwei Jahre, 10-20 Frauen, vertre- ten mit ca. 2 Frauen, • die Frauengruppe Bielefeld - versucht jetzt ein Zentrum einzurichten, besteht seit zwei Jahren, hauptsächlich Studentinnen, früher sozialistische Aufbauorganisation; • die Frauengruppe Erlangen, besteht seit 3/4- Jahren, ülerwiegend Studentinnen, • die Frauengruppe Tübingen, früher: Initiative Tübinger Frauen, ca. 15-20 Frauen, haupt- sächlich Studentinnen, 1971 gegründet, Rich- tung(Selbstcharakteristik am 3. Mai auf unse- re Nachfrage hin zwecks "kennenlernen' j: "Feministisch-sozialistisch-marxistisch." Hinzu kamen etwas später nach der Vorstel- lung der Gruppen, noch 6-8 Frauen aus Mün- chen vom • Trikont-Verlagi(ein Frauenzentrum München ist im Entstehen durch Initiative von Film-, Verlags-, Homo- und 218-Gruppe.) Am Wochenende trafen noch einige Frauen von diesen Gruppen und eine Vertreterin des • Frauenforum Bonn ein. Zur Debatte standen im Plenum am Sonnabend, 4. Mai, zwei Verlagsprolekte , eines von Tri- kont, eines der Verlagsgruppe von Brot und Rosen. Was die Trikont-Frauen, die inzwischen die längst fällige Übersetzung von Rosa Dalla Costa herausbrachten, als die Punktion eines feministischen Verlags artikulierten, lautet nach dem Paper des Kollektivs "Frauenoffen- sive" München wie folgt: "Die primäre Funktion eines feministischen Verlags wie einer feministischen Verlagsreihe ist die Herausgabe von feministischen Publika- tionen. Das heißt also, der Bewegung Literatur zugänglich zu machen, zur Verfügung zu stellen . . . . Wodurch würde sich ein femi- nistisches Verlagsprojekt von bürgerlichen wie den meisten linken Verlagen positiv absetzen? - Indem eine klare Verbindung besteht zwischen Publikationen einerseits und den "literarischen" Bedürfnissen der Frauen in der Bewegung. ... - Ein posititves Unterscheidungsmerkmal wäre noch, wenn wir Prozesse forcieren, daß Publi- kationen nicht individuell "konsumiert" werden, sondern kollektiv in Gruppen oder Arbeitskreisen diskutiert werden. Denn nur dadurch wirkt sich "zur Verfügung gestellte" feministische Litera- tur effektiv auf eine Bewegung aus." Hier wird als Kriterium feministischer Publi- kation die Publikation erklärt. Die Gemeinplät- ze üler die Vermittlung von Texten in Gruppen 5

um die Ohren blies 1) , ohne daß hi e r ein kritischer Brief aus Berlin eingehakt hätte, noch immer der alte Klassenkampf, jetzt etwas aufgelockert durch eine neue Struktur- losigkeit, die die alte Infrastruktur der Per- sonalunionen mit der Genossenkampfkraft verwischt 2) . Was wir am ersten Abend in Kennen Heidelberg unter dem Stichwort Kennen- uns und andern klarzumachen ver- lernen suchten, durch Fragen ülDer den politischen Standort der als Frauenbewegung auftreten- den Gruppen, war die durchaus der männ- lichen Linken verpflichtete informelle Grup- penstruktur und ihr durch Theoriefeindlich- keit sich auszeichnender neuer Toleranz- spielraum - der allerdings nicht bis zum Frauenforum reicht. Dieser Spiel-raum ist das Tummelfeld der "Spontis". Wie sich der neue Spontanismus der Bewegung, der sich so gezielt gegen jede Auseinanderset- zung mit unseren theoretischen Ansätzen wie unserer praktischen Arbeit einsetzen läßt, bestens verträgt mit den geistigen Versatzstücken patriarchalischer Ideologie - mit denen z.B. die in Heidelberg angebo- tene Frankfurter Dokumentation zu 218 das Defizit an feministischer Theorie deckt - das war etwas vom eindrücklichsten an dieser ganzen Tagung. Immerhin blieb das Treffen spontan genug in seinen Äußerun- gen, um das Wort Patriarchat nicht ein einziges Mal laut werden zu lassen. Solche gelinde gesagt einengenden Perspek- tiven der spontan nationalen Frauenbewegung wurden denn auch keineswegs dadurch er- weitert, daß die vom Frauenforum vertre- tene Position des Feminismus und der auto- nomen Frauenorganisation mit formal kon- trollierbarem Aufbau inhaltlich gar nicht 1) Der Sinn des Männergegröhles in Köln auf dem Frauentribunal unter dem Klassen- kampftransparent war der, daß die Frauen sich bitte nicht aufzuregen hätten über Ver- waltigung, vielmehr begreifen müßten, daß der arme Junge eben nicht gelernt hat, Lie- be von Gewalt zu unterscheiden. Auch die Lektüre von Degenhardts Kumpellied könnte die als "revolutionäre Weiber" Beschimpf- ten etwas lehren. Da kannst du sehen, Kind, was für Gesellen das sind. Auf dem Frankfurter Frauentribunal wurde noch im Ernst Degenhardt-Kunst verwendet: "Da kannst du sehen Christ, daß du nicht mündig bist." Von des Christenmenschen Christenfrau keine Rede. i erst diskutiert wurde. Wie kleinkariert auch immer eine Argumentation sein mag, die sich auf eine politische These nicht einläßt, weil die "Form", in der sie vertreten wird ("nicht so aggressiv"! mutatis mutandis ist die "Form" auch immer die letzte Rettung der CDU-Frauen u. ä. vor geistiger Auseinandersetzung), gegen einen bestimmten guten und auf der Szene neu- en Geschmack verstößt, d. h. weil die radikale Feministin Hannelore Mabry z.B. nicht "de- mütig diskret" genug und nicht im Ton perma- nenter Selbstkritik spricht, - so ist doch das Grundmuster von soviel Spontaneität gegen das FF inhaltlich zu entziffern. Wir werden das selbst vornehmen müssen, denn aus der na- tional spontan feministisch sozialistisch mar- xistischen Frauenbewegung, die sich in spon- tanem Sprung über das Patriarchat hinwegge- setzt und jenseits von Theorie des Patriarchats sich gegen die Idee der feministischen Partei radikalisiert hat, ist vorerst dergleichen nicht zu gewärtigen. So war im Plenum zu hören , man habe die Kontroverse Haug44Menschik -I - nicht weiter verfolgt. Wir verstehen das sehr gut. Daß die nationale Frauenbewegung nicht zwischen Menschik und Mabry unterscheiden kann, macht den "feministisch-sozialistisch- marxistischen Spontanismus" so flexibel. Der allerneusten Frauenbewegung scheint dabei gänzlich entgangen zu sein, wo sie gerade von wem gegen wen verteidigt wird. Diese Kontro- verse ist auch schwer zu verfolgen, da sie we- der im "Argument" noch im "Kursbuch" und erst recht nicht in der "Frauenzeitung"3) stattfindet, 2) Um einen Eindruck von dem familiären Klima zwischen der deutschen Frauenbewegung und dem deutschen revolutionären Mann zu bekommen, muß man/frau einmal die "Schwarzen Protokolle", Aprilnummer d. J. , nachlesen und den daselbst stattfindenden Nachhilfeunterricht für die Genos- sen in Sexualität; in Form von Leserbriefen. Lie- be Genossen seid doch endlich so nett uns zu be- greifen, wir tun euch auch bestimmt nichts. Wir meinen es gar nicht so, wie ihr irrtümlich meint. - Und dazu muß frau/man unbedingt die Genossen- zeichnung auf Seite 35 anschauen, um ein für alle- mal zu kapieren, was für eine linke Faust sich da ballt. Auch die Umsetzung männlicher Arbeits- kraft S.25 hat sich gewaschen. Auf w elchem Lager schläft die deutsche Frauen- bewegung! 3) In der "Frauenzeitung" erhält sich nach wie vor unbeschädigt der patriarchalische Begriff vom ökonomischen System", neben dem nun die Frauenbewegung noch die Frage der seelischen 7

Ergebnis, daß der Marxismus für uns zwar noch methodische Instrumente, im übrigen aber keine Erkenntnis über die Sexualunter- drückung und damit ülger die Frauenfrage hergibt. Die politische Theorie des Femi- nismus kann sich danach nicht, wie noch Rosa dalla Costa glaubt, innerhalb des Marxismus - auch nicht als dessen Erwei- terung - entwickeln. Erst eine Einigung ülger eine autonome poli- tische Position der sich nun feministisch nennenden Bewegung wäre die Voraussetzung einer gemeinsamen Verlagsgründung. Denn ob die feministischen Texte bei Trikont oder in einem "eigenen" Verlag erscheinen, Be- dingung ist doch wohl, daß es sich um femi- nistische Texte handelt. Da diese Bedingung keineswegs geklärt wurde in Heidelberg, spielte sich die gesamte Konfrontation zwi- schen der "Frauenoffensive" von Trikont und den Verfechterinnen eines autonomen feministischen Verlags als Scheingefecht ab. Denn auch aus den Vorschlägen der Verlagsgruppe von "Brot und Rosen" war nicht zu entnehmen, daß sich dort der Fe- minismus in politischer Autonomie gegen- über der patriarchalischen Linken entwik- kelt hätte.l) Vertreterinnen der feministischen Richtung in der linken Frauenbewegung müssen sich fragen lassen, in was für eine Richtung sie sich bewegen, wenn sie sich gleichzeitig weigern, jenen Begriff des Patriarchats, der von der deutschen Theoretikern des Feminismus, Hannelore Mabry, in dem entscheidenden Schritt fiber Rosa dalla Costa hinaus - wenngleich sie dialektisch voraussetzend - zu einer die marxistische Klassenanalyse aufbrechenden Definition vorangetrieben wurde, auch nur historisch aufzuarbeiten. Der Vorsatz, amerikanische Texte herauszubringen, ist nur zu begrüßen. Aber er liefert auch noch nicht die Begrün- 1) Auch Angriffe auf die pharmazeutische Indu- strie treffen das Patriarchat mitnichten, wenn sie nicht gleichzeitig klären, daß auch alle lohnabhängigen Männer mit allen Mitteln Physischer und psychischer Gewalt gegen" er Frauenforderungen ihr Interesse an der Nicht- herstellung von Mitteln zur Kontrolle der männlichen Fruchtbarkeit durchsetzen. Denn sexistische Herrschaft stellt zwar das Kapital in ihren Dienst, d.h. die männliche Gewalt funktioniert noch besser mit Kapital, muß aber in jedem Fall als männliche Gewalt kenntlich gemacht werden. collegimn academicum, hetdelb?rg dung für die intellektuelle Selbstgenügsamkeit gegenüber jener deutschen Arbeit, die kultur- kritisch und systematisch fortsetzt, was mit Karin Schrader-Klebert begonnen hat. Wie mir am Rande der Heidelberger Gruppen- sammlung aus der Berliner Verlagsgruppe verraten wurde, beabsichtigte diese Gruppe das erste Buch "Unkraut ins Parlament" nun zu verlegen. Was uns an dieser Absicht auffiel, ist die ebenso bemerkenswerte Tatsache, daß kein Mitglied der Berliner Verlagsgruppe frauenzentrum heidelberg: nachmittagskaffee während der Tagung in Heidelberg sich bereit erklärte, mit der Autorin des zur Herausgabe vorgesehenen Buches irgend einen Kontakt auf- zunehmen. Begründung: Die Art der Frau ge- fiele ihnen nicht und nun sei ihre Erwähnung im geplanten Vorwort zu Handbuch Nr.2 von "Brot und Rosen" auch zu ülerdenken. Wenn das eine Begründung für Publikation oder Nichtpublikation einer politischen These ist, die zudem die erste feministische These in einer wissenschaftlichen Arbeit in der BRD seit Be- ginn der neuen Frauenbewegung war und immer noch die konsequenteste ist - nur pluralistische

