Ein Institut schreibt Geschichte

Digitale Zeitreise durch 75 Jahre Institut für Zeitgeschichte

Acht Zimmer in einer leeren Wohnung, dreieinhalb Angestellte – und 28 Kisten mit Unterlagen aus den Nürnberger Prozessen.  Kaum jemand, der 1949 den holprigen Start des späteren Instituts für Zeitgeschichte begleitete, hätte große Summen darauf gewettet, dass dieses „IfZ“ tatsächlich runde Jubiläen erleben würde. Mittlerweile feiert das IfZ seinen 75. Geburtstag und ist fest in der deutschen wie in der internationalen Forschungslandschaft etabliert. 

Was in den 75 Jahren geschehen ist, zeigt unsere Jubiläumsseite unter 75jahre.ifz-muenchen.de. Diese eigens zum Jubiläumsjahr entwickelte Website stellt Personen, Publikationen und Projekte vor, gibt Einblick in die Archivbestände und in die Bibliothek und blickt zurück auf wichtige Wegmarken – von den Anfangsjahren bis in die Gegenwart.  

Die Geschichte des IfZ beginnt im Mai 1949, im selben Monat, als auch die Bundesrepublik gegründet wurde. Als erstes Forschungsinstitut überhaupt sollte es die nationalsozialistische Diktatur wissenschaftlich erschließen.

Seine ersten Räumlichkeiten fand das Institut im Münchener Stadtteil Lehel, in einer Wohnung in der Reitmorstraße. Doch schon bald drohten aufgrund der vielen Bücher, die das Institut bereits in den ersten Jahren gesammelt hatte, eine Überlastung der Decken. Bevor es soweit kommen konnte, zog das Institut um – nach Bogenhausen, in die Möhlstraße, 1972 dann in den markanten Beton-Bau in der Leonrodstraße, in dem das IfZ noch heute seinen Stammsitz hat.

Neben der Sicherung wichtiger Quellen zum Nationalsozialismus waren die ersten Jahre vor allem durch Gutachtertätigkeiten geprägt: Auf Anfragen aus Politik, Verwaltung und Justiz gaben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IfZ Auskünfte etwa zu Fragen der NS-Besatzungspolitik in Polen, der Selektion von Juden in Auschwitz oder zur Mitgliedschaft in der NSDAP und leisteten damit Grundlagenforschung über die NS-Diktatur.

Es folgten Großprojekte, die sich beispielsweise mit der NS-Zeit in Bayern, aber auch der unmittelbaren Nachkriegszeit und der Frühgeschichte der Bundesrepublik befassten. Mit den Jahren erweiterte sich nicht nur die Forschungsagenda, sondern auch der geografische Radius des IfZ: In den 1990er Jahren wurde eine Forschungsabteilung in Berlin aufgebaut, die sich mit der Geschichte der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), der DDR sowie den politischen und gesellschaftlichen Transformationen der jüngeren deutschen und europäischen Geschichte befasst. Zunächst in Bonn, mit dem Regierungsumzug dann in Berlin wurde im Auswärtigen Amt eine IfZ-Abteilung zur Edition der Akten zur Auswärtigen Politik eingerichtet. 1999 schließlich eröffnete die Dokumentation Obersalzberg, in der das IfZ NS-Forschung und Wissenstransfer zusammenführte.

In mehr als sieben Jahrzehnten haben auch die Infrastrukturabteilungen des IfZ, das Archiv und die Bibliothek, einen reichhaltigen Wissensspeicher geschaffen. Ob in den Lesesälen in München oder mittels der wachsenden Angebote im digitalen Raum: Mit ihren vielfältigen Ressourcen leisten Archiv und Bibliothek wichtige Servicefunktionen für die Geschichtswissenschaft.

Unsere Jubiläumsseite stellt einige dieser Schätze ins Schaufenster und erzählt anhand von Fotos, Briefen oder Tagebüchern so unterschiedliche Geschichten wie die von Marta Hillers, der „Anonyma“ aus Berlin, oder von Sophie und Hans Scholl, deren Nachlass seit 2005 im IfZ zugänglich ist.

Dazu liefert unsere Jubiläumshomepage alte Filmaufnahmen von Orginalschauplätzen der Institutsgeschichte, viele, viele Quellen und sogar „Wolkenmusik“: Begeben Sie sich auf eine digitale Zeitreise durch 75 Jahre IfZ!


Bildnachweis

  • Sliderbild: Institut für Zeitgeschichte 1950, Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv
  • Generalsekretär Paul Kluke (links) beim Besuch von Bundespräsident Theodor Heuss am 3. Mai 1954, Foto: IfZ, Bildsammlung
  • Außenstelle Potsdam, Foto: IfZ, Bildsammlung
  • Selbstbildnis-Skizze Sophie Scholl, IfZ-Archiv, ED 474/83