verhalten oder progressiv enthemmt, allein oder in Gruppen. Man spielt Passivität, Aktivität, Frivolität und Keuschheit. Man liebt nach den Vorschriften der Päpste, Kolles, Freud, Kirchen, Bordelle und des Patriarchats. Man tut eigentlich immer, was andere wollen, nur nicht was man selbst will, wahrscheinlich, weil man's nicht mehr weiß: Diese Gesellschaft ist ein erotisches Lazarett. Hier begreift man, daß Passivität oder eine von außen vorgeschriebene, verordnete Aktivität immer obszön ist. Urteil des Bundesgerichtshofs (?) "Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht allein damit, daß sie die Bei- wohnung teilnahmslos geschehen läßt." Die Unzucht beginnt dort, wo Frau und Mann etwas tun, was sie nicht wollen. "Es gibt keine andere Moral als die, die alle schwachen Wünsche ausschaltet." (Georg Braque) Ich finde, das sind einige Dinge, die in Elisabeth Mühlfriedel's Buch "Frauen an die Macht!" fehlen. Auch eine Untersuchung der Sprache, die die Frau zum Passivum macht. Sogar dort, wo sie ihre verlogenen Privilegien besitzt, wird mit ihr etwas gemacht. Der Frau wird in den Mantel geholfen, sie wird eingeladen, abgeholt, aus- geführt, zum Tanzen aufgefordert, ihr wird die Hand geküßt, die Tür geöffnet, sie wird behandelt als sei sie zu dämlich oder zu hilflos, das selbst zu tun; sie wird geheiratet oder verheiratet, sie wird genommen, gebraucht, ausgezogen, gefickt, gevögelt, vernascht, umgelegt; sie gibt sich hin, verschenkt sich, bietet sich allenfalls an; sie wird auf Händen getragen, verführt, vergöttert, zur Hure oder zum Engel gemacht, sie wird am Muttertag zur heiligen Kuh erklärt und in den Spinden der Armee als Onaniervorlage benutzt; sie ist der "Urgrund des Lebens", dem Manne ein Geheimnis, was kein Wunder ist, da sie vor lauter Rollen selbst nicht mehr weiß, was sie ist - sie "ist" eigentlich überhaupt nicht, sie wird gemacht, sie spielt ihre Rolle. In der Sprache der Theologen, diesen geistlichen Zuhältern, ist sie die "Lockspeise des Satans", "Der Wurm im Herzen des Mannes", die fleischgewor- dene Sünde", "befleckt", (deshalb die unbefleckte Geburt) - (Genet: "Ohne Frauen wärst Du weiter nichts als ein weißer Fleck auf der Hose Deines Vaters!") Der einzige Unterschied in der Sprache der weltlichen und geist- lichen Zuhälter: die einen kotzen ihren Haß aus und die anderen speicheln ihn vorher fromm ein. Die fäkale Poe- sie der Miller und Mailer, die die Frau solange herunterschreiben, bis von ihr weiter nichts als eine überdimen- sionale "Fotze" übrigbleibt, ist ästhetisierter, maskuliner Ausfluß, erotische WC-Romantik. Wenn die Sexprotze ihren Penis nicht zum Bajonett hochstilisieren können, fühlen sie sich unbewaffnet, wehrlos - ohne Dauererektion kommen sie sich vor wie Kriegsdienstverweigerer, Bajonett oder Weichkäse, Gewalt oder durchhängende Trauer: das Bett als Kriegspfad, keiner dieser Messerhelden weiß, daß das Glück, wenn überhaupt, jenseits von Nieder- lage und Sieg beginnt. Abort der Symbole! Auf der -DOKUMENTA- in Kassel: Riesige, fleischfarbene Schenkel, ein aufgerissener Schlitz - mannshohe Öffnung - und dann strömen sie hinein in den Unterleib... Die Herren der Schöpfung treten ein, zurück, in den umgelegten, hingestreckten, nackten, immer empfängnisbereiten Schoß... Einer nach dem anderen, zu hunderten, tausenden, schreiten sie durch die Vagina, den Geburtskanal, bis in die Gebärmut- ter, die sie alle irgendwann einmal