durchbrechen sucht. Die Kinderfrage indes- sen bleibt in ihren ökonomischen, rechtli- chen, sozialen Zwängen so gut wie unberührt von der lesbischen Subkultur. Daß diese Richtung auf dem Heidelberger Einladungs- papier als der "radikale" Feminismus iden- tifiziert wurde, scheint uns auf einem zu wenig radikalen Begriff von den Wurzeln unserer Machtlosigkeit zu beruhen. So fanden wir, - die wir bis dahin noch we- gen unseres fehlenden patriarchalen Klas- senbewußtseins von den internen Informa- tions-organen der nationalen Frauenbewe- gung ausgeschlossen waren, uns in Heidel- berg mit dem spontanen Sprung der Be- wegung konfrontiert: die Frauenbewegung, 1) Die emotionale Abhängigkeit der Frauen, die sich durch jahrtausendelange Gewalt- anwendung der Männer gegenüber Frauen historisch verfestigt hat zur Quasi-Natur abhängiger "liebender" Weiblichkeit, kann leicht als die Ursache der Unterdrückung erscheinen. Die New Yorker "Radical Feminists" ha- ben die "Liebe" = Hörigkeit = Angstreflex des Opfers vor seinem Unterdrücker ideo- logisch entlarvt. Aber auch die Aufdeckung der Liebes- und Glücksideologie, die die männlichen Herrschaftsinteressen absi- chert, kann nur zur Basis dieser Herr- schaft führen, der permanenten Gewalt- anwendung. Die "Liebe" der Unfreien zu ihrem Herrn ist weniger Ursache als Fol- ge der realen Abhängigkeit, der physischen Ausgeliefertheit der Schwächeren an den Stärkeren, manifest im Gebärzwang. Der Zwang zur Mutterschaft gegen den Willen der Frau begann lange, bevor sie mit "Lie- be" darauf reagierte. Daß die Bindung an den einen Vergewaltiger - und die Umsti- lisierung der ehelichen Pflicht in Liebe - zugleich der Schutz vor der Vergewaltigung durch die Männerhorde ist, besagt allein schon, daß die einzelne Aufkündigung der heterosexuellen Beziehung zwar ein erster feministischer Akt ist, aber nicht genügt. Es muß das politisch organisierte Bündnis der kollektiv bedrohten Frauen hinzukom- men. Das Problem der Mehrheit der Frau- en ist nicht: hetero - oder homosexuelle Beziehungen, sondern: wer kommt für die Kinder auf. Wir haben keine andere Wahl., als die soziale Verantwortung der gesam- ten Männergesellschaft für die Kinder organisiert durchzusetzen. die in Frankfurt noch vor wenigen Wochen sich von der linken Männerfaust die Richtung weisen ließ ("der 218 ist ein Paragraph, der immer nur..." usw.), radikalisierte sich nun in Hei- delberg gegen die Idee der Parteiorganisation der Feministen, einer Organisation von und für Frauen, denen vor Kinder-, Haus- und Be- rufsarbeit der direkte Weg ins Paradies auch ins lesbische nicht offensteht. M.a.w.,die zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA we- nigen Frauen, die dieses Problem radikal er- kannt haben, setzen ihre Zeit und ihre Kraft für den Aufbau der Massenorganisation von Frau- en ein, in der auch Frauen, die keine Zeit und Kraft haben, sich in einem spontanen Jugendzir- kel gegen das Insider-Ritual der unter der Män- nerfaust gemeinsam Erstarkten zu behaupten und sich von ihren Kindern zu befreien, (deren Pfle- ge keine Spontanistengruppe übernimmt), wenig- stens als Mitglieder ihre Interessen vertreten wissen. Die massenhafte Vertretung von Frauen- interessen auch in jener politischen Institution, die demnächst die neuste männliche Version des patriarchalischen Eherechts in Gesetzesform ver- abschiedet, wenn wir nicht organisiert eingreifen, - diese Interessenvertretung ist, da wir weder üler Geld noch Waffen etc. verfügen, nur durch Wählerdruck möglich. Aber die Männerparteien bieten keine Wahl für Frauen. Daher wollen wir die feministische Partei. Ihr Programm muß radikal sein und von der sozialen Priorität der Frauen- und Kinderfrage (die in allen Männer- parteien als "Familienpolitik" abgewürgt wird) als der Überlebensfrage der Gesellschaft ge- prägt sein. Und ihre Verfechterinnen müssen dort arbeiten, wo die Frauen am sprachlosesten sind, an der Basis. M.a.W.,wenn es nicht ge- lingt, die Hausfrauen zu organisieren, ist alle Bewußtseinsbildung verloren. Wer wen zu wel- chem Ende organisiert, - das ist allerdings eine Frage unseres feministischen Klassenstandpunkts. Als Frauen gehören wir zu jener unterdrückten Klasse, die nur noch dort Verbündete findet, wo unsere Befreiung als die einzige Alternative zum System der herrschenden und mordenden Männer, zum Patriarchat, erkannt wird. Diesem Gewalt- system seine weiblichen Hilfskräfte zu entziehen, die es in seinen politischen Organisationen gegen uns einsetzt, ist die Absicht unserer feministi- schen Gegenorganisation. Wir können den Männer- bünden nur noch in politischen Frauenbündnissen entgegentreten, die endlich die Hoffnungslosigkeit des weiblichen "Privatseins" zu männlichen Dien- sten durchbrechen. Die Methode des individuellen Widerstands vom Selbstmord bis zur Scheidung wurde von Frauen schon immer praktiziert, ohne je politisch wirksam zu werden. Aus dem Wider- 11

Glossen zur„Zeit" An die ZEIT Hamburg 111.11— P München, den 29. März 74 *4 Betr.: "Mit schwesterlichen Grüssen" von Nina Grunenberg, Nr.14 vom 29.3.74, S. 72 Das intellektuelle, politische sowie kritisch eman- zipatorische Niveau Nina Grunenbergs ist zu niedrig und unsere Lebenszeit zu kurz, um sich mit diesem polemischen "Feministinnenbericht" argumentativ auseinanderzusetzen. Würde die ZEIT von sozialgeschädigten Hausfrauen, Müttern, Arbeiterinnen gelesen, würde ich dennoch einen Versuch machen, N. Grunenbergs historische "Ausflüge" zu berichtigen und die sozialen Tat- sachen nachzuliefern, die diese "Analyse" alle aussparte. . Die durch das Patriarchat und seine weiblichen Hilfskräfte wie Nina Grunenberg ge- schädigte Masse der Frauen liest aber andere antifeministische Blätter - wie "Bild" und die Illustriertenpresse. Da sich jedoch der ANTIFE- MINISMUS der ZEIT nicht mehr von dem eines "Stürmer", "Bayernkurier" oder der "Deutschen Soldaten Zeitung" unterscheidet, kündige ich hier- mit mein Abonnement Nr. 290180089879 zum nächstmöglichen Termin. Hannelore Mabry, Vors. des Frauenforum München München, den 29.3.74 414 Sehr geehrter Herr Prof.Jens, wir sandten Ihnen im Januar per Adresse DIE ZEIT ein Exemplar der Nr. 1/74 unseres FRAU- ENFORUM-STIMME DER FEMINISTEN, da wir uns auch mit ihrer antifeministischen Haltung in Momos-Kritiken im Artikel "Antifeministen1973" beschäftigten. Haben Sie das Exemplar erhalten? Falls man es nicht an Sie weitersandte, hier nochmals 5.16-18. Inzwischen hat Nina Grunenberg in der Nr. 14, S.72 der ZEIT einen Beitrag zur. Diskriminie- rung der Frauenbewegung geleistet, der den großbürgerlichen patriarchalischen Charakter der ZEIT nicht nur im Wirtschaftsteil und auf der Titelseite, sondern auch im hin und wieder etwas politisch-kritischen Feuilleton anzeigt. Wir hoffen, daß Sie sich öffentlich von dieser Art Journalismus in der ZEIT distanzieren. Wenn über den Arbeiter, Gastarbeiter oder Neger und seine Befreiungsbewegung in diesem Ton berich- tet würde, würden Sie dazu ja auch nicht schwei- gen, oder? auf den bericht "Mit schwesterlichen Grüs- sen" in der ZEIT (29.3.74) reagierten die leser mit erfreulich fortgeschrittenem fe- ministischem bewußtsein. da unser leser- brief zur hälfte gekürzt wurde, bringen wir hier den vollen wortlaut und weitere stim- men unserer mitglieder zu dem bericht. VON DER ARMEN N.G. Meine Herren, in ihr habt ihr eine auf die könnt ihr bauen, der habt ihr Schlauen das Genick gebrochen seit Adam und Eva, Meine Herren ihr sitzt in Häusern, die für unzerstörbar gelten, doch eines Tages wird euer Lachen aufhören und euer Höhnen und von Euch, meine Herren und Euren Handlangerinnen wird bleiben nichts Nennenswertes: in ihr habt ihr eine, die dem Patriarchat die Füße küßt nicht aus Anhänglichkeit, weil ihr das Rückgrad gebrochen ist. Ich sage, es gibt ganz besonders kriechende Tiere, die waren einmal Menschen. Berta Brecht Warum denn gleich alles so heruntermadtee „Schwester' Grunenberg? Ein Blick in das .Iviforw mationsblatt des Münchner Frauenforums oder in die Baseler „Hexenpresse" hätte Ihnen klar- machen müssen, daß es hier durchaus um die von Ihnen vermißten „Kidleefühle" geht, nämlich um das Gefühl, es sei dringend .notwendig, das Patriarchat so schnell wie möglich zu entmachten. Und der geschmähte „Weiberklatsch«? Ja, was glauben Sie denn, wo die MInner ihre Kräfte zur Solidarisierung schöpfen? Habin Sie schon einmal etwas von Bünden, Vereinen, Stamm- tisdsen gehört? Sie sind zwar nicht identisch mit dem von Ihnen verlangten Fortschritt, aber sie sind eine wesentliche Voraussetzung für diesen FoitsdIritt. Frauen, die isoliert vor sich hinleben und sich nicht aussprechen können, können sich nicht solidarisieren. Das haben wir doch schon iMmergehabt. Schade, Nina Grunenberg daß Ihre Grüße .lo get und gai unschwiterlä ausgefallen sind. Feministisch ausgedrückt; bandelt es sich wohl eher um die herablassende Ohrfeige einer typi- schen Pitriarchaugehilgn, die über ihren eigenen traurigen -Stellenwert in dieser Gesellschaft noch nicht genug nachgedacht hat. Caroline Muhr, Bonn Mit freundlichen Grüssen Hannelore Mabry (aus DIE ZEIT, 12.4.1974) 13

