„Ich bedauere, daß der Katholikentag ein so trauriges Ende nimmt.“

Kardinal Faulhabers Tagebücher aus den Jahren 1920, 1921 und 1922 gehen online


Die Tagebücher des früheren Erzbischofs von München und Freising, Michael Kardinal von Faulhaber, die seit 2015 in einer Online-Edition zugänglich gemacht werden, sind um drei weitere Jahrgänge ergänzt worden: Auf der Seite www.faulhaber-edition.de hat das Forscherteam des Instituts für Zeitgeschichte München−Berlin und des Seminars für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Universität Münster nun die Jahrgänge 1920, 1921 und 1922 freigeschaltet.


1920

Trotz des Endes der Räteherrschaft in Bayern im Frühjahr 1919 bestand die Furcht vor einer neuerlichen Revolution von links fort. Als ordnungspolitischer Garant gegen „Chaos und Bolschewismus“ galten 1920 auch Erzbischof Faulhaber die aus den Freikorps und Bürgerwehren hervorgegangenen Einwohnerwehren, weswegen er deren Entwaffnung gemäß den Friedensforderungen der Alliierten missbilligte. Zwar lehnte er eine offizielle Parteinahme des Klerus zugunsten der Einwohnerwehren ab. Doch dem Engagement Geistlicher in den paramilitärischen Organisationen begegnete er durchaus wohlwollend, gehe es doch um „Ordnung“.

 

1921

Kurz vor seiner Abreise zum Konsistorium in Rom, auf dem er am 7. März 1921 in den Kardinalsstand erhoben werden sollte, traf Michael von Faulhaber ein schwerer persönlicher Schicksalsschlag: der Tod seines Bruders Robert.

Anlässlich der Beisetzung des bayerischen Königspaares am 5. November 1921 im Münchner Dom brachte Kardinal Faulhaber einmal mehr seine Ablehnung des neuen politischen Systems in seiner Trauerrede zum Ausdruck: „Könige von Volkes Gnade sind keine Gnade für das Volk, und wo das Volk sein eigener König ist, wird es über kurz oder lang auch sein eigener Totengräber.“ Noch am Vorabend hatte er bei der Ankunft der Särge von Ludwig III. und Marie Therese am Münchner Hauptbahnhof einen Vergleich mit dem Verhalten der alten monarchischen Eliten aus Adel, Militär und Verwaltung gegenüber dem König während der Novemberrevolution 1918 gezogen: „Damals hat keiner die Hand für ihn gerührt und jetzt stehen sie da mit Pickelhauben und Orden und legen die Hand an den Helm und ziehen die Degen.“

 

1922

„120 000 Menschen unter blauem Himmel“ zum Gottesdienst am Königsplatz, so erfreulich verlief der Auftakt zur Generalversammlung der Katholiken Deutschlands vom 27. bis zum 30. August 1922 in München, wie Michael von Faulhaber in seinem Tagebuch notierte. Doch mit seiner in Teilen hochpolitischen Eröffnungsansprache, in der er die Revolution vom November 1918, die auf dem Weg zur Republik von Weimar nicht hinweggedacht werden konnte, als „Meineid und Hochverrat“ bezeichnete, provozierte der Erzbischof den Eklat, den er wenig später beklagte. Denn der Präsident des Katholikentags, der Zentrumspolitiker und Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, nahm den Fehdehandschuh auf und Republik sowie „deutsche Verfassung in Schutz“. Obwohl Faulhaber die Brisanz seiner Ausführungen erkannte, „denn in jenen Tagen kriselte es sehr bedenklich für einen Rechtsputsch“, mäßigte er seine Worte nicht, sah sich aber nicht in der Mitverantwortung, „wenn ein Putsch zeitlich mit dem Katholikentag zusammenfallen sollte“.