ausgestoßen hat und in der man "bequem eine Kneipe unterbringen, kaufen, verkaufen, Geschäfte machen könnte..." Wehrlos auf den Boden genagelt, verleimt, bewegungslos erstarrt, verschraubt, kopf- und willenlos saugt ein weiblicher Torso seine Kinder zurück: Schluckt Witze, Zoten, Dozenten, Künstler, Kritiker, Konservative, Pro- gressive, Hippies, Pfarrer, Greise, Krüppel und Kommentare: Durch die Sackgasse der "Existenz" traben sie in den "Tempel der Fruchtbarkeit", in dem man protestiert, moralisiert, nach Gott, Freud und den Justizminister ruft... Kippen, Theorien und Cocaflaschen zurückläßt... in dem man grinst, staunt, ausspuckt, draufturn- latscht... bis der "Urgrund des Lebens", die Quelle der Lust" die ganze Gesellschaft hinausabortiert... 2 Putz- frauen die Kippen zusammenfegen... im "Tempel der Fruchtbarkeit" den Dreck aufwischen... durch die Scheide mit ihren Eimern ins Freie stolpern..., Ende der Besuchszeit: Leere. Draußen: Ein riesiger Phallus, steil in den Himmel erigierend, alles unter sich laßend, alles beherrschend, von weitem sichtbar... beim geringsten Windstoß ängstlich schwankend, fest verankert in der Muttererde des Vater- landes, abgestützt, automatisch auf Über- oder Unterdruck kontrolliert, damit er nicht platzt oder zusammen- fällt... 20 Meter stolze, hochgepumpte, aufgeblasene Leere... In der ganzen Emanzipationsbewegung fehlt der Hinweis auf das Rollentheater des Mannes, der von Ideologien gedacht, von Erlassen gelenkt, von Vorgesetzten gedemütigt und geduckt wird, an den Universitäten zum Spei- chellecker erzogen wurde, als Soldat wie ein Roboter gesteuert wird... In allem wird die männliche Passivität sichtbar. Aktivität entwickeln viele Männer nur gegenüber Untergebenen, Unterlegenen. Wachs in den Händen seiner Meister, Lehrer, Professoren, rächt sich der Sklave Mann für alle Demütigungen und Erniedrigungen an der Sklavin Frau. Auf ihr liegend, sie nehmend, erobernd, umlegend, spielt der Sklave Herr, der Muschkote General - den letzten besteigen die Hunde. Die Potenzangst des Mannes ist Angst vor dem Verlust an Herrschaft. Passivität ist keine angeborene weibliche Eigenschaft, sondern die Eigenschaft aller Unterdrückten, Gedemütig- ten, Hilflosen. Im Bettspielen die Erniedrigten und Beleidigten Feldherr, machen das Schlafzimmer zum Schlacht- feld, führen nicht ihre Pickel, Glatzen und Deformationen ins "Feld", sondern ihre Funktionen (-= gesellschaft- liche Potenz) und nun dürfen sie siegen, besiegen, besteigen, reiten, sind sie endlich einmal "oben"! Was für eine erotische Landsknechtmoral! Konsequenz: Nur der frustrierte, selbst versklavte Mann wünscht sich eine pas- sive Frau, nur der dumme Mann eine Frau, die noch dümmer ist als er selbst... HANS TRIEGLAFF, 8201 Kolbermoor, Königseestr.5 Die Ansichten in Ihrem Buch "Unkraut ins Parlament" werden von mir geteilt. Schon vor meinem "Ruhestand" in meinem früheren Wohnort Berlin, erschienen mir solche Emanzipationsfragen z.B. durch die beachtliche Einlei- tung zum Kommentar des Gleichberechtigungsgesetzes von Hildegard Krüger (Krüger-Breetzke-Nowack, Gleich- berechtigungsgesetz, Beck 1958) und durch andere Literatur immer bedeutungsvoller. Auf Seite 150 Ihres Buches sagen Sie, eine Frauenpartei sei keine utopische Konzeption. Ich schlage vor, die Erfahrungen, speziell organi- satorischer Natur, der norwegischen Frauenpartei für die BRD zu prüfen, z.B. auch zur Frage männlicher Mit-