griffe Proletariat , Klasse und Mehr- w e r t beinhalten, solange stimmen sie mit der Analyse der Gesellschaft als einer Klassen- gesellschaft mit den Marxisten durchaus über- ein. Beide Theorien bemühen sich, eine ge- naue Darstellung von Ausbeutungsverhältnis- sen aufzuzeigen. Beide haben den direkten Be- zug zur Praxis: sie wollen die Ausbeutung, die Herrschaft von Menschen über Menschen, beseitigen. Oder etwas bescheidener ausge- drückt: Marxisten und Feministen haben den Sinn und die Notwendigkeit erkannt, als han- delnde Subjekte die gesellschaftliche Verän- derung bewußt voranzutreiben. Beide >vollen versuchen, Ausbeutung und irrationale Herr- schaft zu verringern. Die "bürgerliche" Wissenschaft hält demge- genüber weitgehend an der Fiktion von "objek- tiver" Wissenschaft - also wertfreier For- schung - fest. Sie beschreibt die Gesellschaft als eine pluralistische, als ein Gesellschafts- system, das zusammengesetzt aus verschie- denen Interessengruppen (Institutionen/Sub- systemen) agierend und reagierend in einer spezifischen Umwelt zu überleben versucht. Die Vorstellung einer pluralistischen, offenen, aktiven Gesellschaft verkennt bzw. verschlei- ert nach unserer Meinung aber die manifesten und latenten Abhängigkeiten, die das Handeln der Einzelnen und der Gruppen bzw. Klassen entscheidend bestimmen und prägen. Herr- schaftsstrukturen und ihre Mechanismen lassen sich mit einem derartigen theoreti- schen Ansatz nur oberflächlich aufdecken. Das Patriarchat, oder das, was man bisher mit dem Begriff "Männerherrschaft" bezeich- nete, taucht in manchen bürgerlichen Theo- rien z.B. in neopositivistischen Arbeiten, in der Systemtheorie, auch in der Psychoanalyse lediglich hin und wieder wie die Spitze eines Eisberges auf, aber bis zum 'Wesen", zum Kern, des sexistischen Ausbeutungsverhält- nisses kann man mit diesem Begriffsapparat nicht vordringen. Ein prägnantes Beispiel einer solchen positivistischen Arbeit war Mechthild Fülles Untersuchung "Die Frau in der Politik" 2) Da finden wir bezeichnender- weise die Begriffe Gleichberechtigung, Partnerschaft etc. weit häufiger als Emanzipation oder gar Frauenbefrei- ung . Da zeigen uns die Tabellen, daß die Frau in der Politik nicht vorhanden ist - außer als verschwindende Minderheit; dennoch wird ein politischer Zusammenschluß auf Grund der gemeinsamen Geschlechtssitu- ation entschieden abgelehnt. M. Fülles spricht von Frauen und ihrer politischen Lage so, als wenn sie selbst dieser Gruppe gar nicht angehört - als zähle sie Fliegenbeine. Solch einen Entfremdungs- und Verdrä.ngungs- prozeß von den erfahrbaren und erfahrenen Abhängigkeitsverhältnissen, von Leid und Unterdrückung, vermögen Feministen nicht mehr zu leisten. Sie sind p art ei isch und we r t end und sind sich dessen auch bewußt. Feministen gehen von eigenen Er- fahrungen - Basiserlebnissen - von der eigenen Geschichte aus. Eine Geschichte, die wir allerdings erst mühsam aufdecken und freilegen müssen, weil die patriarcha- lische Wissenschaft sie ignorierte - ver- gessen oder verfälscht hat. Erst seit kurzer Zeit analysieren und syste- matisieren wir gesellschaftliche Phänomene. Erst seit 60 - 80 Jahren haben wir Zugang zu Universitäten, Parteien, Kirchen und Ge- werkschaften und sammeln sogenannte außer- häusliche Erfahrungen und Kenntnisse. Wir sammeln sie unter schwierigen Vorausset- zungen und erst seit kurzem in adäquater Weise, d. h. indem wir bisherige Begriffe, Theorien und Ideologien als sexistische, patriarchalische entlarven. Indem wir durch die vielen Widersprüche, (zwischen patri- archalischen Norm- und Wertsystemen und unseren eigenen Gedanken und Erfahrungen z. B.) angeregt werden, gesellschaftliche Be- ziehungen aus unserer Sicht zu definieren und neu zu Interpretieren, Was stellen sich nun Feministen unter Eman- zipation vor? Beginnen wir mit dem ersten der vier Begriffe: Nach bisherigem Sprachgebrauch versteht man unter Emanzipation Fr eila s sung oder Selbstbefreiung aus einem be- stehenden Abhängigkeitsverhältni.s. Dieser Definition schließen wir uns an. Kritisch wird es erst, wenn wir von F raueneman- zipation reden, wenn inhaltlich konkreti- siert werden muß, aus welchem Abhäng- igkeitsverhältnis sich Frauen befreien wollen oder freigelassen werden. Wer ist der Klas- senfeind, der bisherige Unterdrücker und Ausbeuter, den es zu entmachten gilt oder der evtl. selbst die Lust an der Herrschaft verliert? (Die Fata Morgana von"Partnerschafts- ideologen"I) Feministen haben ihren Klassen- feind erkannt: es sind die Patriarchen. 15

Feministen vertreten die Partei der Schwäche- ren und Abhängigeren - das sind Frauen und Kinder gegenüber Männern. W o ungl ei - c h e Kräfte denselben Bedingungen ausgesetzt werden, liegt bereits bewußte Ausbeutung vor. Weil Män- ner statt Müttern Privilegien im Patriarchat eingeräumt werden, bezeichnen wir es als ein a s o z i al e s Gesellschaftssystem. In patriarchalischen Systemen wird nicht von den Bedürfnissen und Notwendigkeiten von- einander abhängiger und aufeinander ange- wiesener Menschen ausgegangen, sondern die Abhängigen und Schwächeren werden mit Ge- walt und Zynismus "unten" gehalten. Frauen und Männer sind auch ohne die Insti- tution "Privateigentum" nicht frei und gleich. Diese falsche These "Freiheit, Gleich- heit, Brüderlichkeit !" behindert bereits die Analyse der vielfältigen Formen und Aus- prägungen menschlicher Abhängigkeiten. Ab- hängigkeiten, die Menschen allein durch die ungleich verteilten, n a tu r w ü c h s i g auftre- tenden Fähigkeiten und ökologischen (umwelt- bedingten) Gegebenheiten erfahren und erleiden. Eine bewußt angestrebte Verringerung dieser biologischen und ökologischen Unterschiede, ein ehrliches politisches Bemühen um den sozialen Ausgleich dieser Unge- rechtigkeiten der Natur, wird erst dann einige Aussicht auf Erfolg zeigen, wenn ich diese Behinderungen z. B. Reife- und Al- terungsprozesse in Rechnung stelle, wenn ich labile und stabile Persönlichkeitsstrukturen ni c h t den gleichen Anforderungen, den glei- chen Rechten, dem sogenannten gleichen und freien Wettbewerb aussetze - den es auf die- ser Erde sowieso nirgends gibt und geben kann 1 Der Fetisch von Freiheit und Gleich- h e i t ist in Wirklichkeit ganz besonders ge- eignet, irrationale Herrschaft zu erhalten und das Patriarchat zu stützen, das mit der Methode bewußter Täuschung arbeitet: das sich durch die Belohnung asozialen Verhaltens - nämlich glei- chen Verhaltens bei Ungleichheit! - au s - zeichnet. Da wir ganz im Gegenteil n i c h t frei und gleich geboren sind, sondern als Frauen und Männer, als Schwarze und Weiße, als Gesunde und Kranke, als Hochbegabte und Schwachsin- nige aus den Bäuchen unserer Mütter in eine ungleiche Umwelt zu einer bestimmten histo- rischen Zeit "entlassen" werden - nicht lebensfähig sind ohne die Hilfe des Menschen am Anfang und am Ende des Lebens und selbst das ganze Leben über der Kommuni- kation, der freundlichen Aufnahme und der Zusammenarbeit bedürfen - was nützen uns da die falschen Parolen von Freiheit und Gleichheit? Menschen und besonders Männer, die sich frei und gleich vorkommen, freie und glei- che Gesetze aushecken (? !) - sind meist blind für Schwäche, Verstehen, Zärtlichkeit und Liebe. Sie funktionieren nur innerhalb eines Wert- und Wirtschaftssystems, das Gewalt und Stärke anbetet "an sich". Sie fra- gen nicht mehr nach dem Inhalt und dem Sinn menschlichen Lebens. Es gibt keine sinn- volle Verständigung und Befriedigung mensch- licher Bedürfnisse innerhalb dieses Herr- schaftssystems. Feministen haben deshalb das Patriarchat als das S y s t e m der Ge- walt identifiziert. Es ist ein System, in dem der Stärkere durch die Ausbeutung des Schwä- cheren seine irrationale Herrschaft erhält - ein mörderisches System! Größenwahn gepaart mit geistiger Schwäche und Gefühl- losigkeit haben es seit Menschengedenken "ausgezeichnet". Frauen, besonders Mütter, hatten darin wenig Chancen - ihre seelische, geistige, körperli- che und ökonomische Vergewaltigung schien unausweichlich. Doch einzelne kluge und nach- denkliche Menschen entdeckten eine Methode, eine Strategie, wie dieses System der Gewalt zu durchbrechen ist und wie Hoffnung und kämpferisches Verhalten auch Schwache zu einer Kraft vereint: durch Streik - durch gemeinsame Verweigerung ! Die Beziehung von Herr und Magd kann nur (-- f) lange aufrecht erhalten werden, wie keine Alternative für die Magd zu erkennen ist. Feministen - also alle, die sich auf die Seite der Schwachen parteiisch stellen, erkennen: nur Solidarität, die gegenseitige Hilfe der Schwachen, der bisher Ausgebeuteten, wer- den das System der Gewalt stürzen - und zwar ohne Waffen und Napalm, ei n f a c h durch die Aufkündigung unserer unterbezahlten außerhäuslichen Arbeit und unserer unbezahlten Haus-, Pflege- und Erzieherar- beit. Mir werden den Patriarchen nicht weiterhin die Steigbügel halten, damit sie auf unsere 19 1 1

Postbestimmungen oder: wie man Frauen durch „freien" und „gleichen" Wettbewerb unten hält • Es folgt ein konkretes Beispiel wie in patriar- chalischen Systemen den Frauen die Luft zum Atmen verpestet, die Möglichkeit ihre Stimme zu erheben und ihre eigenen Gedanken und Ziel- vorstellungen zu verbreiten mit List, Tücke und Gesetz genommen wird. Da Frauen weniger verdienen als Männer, schlechtere berufliche Aufstiegs- möglichkeiten haben und durch die Doppel- und Dreifachbelastung als berufstätige Hausfrauen und Mütter niemals wirklich in der Lage waren, im außerhäuslichen Bereich zu gleichen Teilen wie der Mann auf die Gesetze, auf Krieg oder Frieden, auf Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und die Massenmedien Einfluß zu nehmen, son- dern über Jahrtausende in jeder Weise und mit Gesetzeskraft enteignet wurden, sehen wir uns im Jahr 1974 vor die Aufgabe gestellt - ähnlich den Völkern der 3.Welt - aus dem Nichts mit ausgeplünderten leeren Taschen unsere politi- sche Arbeit zu beginnen. Um unsere eigenen politischen Vorstellungen mit der Bevölkerung diskutieren zu können, brauchen wir Gespräche in kleinen Gruppen, Versammlungen in großen Sälen und vor allen Dingen ein eigenes Presseorgan und eigene Sendezeiten in den Massenmedien. Auf diesen Sektoren haben die Männer sich von Anbeginn ein einzigartiges Monopol errichtet und jeden "freien" und "gleichen" Wettbewerb von vorne- herein beseitigt. Funktioniert die Enteignung; und Ausplünderung weiblicher Arbeitskraft - geistig und manuell - in den sog. sozialistischen Staaten mehr auf "in- formellErWeise (durch schweigende Überein- kunft der MÄNNERBÜNDE - z.B. wie Freiheit und Gleichheit zu verstehen sind!), so haben (lie kapitalistischen Brüder mit formalrechtli- ehen Bestimmungen, mit Steuerrecht, Arbeits- platzbewertungen, Rentenrecht und "Ausfüh- rungsbestimmungen" sich ihre Gesetze konzi- giert und genehmigt, die den abhiingigeren und ärmeren Frauen den Zugang zum Markt, zur Politik etc. in jeder Weise erschweren, manch- mal auch völlig blockieren. So hat zum Beispiel unsere Patriarchenregierung und -bürokratie Bestimmungen erlassen, die grundsätzlich nur den Starken den Markt öffnen - die Verkehrs- rei. • wege verbilligen. Nach den derzeit gültigen Postbestimmungen darf eine Zeitschrift zu den niedrigsten Gebühren - als "Streifband- zeitung" - an Konsumenten nur verschickt wer- den, wenn sie mit einer teuren Komposerma- schine hergestellt wurde. Komposer kosten ca. 20 000, -- DM. Eine mit einem Komposer hergestellte Druckvorlage benötigt auch keinen sog. rechten Randausgleich - die Zeitung darf im "Flattersatz" geschrieben sein. Reicht die finanzielle Kraft der Gruppe, des Vereins, der Partei jedoch nur zur Anschaffung einer billi- geren IBM-Exekutive (kostet ca. 3000, -- DM, sie hat auch Proportionalschrift - eine sehr leicht lesbare und schöne Druckschrift z. B. die, mit der diese Zeitung geschrieben ist), so verlangen die Postbestimmungen, daß mit dieser Maschine ein rechter Randausgleich zu liefern ist (es muß dann jede Seite zweimal geschrieben werden! !) - sonst darf sie nicht als Streifbandzeitung verschickt werden. Frau- en, die wenig Geld und wenig Zeit haben und ihre Zeitungen nach der Berufs- und Hausar- beit an Abenden und Wochenenden herstellen müssen, hält "man" mit derartigen "Ausfiih- rungsbestimmungen", die "gleichen" und "frei- en" Wettbewerb nur für die Starken (Unterneh- men, große Verbände und Parteien) einräumen, unten, Die politischen Vorstellungen und Ziele des "großen Bruders", die patriarchalischen Ideo- logien, werden von "Bild" bis "Zeit" und in al- len Programmen unserer Rundfunk- und Fern- sehanstalten von morgens bis nachts verkündet - bezahlt zu einem großen Teil mit unserer eigenen Arbeits- und Steuerleistung. Wollen wir Feministen aber unsere Schwestern erreichen, unsere Verbiindeten durch unser Publikations- organ finden und unsere Zielvorstellungen in größerem Umfang bekannt machen, dann sehen wir erst, wie der "gleiche" und "freie" Wettbe- werb - von Patriarchen ausgeklügelt - tatsäch- lich funktioniert. Die Mechanik ist einfach und präzis: Plündere zuerst den körperlich, intellektuell und ökonomisch Schwächeren aus und bezahle dann anschließend mit dem Diebesgut die Pa- triarchen, die die rechtliche, reli- 21

DEUTSCHE BUNDESPOST POSTZEITUNGSAMT BERLIN WEST ZENTRALE PROFSTELLE FOR DEN POSTZEITUNGSDIENST Postzeitungsamt Berlin West • 1 Berlin 11 • Postfach 110103 Frauenforum München e. V. 8 München 70 Christrosenweg 5 Ihre Zeichen Ihre Nachricht vom Unsere Nachricht vom Unsere Zeichen Berlin V 1 2300-OB 29. Mai 1974 Betreff Postzeitungsdienst; hier: Druckschrift "Frauenforum" (B 21503 F) Sehr geehrte Damen, wie Ihnen aus dem ablehnenden Bescheid Ihres Verlagspostamtes auf den ersten Antrag, das "Frauenforum" zum Postzeitungsdienst zuzu- lassen, bekannt ist, können die Leistungen des Postzeitungsdienstes nur von solchen Druckschriften in Anspruch genommen werden, die we- der tatsächlich noch dem Anschein nach auf der Reproduktion schreib- maschinenschriftlich angefertigter Vorlagen beruhen. Der Anschein einer schreibmaschinenschriftlichen Herstellung gilt im übrigen, nach der Verwaltungspraxis, als ausgeräumt, wenn die Druckstöcke auf Originale zurückgehen, die mit einer Proportionalschrift-Schreibma- schine bei gleichzeitigem bündigen Ausgleich des rechten Zeilenrandes angefertigt worden sind. Lediglich dann, wenn zweifelsfrei feststeht, daß nicht mit der Schreibmaschine, sondern mit einem Gerät gearbeitet wurde, das Reproduktionsvorlagen liefert, die technisch dem Bleisatz des Buchdruckes gleichwertig sind, ist der Randausgleich nicht erfor- derlich (Lichtsatz, Composersatz u. a. m.). Aus diesem Grund ist Ihr zweiter Zulassungsantrag auch nur deshalb genehmigt worden, weil das dem Antrag beigefügte Muster die Verwendung eines Composers zur Vor- lagenherstellung bewies. Wenn Sie nun, wie Sie schreiben, nicht mehr in der Lage sind, diese Herstellungstechnik beizubehalten, empfiehlt es sich für Sie, auf die weitere Zulassung des "Frauenforums" zum Postzeitungsdienst zu verzichten. Die Benutzung einer Proportional- schrift-Schreibmaschine der Type IBM Executive zur Vorlagenherstel- lung, die Sie den eingereichten Schriftproben (Schriftart Bold Face 2) zufolge beabsichtigen, ist im Rahmen der Vorschriften des Postzei- tungsdienstes nur dann zulässig, wenn für den eingangs erwähnten Rand- ausgleich gesorgt wird. Im übrigen möchten wir Sie darauf hinweisen, daß die Zeitungsgrund- gebühr, über deren Erhebung Sie sich offenbar beschweren, mit der Lieferung der Zeitung in keinem Zusammenhang steht. Der fragliche Gebührenbetrag wird einheitlich für jede Zeitung erhoben, unabhän- gig von der Erscheinungsweise, Auflagenhöhe und den vom Verleger gewählten Versandformen. Er dient zur Deckung des allgemeinen Ver- waltungsaufwands, der zum Beispiel durch die Eintragung eines Blat- tes in die Postzeitungsliste u. a. m. entsteht. Wir hoffen, Ihnen mit diesen Auskünften gedient zu haben und zeichnen hochachtungsvoll Im Auftrag »5241 Zimmermann 23

Inzwischen hat die belgische Regierung gewechselt und infolge unseres langen Zögerns bei der Beant- wortung des Angebots des vorigen Außenministers, können wir nicht länger die Gewißheit haben, daß der jetzige Außenminister ein ähnliches Interesse zeigen wird oder geneigt sein wird, eine vergleich- bare Zuwendung von Geldmitteln vorzunehmen. Fer- ner bin ich unter den gegenwärtigen Umständen nicht länger bereit, diese Aufgabe noch einmal zu übernehmen. Ich bin bitter enttäuscht, daß die hochfliegende Be- geisterung und das feste Zielbewußtsein, das sich im vergangenen Juni in Cambridge entwickelte, auf diese Weise versickern durfte. Eine Konferenz, die von den Frauen der Welt zu ihren Gunsten im Jahre 1975 organisiert worden wäre, hätte eine unver- gleichbare Gelegenheit für die Frauen geboten, die UN - jene bemerkenswert patriarchalische Institu- tion - und die urige Welt über unsere Bedürfnisse, unsere Forderungen und unsere Entschloßenheit zu än- informieren, diese unsere sexistische Welt zu zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA dern. Warum sollten wir auf die UN warten, damit diese uns sagt was wir wünschen? Wir in Belgien wenden jetzt unsere Aufmerksamkeit wieder der Möglichkeit einer europäischen Konfe- renz im Jahre 1975 zu. Mein einziger Trost mitten in der Verwirrung ur- sprünglicher Pläne besteht darin, daß ich das Glück hatte, die Bekanntschaft von so vielen von Euch zu machen. Obwohl wir dieses Mal unsere Sache nicht zusammen durchführen konnten, werden wir wieder zusammenkommen. Bis dahin grüße ich Euch schwesterlich Lily Boeykens P.S. Ich möchte mich allem anschließen, was Karmela Beliniki in ihrem letzten Brief ans Kom- mitee sagte. andere an das Konsumentendepartment mit der Auf- forderung, die Reklame, die die Frau als Blickpunkt benutzt, zu verbieten. Die beiden Resolutionen wur- den in der "Lofotenpost" referiert - auch in "Dag- bladet" - und die letzte Nummer der "Sirene" bringt ein Referat von der Veranstaltung. Das nennen wir "Presse"! (Die Sirene ist übrigens ein Uberschuß- unternehmen. Etwa 2.500 DM ist für das Frauen- haus in Porsgrunn verschenkt worden). ...Über die Tagung der Frauenfront in Bergen im Februar kann ich Dir folgendes berichten: Die Frauen kamen aus 55 Ortschaften in Norwegen, 165 waren Delegierte, 146 Observatorinnen (Beobachterinnen) und Gäste aus anderen Frauenorganisationen. Die Frauenfront hat seit der letzten Tagung etwa 2000 neue Mitglieder bekommen und zählt heute 3500 Mitglieder. Allgemei- ne Erkenntnis der Tagung: Wenn die Frauen eine Ver- besserung ihrer Lage erreichen würden, so müssen sie solidarisch zusammenhalten - sie müssen sich zum Kampf für ihre Rechte organisieren. Auf der Tagung wurde sonst wichtige Organisierungsfragen entschieden und die Zielsetzung der weiteren Arbeit festgelegt. Die Frauenfront soll breit sein, d.h. sie soll Frauen von allen Gruppierungen einbeziehen - denn die Frauenfront soll vor allem mit Frauenfra- gen arbeiten und nicht parteipolitisch sein. Es wurde vor allem zu der Lage der Frau im Berufsleben hin- gewiesen. Ferner wurde besprochen, wie die Mythe von der Frau sie fern vom gesellschaftlichen Leben hält und sie dazu stimuliert, stereotype Rollen in der Familie gut zu heißen. Aufgabe der Frauenfront ist es, die Mythen zu bekämpfen. Die Frauenfront betrachtet nicht den Mann als Feind. Er ist in vielen Beziehungen genauso unterdrückt wie die Frau und zwar dadurch, daß er sich auch gewis- sen Rollen anpassen muß. Männer können übrigens zu Gruppentätigkeit eingeladen werden. Sie können auch ' Stützen-Mitglieder' werden, nicht aber voll- wertige Mitglieder oder Vertrauensmiinner. Bis zur nächsten Tagung sind folgende Themen zu erötern: Die Situation der jungen Mädchen, die Situation der Hausfrau und die Forderungen, die in diesem Zu- sammenhang gestellt werden müssen, die Situation der alleinstehenden Mütter (dazu auch die Lage der lesbischen Frauen). Eine Zusammenschließung der Neufeministen und der Frauenfront wollte man auch besprechen - die knappe Zeit erlaubte es aber nicht. Daß man aber davon spricht, finde ich aufmunternd. Die Neufeministen geben einmal im Monat ihre Zeit- schrift, der FEMINIST, aus. Sie wird jedesmal bei einer anderen Gruppe geschrieben. Ich habe Kontakt mit einer anderen Gruppe in Bodö und der Frauen- gruppe in Svolvaer - vielleicht werden wir im Juni auf der Insel Hamaröy, wo der Dichter Knut Hamsun aufgewachsen ist, zusammenkommen. EDEL E. SCHMIDT , 8370 Leimes i. Lofoten, Norwegen ...herzlichen Dank für das "FRAUENFORUM"... Natürlich muß Feminismus auch in Lofoten verkün- det werden! Auf der Nachbarinsel existiert schon eine Gruppe der "Frauenfront" und wir sind auch dabei, auf Vestvaginsel eine Gruppe zu bilden .. Neulich hatten did'Neufeministen"und die Frauen- front eine Landessitzung in Trondheim, die im Rundfunk, Fernsehen und in den Zeitungen kommen- tiert wurde. Doch hat man sich nicht um eine feste Struktur der Bewegung einigen können. Gerade diese Frage wird vielleicht unser Schicksal. Anbei schicke ich Dir die Probenummer der "Sirene", eine femi- nistische Zeitschrift für Frauen und Männer. Sie wurde gleich vergriffen, erschien in 5 Auflagen (35 000 Exemplare). Der Name spielt auf die Sire- nen in der Mythologie hin, bedeutet aber auch "Sig- nal" (Gefahr)... Inzwischen ist der 8.3. gefeiert worden. In Leimes hatte die Frauengruppe Stände mit Frauenliteratur und Materialien über diJNeu- feministenilund die "Frauenfront". Am Abend luden wir zu einer großen Veranstaltung ein. Das Thema: Frauendiskriminierung in der Reklame. Ergebnis der nachfolgenden Diskussion: Zwei Reso- lutionen sollten an die Behörden geschickt werden. die eine an das Gesundheitswesen mit der Forderung, daß Verkauf von schädlichen Produkten (Kosmetika., Waschmittel u. ähnl.) verboten werden solle, die Ulla Klotz, 16 C 1871 Broadway Stage 1, Mei Foo Sun Chuen, Kowloon, Hongkong ...Hier in Hongkong habe ich mich der "Internatio- nal Feminist League Hongkong" angeschlossen und möchte euch bitten mir für unsere Unterlagensamm- lung etwas über die neuen Gesetze oder Vorhaben in BRD (die uns speziell betreffen - Ehe - Scheidung - Kinder - Familien - Renten) zu schicken, falls ihr so etwas besitzt oder es für uns besorgen könnt, ich weiß, daß unter Hannelore Mabry mal eine Gegen- 25

losigkeit: So ein Buch ist da, also wird es ausgelie- hen, bis es abgenutzt ist. Außerdem sind Lehrer häufig so überlastet, daß sie zu den wirklich wich- tigen Sachen kaum kommen, d.h., sich etwa darum zukümmern, ob zum gleichen Thema längst besse- re Bücher zu Verfügung stehen. Ein kleiner Anstoß von Seiten der Eltern genügt daan manchmal, um ganz offensichtlichen Unsinn zu beseitigen. Ich habe mit den Kollegen von der Biologie gespro- chen, und denen war das Buch dann offensichtlich peinlich (es ließ sich z.B. nicht mehr feststellen, wer es vor 4-5 Jahren angeschafft hatte, keiner wollte es gewesen sein, und über Neuanschaffung eines anderen Buches wollten sie sich untereinan- der einigen, "damit wollen wir den Direktor gar nicht erst behelligen" schnappte ich zufällig auf.) In diesem Falle genügten der Brief einer einzigen Mutter und ein paar ironische Bemerkungen mei- nerseits. So einfach kann das sein... DIPL. -ING. JUDITH STOLZER, 8 München 40, Habsburgerstr. 5 Wozu das lateinische Wort "Feministen", es erweckt den Verdacht eines "lesbischen" Vereins. Möglichst einfache und allgemeinverständliche Worte und Be- griffe gebrauchen... "Feministin"-klingt wie ein n e u roti scher Haß gegen die Männer, sollten wir nicht lieber sachlich bleiben?... HANNELORE BOZEMAN , 429 S. Capitol, Iowa City, Iowa 52240, USA Eure Zeitschrift finde ich gut, wenn mich auch in der letzten Nummer die durchgehende Kleinschrei- bung einiger Artikel störte. Für den eiligen Leser ist der Überblick erschwert, wenn nicht wenigstens die Satzanfänge deutlich zu erkennen sind. Ich jeden- falls brauchte erheblich länger, weil ich mir jedes Komma und jeden Punkt genau ansehen mußte, um herauszufinden, wo der nächste Satz begann... (die redaktion hat den hinweis beachtet und bringt nur noch ganz selten und einfache texte in klein- schrift, o. k. ? ) ARND KUMERLOEVE, 463 Bochum, Postfach 2148 Dank, Dank, Dank für die letzte Nummer - ganz ausgezeichnet! Verzeih' bitte meine Passivität - Du weißt, ich habe andere Prioritäten - beinahe schäme ich mich dessen... Hast Du mal folgendes bedacht?: Wie bekämpft man den Kapitalismus nach der Zerschlagung des Pa- triarchats? Oder anders herum: Sollte man den Feminismus nicht weniger in der Auseinanderset- zung mit dem, in Reaktion auf den Marxismus kon- zipieren, sondern als Folge einer gesellschaftlichen Analyse auch mit marxististischen Kategorien kom- plementär zum Marxismus? Ich höre es schon: "Die schreien Feminismus und meinen Antisozialismus". Es kann nicht das Ziel sein, ein Instrument zur Be- freiung der Frau mittels Zerschlagung eines Instru- mentes zur Befreiung des Menschen zu schaffen... (wir hoffen dir mit "freiheit, gleichheit, brüderlich- keit - ein ladenhüter!" eine antwort gegeben zu ha- ben - die redaktion.) DAGMAR TRAUB, 34 Göttingen, Gronertorstr. 24 ...ich finde manche Artikel gut (z.B. "Warum es nicht gelingt...").Stören tut mich ziemlich eine Ten- denz, die mir aus manchen Leserbriefen zu sprechen scheint: mir kommt das so vor wie eine Abwertung der nichtorganisierten Frauen - .als ob die ziemlich dumm wären. Der Ton klingt mir un solidarisch , z.B. ein Brief von Iris Müller: "...daß nur einige wenige Frauen die ganze Last des Kampfes tragen, weil die meisten sich an das patriarchalische Unter- drückersystem angepaßt und der Lüge zugestimmt haben. Diese Frauen aus ihrer Dickfelligkeit und Verlogenheit wieder herauszureißen, ist ein unend- lich schwieriges Unterfangen! ! " Dieser Ton klingt mir arrogant, außerdem so, als ob Frauen als Ob j e k t e betrachtet werden, die es zu politi- sieren gilt. Mich würde mal sehr interessieren, was für Männer Mitglied im FF sind, warum sie Mitglied sind, wie sie ihre Mitarbeit auffassen und was sie tun. Könnt Ihr darüber nicht mal was schreiben?... (unsere wenigen männlichen mitglieder sind ebenfalls für die abschaffung des patriarchats. sie helfen uns in der weise, daß sie etwas zeit und geld - wenn vor- handen und wenn sie am ort wohnen! - für den aufbau unserer organisation geben. ihre funktion ähnelt heute noch der von frauen in männerparteien. wenn bei unseren mitgliedern k eine spur mehr von patriarchalischem verhalten in körper und geist vor- handen ist, dann lassen wir sie auch in vorstandspo- sitionen hinein - vorläufig haben wir aber ganz an- dere sorgen - die redaktion.) GUDRUN MÜLLER, 1 Berlin 47, Druckerkehre 5 Ich empfinde meinen angegebenen Beruf (Stenoty- pistin - Red.) nicht als Beruf, denn er ist eine Sackgasse. Durch frühe Heirat und Kind konnte ich keine Ausbildung machen, jetzt stecke ich fest. Das Frauenforum finde ich Klasse! CHRISTA THOMAS , 522 Waldbröl, Wies Nr. 16a ...ich bin gewiß, daß wir auf dem richtigen Wege sind, Zwar lehnte ich vor Jahren noch das Wort Feminismus ab, weil es mir abwertend erschien, doch was heute darunter zu verstehen ist, bejahe ich...Ich halte es für wichtig, daß jemand der Be- scheid weiß, die katholische Mentalität in Sachen Frauenemanzipation bloß legt! Und bei solchen, die meinen nur das Heil in Marx zu finden, auch den Standpunkt der bürgerlichen Frauenbewegung ins Gesichtsfeld gerückt wird... Kennen sie den Unsinn, der in der von der kath. Kirche als anerkannte Lehre der Scholastik über die Frau steht und über den Zeugungsakt? Wer wird die Rolle des Galilei spie- len? ! - Das wäre doch was !... Das müßte eine Theo- login machen... Damit will ich nichts gegen die Art der jungen Feministinnen sagen, die Sache anzupak- ken! Aber ich meine, so mit der Zeit, wenn Sie mehr und mehr Frauen gewinnen wollen, muß auch dies heiße Eisen gründlich angefaßt werden! Ich wünsche Ihnen vollen und ganzen Erfolg, den Sie und Ihre Mit- arbeiterinnen verdienen... MONIKA WOEST, 8024 Oberhaching, Hahilingastr.17 ...Diese Erwachsenenbildung ist in der derzeitigen 27

die frauen nach dem krieg (und immer!) an einer aktiven politischen arbeit hinderte. dennoch fiel herrn b. nichts besseres ein, als seine eigene frau laufend zu schwängern. an eine praktische und theoretische politische arbeit konnte frau b. neben der erziehung und pflege von 7 kindern (!) - noch dazu in beengten wirtschaftlichen verhältnissen - nicht mehr denken und auch als die kinder nun lang- sam aus dem gröbsten heraus sind, ist der clan und der kampfgeist nicht mehr so recht zu wecken, wie ihn der 54jährige herr b. offensichtlich noch hat - ja sogar der 2.frauenbewegung zur verfügung stellen möchte. das zur-verfügung-stellen sieht nach einigen sätzen allerdings doch ziemlich be- kannt aus: die einzelnen frauengruppen sollen näm- lich in herrn b. 's liga "aufgehen" - die opfer dürfen sich wieder mit den tätern vereinen! wir würden gern mal frau baumanns ansicht zum thema kennenlernen... -die redak-tion) ANNI WICHMANN, Münster, Verspoel 18 Wie lange wollte ich Ihnen wohl schon immer schreiben. Meine Anfangsgründe: Hoffnung auf baldige Besserung meiner schwer angeknacksten Gesundheit wurden inzwischen längst überholt. Nun habe ich allmählich gelernt, daß nichts mehr zu machen ist und daß ich endgültig am Ende und alle meine Kräfte verbraucht sind. Nach wie vor bin ich eine begeisterte Anhängerin und Vertreterin der Frauenbewegung. Da stehen die alten bekannten und vielgeliebten Namen vor mir: Helene Lange, Getrud Bäume r, Hedwig Dransfeld, Dr. Maria Eli- sabeth Lüders usw...Ich hatte so nettes "altmodi- sches Material" über "Frau" ("Die Frau" war eine zeitschrift der "bürgerlichen" frauenbewegung mit sehr hoher auflage und wurde von helene lange und gertrud bäumer herausgegeben - die redaktion) usw. gesammelt. Wollte Ihnen dann auch noch erzählen, wie ich s. Zt. vom Ministerium an die Aa..Regierung gesetzt wurde mit der Weisung "Machen Sie uns Aachen lebendig!" Allmählich fand ich dann meinen Weg trotz aller Hindernisse und Gegenaktionen. Wenn ich mir vorstelle, mit welcher Selbstverständ- lichkeit und Naivität ich in den verschiedenen Orten vor Juristen, leitenden Beamten usw. über das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz gesprochen habe, wird mir noch heute gruselig. - Die geistig leben- dige und aufgeschlossene werktätige Jugend fand dann auch bald den Weg zu mir. Die Tür meines Büros und das Telefon standen nicht still. Was ha- ben wir für schöne Tagungen, Schulungswochen usw. gehabt...Ich habe heute noch Sehnsucht, wenn ich an all dies denke. - Dann kam der Nationalsozialis- mus. Ich war eine der ersten, die bekämpft wurde. Meine Bekannten sagten oft: "Schreiben Sie doch mal alles auf von Ihrer Arbeit, Ihrem Kampf, Ihrem Durchhalten usw.: das wäre ein Kulturdokument!" Ja, es ist nicht dazu gekommen. Ich bin so viel hin und her geschoben und geschubst worden. Da hat man dann später einen ordentlichen Knacks und ist gesundheitlich restlos kaputt. Und da stehe ich nun heute und kann nicht mehr. Nicht mal dieser Brief ist so geworden, wie er werden sollte. Es geht nicht mehr; ich bin am Ende. 4-5 x wöchentlich der Arzt hier im Hause - ich selbst war seit über 5 Mo- naten nicht mehr raus. Da braucht man sich nichts vorzumachen. - Um Ihr Werk aber in etwa zu unter- stützen, überwies ich Ihnen 2 x 100, -- DM zur frei- en Verwendung. Sie können sie benutzen, wo und wie Sie wollen... MARIANNE PIT ZEN , Galerie Circulus, 53 Bonn, Bonner Talweg 68 ...würden Sie bitte so nett sein und mir mitteilen, ob an dem Gerücht, die Münchnerinnen planten eine große Frauen - Ausstellung? etwas dran ist. "Brot und Rosen" hat konkrete Ideen bezüglich Frau- en-Ausstellung. Eine Frankfurter Gruppe hat wohl inzwischen wieder aufgegeben, leider. - Da es Ihnen ja wohl auch um eine Art feministische Kul- tur geht, setze ich voraus, daß Sie (ich meine natürlich das ganze FF) Interesse an diesem Thema haben: FRAU + KUNST. Wenn wir nur bei Leicht- lohngruppen und Kindergärten bleiben, kommen wir nie zu einem neuen Selbstverständnis der Frau. Die Frau als Künstlerin ist innerhalb der Kunstszene ebenso diskriminiert wie die Hausfrau, die Arbei- terin, die Frau auf jedem Gebiet. Gerade in der Kunst werden Identitätsprobleme besonders deutlich: es ist nicht allein die böse Kritik und die frauen- feindliche Galeristenzensur. Die Malerinnen sind wirklich wenig eigenständig - immer langweilig ange- paßt. Und den Erfolgreichen ist es ebenso ergangen, wie den erfolgreichen in der Politik: weil sie keine tragende Solidarität im Rücken spüren, spielen sie den Machtkampf wie gehabt mit, - einsam nur für sich selbst, - u. ändern nichts . Die Neue Frauen-Malkunst muß von allen getragen werden. Ich plädiere deshalb für Ausstellungsmöglichkeiten in allen FF' s in jeder Stadt. Das gehört meiner Mei- nung nach zu einem Forum dazu, wie auch Theater - Musik - Dichterlesung. Wenn Sie möchten, kann ich eine Stellungnahme zur Situation der Frau in der Kunst für die Feministenstimme schicken. Inzwischen wird ja wohl das endgültige Signum für das FF gewählt sein. Mir fiel beim Anblick der Flora - Symbole spotan so etwas ein: (nicht ganz ernst zu nehmen) 29

121TER419P111:( zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA ZUR EblifINZINITIEN Horst Eberhard Richter: LERNZIEL SOLIDA- RITÄT, Hamburg 1974 DM 18,50 der neuste Bestseller von H.E.Richter oder Wie solidarisiere ich mich mit meinem Mann Der clevere Gruppenheiler verspricht nicht zuviel und gibt das Ziel im Titel gleich bekannt. Schon beim Durchblättern ob von vorn oder hin- ten oder von der Mitte aus spürt man, wie sich hier ein neues Gruppengefühl in alle Richtungen und über alle hinweg ausbreitet. Da gibt' s am Ende keine Unterschiede mehr, da wird einfach alles solidarisch. Wer mit wem? Ach, das kommt nicht so genau drauf an, Hauptsache, du kannst am Ende vor lauter Solidarität nicht mehr unterscheiden, ob du Männchen oder Weibchen bist bzw. wer sich da miteinander solidarisiert gegen wen. Letzteres ist nicht mehr so wichtig, da hier einfach jeder politi- sche Gegner in der allgemeinen Solidarität un- tergeht. Wer wollte da noch bei der Geschlech- terfrage, von der doch immerhin der erste Hauptteil dieses volkstümlichen Büchleins han- delt, von Macht reden? Horst Eberhard Richter kennt keine Unterdrücker mehr, er kennt nur noch Rollen. -Seit dem Erscheinen von "Mas- kulin-feminin" (Boeckelmann, Mühlbauer u. a. , vergl. Frauenforum Nr. 4/73 und Hexenpresse Nr. 3/4) werden wir nun mit psychologischen Volksstücken überrollt, in denen das patriar- chalische Verhältnis der Geschlechter en groupe aufgelöst wird. In der Januarnummer der "Schwarzen Protokolle" kann man in etwas aus- gefeilterer Form nachlesen, was das Ziel un- serer neuen Freunde ist: unter dem Titel "Die Grenzen des Feminismus oder die Auflösung der Geschlechterrollen" bietet sich dort ein anonymes Team, das sich im Artikel als "der Neue Mann" zu erkennen gibt, zum Eindringen in die feministischen Kerngruppen an, um dort gemeinsam mit den Frauen die Ziele des Fe- minismus zu erarbeiten. Dort heißt das Lern- ziel - da das Publikum schon etwas aufgeklär- ter ist als das von Richter, der sich mehr an an alle wendet und alles etwas simpel sagt - "Unterwanderung der traditionellen Kommuni- kationsstrukturen" - also das Lernziel ist die Unterwanderung der Frauenbewegung und das Mittel ist die "Kommunikation" mit den Frauen- gruppen, und das Ganze, bei Richter wie Ober - Ifersg. der Schwarzen Protokolle - ist die Auf- lösung der Geschlechterrollen. Nämlich ihre politische Unkenntlichmachung. Mit den Schwarzen Protokollen und dem alten neuen Mann, der sich dort in Namenlosigkeit aufge- löst hat, um in der Feminismusdiskussion et- was besser getarnt aufzutauchen, mit dieser Teamarbeit werden wir uns noch demnächst etwas näher befassen an anderer Stelle. (Ge- nauer gesagt wir werden diesen Herrn, den Neuen Mann, in der nächsten Hexenpresse zur Striptease-Nummer bitten.) Zurück zu Herrn Richter, der im Unterschied zu den neuen Schwarzen Männern, die außer ihren Namen auch ihre Quellen nicht angeben, aber fleißig ausschöpfen, sich über seine profunde Kennt- nis der "Emanzipationsliteratur" bzw. deren "Hauptteil" (er nennt ihn "unkritisch") biblio- graphisch ausweist mit zwei Titeln. Die Titel sind Menschik und Myrdal. Cela surft. - Was darüber hinaus seit Betty Friedan an femi- ni stischen Texten überhaupt erschien, er- scheint im Titelverzeichnis nicht einmal mit einem Alibititel. Wir vermuten, daß er sogar Millett gelesen hat, - eine gewisse Kenntnis der Emanzipationsliteratur ist diesem bei Klett, Reinbeck, Fischer und Rohwolt schwa- dronierenden Allesvermanscher zwar nicht direkt nachzuweisen, läßt sich aber stark ver- muten. Zu klar ist das Belehrungsziel: dem erwachenden Emanzipationsbewußtsein der Frauen auf den rechten Weg zu verhelfen und klarzustellen, was die Autorinnen, die bislang über die Rolle der Frau in der Männergesell- schaft schrieben, nicht kritisch genug sahen. Wer Myrdals drei-Phasen-Theorie zum Haupt- teil der Emanzipationsliteratur zählt, ist der Richtige, jene zu belehren, die er gar nicht erst nennt. - Dafür finden sich unter den 65 bibliographischen Titeln dieses Standardwerks aus Men' s lib dreizehn, die dem männli.chen Herzinfarkt gewidmet sind. Da sieht man gleich, wer in dieser Gesellschaft der eigent- lich Leidtragende ist. Gewiß, es mag da ei- nige "Fälle" geben, "Fälle" von Frauen - ja was eigentlich? Wie würde der Herr von den schwarzen Protokollen sagen: "Fälle", von denen Karin Schrader meint, es gäbe sie, vielleicht, wenn man nachzählt, aber was soll uns diese Empirie, -was zählt, was bleibt, was wahr ist, das ist der Herzinfarkt; die Essenz der Männlichkeit. Und drum muß die "Rollenverteilung", von den Frauen meist et- 31

Sache der Frau: "Der Partner bleibt ab- seits...in den Erwägungen zu dem Thema: Schwangerschaftsverhütung oder Fehlgeburt - wir finden keine entschiedene Ansicht und keine entschiedene Haltung der Männer... Damit verbindet sich die von den Ärzten selbst betriebene Propaganda gegen männ- liche Verhütungsmittel." (p. 124) Ökonomi- sche Unabhängigkeit haben also nicht unbe- dingt sexuelle und psychische Emanzipation zur Folge. Gerade diese Faktoren aber machen die Frau erst zu einem mündigen, freien Subjekt im sozialen und politischen Leben. Sokolowska nennt die psychische Emanzipation die "letzte Etappe" , die sich durchzusetzen hätte gegen die Frauenfeind- lichkeit (Misogynie) der Männer, die ihre gesellschaftliche Dominanz bedroht sehen. Die Misogynie ist auch da auf allen Kultur- bereichen (Literatur / Film) manifest. Diese letzte Etappe kann allerdings nur eine Ini- tiative der Frauen selbst sein; hier bricht Sokolowska jedoch ab. Die Frauen, so heißt es, haben bis jetzt "den letzten Schritt ge- scheut" (p. 148). Wenn man Sokolowska gelesen hat, kann man nicht wie Jutta Menschik die Frauenemanzi- pation als "lediglich ein Nebenwiderspruch innerhalb des Grundwiderspruchs von Lohn- arbeit und Kapital" bezeichnen oder wie Florence Herv (AKE Bonn) auf eine in den sozialistischen Ländern "vorbildliche Stel- lund der Frau" (Herve, Studentinnen in der BRD, 1973 p.124) hinweisen. Gerade wegen der tendenziell qualifizierten Stellung der Frau, vor allem im Bildungssektor, (weibl. Berufsanteil am höheren Bildungswesen be- trug in Polen 1965 27%, in der BRD 6%) und vor allem gegenüber der Bundesrepublik ist die weiterbestehende Unterprivilegierung aufschlußreich: sie hat ihre Ursachen in der männlichen politischen und sexuellen Vor- herrschaft. Hier wie da. Diese patriarcha- lische Herrschaft ist nicht einfach ein feuda- listisches oder kapitalistisches Relikt, son- dern w a r eine feudalistische und i s t eine bürgerliche Tatsache. meist nur auf die marxistisch-leninistischen Klas- siker zurückführen, nicht aber ableiten aus einer konkreten Analyse der gegenwärtigen Situation der Frauen in den sozialistischen Staaten. Trotz ihrer Integration in die Arbeitswelt, die in den soz. Ländern inzwischen zur sozialen Norm geworden ist (1960 waren 59% der Polin- nen berufstätig). ist eine Gleichstellung der Frau bis jetzt nicht erreicht worden. Es "ist mit der allgemeinen beruflichen Aktivierung der Frauen ...keine entsprechende Beteiligung der Frauen an der Arbeit der Parteiinstanzen, der Gewerk- schaften, der sozialen Organisationen, der Re- gierungsorgane und der Wirtschaftsorganisationen einhergegangen." (sok, 49) Politische, ökonomi- sche und soziale Macht sind männliches Reser- vat geblieben. Selbstverständlich Doppelrolle (die "Andersheit der Frau", 59) und gesell- schaftliche Unterprivilegierung bes. wo es um Lohngleichh2it und leitende Positionen geht sind auch in Polen ' normal' und ein Beispiel dafür, daß auf die Veränderung ökonomischer Produk- tionsverhältnisse längst nicht automatisch die ökon/polit/soziale Gleichberechtigung der Frau folgt, die sowieso noch nicht ihre Emanzipation ist. Vor allem zeigt Sokolowska an der wirt- schaftlichen Entwicklung Polens, daß es bei der Frauenbildung und Frauenarbeit nicht nur um verfassungsmäßig garantierte Rechte ging, sd. ebenso um den "Bedarf an weiblicher Arbeits- kraft" (p.25), also um ökonomische Notwendig- keit. Die Frauenarbeit wurde wie im Kapitalis- mus von der staatlichen Arbeitsmarktplanung ge- lenkt; die ideologischen und sozialen Rollen pro- pagierte der Staat. Auch wenn damit ein Fort- schritt verbunden sein kann und war, sollte man e und wozu er zustande- nichtübersehen, wi zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA kam und w e r ihn lenkte. Nicht das Da ß der Integration in die Arbeitswelt ist entscheidend, sondern das W i e : Lohn, Qualifikation, soziale Stellung, Familienrolle, Einfluß im öffentlichen und politischen Leben. Die uns bekannten typi- schen Merkmale finden wir auch in Polen: "Die Durchschnittslöhne der Frauen sind um mehr als 30% niedriger als die der Männer." (p.57) Es gibt feminisierte Berufe (Gesundheitswesen, Erzie- hungswesen, Sozialfürsorge), die teilweise wegen ihrer Feminisierung unterbezahlt werden und ge- ringeres Sozialprestige haben. (WeibL Antei11971 im Gesundheitswesen 74, 9%; Bildungs/Erziehung miesen 63, 9% im Sektor Kommunikation' nur 19,4%! p.51) Die Kernfamilie ist auch heute noch die "fundamentale soziale Gruppe" im Staat. (21) und als emanzipierte Frau gilt die berufstätige Familienfrau. "Eine Frau ohne Mann hat im Ge- sellschaftsleben kein Prestige" (p.147), Die sexuell-medizinischen Probleme sind auch hier Die zum Redaktionsstab der Zeitschrift "efa" (emanzipation-frauen-argumente) und zu den Gründungsmitgliedern der S.O. F.A. (Sozia- listisch-Feministische Aktion) in Köln gehö- rende Ursula Linnhoff gibt mit ihrer Einfüh- rung, Dokumentensammlung u. Gruppen- Traute Richter Ursula Linnhoff: DIE NEUE FRAUENBEWE- GUNG, USA-Europa seit 1968, Köln 1974, DM 14, -- 33

Jee Qeue. METHODEN Zufk (3be.11"‘GukIe Desi PPtTelPeRCAebt-rg% VORGESTELLT wiD KökiKeixfleZT VON t PtZtALISTeN ASS DEN its - Utu0 AUSLAmt) 2.11.Aß) uu-te9_ teeüti(SictiriGu0G 3i.iNASTe2 geoiziptsctiet% G.RtieemoTt1/43iss& h,..C-r1401)€. A VORP‘OSST21.1tA : »He tbLurte uck rimiei pATetArectiek3. TODESURS. % ttieft2Yin _ — - s - t,lesKki- t-) cru4 ..:1 . _ .. o v . '14 G. niee zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA HLQ ettutiG 1i - RrbEt7. DALLI zyxwvutsrqponmlkjihgfedcbaZYXWVUTSRQPONMLKJIHGFEDCBA .1 11 DAS 15r Docht DAS veRoeitcre FRAu64)13Lierr! " umetAuetacs Fremeir uns Recer€ ‘ALLemie• • • ..••eneiceikitir --uweLAUtibtica!! " AMI /AS DAR r's >1‘041. qerbeN — N tem AL5 ! / 1 1 ghe • gern F-Au$S 4ecHT€T rt • (Annette Blocher, ivi inch 40, AL.ne,str. 35) UND GS wer Frft4e0N1fAr. 35

Berichte üler Aktivitäten des FRAUENFORUM in den Massenmedien: BAYERISCHER RUNDFUNK: 30. März 1974,"Immer noch benachteiligt? - Bildungschancen für Mädchen." Gabriele Förg interviewt Hannelore Mabry. BAYERISCHES FERNSEHEN: 9. Mai 1974, "Die Frauen" (III.Programm) Bericht über unsere Straßenaktionen am Münchner Rathaus u.Interview mit H. Mabry. NATIONAL ZEITUNG (Basel):16.März 1974, "Demokratie in der Familie" -Wie ein nicht-patri- archalisches Eherecht aussehen könnte (Eine Kurzfassung der Ideen des FF, die wir auch im Juni-Plenum in München diskutierten). SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: 5.April 1974, "Straßenaktion zum § 218" SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: 11./12 . Mai 1974, "Frauenforum gegen Patriarchentage" Vom 21. bis 23.Juni 1974 referiert neben Dr. Ulrich Beer (Psychologe), Prof.Dr.Demosthenes Savramis (Kultursoziologe), Leona Siebenschön (Autorin), Alice Schwarzer (Autorin), Dr. Corne- lia Stephan, Dr.Inge Peter-Habermann (Soziologin), Dr. Elisabeth Moltmann-Wendel, Hannelore Mabry über das Thema "Emanzipation als Gesellschaftsveränderung - Feminismus contra Männer- herrschaft? während der Tagung • Emanzipation der Frau • in der Evangelischen Akademie in Loccum bei Wunstorf. Es sind"Vertreterinnen u. Vertreter von Aktionsgruppen u. Frauenverbänden, von Frauenbefreiungsbewegungen und pressure groups, aus Politik, Wirtschaft u. Kirche, Experten u.Interessenten" eingeladen, an diesem Informations- u. Diskussionsprozeß teilzunehmen. - Wie wir inzwischen erfuhren ist die Nachfrage so groß, daß eine große Zahl von Interessenten abgewiesen werden mußten und man dieselbe Problematik des- halb auf einer Tagung 1975 nochmals anzusetzen plant. Die seit einiger Zeit neugegründeten FRAUENFOREN IN DER BRD arbeiten alle sehr engagiert und nehmen laufend - auch für uns in München war in dieser Hinsicht der Mai ein Wonnemonat! - neue Mitglieder auf. Für Interessenten nochmals die Kontaktadressen: FF - BONN : Franziska Kelz-Blank, 5205 ST.Augustin, Im Wehrfeld 9-11 bzw.Te1.02241-2314,5 Gesine Schütt, 53 Bonn-Beuel, Weidenweg 24, FF - INGOLSTADT: Eva-Maria Stark, 8071 Ingolstadt-Zuchering, Winden 20, Tel. 08450 - 43 FF - WUPPERTAL: Elf Clemens, 56 Wuppertal 2, Ottostr.31 Über alle Frauenforen in anderen Städten ist unsere Zeitschrift FRAUENFORUM- STIMME DER FEMINISTEN zu beziehen und leisten wir Hilfe mit Werbematerial beim Aufbau der Gruppe! Die sozialistische Frauengruppe Göttingen plant eine Postkartenserie zu drucken mit Photos wer die Motive: Hausarbeit, § 218, Frau u. Werbung, Sex, Leichtlohngruppen etc. (So war z.B. das Titelfoto bzw. die Arbeiterin auf dem Foto am Ende des Artikels "Warum die Frauenbewegung nicht vor dem Feminismus zu schützen ist" (FRAUENFORUM Nr. 2/74) von Siggi Heinze, der zu diesem Projekt gehört. Die Gruppe wäre für Einsendungen von guten Photos zu diesen Themen sehr dankbar. Adresse: Soz. Frauengruppe Göttingen, 34 Göttingen, Rote Strasse 40. "DIE DREI MARIAS AUS PORTUGAL" sind nach einem langen Prozeß wegenErregung öffentli- chen Ärgernisses durch ihr angeblich "pornographisches"(! )Buch - das Frauenbefreiungsbuch "NEUE PORTUGIESISCHE BRIEFE" - waren sie angeklagt, endlich freigesprochen worden.Im dichtbesetzten Gerichtssaal brandete Beifall auf. (Meldung der SZ vom 9.5.74) 37

Kleinoffset-Schnelldruck Peter Gotzler 8 München 2 Thalkirchner Str.62 .11'53 39 48 Werbeschreiben Kataloge Preislisten Rechnyngssätze Geschäftsbücher Zeitschriften Kleinoffset-Schnelldruck Peter Gotzler 8 München 2 Tholkirchner Str.62 J Preisliste 2/ 74 Auflage Druck/DM einseitig Druck/DM beidseitig 5o loo 5oo l000 2 000 3000 5000 8.2o 11.5o 19.2o 33.00 6o.2o 86.90 147.4o 15.7o 19.5o 3o.7o 5o.5o 9o.7o 13o.90 219.8o Die genannten Preise enthalten: Druck schwarz/einfarbig 7o g Papier/weiß/holzfrei Druckplatte • 1111311 • M• 11• 111MBIIIIIIIIIIIMIIIIIIIIIIMIUM11 •133111111111111 •11111111111111 •111111113111111111111M111111 •111 •131113111 ••11111111• 13• • • 13 • Bitte gebt unsere Flugblätter und unser "FRAUENFORUM - DIE STIMME DER FEMINISTEN" an andere Frauen weiter, damit die Gedanken und Ziele der neuen Frauenbewegung bekannt wer- den. Schreibt uns Eure Ansichten und Eure Kritik. Die aktive Mitarbeit im Frauenforum Mün- chen oder in anderen Frauenforen oder Frauengruppen ist für das Wachsen und Gedeihen der "Feministischen Bewegung" unerläßlich. Nur durch einen kollektiven Lernprozeß innerhalb von Emanzipationsgruppen kommen wir unseren Zielen näher. DESHALB KOMMT ZU UNS - WERDET MITGLIED IM FRAUENFORUM - VEREINIGUNG DER FEMINISTEN! hier abtrennen und zurücksenden Ich erkläre hiermit meinen Eintritt in das FRA U EN FOR UM MÜNC HE N e. V. name • . . beruf anschrift datum .. • 4 • • telefon unterschrift --------------------------------------------------------------------------------------- Ich bestelle hiermit das "FRAUENFOR UM" ab Nr.../197 mit 6-wöchiger Kündigung vor Halbjahresschluß zum jährlichen Bezugspreis von DM 6, -- inkl. MWSt. zuzüglich Porto name datum Unterschrift • • • -- wohnort . ----------- — straße/haus-nr. ------ 0 ------- • • • • • 39

Personenregister „Frauenforum“ Heft 1974, III-3 Name Aaltonen, Inga Ariel, Nina Ås, Berit Bachofen, Johann Jakob Baumann, Waldemar Bäumer, Gertrud Beer, Ulrich Belinski, Karmela Blocher, Annete Böckelmann, Frank Boeykens, Lily Bozeman, Hannelore Brecht, Berta [Pseudonym] Brüschke-Schröder, Hannelore Clemens, Elfi Colella, Adrianna Crociono Michelini, Mariadele Dalla Costa, Mariarosa Degenhardt, Ernst Demosthenes, Savramis Dransfeld, Hedwig Eberhard, E.F.W. Edwards, Hodee Eichen, Gudrun Eilers, Elfriede Engels, Friedrich Feigenwinter, Gunild Fiebing, Waltraud Firestone, Shulamith Förg, Gabriele Friedan, Betty Fülles, Mechthild Geyer, Susanne Gmelin-Hussels, Helga Götzler, Peter Heftseite 30 30 24 18, 20 28 29 37 25 Inhalt, 35 31 24, 25, 30 27 13 Inhalt, 20, 26, 28 37 30 30 5, 6, 8, 9, 16, 20, 30, 33 6, 7 14, 37 29 17, 20 16, 20 Inhalt 14 18, 20 Inhalt, 12, 17, 20, 26, 30, 32 Inhalt 17, 20 37 24, 31 15, 20 Inhalt, 22, 26 30 Inhalt, 4, 39 Name Gries, Gabriele Grunenberg, Nina Haering, Valerie Hageman, Gro Hatje, Ann-Katrin Haug, Frigga Heinze, Siegfried Hervé, Florence Hitler, Adolf James, Selma Jens, Walter Jouvenel, Bertrand de Kalleberg, Annemor Kelz-Blank, Franziska Kennemo, Hagar Klotz, Ulla Knauer, Herman Korczak, Janusz Krader, Lawrence Kumerloeve, Arnd Lau, Else Linnhoff, Ursula Lüders, Maria Elisabeth Lutgen, Berthe Mabry, Hannelore Martens-Berger, Binky Marx, Karl Mazauric, Catherine Menschick, Jutta Miglietti Pavese, Angela Millet, Kate Moltmann-Wenzel, Elisabeth Morgan, Lewis Henry Mühlbauer, Rita Mühlfriedel, Elisabeth Muhr, Caroline Heftseite Inhalt 13, 16, 20 Inhalt 30 30 7 37 33 16, 17 20, 33 13 16 30 37 30 25 Inhalt 16 20 27 38 33, 34 29 30 Inhalt, 4, 6, 7, 8, 9, 13, 14, 20, 22, 25, 33, 37 30 14, 20, 27 26, 30 6, 7, 31, 33 30 17, 20, 32 37 18, 20 31 26 3, 13, 36

Schlagwortliste „Frauenforum“ Heft 1974, III-3 Arbeitsrecht Autonome Frauenbewegung Berufstätigkeit Care-Arbeit Emanzipation Emanzipationsgruppen bundesweit und örtlich Empowerment Familienarbeit Feminismus Feministische Politökonomie FGM (Female Genital Mutilation [s. Gewalt, tätliche]) Frauenbewegung, historisch Frauengruppen Gender Pay Gap Gesundheit Hausfrau Herrschaftsverhältnisse Internationale Frauenbewegung Kapitalismus Kapitalismuskritik Kinder Kinderbetreuung Kulturbranche Leichtlohngruppe Lohn für Hausarbeit Lohnunterschiede aufgrund Geschlecht Männer Marxismus Mütter Muttertag Patriarchat, Patriarchatskritik, Patriarchatsanalyse Politische Bildung Scheidung Sexismus Sexualität Verhütung